Der den Pferden hinterher rennt

Der den Pferden hinterher rennt

12.04. – 10.05.2023 Tobago, zweiter (und letzter) Teil – Grenada, Logstand seit Start 6965 sm

Der nächste Stopp war nur ein Katzensprung von der Mount Irvine Bay ums Eck in die Buccoo Bay. Diese Strecke war nicht ganz ohne, denn es ging im Zick-Zack zwischen mehreren Riffen durch, die teilweise weniger als einen Meter Wassertiefe haben. Um möglichst viele Informationen zur Verfügung zu haben, war ein Plotter mit der Kartenansicht und der andere mit dem Satellitenbild neben dem Steuerstand.

Zwischen den Riffen in die Buccoo Bay

Und natürlich das Fernglas ständig zur Hand. Das Wasser ist hier manchmal vom Orinocoabfluss getrübt und dadurch sieht man die Riffe nicht so gut. Das Echolot (Tiefenanzeige) ist in solchen Situationen keine allzu grosse Hilfe, da die Riffkanten steil aus der Tiefe ansteigen und es vorne am Bug schon zu flach wäre, wenn der Sensor in der Schiffsmitte Alarm schlagen würde. In Schleichfahrt sind wir ohne Zwischenfälle am Ankerplatz angekommen. Wieder vor einem langen und meist menschenleeren Strand und wieder als einziges Segelboot weit und breit.

RB ganz alleine in der Buccoo Bay

Buccoo ist neben dem Goat Race auch für die Sunday School und das grosse Buccoo Reef mit dem Nylon Pool und der Bon Accord Lagune bekannt. Die Sunday School ist eine weit herum bekannte Tanzveranstaltung, die jeden Sonntagabend stattfindet. Wir sind dort zwar nicht hingefahren, aber der Sound war so laut, dass es auch bei uns an Bord wie in einer Disco getönt hat. Im Gegensatz zu den meisten Dance Hall Events, wo ausschliesslich Soca und Reggae gespielt wird, kam hier auch viel andere gute Musik aus den Boxen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden wurde es dann wieder still und die Beschaulichkeit von Buccoo hat wieder die Überhand gewonnen.

Beim Laufen am Strand hatten wir eine grosse Gruppe von Reitern gesehen, die mit den Pferden ins Wasser gegangen sind. Biggi ist zwar erst wenige Male auf einem Ross gesessen, aber die Vorstellung auf einem Pferd am Strand entlang zu reiten und dann noch ins Wasser gehen zu können hat sie sofort fasziniert. Ein verblichenes Plakat am Strand hat auf die Webseite von Veronika hingewiesen: «being-with-horses.com». Veronika, eine geborene Deutsche (aus Regenstauf bei Regensburg), ist eine ehemalige Profireiterin, die in mehreren Pferdeshows in Europa und USA aktiv war. In einem Tobagourlaub hat sie ihren Mann Lennon kennengelernt und seit 2007 haben beide Stück um Stück ein Pferdeparadies hier in Buccoo aufgebaut. Inzwischen haben sie eine Herde mit etwa 15 mehrheitlich ehemaligen Rennpferden, die sie möglichst artgerecht halten. Die Pferde laufen 16 Stunden pro Tag frei in der Herde rum und auch bei den Reitausflügen kommt die ganze Herde mit, egal wie viele Reiter im Sattel sind.

Biggi hatte Glück, denn am Tag als sie gebucht hatte, waren sie nur zu zweit und so bekamen beide die volle Aufmerksamkeit und Unterstützung von Veronica. Ich kann mit Pferden eigentlich nicht viel anfangen, bin aber als «Hoffotograf» trotzdem mit der Herde mitgelaufen. Das war auch für mich speziell, da ich wirklich mitten in der Herde lief und es überall um mich herum so grosse Tiere hatte. Ich habe nicht schlecht gestaunt wie schnell die Viecher sind, wenn sie «nur» gehen. Als die Herde am Schluss noch zum Galopp durchs Wasser ansetzte war dann aber fertig bei mir mit «mitlaufen»…

Mr. Divo und Biggi haben die gleiche Frisur 😉
Und ab geht’s im Galopp!

Wir lagen mit dem Boot ein rechtes Stück vom Ort Buccoo entfernt und das nächste Land war ein menschenleerer Strand mit Unmengen von toten Bäumen, die viele interessante Fotomotive boten. Der Strand war eigentlich nur gut vom Wasser aus zu erreichen und wir sind mit Kajak und SUP ein paar Mal hingepaddelt. Da es über das Riff ging, hatte es ab und zu eine brechende Welle und ich bin ein paar Mal unfreiwillig mit dem Kajak durch die Wellen gesurft. War selber verwundert, dass ich danach immer noch aufrecht im wackeligen Kajak sass.

Wir lagen jetzt fast an der Südspitze von Tobago. Das ist der einzige Teil der Insel, wo es etwas mehr Tourismusbetrieb hat. Es gibt ein paar kleinere Hotels und Resorts und einige Anbieter von Ausflügen.

DAS grosse Ding hier waren die Ausflüge mit dem Glasbodenboot zum Buccoo Reef und zum Nylon Pool. Der Nylon Pool ist eine riesige sehr flache Stelle im Riff, die bei Niedrigwasser so seicht ist, dass an manchen Stellen das Seegras rausschaut. Tagtäglich um die Mittagszeit waren immer mehrere von den Ausflugsbooten am Riff draussen. So ein Ausflug kostet ca. 70.- US$ pro Nase und dann ist man im Rudel unterwegs. Wir sind stattdessen zwei Mal alleine am Vormittag mit dem Dinghy hingefahren und hatten das ganze Gebiet für uns alleine. Superschön und ein bisschen surreal mitten im Meer im knöcheltiefen Wasser zu stehen. Und schon wieder 280.- US$ «gespart» 😉

Irre Farben im glasklaren Wasser vom Nylon Pool

Der einzige Nachteil von diesem Ankerplatz war wieder das Rollen. Der Wind kam von Südost und die Dünung von Nordost. Das heisst das Boot lag immer seitlich zur Dünung und hat erbärmlich gerollt. Wenn man bei einem Katamaran vor Anker die Gläser festhalten muss, damit sie nicht umkippen (und Biggi langsam eine bleiche Nase bekommt) ist es Zeit etwas zu unternehmen. 

Eine Yacht kann vor Anker verhältnismässig einfach gedreht werden, indem man ein Seil in die Ankerkette einhakt und dieses hinten am Boot befestigt. Dann wird die Kette nachgelassen und gleichzeitig am Seil gezogen und schwupps liegt das Boot schräg bzw. quer zum Wind. Beim Kat ist das Prinzip dasselbe, aber weil die Ankerkette zwischen den beiden Bugspitzen rauskommt sollte man verhindern, dass die Kette an einem der Rümpfe schrammt.

Umlenkung der Ankerkette

Nun ja, das muss man aber erst realisieren… Gut werden wir RARE BREED im Sommer wieder an Land holen um die abgeschabte Farbe erneuern zu können.

Nach ein wenig Tüfteln haben wir es doch geschafft RARE BREED ohne weiteres Kettengeschramme quer zum Wind zu legen. So hat das Rollen zwar abgenommen, aber der teilweise frische Wind hat ungehindert seitlich ins Cockpit gepfiffen. Naja, einen Tod muss man sterben.

Als wir nach ein paar Tagen die Buccoo Bay verlassen wollten um nach Pigeon Point zu fahren, hat es nur «Klack-Bzzzzzz» gemacht als wir die Motoren starten wollten. Beide haben sich nicht starten lassen und auch die Ankerwinsch hat keinen Mucks mehr getan. Das war jetzt ein bisschen doof! Wir lagen mitten in einem Riffgebiet, aus dem wir keinesfalls unter Segel alleine heil rauskommen würden und dann noch vor einer Insel, wo es so gut wie gar nichts an technischer Unterstützung zu erwarten gibt.

Üben mit dem Überbrückungskabel

Irgendwann konnte ich tatsächlich die eine Maschine und die Ankerwinsch zum Leben erwecken (Hallelujah!) und wir konnten mit nur einem Motor den gleichen Weg zwischen den Riffen rausfahren, wie wir ein paar Tage vorher reingefahren sind. 

Statt zum Pigeon Point, wo es ausser einem kleinen Resort gar nichts gibt, sind wir unter den gegebenen Umständen lieber zur Store Bay gefahren, wo es wenigstens einen Bus nach Scarborough, Restaurants, ein paar Läden und Autovermietungen gibt. Wer weiss, ob wir nicht doch etwas brauchen würden?

Blick in die Store Bay raus

In der Store Bay kommt die Unterwasser-Starkstromleitung von Trinidad an Land. Diese Leitung hat 33’000 V Spannung und versorgt ganz Tobago mit Strom. Wenn man diese Leitung mit dem Anker erwischt, würde das das Boot zu etwas ähnlichem wie der explodierende Böögg vom Zürcher Sechseläuten verwandeln und dazu noch alle Lichter in Tobago ausgehen lassen. Beides irgendwie keine so prickelnde Vorstellung. Im Cruising Guide steht, dass die Stelle wo das Kabel an Land kommt, mit einem grossen Schild am Strand markiert sei, aber zusätzlich solle man sich südlich der Hauptstrasse halten, die vom Strand ins Landesinnere geht. Die Strasse war zum Glück gut auszumachen, aber weit und breit kein Schild zu sehen. Auch die im Buch beschriebene nächtliche Warn-Beleuchtung war nirgends zu erspähen. Als wir später an Land gingen, haben wir das inzwischen völlig hinter Palmenblättern versteckte Schild entdeckt…

Links das Schild, dass man von See aus hätte sehen sollen…

Die Situation mit den Motoren hat mir natürlich keine Ruhe gelassen und sobald wir sicher vor Anker lagen ging es im Sinne von «Jugend forscht» los. Nach mehreren Startversuchen, Tests und Messungen glaubte ich den Fehler eingegrenzt zu haben. Die naheliegende Vermutung, dass die Starterbatterien schuld – sprich leer – waren, hat (wenigstens auf den ersten Blick) nicht zugetroffen. 

Unsere Motoren haben neben getrennten Dieseltanks und auch jeder eine eigene Starterbatterie. Damit beide Starterbatterien geladen werden, auch wenn nur eine Maschine läuft, sind sie gegenseitig über eine Elektronikbox miteinander verbunden. Vermutlich hat diese zwanzigjährige Elektronikbox ein Problem und «kappte» die Verbindung zwischen Anlasser und Starterbatterie. «Vermutlich», weil ich das erst herausfinden kann, wenn ich alles elektrisch trenne und durchmesse – und das sind an die 10 verschiedenen Kabel… Als autodidaktischer Möchtegern-Elektriker mag ich so etwas lieber nicht an einem Ort wie Tobago zerlegen. Wenn ich dabei etwas verbastel haben wir ein wirklich ernsthaftes Problem am Hals. Zumal genau diese Box bereits dem Elektriker auf Fehmarn vor zwei Jahren  Kopfzerbrechen verursacht hat… 

Wenn man ein Problem nicht nachhaltig lösen kann, muss – um weiter zu kommen – eine Übergangslösung gefunden werden. (Kleine Nebenbemerkung: Es ist irgendwie lustig zu realisieren, dass die Regeln vom Incident und Problem Management, die ich im Berufsleben oft gebaucht habe, auch hier ihre Gültigkeit haben). Unser «Work-Around» war, die Starterbatterien mittels Überbrückungskabel zu umgehen. So konnten jetzt beide Motoren und die Ankerwinsch über unsere Bordbatteriebank gestartet bzw. betrieben werden. Das müsste reichen um uns sicher in die Marina in Grenada zu bringen. 

Die Strecke nach Grenada könnten wir zur Not auch ohne funktionierende Maschinen machen, schliesslich haben wir ein Segelboot. Aber die Einfahrt in die Bucht, wo wir in Grenada hinmüssen, ist auch nur über eine schmale Durchfahrt zwischen Riffen und mit querlaufendem Strom zu erreichen. Dort ohne Maschine und ohne funktionierende Ankerwinsch reinzufahren wäre nicht lustig. Auch das anschliessende Anlegen in der engen Marina wäre ohne Motoren nur mit externer Unterstützung möglich. 

Nachdem das geregelt war, konnten wir uns wieder den angenehmeren Seiten vom Bootsleben widmen. Store Bay war im Endeffekt der bessere Ankerplatz als Pigeon Point. Dort war es zwar optisch extrem reizvoll, aber auch viel rolliger als in der Store Bay. Von Store Bay aus war es nur ca. 2 km nach Pigeon Point, was wir sowohl zu Fuss, wie auch mit SUP/Kajak zurücklegen konnten. 

Mit SUP und Kajak zum Pigeon Point
Der wohl bekannteste Steg in Tobago von See aus gesehen
Zu Fuss zum Pigeon Point und den schönen Steg
Wegweiser und die „Coconut Weather Station“

In Charlotteville ist uns nahe gelegt worden, uns nach Ankunft im südlichen Teil der Insel bei den Behörden in Scarborough zu melden. Also haben wir uns Tickets besorgt und sind mit dem Bus hingefahren. Ich war vor 27 Jahren schon mal hier und das Busticket hat damals schon nur 2 TT$ (ca. € 0.25!) gekostet. Das heisst, die Preise wurden seither kein bisschen erhöht. 25 Cent für eine Busfahrt von 45 Minuten in einem klimatisierten Bus – sowas muss man sich bei uns in der Schweiz oder Deutschland mal vorstellen…

Busticket mit Preisen wie vor 30 Jahren
Auf den ersten Blick dachten wir es wäre eine echte Palme!

Der Besuch und die Diskussionen bei Immigration ist haargenau in der gleichen Art wie in Charlotteville weitergegangen. Die Beamtin wollte unsere Papiere nicht akzeptieren, weil ein wichtiges Dokument fehle. Die Beamten in Charlotteville hätten natürlich etwas falsch gemacht… Als sie lakonisch meinte, dass wir deswegen jetzt halt nach Charlotteville zurückfahren sollten um das fehlende Dokument abzuholen, habe ich kurz «rot» gesehen.  Anhand meiner Körpersprache hat sie hat wohl realisiert, dass sie den Bogen jetzt überspannt hatte. Schnell hat sie mir die Telefonnummer von Customs gegeben, damit ich es mit denen selber klären konnte. Das ging dann auch irgendwie. Auf dem Weg zu Customs hat Biggi es geschafft mich wieder ein wenig zu beruhigen und so sind wir wieder ganz freundlich und zurückhaltend dort reinspaziert. Dort ging es dann wesentlich netter und hilfsbereiter zu. Am Schluss hatten wir nicht nur alle benötigten Papiere, sondern auch ein paar Cashews und Mangos aus dem Garten der Zöllnerin bekommen. Das nennt man wohl ein Wechselbad der Gefühle.

Das Leben hier ist gefährlich… 😉
„Männliche“ und „Weibliche“ Waschräume – Deutsche Sprak, schwere Sprak 🙂

Bei einem Besuch von Pigeon Point sind wir von einem Einheimischen namens Wayne angequatscht worden. Als er erfuhr woher wir kamen, hat er sofort fliessend Schwedisch mit mir gesprochen. Er sei schon 10(!) Mal in Schweden gewesen und hätte die Sprache so gelernt. Und da sein Bruder in Deutschland lebt, konnte er auch ein paar Brocken Deutsch. Irgendwie schon absurd, auf dieser kleinen Insel immer wieder in unseren Muttersprachen angesprochen zu werden. Wayne erzählte uns, dass er seit 25 Jahren Tourguide sei und uns gerne eine Tour anbieten würde. Und weil wir Schwedische Segler seien, würde er uns auch einen guten Preis machen. Inzwischen haben wir realisiert, dass es oft mehr bringt mit einem lokalen Guide unterwegs zu sein als selber ein Auto zu mieten. Weil Wayne uns so sympathisch war, haben wir auf gut Glück zugesagt, ohne zu wissen auf was oder wen wir uns da einlassen. Eine nachträgliche Recherche hat ergeben, dass wir wohl einen Glücksfall erwischt hatten, die Bewertungen von ihm und seinen Touren waren durchwegs positiv. Und seine Aussage «Ich mache euch einen besseren Preis» hat er auch eingehalten.

Zur abgemachten Zeit hat uns Wayne mit seinem Pickup am Strand abgeholt. Als erstes hat er uns einen grossen Sack mit Früchten aus seinem Garten überreicht – auch etwas was wir bis jetzt so noch nicht erlebt hatten! Kaum sind wir losgefahren hat sein Telefon geklingelt und eine Amerikanerin hat angefragt, ob er kurzfristig eine Inseltour machen würde. Nach Rücksprache mit uns hat er den beiden jungen Mädchen zugesagt. Also ging es zuerst zu ihm nach Hause, wo wir in seinen Minibus umgestiegen sind. Dabei hat er für Biggi schnell noch ein paar Kräuter aus seinem Garten gezupft.

Wayne zeigt uns einen Gummibaum, Waynes Haus

Auf dem Weg zum Hotel der Mädchen konnten wir in einem Teich Kaimane und in der Nähe ein paar Exemplare vom Nationalvogel «Rufus-Vented Chachalaca» sehen. Das ist ein fasanenähnlicher Vogel, der wie ein heiserer Hahn tönt und daher im Volksmund einfach «Cockericoh» genannt wird. Der Vogel schmeckt offenbar sehr gut und so landet er – obwohl er als Nationalvogel natürlich geschützt ist – des Öfteren im Kochtopf. Es gibt aber so viele davon, dass sie regelrecht zur Landplage («It’s our national bird, but also a national pest!») geworden sind. Und sie fressen den Leuten buchstäblich das Korn vom Feld weg. Die Behörden drücken daher bei dem Jagdverbot beide Augen zu, aber es werden wohl nicht genug davon erlegt, damit der Bestand etwas ausgedünnt würde. Auf meine Frage an Wayne, wieso er jetzt keine Cockericohs mehr jage meinte er, dass er sich jetzt Chicken leisten könne. Tja, so etwas nennt man wohl Luxus…?

Der Nationalvogel oder „National Pest“ von Tobago

Die Tour ging rund um die ganze Insel und wir haben viel gesehen und erfahren.

Parlatuvier Bay
Englishmen Bay

Neben einer kleinen Wanderung zum «Argyle Waterfall» mitsamt einem erfrischenden Bad im natürlichen Süsswasserpool unter dem Wasserfall, haben wir auch gesehen wie Brot im traditionellen Lehmofen gebacken wurde. Dies ist keine Touristenattraktion, sondern gelebte Tradition. Im Dorf Castara wird zwei Mal die Woche der Lehmofen am Dorfplatz von zwei alten Frauen eingeheizt und für das ganze Dorf gebacken. Das gesamte Brot ist von den Einwohnern vorbestellt und Wayne konnte nur mit Mühe und Not ein wenig für uns zum Probieren ergattern. Hat richtig gut geschmeckt.

Argyle Waterfall mit Süsswasserpool
Brotbacken im Lehmofen

Ausserdem hat Wayne mit uns zusammen Waxapples, Mangos und weitere Bananenstauden geerntet. Die Bäume seien Allgemeingut und jeder könne nehmen was er wolle. Vor allem die Mangos lagen zu hunderten am Boden rum und wären dort verfault. Wir waren übrigens nicht die einzigen die dort gesammelt haben und sind mit einer grossen Tüte voller Mangos zum Bus zurück.

Reiche Ernte nach dem Ausflug mit Wayne

Als wir nach Charlotteville kamen und aus dem Bus stiegen, wurden wir sofort von einem der Einheimischen überschwänglich begrüsst. Das war derjenige, mit dem wir uns schon mehrmals auf Deutsch unterhalten hatten, als wir mit dem Boot dort vor Anker lagen. Er hat uns natürlich sofort wieder erkannt und wollte wissen «was wir denn hier machen».

Mittagessen gab’s bei «Sharon & Phebs». Dort hat uns Sharon ebenso wie alte Freunde begrüsst und fragte spasseshalber, ob die beiden Mädchen unsere Töchter seien. Die Mädels haben über unseren Bekanntheitsgrad gestaunt und hatten wohl das Gefühl mit irgendwelchen «Berühmtheiten» unterwegs zu sein 😃.

Abendstimmung Store Bay
„Das grosse Fressen!“ Dieses Schauspiel hat sich zwei Mal neben unserem Boot abgespielt: Ein grosser Schwarm von Jungfischen lockt jagende Thunfische an und von oben attackieren die Möven und Fregattvögel. Das nennt man wohl „in die Zange genommen zu werden“.

Wir hatten von Anfang an geplant längere Zeit auf Tobago zu bleiben. Erstens, weil wir vermutlich nicht so schnell wieder hierherkommen würden und zweitens, weil wir in Grenada in einer Marina liegen müssen, während wir auf Tobago das Leben vor Anker geniessen konnten. Wegen dem Ärger mit den Motoren bzw. der Elektrik blieben wir den Rest der Zeit in der Store Bay liegen, was uns gar nicht gestört hat. Hier lagen wir zum ersten Mal auf Tobago (halbwegs) ruhig im Wasser und ausserdem gab es hier allerhand zu tun und zu sehen. 

An Bord gibt es immer etwas zu machen
Für das Kajak haben wir hier unerwarteterweise einen Sitz bekommen, den wir natürlich ausprobieren müssen.
Besuch unter und neben dem Boot
Sundowner 🙂
Draussen schlafen ist bei diesen Temperaturen eine coole Sache – bis der nächtliche Regenschauer kommt.

Tagtäglich kamen die lokalen Glasbodenboote hierher um ihre Gäste von den beiden Resortanlagen für den Trip ins Buccoo Reef und zum Nylon Pool abzuholen. Auf den doppelstöckigen Holzbooten war immer voll die Party und die Musik war derart laut aufgedreht, dass wir uns ernsthaft gefragt haben, wie sie das an Bord überhaupt aushalten konnten. Mit der Zeit kannten wir die grell bemalten Boote wie «Cool Runnings», «Reef Boss» oder «Rush Hour», die im Normalfall schräg vor uns durch gefahren sind um an den Strand zu kommen. Eines Tages ist eines davon langsam an uns vorbei Richtung offenes Meer getrieben. Am Anfang dachten wir uns gar nichts dabei, bis wir sahen wie ein junger Mann wie verrückt hinterher schwamm. Da wurde uns klar, dass niemand an Bord war und sich das Boot alleine auf den Weg gemacht hatte. Es war offensichtlich, dass das Boot schneller wegtrieb, als der Typ schwimmen konnte. Also haben wir schnell das Dinghy zu Wasser gelassen und sind hinterhergedüst um ihm zu helfen. Seine Erleichterung und Dankbarkeit waren offensichtlich. Ohne unsere schnelle Hilfe wäre das Boot vielleicht auf Nimmerwiedersehen nach Venezuela getrieben. 

Die Glasbodenboote

Neben uns in der Store Bay lag ein weiterer Katamaran an einer Boje. Den hatten wir schon ein paar Mal vor Anker im Buccoo Reef gesehen. Es war offensichtlich jemand, der damit Tagesausflüge mit Gästen machte. Ein bisschen Recherche hat zu Tage gefördert, dass die «PICANTE» von einem deutschen Skipper geführt wurde. Markus’ bisheriger Lebenslauf, welcher auf seiner Webseite beschrieben ist, erschien uns spannend. Er hatte sein erstes Boot bei einem Pokerspiel gewonnen, ist irgendwann über den Atlantik gesegelt, nach ein paar Jahren auf Tobago «hängen geblieben» und hat hier sein Chartergeschäft eröffnet. Also haben wir Kontakt aufgenommen und uns auf Anhieb gut mit ihm verstanden. Es war spannend Markus Schilderungen zum Leben auf Tobago, wo er inzwischen sesshaft geworden ist zu hören. Durch Markus sind wir auf das Restaurant «The Pasta Gallery» aufmerksam geworden. Das war ganz eindeutig das kulinarische High Light in Store Bay. Erstaunlicherweise war es preislich gar nicht teurer als die meisten anderen Restaurants in der Gegend und als wir den Geschäftsführer Fabrizio kennengelernt haben, wurde die Begeisterung umso grösser. Fabrizio ist Tessiner und konnte neben Pasta (hausgemacht und sensationell lecker) zubereiten obendrein Schweizerdeutsch sprechen. Im Normalfall essen wir selten auswärts Nudelgerichte, aber die selbergemachte Pasta von Fabrizio war schon ein besonderer Gaumenschmaus, welchen wir uns in der Zeit sogar ein zweites Mal gegönnt haben.     

Mit Markus in der Pasta Gallery

Direkt vor unserem Boot war ein kleines Riff, wo wir ein paar Mal vom Boot aus hin geschnorchelt sind. Das war ganz nett und einmal haben wir sogar vier grosse Stachelrochen beobachten können. Leider war das Wasser oft eher trüb und wir waren im Blindflug unterwegs.

Impressionen von unser „Hausriff“ in Store Bay
Biggi oben, Rochen unten.

Wir hatten inzwischen von Markus erfahren, dass es weit draussen am Buccoo Reef Bojen hätte, wo man mit dem Dinghy festmachen konnte um zu Schnorcheln. Gesehen hatten wir sie aber bisher nicht (da zu weit draussen) und in der Seekarte war auch nichts dazu vermerkt. Der Spot hiesse «Coral Garden» und sei sehr schön zum Schnorcheln. Was die Glasbodenboote können, konnten wir auch und sind eines vormittags mit Trinkwasser, Hand-Funkgerät (falls wir Hilfe benötigen sollten) und dem Schnorchelzeugs bewaffnet mit dem Dinghy los, um den Coral Garden zu finden. Zum Glück hatten wir ein Handy mit der Navigationssoftware dabei, denn die Bojen waren wirklich nirgends zu sehen. So sind wir einfach quer über das Riff in die Richtung gefahren wo uns gesagt wurde, dass die Bojen seien – das war direkt aufs offene Meer hinaus. Beim Dinghyfahren bin ich da eher zurückhaltend mit «so weit raus» zu fahren.

Die Schnorchelbojen (Pfeil) und der Nylon Pool beim blauen Punkt (etwa in der Mitte)

In diesem Fall befanden wir uns aber im flachen Wasser innerhalb des Buccoo Reefs und so hätten wir zur Not sogar ankern können, wenn z.B. der Motor ausgestiegen wäre. Als wir die Bojen dann endlich ausfindig gemacht hatten und an einer festmachen konnten, war ich ziemlich erleichtert.

Auf zum Bucoo Reef, vorbei an Pigeon Point
Janz weit draussen…

Das Land war augenscheinlich ganz schön weit weg hinter uns und dann wirkt so ein kleines Dinghy plötzlich ziemlich verloren. Der Aufwand hat sich aber definitiv gelohnt! Dies war der bisher schönste Schnorchelspot den wir besucht haben. Wunderschöne Korallen in allen möglichen Formen und Farben, ziemlich viele verschiedene Fische und sogar ein Schwarm Kalmare. Jetzt hätte ich gerne eine richtige Unterwasserkamera dabeigehabt!  

Kalmare
Schöne Korallen

Auf dem Rückweg haben wir einen Zusatzbogen gemacht und sind nochmals zum Nylon Pool gefahren, den wir schon besucht hatten als wir noch in der Buccoo Bay lagen. Die Wasserfarben dort sind einfach genial!

Ab zum Nylon Pool!
Einfach cool!
Und wieder zurück zum Boot

Wir konnten den Pigeon Point von der Store Bay aus gut zu Fuss erreichen, was wir auch ab und zu gemacht haben, um uns wieder mal die Beine zu vertreten. Bei einem dieser Spaziergänge ist uns eine kleine Schwarzkopfmöwe aufgefallen, die sich so komisch bewegt hat. Sie hatte ihren Kopf und Fuss unnatürlich nahe zusammen und versuchte immer vom Boden hoch zu fliegen, was ihr aber nicht gelang. Beim Näherkommen sahen wir, dass sie an einem Fischersilk hing und deshalb nicht wegkonnte. Nach dem Einfangen war klar was los war: sie hatte einen kleinen Fischerhaken im Fuss UND einen im Schnabel und beide waren mit einem Stahlvorfach miteinander verbunden. Das Lösen war ohne Werkzeug gar nicht so einfach, ist zum Glück mit ein wenig Gefummel dann doch gegangen und sie konnte von dannen fliegen. Seither haben wir auf unseren Ausflügen ein kleines Leathermann-Tool dabei. Diese Geschichte trug sich übrigens am gleichen Tag zu wie die Rettungsaktion mit dem abtreibenden Boot. Die Vorgabe «Jeden Tag eine gute Tat» hatten wir an dem Tag sicher erfüllt 😃

Mövenrettungsaktion

Wir hatten zwar einen Tagesausflug mit Wayne gemacht, aber es gab noch mehr zu sehen auf Tobago. So haben wir uns für einen Tag ein Auto gemietet. Im Landesinneren ist das grosse Naturreservat des Main Ridge Regenwaldes, welches bereits 1776 unter Schutz gestellt wurde und das wir gerne besuchen wollten. Tobago und Trinidad haben früher mal zum Südamerikanischen Kontinent gehört und weisen eine deutlich andere Flora und Fauna als die anderen Karibikinseln auf. Heute sind leider viele Tierarten schon ausgerottet, aber es gibt Bestrebungen, einige Arten wieder anzusiedeln. Der «Roy Corbin Wildlife Park» ist eine Auffang- & Zuchtstation für viele dieser Tierarten und den haben wir als erstes besucht. Michael, der Sohn von Roy, hat mit uns eine Privatführung durch den weitläufigen Park gemacht und wir haben viel über die Tiere und Pflanzen dort erfahren. Sie sind eine Nonprofitorganisation und haben ehemaliges Weideland der Familie in den letzten 30 Jahren zu einem Regenwald heranwachsen lassen. Auf diesem Land werden die Tiere so natürlich wie möglich gehalten und wo möglich nachgezogen und ausgewildert. Neben vielen Vögeln konnten wir Tiere wie Agoutis, Gürteltiere, Schlangen, Rotschwanzeichhörnchen, Opossums, Kaimane usw. sehen.

Die Führung ging schlussendlich mehr als drei Stunden und entsprechend später als geplant sind wir dann am Gilpin Trace Trailhead angekommen. Das ist ein Gebiet mit mehreren Wanderpfaden durch den Regenwald. Wir hatten wieder einmal das Glück völlig alleine dort zu sein. Das war ein ganz besonderes Erlebnis, denn so konnten wir uns voll auf die eindrückliche Geräuschkulisse im Regenwald fokussieren. Da es weit und breit keine bewohnten Gebiete oder andere Menschen gab, waren wir nur von Wassergeplätscher und den Lauten der vielen Vogelarten umgeben. Aus Zeitgründen konnten wir leider nicht ganz so weit wandern, aber das Innehalten und Lauschen der Laute des Regenwaldes war sowieso wichtiger als die zurückgelegte Wegstrecke. Andächtig und dankbar über dieses Erlebnis traten wir den Rückweg an.

Der Regenwald ist wie damals in den Tarzanfilmen

Wenn man als Segler schon mal ein Auto zur Verfügung hat, muss natürlich auch eingekauft werden. Beim Anstehen an der Kasse kam unser Tourguide Wayne in den Supermarkt reinspaziert. Als er uns sah, wollte er wissen wie lange wir noch da seien, weil er uns gerne noch Früchte aus seinem Garten bringen wolle. Und am nächsten Tag ist er tatsächlich extra nochmals nach Store Bay gefahren und hat uns eine grosse Tüte mit einem Büschel Rosmarin, Mangos, Papayas, Maracujas und Limonen geschenkt. Wie nett ist denn das? 

Die Früchte von Wayne

Am 9. Mai war es soweit und wir sind netterweise von Markus nach Scarborough gefahren worden um Ausklarieren zu können. Das hat dieses Mal «nur» 2,5 Stunden gedauert… Zuerst zu Immigration, wo wir nach einer Wartezeit von 30 Minuten von einem Bürogehilfen ca. 5 Formulare zum Ausfüllen bekamen. Irgendwann kam dann tatsächlich noch die zuständige Beamtin ins Büro und nach weiteren Formularen ausfüllen, bekamen wir endlich die Freigabe um quer durch den Hafen zur nächsten Behörde, dem Zoll zu gehen. Dort sassen fünf Leute rum und hatten ganz offensichtlich nichts zu tun. Auf einem Bildschirm liefen Musikvideos und es wurde ungeniert ins Handy geschaut während die Papierberge fast den ganzen Raum füllten, was aber offensichtlich keinen der Anwesenden sonderlich interessierte. Unser Anliegen wurde von einem Beamten bearbeitet, der so etwas wohl zum ersten Mal gemacht hat. Was er an Papieren ausgefüllt, x-fach kopiert und in mindestens fünf verschiedene Mappen «abgelegt» hat, war einfach nur absurd. Am Schluss bekamen wir einen ganzen Stapel von Formularen mit, die wir «bräuchten». Als wir als Letztes die Gebühren bezahlt haben, hat uns die Kassiererin statt 48.- TT$ nur 40.- zurückgegeben. Erst auf meinen Hinweis hin hat sie uns kommentarlos das fehlende Geld ausgehändigt. Tobago ist ja wirklich eine schöne Insel mit netten Leuten, aber der Administrationswahnsinn und die Arroganz gewisser Uniformträger ist echt unglaublich! 

Warten auf die Immigrationbeamtin

Von Tobago nach Grenada sind es 70 Seemeilen. Im Normallfall zu viel um es in einem Tag zu schaffen und so haben wir den Wecker auf Mitternacht gestellt um gut bei Tageslicht anzukommen. Die Motorengeschichte lag mir etwas auf dem Magen. Wir hatten immer noch das Problem, die Motoren nur mit Überbrückung zu den Bordbatterien starten zu können. Ich hatte das Anlassen sicherheitshalber in der Zeit in Store Bay zwei Mal getestet und da hatte es bei beiden Maschinen beim ersten Versuch geklappt. Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen und als wir nachts loswollten, hat die linke Maschine – trotz Überbrückung und vollen Bordbatterien – nicht starten wollen! Ausser «klack-klack-klack» ist nichts passiert. Das war insofern ein Problem, weil die Ankerwinsch ohne den linken Motor auch nicht funktioniert. Mitten in der Nacht und mit dem Wissen, dass wir das Problem hier auf Tobago nicht nachhaltig würden lösen können, war schon irgendwie blöd.

Erst nach mehreren Versuchen ist der zweite Motor doch noch zum Leben erwacht. Puhh! Dieses Erlebnis hat meinen Entschluss, die Motoren während der ganzen Überfahrt mitlaufen zu lassen erst recht bestätigt. Und bis jetzt hatten unsere Motoren uns (wenn sie laufen) nie im Stich gelassen.

Nächtlicher Start in Tobago

So kam es, dass wir im Rekordtempo von Tobago nach Grenada gedüst sind. Etwa 20 Knoten Wind von der Seite (halber Wind), einen mitlaufenden Strom und die beiden Maschinen mit 1800 Umdrehungen, haben uns regelrecht fliegen lassen. Wir standen schon um 10:30 Uhr kurz vor der Einfahrt zur Marina. 

Zurück in Le Phare Bleu

Das Anlegemanöver hat Biggi gefahren. Sie fährt meistens die Manöver und ich hantiere die Leinen, aber erstens sind wir nur selten in Marinas und zweitens, hat sie bisher nur Anleger gefahren, wo wir uns längs an einen Steg gelegt haben. Dieses Mal musste sie das Boot mit dem Heck ca. 1 m vor der Pier stillhalten, damit ich die Heckleinen belegen konnte. Danach wird das Boot mit leichtem Schub vorwärts in die Leinen gefahren und stabilisiert, bis die vorderen Leinen an den Muringleinen (Trossen im Hafenbecken) angebunden sind und das Boot somit an allen vier Ecken gehalten wird. Es lief alles wie am Schnürchen und ohne Hektik oder ein lautes Wort ab – gut gemacht mein Schatz!

Als wir fertig angebunden waren, habe ich die Marineros gefragt, ob wir hier jetzt fix an diesem Platz liegen bleiben könnten. Etwas verwundert haben sie «Ja klar, wieso frägst du?» geantwortet. Als ich ihnen sagte, dass wir die Motoren nach dem Abstellen nicht mehr anbringen würden, haben sie etwas verdutzt geschaut und mussten dann aber laut loslachen 😃

Nach einem halben Jahr segeln und ankern ohne je eine Marina besucht zu haben, war alles, aber auch wirklich alles, von einer Salzschicht überzogen, der wir in den kommenden Tagen mit viel Süsswasser zu Leibe rücken würden. Aber zuerst mussten wir nach St. Georges fahren um einzuklarieren. Unser Autovermieter Zack hat uns als treue Kunden freundlicherweise umsonst nach St. Georges und wieder zurückgebracht. Das Einklarieren hat gerade mal 15 Minuten gedauert und die Beamten haben sich köstlich über den Papierberg aus Tobago amüsiert. Sie haben lediglich zwei der Zettel gebraucht und uns grinsend den Rest zur freien Entsorgung zurückgegeben.

Fazit Tobago

Wie alle karibischen Inseln hat auch Tobago seine Schattenseiten. Die Wirtschaft ist seit Covid massiv geschrumpft und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sehr viele der Erwerbstätigen sind vom Staat angestellt, der aber derart korrupt und ineffizient ist, dass wichtige (Infrastruktur)-Projekte nicht vorankommen. Der Staat Trinidad und Tobago hat enorme Ölvorkommen, aber das kommt offenbar nur ganz wenigen zu Gute und die Mehrheit der «normalen» Leute sehen von dem ganzen Geld gar nichts. Gleichzeitig werden diverse Grossprojekte, wie zum Beispiel der neue Flughafen auf Tobago von China finanziert und umgesetzt. Wozu Tobago einen neuen und grösseren Flughafen braucht, konnte uns niemand erklären. Der jetzige sei bereits gross genug, um Interkontinentalflüge abfertigen zu können. Eine der absolut einmaligen Naturressourcen, der Asphaltsee in Trinidad, ist vom Trinidadianischen Staat für 99 Jahre an die Chinesen verpachtet worden. So bremst sich ein eigentlich reicher Staat wegen Misswirtschaft und Korruption selber aus.

We loved Tobago!

Wir waren insgesamt fünf Wochen auf Tobago. Die Insel ist wirklich anders als die restlichen Karibikinseln. Natur und Tierwelt sind stark vom Südamerikanischen Kontinent geprägt. Der Tourismus ist nur sehr schwach ausgebaut und die Mehrheit der Besucher sind Trinidadianer, kurz Trini’s genannt 😃. Da ist man als Ausländer schon von vorneherein interessant und kommt schnell mit der Lokalbevölkerung in Kontakt. Wir haben auf vielen Inseln sehr positive Begegnungen mit Einheimischen gehabt, aber auf Tobago war es irgendwie authentischer und wir hatten das Gefühl, die Leute haben sich wirklich interessiert zu erfahren woher wir kommen und wie wir leben. Die Erlebnisse, als wir z.B. nach Charlotteville zurückkamen und wie alte Bekannte begrüsst wurden, war schon etwas Spezielles. Dass es keinerlei Infrastruktur für Yachten gibt und auch die Anreise eine kleine Herausforderung ist, haben wir bisher nur auf Barbuda erlebt. In der Folge sind auf Tobago nur wenige Yachties anzutreffen, was uns ganz gut gefallen hat. Die berühmten einsamen Buchten sind hier der Normalfall – einfach nur schön.

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Der mit der Geiss rennt

Der mit der Geiss rennt

18.03.-11.04.2023 Martinique – Tobago (Teil 1) Logstand seit Start 6883 sm

2020, als wir diese Reise geplant haben, sprachen wir immer davon, dass wir als erste Insel in der Karibik Tobago anlaufen wollten. «Weihnachten auf Tobago» war unser Aufhänger, als wir noch im kalten Schweizer Winter von tropischen Ankerplätzen geträumt haben. 

Nun, dann kam Corona und hat alle Pläne durcheinandergebracht. Im November 2021, als wir auf den Kanaren unsere Atlantiküberquerung vorbereitet haben, waren die Grenzen von Trinidad und Tobago noch zu und die Insel damit unerreichbar für uns. 

Barbados und Tobago liegen als einzige Antilleninseln weit östlich der übrigen Inseln im Antillenbogen. Wind und Strom machen die Anreise oft herausfordernd und so fristen beide, in Bezug auf besuchende Segelyachten, eine Art Schattendasein verglichen mit den restlichen Kleinen Antillen. 

Der Traum von Tobago hat uns trotzdem nicht losgelassen und so haben wir einen Weg gesucht, wie wir dorthin segeln können. Wenn man auf der Karte schaut, sieht man, dass Martinique so weit östlich liegt, dass man von dort einen gut segelbaren Kurs bis Tobago hat (bzw. haben sollte, wie wir später lernen sollten…) auch wenn das ein Törn von fast 200 Seemeilen (ca. 370 km) ist.

Streckenverlauf Martinique nach Tobago

Der Aufenthalt in Martinique war dieses Mal nur ein Stop-Over, um Vorräte und Treibstoff aufzufüllen und auf ein gutes Wetterfenster für den Schlag nach Tobago zu warten. 

Lebensmittelvorräte aufstocken, inventarisieren und verstauen
Wassermacher warten
In St. Anne hat ein ganz „schlauer“ deutscher Skipper seinen Anker so gelegt, dass er uns komplett blockiert hat und unmittelbar vor unserem Bug zu liegen kam. Auch unseren Hinweis, dass wir am nächsten Morgen früh rausgehen würden hat ihn nicht zum Umankern bewegen können: „Er hätte 40 Jahre Erfahrung und wüsste schon was richtig sei…“. Es kam wie es kommen musste, beim Ankeraufgehen mussten auch sie wegfahren um uns Platz zu machen. Es gibt eben solche uns solche…

Die Tankstelle in Le Marin ist immer sehr gut besucht und man muss vor der Tankstelle treibend warten bis man an der Reihe ist und einen Platz zum Anlegen findet. Wir sind daher frühmorgens hin, um schon zur Öffnungszeit dort zu sein. Diese Idee hatten leider auch einige andere und es ging recht hektisch zu. Wer jetzt denkt, dass die Tankwarte, wie bei den meisten Schiffstankstellen, einem beim Anlegen und Tanken helfen würden, kennt die Franzosen schlecht. Schliesslich war es erst acht Uhr morgens und da muss zuerst ausgiebig Kaffee und Croissants im Büro genossen werden… Dazu kommt, dass Diesel auf Französisch «Gasoile» und Benzin «Essence» heisst. Das «Gasoile» kommt auch nicht wie anderswo aus einer schwarzen, sondern aus einer gelben Zapfpistole. Das alles hat in der Hektik dazu geführt, dass ich aus Versehen Benzin statt Diesel in den rechten Dieseltank gefüllt habe. Zum Glück haben wir es nach 20 Litern schon gemerkt. Die ersten Googlerecherchen ergaben, dass man einen Dieselmotor AUF KEINEN FALL anstellen darf, wenn es Benzin im Diesel hat. Das würde zu irreparablen Schäden führen. Dies trifft aber zum Glück nur auf moderne Dieselmotoren zu, alte Dieselmotoren sind da wesentlich unempfindlicher. Bis zu 10% Benzinbeimischung sollte bei unseren 20-jährigen Motoren kein Problem sein. Bei 235 Liter Tankvolumen pro Tank lag der Benzinanteil gerade unterhalb dieser Grenze. Wir waren schon etwas hellhörig und nervös, als wir den rechten Motor angelassen haben, aber er schnurrte los wie wenn nichts gewesen wäre. Manchmal ganz gut, wenn man nicht immer die neuste Technik an Bord hat!

Die Folgen des Streiks wegen Macron’s Rentenreform hat man auch auf Martinique gespürt
Eine Wanderung zu „unserem“ Strand in der Petite Saline Baie musste natürlich auch sein 🙂

Neben Einkaufen und ein paar Wartungsarbeiten, haben wir noch Kurt (der schwedische Einhandsegler, mit dem ich viel Zeit verbracht habe, als Biggi im November-Dezember in Deutschland war) und Volker und Iris von der EXIT ONE getroffen sowie Martina und Johan aus Finnland kennengelernt.

Martina und Johan, Iris und Volker und Jan mit Kurt am Steg
Biggi hat ihren ersten Zopf an Bord gebacken und auch sonst feine Sachen aufgetischt
Letzer Abend in Martinique. Die Sonne geht hinter dem Diamantfelsen unter.

Nach etwa zwei Wochen war es soweit. Der Wind sollte für zwei Tage aus Nordost wehen, eher etwas stark, aber immerhin aus einer günstigen Richtung. Wir sind am Freitagmorgen mit dem ersten Tageslicht los und rechneten damit, nach ca. 30 Stunden, also am Samstagmittag in Tobago anzukommen. 

Bei längeren Törns planen wir die Abfahrt immer so, dass wir bei Tageslicht ankommen. Das mag den einen oder anderen wundern, aber ein Boot hat kein Licht und daher ist das nächtliche Einlaufen etwas was wir nur machen, wenn wir sicher sind, dass es problemlos möglich ist. Unser Ziel war Charlotteville in der Man of War Bay im Norden von Tobago. Eine Bucht in der sehr viele unbeleuchtete Fischerboote und – noch schlimmer – viele unbeleuchtete Netze zu erwarten waren. Da wollten wir nicht im Dunkeln rein.

Der Wind blies wie vorhergesagt mit ca. 20 Knoten und am ersten Tag machten wir entsprechend immer so um die 6-7 Knoten Fahrt. Das Wetter war auch schön, aber das Geschaukel der Atlantikwellen war schon ziemlich heftig und leider dauerte es nicht allzu lange bis Biggi eine bleiche Nase hatte und sich hinlegen musste. 

Am ersten Tag war das Wetter noch gut. Am Zweiten weniger…

Kurz nach Mitternacht ging unsere Geschwindigkeit – trotz nach wie vor starkem Wind – immer mehr zurück und irgendwann liefen wir teilweise sogar unter 3 Knoten. Hatten wir ein Netz oder Seil gefangen? Mit einer starken Taschenlampe habe ich um und hinter dem Boot ins Wasser geleuchtet, aber es war nichts zu erkennen. Im Gegenteil – im Wasser sah es immer noch so aus, wie wenn wir zügig unterwegs wären. 

Unsere Logge, die unsere Geschwindigkeit durchs Wasser anzeigt, ist schon seit ich das Boot übernommen habe defekt. Trotz Austausch hat sie nie richtig funktioniert und irgendwann habe ich mich damit abgefunden nur die Geschwindigkeit über Grund zu sehen, die vom GPS angezeigt wird. Im Normalfall ist das auch völlig ausreichend, ausser bei Strom, denn da gehen die Werte von der Geschwindigkeit über Grund und die durchs Wasser auseinander. Ich konnte also nur vermuten, dass wir es hier mit einem starken Gegenstrom zu tun hatten. Und siehe da – in der Seekarte war tatsächlich eine kleine Notiz, die ich bei der Planung übersehen hatte. Der Südäquatorialstrom setzt nördlich von Tobago mit 3-4 Knoten gegen NW, für uns also schräg von vorne. Um noch bei Tageslicht anzukommen mussten wir aber mindestens 5 Knoten laufen. Also haben wir «Vollgas» gegeben. Das heisst, alle Segel ausgerefft und beide Maschinen dazu genommen. Mit Müh und Not sind wir so auf knapp 5 Knoten gekommen und mit dem sprichwörtlich letzten Tageslicht in der Bucht angekommen. Nach der langen Motorlaufzeit wussten wir wenigstens mit Sicherheit, dass das Benzinmalheur in Martinique nichts angerichtet hatte.

Endlich ist Tobago in Sicht!

Nach 34 Stunden Geschaukel war endlich Ruhe im Boot und Biggi ist wieder aus der waagerechten Lage aufgetaucht. Sie hatte seit dem Abendessen vom Donnerstag in Martinique fast nichts mehr gegessen und war bei der Ankunft entsprechend erschöpft, aber wenigstens war jetzt die Übelkeit vorbei. 

Tobago ist tatsächlich anders als die restlichen Karibikinseln. Es kommen pro Jahr nur noch wenige Hundert Yachten nach Tobago. Es gibt auch keinerlei Infrastruktur für Yachten, wie auf all den anderen Karibikinseln und in den meisten Buchten muss man ziemlich weit draussen ankern, weil die Fischer in Landnähe ihre Netze auslegen. Das führt dann oft dazu, dass man der Dünung stärker ausgesetzt ist und das Boot stark rollen kann. Sogar unser Kat hat manchmal so stark gerollt, dass wir uns festhalten mussten. Das Beiboot kann man nur am Strand hochziehen, da es bis auf ganz wenige Ausnahmen gar keine Stege oder Anlegemöglichkeiten gibt. So waren wir oft die einzige Yacht in einer Bucht. Dafür wird man mit viel Natur und extrem freundlichen Menschen belohnt. 

Neues Land, neues Geld. Wegweiser an der Pier in Charlotteville.

Trinidad und Tobago haben reiche Naturschätze und daher keinen grossen Fokus auf Yachttourismus gelegt. Sogar die jährliche Angostura-Regatta, die früher immer einige Hundert Yachten angezogen hat, wird nicht mehr durchgeführt. Tobago ist in Bezug auf Tourismus und Segelboote wirklich wie die restliche Karibik vor etwa 50 Jahren war.

Man of War Bay. Ganz wenige Schiffe in der grossen Bucht

Dass das Einklarierungsprozedere ausserdem das komplexeste und zeitaufwändigste der ganzen Karibik ist, macht es für Yachties auch nicht gerade einladend, aber ein Erlebnis ist es allemal. Man muss sich vorstellen, dass diese kleine Insel in zwei Verwaltungsbezirke aufgeteilt ist, die sich anscheinend gegenseitig nicht so recht über den Weg trauen. Wenn man wie wir, im Norden ankommt und in den Süden segeln will, muss man dies vorher mit 15-20 (kein Witz!) Formularen beantragen. Dabei müssen die Behörden von Charlotteville (nördlicher Bezirk) den Kollegen von Scarborough (südlicher Bezirk) informieren, dass eine Yacht die Bezirksgrenze überschreiten wird. Dass es sich dabei um drei verschiedene Behörden (Port Authority, Immigration und Customs) – die man selbstverständlich in der «richtigen» Reihenfolge aufsuchen muss – handelt, macht es für Laien komplett undurchsichtig. Nach ca. 3.5 h war der erste Teil in Charlotteville erledigt und wir schon beste Freunde mit Roshan, dem indischstämmigen Zöllner und seinem kleinen Sohn. Wegen der wenigen Besucher langweilen sich die Beamten und so ist jeder Neuankömmling eine willkommene Abwechslung zur Dauerbeschäftigung am Handy. Die Zöllner sind von Trinidad und jeweils für 9 Monate auf Tobago stationiert und dann kommen neue Leute. Das heisst, alle naselang wechseln die Kollegen und selbstverständlich ist alles, was die alten Kollegen gemacht haben vergessen oder falsch. Egal mit welchem Beamten wir gesprochen haben, es hiess immer: «Nein, nein, dass was uns der andere erzählt habe sei ja völlig falsch!» Irgendwie kamen wir uns ein bisschen wie Asterix und Obelix mit dem Passierschein A38 bei den römischen Beamten vor.

Amtliches Anschlagbrett in Charlotteville
Am Strand werden Netze ausgeworfen, der Fang ist aber bescheiden.
Wesentlich erfolgreicher sind die Fischer, die mit ihren Booten in und vor der Bucht am Schleppangeln sind. Fangfrischer Tuna, Wahoo und Mahi Mahi wird täglich angeboten

Charlotteville ist ein verschlafenes Örtchen, welches primär vom Fischfang lebt. Hotels gibt es keine und die wenigen Touristen, die sich nach Charlotteville verirren haben sich in kleine Guest Houses eingemietet. Ausser dem quirligen Fischmarkt gibt es einen kleinen Gemüsestand am Strassenrand und einen kleinen Dorfladen neben dem jeder Tante-Emma-Laden wie ein Supermarkt wirkt.  An der einzigen Tankstelle gab es gerade keinen Diesel, aber wer braucht das schon, wenn die Aussenborder der Fischerboote alle mit Benzin laufen. Lustigerweise gab es aber einige Tobagonier (ja so nennen sie sich 😉 ), die Deutsch und sogar ein paar Brocken Schwedisch sprechen können, was sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit uns geübt haben. Bei den wenigen Weissen dort waren wir bald so bekannt im Ort, dass wir bei jedem Landgang wie alte Freunde begrüsst wurden. 

Die Stromleitungen hängen hier tief… Der Dorfladen

Der Fischmarkt ist «der» Treffpunkt im Ort und obwohl es Sonntag war gab es fangfrischen Fisch. Wir haben uns einen kleineren Thunfisch ausgesucht und gespannt zugeschaut wie sie ihn routiniert und mit wenigen Schnitten gesäubert und ausgenommen haben. Gekostet hat es gerade mal 50 TT$ (€ 6.70) pro kg. Soll mal einer sagen die Karibik ist so teuer!

Am Fischmarkt in Charlotteville ist immer etwas los.

In einem der wenigen Restaurants in Charlotteville «Sharon & Phebe» herrscht Sharon, eine resolute Frau, der man besser nicht widersprach. Es gab drei Gerichte zur Auswahl: Huhn, Fisch oder Shrimps und alle hatten mit Rice and Peas, Linsen, Gemüse und Salat die gleichen Beilagen. Aber das Essen war wirklich schmackhaft und ausserdem sehr preiswert. Als einzige Gäste wurden wir von Sharon sofort begutachtet, ausgefragt und dann offenbar für OK befunden. Und da ich so schön gross bin, wurde ich sofort zum Glühbirnewechseln im Deckenventilator «abkommandiert». 

Essen bei Sharon & Phebe

Schon als wir einklariert haben, hat uns Roshan ganz begeistert vom Goat Race Festival in Buccoo berichtet. Das dürften wir auf keinen Fall verpassen! Eigentlich wollten wir länger in Charlotteville bleiben und haben uns bei Sharon erkundigt, wie wir nach Buccoo kommen könnten. Sie hat uns sofort angeboten, dass sie uns mitnehmen würden, sie würden sowieso hinfahren. Total nett!

Der Friedhof von Charlotteville. Man beachte „Sunrise“ und „Sunset“. An vielen Gräbern waren die Fischerruten der Verstorbenen hingemacht.
Kokosnüsse und…
… Mangos gab es im Überfluss.
Ausflug zum Fort Campbleton oberhalb von Charlotteville. Biggi findet eine neue Freundin 🙂
Dinghyausflug in der Man of War Bay

In Charlotteville gibt es nur einen hohen Betonsteg mit einer hölzernen Seitenplattform wo wir mit dem Beiboot anlegen konnten. Da dies auch der Ort ist, wo man Wasser füllen konnte, sollten wir das Dinghy nicht abschliessen, sondern nur so festmachen, dass es bei Bedarf von den Fischern verschoben werden könne. Das Abschliessen vom Dinghy ist in der Karibik eigentlich überall die Norm, denn vor allem die Aussenborder sind hier sehr begehrt und werden oft geklaut. Entsprechend war uns etwas mulmig beim Gedanken unser Beiboot unverschlossen alleine zu lassen. Ohne Beiboot ist man in der Karibik schlichtweg aufgeschmissen, da man hier fast ausschliesslich vor Anker liegt. Wir haben uns unnötigerweise Sorgen gemacht. In der ganzen Zeit auf Tobago ist nie etwas passiert. Im Gegenteil, an den Orten wo es keinen Steg gibt haben uns oft Einheimische spontan geholfen das Dinghy an Land oder wieder ins Wasser zu tragen. Das haben wir auf keiner der anderen Inseln hier erlebt.

Der Steg (mit Wasserhahn) von Charlotteville

So schön Charlotteville war, nach einer Woche hatten wir wirklich alles gesehen und haben entschieden mit dem eigenen Boot Richtung Buccoo zu segeln. Das hiess natürlich wieder, dass wir bei Customs und Immigration vorsprechen mussten, um das benötigte «Bay Hopping Permit» zu bekommen. Jetzt ist Roshan zur Hochform aufgelaufen – es gab wieder etwas zu tun! Unzählige Formulare und ein Besuch in der örtlichen Bibliothek später (um drei Kopien von den Schiffspapieren zu machen – der Kopierer beim Zoll war «out of order»…?) standen wir mit dem nötigen Papier auf der Strasse. Inzwischen war es schon 11 Uhr und wir sind bei Sharon vorbei um zu schauen, ob sie auch Frühstück serviert und uns zu verabschieden. Statt das gewünschte «Eier und Speck» hat sie uns eine lokale Spezialität «Salted Fisch mit Salat und frittiertes Brot» angeboten. Beim Gedanken Stockfisch und Salat zum Frühstück zu essen und dann noch mit einem warmen Kakaogetränk dazu waren wir schon etwas skeptisch, aber es war echt gut!  

Salted Fish zum Frühstück. Echt lecker!

Tobago liegt parallell zur vorherrschenden Windrichtung und es gibt eigentlich keine wirklich gut geschützten Buchten. Die meisten Buchten sind klein bis sehr klein und es hat überall mehr oder weniger Schwell.

Wie man sehen kann, ist Tobago wirklich eine kleine Insel und die Buchten an der Nordküste sind dem Wind und Schwell aus Nord bis Nordost ausgesetzt.
Bay Hopping Permit. Und meine Anti-Sargassogras Abweiser funktionieren nicht so wirklich…

Unser erster Stopp Englishman Bay war inmitten von bewaldeten Hügeln und mit einem kleinen weissen Sandstrand im Scheitel wunderschön. Und wir waren das einzige Boot. Eigentlich traumhaft, wenn es nicht derart rollig gewesen wäre. Nach nur einer Nacht, in der wir fast aus dem Bett gekullert sind, haben wir uns zur nächsten Bucht auf gemacht.

Englishman Bay: Von unten und von oben

Die Mount Irvine Bay sollte etwas mehr Schutz bieten und von dort konnten wir zu Fuss nach Buccoo laufen. Inzwischen war Ostermontag und am Tag danach sollte das Goat Race stattfinden. Der Spaziergang nach Buccoo dauerte eine knappe Stunde und der Rundgang durch den Ort war noch viel schneller gemacht. Ausser einem Stadion mit zwei überdachten Tribünen und eine Dance Hall gibt es sozusagen nichts dort. Uns wurde gesagt, dass wir am nächsten Tag rechtzeitig hier sein sollten, da die Parade um 10 und das Race um 11 Uhr los gehen.

Mount Irvine Bay mitsamt Segelbootwrack

Wir hätten es eigentlich erahnen können, aber als Europäer nimmt man Zeitangaben von Veranstaltungen wohl zu ernst. Wir standen sicherheitshalber schon um kurz vor 10 am Strassenrand, aber von einer Parade war weit und breit nichts zu sehen. Immerhin waren wir nicht die einzigen die dort gewartet haben, aber vielleicht die einzigen, die sich gewundert haben, dass so gar nix zu sehen war. Mit eineinhalb Stunden Verspätung ging dann die Parade los. Ein kleiner Karnevalsumzug mit Pan Bands, Soca Beats und tollen Kostümen hat aber für die Wartezeit entschädigt.

Buccoo Goat and Crab Racing Festival. Die Rennziegen werden im Pickup gebracht.
Die Parade vor den Rennen
Biggi mitten drin, statt nur dabei 🙂

Nach dem Umzug sind alle ins Stadion geströmt und haben sich einen Platz auf den Tribünen gesucht. Das Goat Race Festival ist DAS Ereignis in Tobago und lockt Besucher von allen karibischen Inseln an. Trotz des Besucherandrangs gab es irgendwie für alle einen Sitzplatz auf den Tribünen.

Ein bisschen „Ascotfeeling“ kam schon auf 🙂

Das Stadion erinnert stark an eine Pferderennbahn, ausser dass es nur eine gerade Rennstrecke von insgesamt 150m gibt. Ansonsten war es aber wirklich wie bei einem Pferderennen, es gab einen Paddock, die «Jockeys» trugen grellbunte seidene Outfits und die Geissen wurden dem Publikum wie Rennpferde vorgeführt. Die Jockeys sind barfuss gewesen und mussten mit der an einem 3m langen Seil geführten Geiss mitrennen. Nur wer es geschafft hat zusammen mit seiner Geiss am Seil(!) die Ziellinie zu überqueren wurde gewertet. Die Geissen waren tatsächlich richtige «Renngeissen» und sind abgegangen wie Schmitz’ Katze. Die Jockeys mussten schauen, dass sie irgendwie mitkamen und in jedem Lauf liefen immer mehrere Geissen ohne ihre Jockeys (die unter dem schallenden Gelächter des Publikums hinter ihren entflohenen Geissen herrannten) durchs Ziel.

Die Jockeys wärmen sich auf und führen ihre Rennziegen vor. Die Nr 8, die hier fast „erwürgt“ wird, war dann eine der Geissen, die ohne den Jockey ins Ziel kam 🙂
Das erste Rennen geht los…
…und ist nach wenigen Sekunden schon vorbei. Man beachte die Nr 8 ohne Jockey 🙂

Zwischen den Rennen wurde dem Publikum von zwei Animatoren eingeheizt und es gab gute Musik und kleine Wettbewerbe fürs Publikum. Ein grosser Food Court sorgte fürs leibliche Wohl der Leute. Ein rundum gelungener Tag und ein vermutlich einmaliges Erlebnis. Wir sind froh, dass wir dieses Spektakel miterleben durften!

Das indische Menu war eine Lotterie. Die „Doubles“ waren richtig lecker, die „Kügelchen“ eher weniger, aber scharf war alles.

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Hai Life! Naja, wenigstens ein Biss(chen)…

Hai Life! Naja, wenigstens ein Biss(chen)…

26.02. – 17.03.2023 St. Martin – Guadeloupe – Marie-Galante – Terre-de-Haut (Iles des Saintes) – Dominica, Logstand seit Start 6579 sm

Sonntag, 26. Februar – tatsächlich ist ein gutes Wetterfenster in Sicht. Also lichten wir nach dem Mittagessen bei schönem Wetter unseren Anker. Vor uns liegen 150 sm, was einen Nachtschlag für uns bedeutet. Dieses Mal präpariert sich Biggi nicht nur mit Vitamin C und Ingwer, nein, sie schmeisst sich gleich mal ein Stugeron ein, um der Seekrankheit vorzubeugen. 

Gut gerüstet auf zur Nachtfahrt!

Die Angel ist kaum eine Stunde im Wasser, als sich ein Fang bemerkbar macht. Nach dem anfänglichen Rucken hat der Fisch plötzlich gar keinen grossen Widerstand mehr geleistet und liess sich sehr einfach einholen. Kaum hatten wir ihn hinter dem Boot, war uns klar wieso es so leicht gegangen war – es war nämlich nur noch der halbe Fisch am Haken! Ein Hai hat sich kurzerhand den hinteren Teil geschnappt (…und den Rest der Makrele schon weitestgehend filetiert). Das war aus mehreren Gründen erstaunlich: Erstens habe ich bis jetzt noch nie einen Hai in diesem Teil der Karibik gesehen und zweitens ging das alles blitzschnell – zwischen dem Anschlagen der Angel bis der Fisch an Bord war sind gerade mal zwei Minuten vergangen.

Armer Kerl!

Der Übernachtschlag von St. Martin bis Guadeloupe war mit den moderaten Winden sehr angenehm und Biggi’s Stugerontherapie hat sich ausgezahlt.

Abendstimmung auf dem Meer. Alle wollen nach Norden, nur wir nach Süden…
Guadeloupe in Sicht.

Unser ursprüngliches Ziel, Deshaies, war schlichtweg zu voll um noch einen vernünftigen Platz zu ergattern und so sind wir 10 Seemeilen weiter bis Basse-Terre gefahren. Es hat sich wieder gezeigt, dass es keine schlechte Idee ist, etwas Zeitmarginal einzuplanen, denn so konnten wir noch vor dem Eindunkeln vor Anker gehen.

Vor Anker in Basse-Terre

Biggi wollte gerne nach Marie-Galante und das passte bei dem schwachwindigen Wetter gut. Bei stärkeren Winden ist die Anfahrt gegen den Wind mühsam und der Ankerplatz ist dann auch ziemlich rollig. Daher sind wir schon bei Tagesanbruch wieder losgefahren und haben die letzten 35 Seemeilen bis Marie-Galante unter Motor zurückgelegt. Dabei biss sogar eine kleine Makrele an, die aber so klein war, dass wir sie lieber wieder ins Meer zurückgeworfen haben. Erst danach kam uns in Sinn, dass wir wenigstens ein Bild hätten machen können. Da hat Biggi als «Bordfotografin», die alles Mögliche und jeden(!) Sonnenuntergang fotografiert wohl nicht aufgepasst.

Im Fischerbojenslalom durch die spiegelglatte See

Nach 6 h und 48 m oder 37.5 Seemeilen erreichen wir Marie-Galante und ankern in der Baie de Saint-Louis vor einem schönen Palmenstrand.

Bucht von St. Louis auf Marie-Galante
Strandspaziergang
Auch ich „muss“ manchmal Sonnenuntergangsbilder machen

Das türkisfarbene Wasser lädt geradezu dazu ein, sofort mein neues Spielzeug, ein einsitziges Kajak auszuprobieren. Das Kajak haben wir in St. Martin von anderen Seglern gegen ein paar neue Taucherflossen eingetauscht. Das war für beide eine win/win Situation. Sie hatten kein Platz für das gefundene Kajak und die Flossen waren mir zu eng. Tauschgeschäft unter Seglern.

Erst noch an RARE BREED angebunden und dann ohne Sicherungsseil auf und davon.
SUP vs Kajak. Biggi hat keine Chance mir zu folgen und schnappt sich heimlich die Leine und ich habe es nicht mal bemerkt!

Am Anfang tat ich mich echt schwer, denn das Kajak ist extrem wackelig, aber mit der Zeit ging es schon ganz gut. Dank seiner schlanken Form ist es bei jemand, der es gut kann wohl sogar richtig schnell und kursstabil. Macht auf jeden Fall total Spass damit rumzupaddeln und ein bisschen Bewegung kann ja auch nicht schaden.

Chillen auf der Heckplattform.

Marie-Galante liegt wegen der Lage im Luv der anderen Inseln ein wenig ausserhalb des «Massentrecks», aber wegen der schwachen Winde waren wir wohl nicht die einzigen, die die Chance ergriffen haben dorthin zu kommen. Der Ankerplatz war auf jeden Fall gut besucht. 

Schwimmsteg für die Dinghys. Da kommt man nicht trockenen Fusses an Land.

Die Insel hat ca. 11’000 Einwohner, ist klein (158,1 km2), grün (Zuckerrohrfelder soweit das Auge reicht), flach (Morne Constant ist ganze 204m hoch) und rund und erinnert an einen überdimensionierten Pfannkuchen. 

Ansonsten wirkt die Insel extrem entspannt und ruhig, fast schon verschlafen. Ausser ein paar Touristen auf Rollern oder in Mietwagen waren die Strassen wie leergefegt.

Street Art in St. Louis.

Von St. Martin kommend mussten wir einklarieren, was man gemäss Cruising Guide in einem Laden im Ort machen kann. Denkste, der einzige Einklarierungscomputer war kaputt. Das muss wohl schon eine Weile so gewesen sein, denn draussen hing ein etwas ausgeblichenes Schild mit dem Hinweis, dass man sich beim Zoll in Grand-Bourg melden solle. Grand-Bourg liegt aber etwa 10 km weiter im Süden der Insel. Ein paar erfolglose Anrufversuche später haben wir entschieden, das Nützliche mit dem Vergnügen zu verbinden und für den nächsten Tag ein Auto zu mieten um zum Zoll zu fahren und anschliessend eine Inselrundfahrt zu machen.

Pünktlich um 08:00 Uhr konnten wir das Auto übernehmen und als gesetzestreue Segler natürlich als erstes zum Zoll fahren. Unterwegs nehmen wir noch einen Anhalter mit, was sich als sehr gute Idee herausstellt. Er weiss, wo das Zollbüro in Grand-Bourg ist. Die Bürozeiten sind von morgens 07:00 bis 14:00 Uhr, aber das hat die Zöllner wohl nicht sonderlich interessiert. Getreu der französischen Arbeitseinstellung war weit und breit kein Beamter in Sicht und das mehrfache Klingeln war genauso nutzlos wie das Anrufen vom Vortag. Also wer nicht will, der hat gehabt, mehr als versuchen geht ja nicht!

Vergeblicher Versuch beim Zoll einzuklarieren. Die Rolläden sind zu und niemand daheim.

Wir haben das Auto für zwei Tage gemietet, aber die Insel ist so klein, dass wir am ersten Tag schon alle Sehenswürdigkeiten inkl. drei (!) Wanderungen geschafft haben. So sind wir am nächsten Tag einfach ein bisschen kreuz und quer über die Insel getuckert, haben zwei weitere Wanderungen gemacht und nun wirklich jeden Fleck gesehen. 

Die Ortsbezeichnungen sind alle in Französisch und Kreolisch angeschrieben
Eine alte Zuckermühle inmitten der Zuckerrohrfelder
Leider werden auch hier alte Autos und Abfall einfach in der Natur entsorgt.
Die Atlantikküste von Marie-Galante ist spektakulär schön…
und schroff und wild.
Gueule Grand Gouffre – ein Blow Hole an der Nordspitze von Marie-Galante
Neben Zuckerrohrfeldern gab es auch märchenhafte Waldwanderwege.

Der Ankerplatz ist bis weit draussen extrem flach, aber wegen dem Seegras am Grund war es doch eher dunkel unter dem Boot. Aber das Wasser war sauber und so bin ich ins warme Nass um den Rumpf abzuwischen. Das neue Antifouling von Grenada ist wirklich viel besser, als das was ich in Deutschland drauf gemacht hatte. Trotzdem gibt es immer etwas Bewuchs, welcher sich aber leicht wieder abbürsten lässt. Biggi stand oben an Deck und hat runtergeschaut, als sie einen etwa 1,5m langen Hai hinter meinem Rücken schwimmen sah! Ich habe natürlich nichts gemerkt und da ich den Kopf mehrheitlich unter Wasser hatte, habe ich ihr aufgeregtes Gefuchtel von oben auch nicht mitbekommen. Als ich es dann endlich gehört habe (und realisiert habe, dass es kein Witz ist) konnte ich gerade noch sehen wie er davon geschwommen ist. Erstaunlicherweise war es kein Ammenhai, sondern einen Weisspitzenriffhai. Beide Arten sind eigentlich harmlos, aber es ist trotzdem ein etwas ungemütliches Gefühl, wenn man sie im Rücken hat. Nachdem ich Biggi immer wieder versichert hatte, dass es hier in der Karibik sozusagen keine Haie hätte (und wenn schon, dann nur die harmlosen Ammenhaie) musste ich jetzt zugeben, dass das vielleicht doch nicht so ganz richtig war. Auf jeden Fall war ihre kategorische Weigerung an dem Tag noch ins Wasser zu gehen irgendwie verständlich… 

Rumpfschrubben VOR der Haisichtung.

Nach einer knappen Woche im verschlafenen Marie-Galante hiess es am 6. März  «Tschüss kleiner grüner Pfannkuchen», und wir setzten zum 16 Seemeilen kurzen Sprung zu den Iles des Saintes an. Die Winde waren immer noch sehr schwach und unser Spinnaker war nur die ersten Meilen oben. Danach ist sogar dieses leichte Tuch eingefallen und der Diesel musste wieder für die letzten Meilen herhalten.

Wie ging das nun wieder? Na, geht doch!

Die Iles des Saintes werden von vielen Seglern als ein Kleinod in der Karibik bezeichnet und das können wir nur bestätigen. Iles des Saintes sind völlig anders als die anderen Inseln. Es wirkt eigentlich gar nicht karibisch, sondern mutet eher wie eine mediterrane Inselgruppe an. Im Hauptort Bourg des Saintes gibt es eine schöne autofreie Fussgängerzone mit einem kleinen Park, haufenweise Restaurants, Eisdielen und exklusive Kleinläden mit Mode, Kunst und Schmuck.

Impressionen von Bourg des Saintes, der Hauptort von Terre-de-Haut, Iles des Saintes
Die kleine Kirche von Bourg. Hier bekommt der Begriff Kirchenschiff eine ganz neue Bedeutung.
Leguan: Als Wandbemalung und in real life
Am Strand vor Bourg schwammen erstaunlich grosse Fische fast auf den Sandstrand rauf.

Hier hat man kulinarisch wirklich die Qual der Wahl! Ein gutes Restaurant reiht sich am anderen. Die Preise sind zwischen moderat bis eher hoch, aber die Qualität und das Ambiente sind wirklich ausgezeichnet. Wir, die eher selten auswärts essen, haben hier richtig «zugeschlagen» und neben dem Genuss von hausgemachtem Gelati, Cappuccino und feinstem Espresso sind wir in der Woche dort zwei Mal richtig gut essen gegangen. 

Croissants, Cappucino und Espresso und natürlich Gelati, sooo lecker!
Aussicht vom Restaurant
Schlemmen wie Gott in Frankreich
Ratet mal wem welcher Teller gehört…

Als Ausgleich sind wir kreuz und quer, oder eher hoch und runter alle Strecken gelaufen. Die Hauptinsel Terre-de-Haut ist nämlich extrem hügelig und entsprechend anstrengend zu Erlaufen. Die meisten Touristen mieten sich deshalb eines der vielen Elektrofahrzeuge, E-Bikes oder Roller. Aber wir haben das Geld lieber in ein gutes Essen investiert und sind stattdessen zu Fuss unterwegs gewesen. Wie auch auf Marie-Galante lief hier alles sehr gemütlich ab und die einzige «Gefahr» bestand in den überall auf Rollern und Golfkarts herumfahrenden Touristen. 

Um an Land zu kommen mussten wir das Dinghy durch Seegrasfelder ziehen
Alle fahren Roller – nur wir laufen.
A Lounge with a View
Hier sind die Strassengräben wirklich tief.

Die Bucht in der wir lagen war eher abgelegen, aber hat bei den angesagten Westwinden guten Schutz geboten.  Westwinde sind hier in der Karibik die absolute Ausnahme und die meisten Ankerplätze sind nach Westen ungeschützt. Nach dem Erlebnis in St. Anne vor einem halben Jahr, wo ich bei starkem Westwind vor Anker die grössten Bocksprünge gemacht habe, war ich entsprechend vorsichtig und wollte in einer nach Westen geschützten Bucht ankern. So kam es, dass wir nicht wie die meisten anderen an einer Boje vor Bourg des Saintes, sondern in einer mehrheitlich einsamen Bucht vor Anker gelegen sind.

Das dicht gefüllte Bojenfeld vor Bourg des Saintes…
… und unsere einsame Bucht
Tagsüber und bei Vollmond
Baden wie in einem Binnensee

Die Winde blieben eher schwach und wir haben das ruhige Wasser zum Schnorcheln (Biggi’s Haiphobie hatte sich inzwischen etwas gelegt) ausgenutzt, um kleine Fische zu beobachten (den grossen Barrakuda, der direkt unter unserem Boot stand hat sie zum Glück gar nicht erst gesehen…).

Riesige Fischschwärme und ein Barrakuda unter RARE BREED

Die Bucht war auch für ausgedehnte SUP- und Kajakausflüge ideal und so konnten wir unsere Wassersportfähigkeiten ein wenig verbessern. Bei mir hiess das zu lernen, wie ich vom Wasser aus ins kippelige Kajak reinkomme. Die ersten Versuche waren zum Schiessen und Biggi hat sich gekugelt vor Lachen, aber – Youtube sei Dank – habe ich die richtige Technik verwendet und schlussendlich auch geschafft oben zu bleiben.

YESS!
Schnorchelausflug mit SUP und Kajak

Manchmal kamen Fischer und haben um unser Boot herum gefischt. Einer hat vom Kajak aus mit der Handleine einen Fisch nach den anderen unter unserem Boot rausgezogen. Als er unsere Neugier bemerkt hat, hat er uns eine Handvoll kleine Köderfische geschenkt, damit wir es auch ausprobieren konnten. Obwohl er weiterhin alle paar Minuten einen Fisch rausgezogen hat – tja, gekonnt ist halt gekonnt – haben sie bei uns nur die Köderfische vom Haken geklaut. Schliesslich hat Biggi tatsächlich noch einen Fisch rausgezogen, aber sonst blieb es beim Füttern. Mit der Zeit kamen wir uns richtig doof vor und der Fischer hat sich wohl gefragt, was wir für komische Vögel seien. Am Schluss hatte er so viel Mitleid mit uns, dass er uns ein paar Fische rübergegeben hat, damit wir wenigstens eine Mahlzeit daraus machen konnten.

Als der Wind sich wieder auf normalen Nordostpassat eingependelt hat sind wir die etwa 20 Seemeilen nach Dominica gesegelt. Dabei kreuzten wir die Kurslinie der beiden Dreimaster SEACLOUD und SEACLOUD II und zwar so nah, dass wir tatsächlich ausweichen mussten. Sozusagen mittendrin statt nur dabei…

Unter vollen Segeln nach Dominica
Die Ansicht auf dem AIS und die Realität – beides viel zu nah!
Es sind SEA CLOUD und SEA CLOUD II. „CPA“ = Closest Point of Approach ist der Abstand mit dem man sich kreuzen wird.
Und sie kommen immer näher…
… bis der eine vor und der andere hinter uns durchfährt. Das war knapp!
Ein einmaliges Erlebnis!

Nach den letzten drei Wochen ohne Regen haben wir uns schon auf den Regen in Dominica gefreut, weil dann endlich die Salzschicht vom Boot gewaschen wird. Wenn man wie wir fast nie in einer Marina liegt, wird die Salzschicht an Deck nur bei Regen abgewaschen. Das selber gemachte Wasser ist uns zu kostbar um damit das Boot zu waschen. Entgegen der ursprünglich angedachten zwei Wochen sind wir schon nach drei Nächten von Dominica weitergesegelt und in der Zeit ist kein einziger Tropfen Wasser vom Himmel gefallen. So kann man sich täuschen. 

Die Lage in der Prince Rupert Bay hat sich seit unserem Besuch im Januar massiv verändert. Beide Dinghystege waren nicht mehr benutzbar. Der eine war durch eine viel zu hohe Betonpier ersetzt worden, wo man mit dem Dinghy fast nicht anlanden kann. Der andere Steg war wegen dem starken Schwell demontiert worden. Am Strand haben sich die Wellen gebrochen und so war es fast nicht möglich an Land zu kommen. Zum Glück konnten wir schon am zweiten Tag einen Ausflug zum Nordteil der Insel, die wir beim letzten Besuch ausgelassen hatten, machen. Der Tourguide hat uns mit seinem Boot von Bord abgeholt und abends wieder zurückgebracht. Diese Tour war echt der Hammer und wir haben wieder einmal festgestellt wie landschaftlich schön Dominica ist! Unser Tourguide Serge hat uns extrem viel gezeigt und erzählt. Man hat ihm richtig angemerkt wie gern er hier lebt und es war herzerwärmend zu erleben mit welchem Enthusiasmus er das an uns weitergegeben hat. Genau wie bei George, mit dem wir den Ausflug zu den Fregattvögeln auf Barbuda gemacht haben, hatte man bei Serge das Gefühl, dass er völlig in sich ruht und mit sich und der Welt zufrieden ist. Es sind beides Männer im Alter zwischen 60 und 70, die in einfachen Verhältnissen leben, aber trotzdem sehr glücklich wirken. Da kann unsereins einiges davon lernen.

Serge zeigt uns wilde Wasserkresse
Ein kleiner Hike zu den Bwa Nef Falls. Man beachte den eingeklemmten Felsbrocken oben in der Schlucht (linkes Bild).
Postkartenmomente
Die Red Rocks, die eigentlich keine Felsen sondern harter Lehm sind.
Wie eine Mondlandschaft
Blauer Vulkansand kontrastiert die roten Felsen.

So hatten wir eigentlich schon nach zwei Tagen alles was wir noch auf Dominica machen wollten «erledigt» und sind nach der dritten Nacht frühmorgens wieder aufgebrochen. Nächstes Ziel: Martinique.

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1 Euro = 1 US$

1 Euro = 1 US$

28.01 – 26.02.2023, Barbuda – Antigua – St. Martin, Logstand seit Start 6355 sm

Nach fast zwei Wochen auf Barbuda, haben wir es doch noch geschafft unseren tief vergrabenen Anker aufzuholen. Barbuda war einfach das Karibikparadies schlechthin, und wir hatten die Abreise immer wieder verschoben. Ein paar letzte Impressionen von Barbuda:

Endlose Wanderungen entlang des Sandstrandes.
Ein an Land gespülter Seestern wird wieder in sein Element befördert
Gegrilltes Huhn in Inoch’s Strandbar…
Und ein letztes Mal Lobster Sandwich und NY Cheese Cake im Uncle Roddy’s geniessen
… danach heisst es: Bye bye, Barbuda – schön war’s!

Der Zeitplan (ja, einen solchen haben wir tatsächlich) mahnte uns, dass es langsam aber sicher Zeit war weiter zu ziehen. Wir sollten allmählich nach St. Martin, wo wir diverse Dinge zu besorgen hatten. Aber vorher wollten wir ein paar Sachen auf Antigua anschauen. Die Windvorhersage war mit moderaten Winden aus Nordost günstig und so wählten wir den gleichen Weg entlang der windzugewandten Ostküste von Antigua zurück in den Süden der Insel. Mit Nordostwinden sollte das ein einfacher Schlag werden. Tja, was soll ich sagen? Die Wettervorhersage hat natürlich nichts von der Regenfront erwähnt, welche uns kurz nach der Abfahrt traf. Innerhalb weniger Minuten hat der Wind sich fast verdreifacht und auf bis 50 Knoten aufgedreht! Das ging so schnell, dass wir gar nicht dazu kamen die Segel zu reffen (=Segelfläche verkleinern) und so konnten wir nur den Druck rauslassen indem wir die Segel flattern liessen. Nicht gut fürs Tuch aber besser als zu riskieren, dass der Mast bricht oder wir kentern. Diese Winde haben zum Glück auch nur ein paar Minuten angehalten, aber es ist trotzdem furchteinflössend, welche Kräfte da entfesselt werden. Nach diesem Schreck blieb der Wind frisch und statt dem erwarteten gemütlichen Kaffeesegelschlag wurde es ein wilder Ritt hoch am Wind mit Bootsgeschwindigkeiten um die 8 bis 9 Knoten. 

Wettervorhersage vs. Realität
Nach dem Squall kam wieder die Sonne, aber es blieb ruppig. Zu ruppig für Biggi.
Kurz vor dem Ziel konnten wir noch „Schmetterling“ segeln
Sonnenuntergang in Falmouth Harbour

Von Falmouth Harbour aus haben wir uns zuerst Nelson’s Dockyard angeschaut. Falmouth Harbour und English Harbour sind zwei sehr gut geschützte Buchten im Süden von Antigua. Sie sind seit jeher bei Seefahrern als sichere Häfen bekannt und beliebt. Auf der Landzunge zwischen den Inseln wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Marinestützpunkt inklusive Werft gebaut – das Nelson’s Dockyard. Benannt wurde es nach Horatio Nelson, einem erfolgreichen Admiral der englischen Navy. Diese riesige Anlage ist liebevoll restauriert, eine beliebte Touristenattraktion und heute noch das maritime Zentrum von Antigua. 

Ich habe mein Lokal in Nelson’s Dockyard gefunden.
Man(n) lese und lerne!
Antigua, ein Anlaufpunkt für Superyachten.

In Nelson’s Dockyard war auch das Ziel der Atlantikruderregatta «Talisker Atlantic Challenge». Die Frauen und Männer sind von den Kanaren aus in Teams oder als Solisten in ihren Hightech-Ruderbooten hierher gerudert. Sie sind im Dezember 2022 gestartet und kamen, als wir dort waren immer noch an. Wir hatten das Glück live dabei zu sein, als einer der Solisten ins Ziel ruderte. Ihn zu erleben als er das erste Mal nach 53 Tagen auf See wieder festen Boden unter den Füssen und Menschen um sich herum hatte war sehr bewegend.  Die Leistung, die diese Sportler vollbringen ist immens – sowohl körperlich wie auch psychisch. Der Mann war (selbstverständlich) topfit und hatte schon viele sportliche Herausforderungen gemeistert, aber diese Regatta war jenseits vom bisher erlebten. Diese enorme Distanz alleine rudernd zurück zu legen war viel anstrengender und belastender, als er es sich im Vorfeld je vorgestellt hätte. Wir waren schwer beeindruckt und glücklich diesen emotionalen Moment miterleben zu dürfen. 

Zieleinlauf eines Ruderers von der „Talisker Atlantic Challenge“
Kaum an Land und schon auf der Bühne.

Shirleys Heights ist eine Anhöhe, von der man eine wunderschöne Aussicht über English Harbour und Falmouth Harbour hat. Den Hinweg haben wir zu Fuss über die geteerte Strasse zurückgelegt, was in der Hitze offenbar ziemlich ungewöhnlich ist. Wir wurden unterwegs von unzähligen Taxen und Tourbussen überholt und als wir oben am Aussichtspunkt standen, wurden wir von ein paar Touristen angesprochen «Ihr seid doch diejenigen, welche hier zu Fuss hoch gelaufen sind?» 

Aber vielleicht lag es auch nur an meinem knallgelben Outfit, dass wir aufgefallen sind?
Die Aussicht von dort oben war auf jeden Fall die Strapazen wert.

Für den Rückweg haben wir einen Naturtrail gefunden und sind dann mit regelrechten Kletterpartien «belohnt» worden. Und eine verlassene Grabstätte aus den Zeiten der britischen Marine haben wir unterwegs auch entdeckt.

Der Grabstein trägt die Inschrift: In Memory of Caroline Wieburg und ist datiert auf den 17. Mai 1808
Kleine Kletterpartie
Abends trainiert die örtliche Kindersegelgruppe um unser Boot
Und während Biggi Sonnenuntergänge sammelt…
… benutze ich den „ergonomischen“ Computerarbeitsplatz an Bord
Morgens ist das Sport- und Stretchingprogramm vor dem Morgenkaffee angesagt.

Am Tag darauf ging es mit dem Bus Nr. 17 quer über die Insel nach St. John’s, die Hauptstadt von Antigua. Gefühlt alle paar Meter sind wir an einer Kirche vorbeigefahren. Die englischen Inseln haben alle ziemlich viele Kirchen, aber die kleine Insel Antigua hat mit 12 christlichen Glaubensrichtungen und 50 Kirchen wohl am allermeisten. 

Verkehrschaos in St. Johns. Die Kathedrale konnte man leider nur von aussen besichtigen.
Wer sollte bei dem Graben schon da parken wollen? Und ob ich da Schmuck kaufen will…?

Nach einem vorzüglichen Lunch beim «Roti King», wo es fast nur einheimische Kunden gab ging es am Cruise Ship Dock vorbei, wo wir aber schnell wieder draussen waren. Ein Bootszubehörhändler ist für uns heute wesentlich interessanter als die vielen Tax-Free Läden mit Uhren, Schmuck und Designerklamotten. Aber als wir am Hemingways Café vorbei kamen «mussten» wir dann doch einen Kaffee und ein Key Lime Pie probieren. War wirklich fein, aber die beiden Tassen Kaffee und ein Stück Kuchen hat fast soviel wie zwei Mittagessen und zwei Bier beim Roti King gekostet! Tja, wer in ein Touristenlokal geht muss sich nicht wundern… 

Lunch beim Roti King.
Luxusdessert in Hemingways

Beim Besuch der lokalen Markthalle konnten wir unseren arg geschrumpften Gemüse- und Früchtevorrat wieder auffüllen. Und danach ging es wieder mit dem Jockelbus zurück nach Falmouth Harbour.

Die Markthalle von St. Johns

Die Wettervorhersage versprach (wieder einmal) für die kommenden 24 Stunden günstige östliche Winde und danach sollte er auf Nordost drehen und stärker werden. Zudem war es kurz vor Vollmond – ideale Voraussetzungen, um den etwa 100 Meilen langen Nachtschlag nach St. Martin zu machen. Also sind wir am gleichen Abend kurz vor dem Sonnenuntergang ausgelaufen. Dieses Mal hatten wir tatsächlich schönen Wind und konnten die ganze Strecke gut durchsegeln. Mit dem vollen Mond wird es nachts auch nicht ganz dunkel und so ist das nächtliche Segeln viel angenehmer. Leider kämpft Biggi mit Seekrankheit, wenn es etwas stärker schaukelt und so wurde ich mehr oder weniger zum Einhandsegler, weil ich sie die ganze Nacht im Salon habe ruhen lassen. Für eine Nacht ist das kein grosses Problem, aber für längere Strecken wird es wohl schwerer werden. (Anmerkung von Biggi: Kriegen wir schon hin, die Atlantiküberquerung haben wir schliesslich auch geschafft).

In die Dämmerung reinsegeln
Wieder mal einen Nachtschlag
Ankunft in St. Martin
Welche Colaflasche ist schuld an der Sauerei in der Bilge?

Kaum waren wir in St. Martin angekommen, hat der Wind tatsächlich auf Nordost gedreht und zugelegt. Die grosse Bucht bei Marigot ist gegen Norden leider nur sehr schlecht geschützt und es wurde schnell SEHR rollig. Hier gibt es ein riesiges Feld mit Muringbojen an denen man sich festmachen kann, dadurch wird der Platz zum Ankern aber eingeschränkt. Da es am einfachsten war, haben wir zuerst einmal an einer solchen Muringboje festgemacht. An den meisten Orten mit solchen Bojen kommen die Besitzer mit einem kleinen Boot raus und kassieren das Liegegeld. Nicht so auf den französischen Inseln (der nördliche Teil von Saint Martin ist französisch, der südliche heisst Sint Maarten und gehört zu Holland). Hier muss man irgendwo an Land zahlen. Nur weiss hier niemand so richtig wer zuständig ist bzw. gibt es nirgendwo in der Nähe ein Büro wo man bezahlen kann. Wenn sie von uns Geld wollen, dann müssen sie uns wenigstens eine faire Chance geben zu bezahlen. Extra deswegen ein Taxi nehmen und quer über die Insel zu fahren war uns dann doch zu blöd. Also taten wir wie die anderen und haben uns nicht weiter darum gekümmert. Das war wohl nicht so unüblich, denn einige Tage später haben wir Freunde getroffen, die schon seit Weihnachten an einer solchen Boje liegen und nie etwas bezahlt haben.

Der Entscheid nicht zu Ankern war aus einem anderen Grund ungünstig, wie uns relativ schnell klar wurde. Durch die geringe Wassertiefe war die Bojenkette ziemlich kurz und bei der sich aufbauenden Dünung in der Bucht hat das Boot derart hart eingeruckt, dass es einen teilweise im Boot drin von den Füssen gerissen hat. Das war echt grenzwertig und Biggi wurde entsprechend auch fast seekrank. Als unser Bojenstropp nach zwei Tagen mit einem lauten Knall brach, war es uns klar, dass wir so nicht bleiben konnten. Mit einem verlängerten Festmacher mit drei(!) Ruckdämpfern und einem stabilen Metallschäkel zwischen Boje und Festmacher wurde es etwas erträglicher. Das Boot rollte zwar immer noch wie verrückt, aber es ruckte wenigstens nicht mehr so stark ein. 

Der zerrissene Bojenstropp und die neue verlängerte Festmachmethode
Die Marigot Bay war so rollig, dass das Dinghy Bocksprünge gemacht hat und sogar ein Teller (mit dem Essen drauf!) im hohen Bogen auf den Boden geknallt und zerschellt ist! (Essensreste fanden sich selbstverständlich auch in der Bilge wieder …)

Sobald der Wind ein klein wenig nachgelassen hat, haben wir uns von der Boje losgebunden. Losgebunden tönt jetzt relativ harmlos. Aus Sicherheitsgründen haben wir immer eine Hauptleine und zwei Sicherheitsleinen an der Boje festgemacht (daher sind wir auch nicht abgetrieben, als der Stropp gebrochen ist). Um los zu kommen muss das alles in der richtigen Reihenfolge gelöst bzw. umgehängt werden. Und das bei einem in der Welle ruckelnden Boot an der Boje.

In der Realität hiess das, dass ich auf dem Bauch liegend im Dinghy mich an der Boje festhaltend und dabei mit der Zange einen fest angezogenen Schäkel lösen musste, ohne etwas davon im Meer zu versenken oder meine Finger zu quetschen. Biggi hat derweil die anderen beiden Leinen an Bord dicht gezogen, um den Hauptleine zu entlasten, damit ich überhaupt schrauben konnte. Als dieser Schäkel gelöst und die zugehörige Leine an Bord geholt war, mussten die anderen beiden Leinen eine nach der anderen von der Boje losgebunden und durch das Auge der Boje zurück zum Boot gezogen und dort wieder festgemacht werden. Dass ich dabei im bockenden Dinghy liegend oft mehr unter als über dem Wasser hantieren musste, hat es auch nicht einfacher gemacht. Und es ist natürlich klar das jede Leine sich unweigerlich um den unteren Teil vom Aussenbordmotor gewickelt hat, während ich vorn am Bug vom Dinghy hantierte… Das «Losbinden» hat mit allem Drum und Dran locker 45 Minuten gedauert. 15 Minuten später hingen wir endlich an unserem Anker etwas weiter vorne in der Bucht und näher an der bewachten Marina.

Seglertreffen in St. Martin mit den Crews von USI, LADY JEAN, SEGEL.BAR und RARE BREED

Ein weiterer Grund, dass wir umgezogen sind war ein extrem beunruhigendes Ereignis. Zwei Tage vorher wurde ein Boot wenige Bojen weiter mitten in der Nacht von drei mit Schusswaffen bewaffneten Männern überfallen. Sie schlugen das Seglerpaar mit den Waffen auf den Kopf, sodass es blutete und verlangten Geld, Computer und andere Wertsachen. Das 11-jährige Kind wurde zwar nicht verletzt, war danach aber völlig traumatisiert.  Zum Glück gab es sonst keine schweren Verletzungen. Dass Boote nachts Besuch bekommen, ist zwar ab und zu passiert, aber meistens sind die Einbrecher schnell verschwunden, wenn sie merken dass jemand an Bord ist. Dieser Überfall war eine ganz andere Liga und viel brutaler. Und das Ganze ist wenige hundert Meter von uns entfernt passiert, ohne dass wir etwas gemerkt haben. Das gibt einem schon zu denken und unsere Entscheidung, unser Boot nachts immer abzusperren wenn wir schlafen ist wohl nicht die schlechteste.

Leguane trifft man auf St. Martin sogar in der Stadt

St. Martin ist eine Zollfreiinsel und gleichzeitig – neben Antigua – eines der Zentren der luxuriösen Superyachten der Reichen und Schönen. Entsprechend bekommt man hier (fast) alles an Bootszubehör was das Skipperherz höher schlagen lässt und die Bordkasse hasst…

Unser Versuch, den grossen Kühlschrank als Gefrierschrank umzufunktionieren war nur bedingt erfolgreich gewesen. Erstens hat er nur unzureichend gekühlt und zweitens war der verbleibende Kühlraum im kleinen Kühlschrank schlichtweg nicht ausreichend für uns. Dadurch, dass man auf den ehemals englischen Inseln viele Lebensmittel entweder gar nicht, oder wenn, dann nur zu exorbitanten Preisen bekommt, legen wir uns gerne einen Vorrat an, wenn wir auf einer der französischen Inseln sind. Also wurde nach einigen Kosten-Nutzen-Analysen eine Gefrierbox gekauft. Auch wenn St. Martin zollfrei ist, kostete das von uns gekaufte Modell hier fast doppelt so viel wie in Deutschland. Willkommen in der Karibik!

Unsere neue Gefriertruhe

Der Luxus auch an abgelegenen Ankerplätzen Frischwaren geniessen zu können ist halt – ein Luxus.

Um unser ohnehin überstrapaziertes Budget nicht zu sehr zur Ruhe kommen zu lassen, haben wir uns – ausserplanmässig – auch noch ein Starlinksystem bestellt. Das Starlink (von Elon Musk’s SpaceX) ermöglicht einen nahezu unbegrenzten Internetzugang über Satelliten, auch wenn man weit weg von Land ist – und das zu Monatsraten, die viel billiger als die unseres bisherigen Iridiumsystems sind. Dieses System verbreitet sich in den letzten Monaten geradezu wie ein Lauffeuer unter den Seglern hier in der Karibik. Ein stabiles Internet an Bord ist inzwischen auch bei Seglern zur Selbstverständlichkeit geworden. Fast nicht zu glauben, aber unsere letzte funktionierende SIM-Karte aus Martinique hat, wenige Tage nach der Installation vom Starlink, plötzlich keinen Internetzugang mehr gehabt. Ob sie wohl beleidigt ist?

Das Starlink kam innerhalb von 10 Tagen an

Nur wie es halt so ist: Jede Anschaffung zieht einen Rattenschwanz an Folgeaktivitäten für den Einbau an Bord nach sich. Die Gefriertruhe muss einen sicheren Platz mit einer 12V Steckdose haben (das ging erstaunlich fix!). Das Starlink braucht einen konstanten 220V-Anschluss, hat eine Aussenantenne, die irgendwo mit guter Sicht in den Himmel montiert werden und deren Kabel quer durch das Schiff gezogen werden muss. Diese Kleinigkeit, hat dann locker zwei Tage gedauert. 

Das Antennenkabel muss quer durchs Boot gezogen werden
Testlauf mit der Antenne auf dem Vorschiff und nach dem Einbau hinten am Heckträger

Zuhause lief immer das Radio, aber die Sender in der Karibik sind schnell mal ziemlich eintönig und es ist immer nur Soca zu hören – gar nicht unser Ding. Seit wir das Starlink haben, läuft bei uns wieder vermehrt Musik – und zwar übers Webradio. So dudeln oft Swiss-Pop, Antenne Bayern oder Radio Zürichsee durchs Boot. Irgendwie kann man halt seine kulturellen Wurzeln doch nicht verbergen.

Das Starlink wird voraussichtlich tagsüber wenn wir an Bord sind durchlaufen. Dafür ständig den grossen Inverter anzuhaben ist nicht unbedingt sinnvoll, also musste ein kleiner Inverter her. Der kostet nicht viel, muss aber auch eingebaut und (inkl. Fernschalter am Navitisch) verkabelt werden – und schwupps sind zwei weitere Tage ins Land gezogen. Jetzt hängen dafür auch der Computer und Bildschirm am neuen kleinen Inverter und Biggi muss mich nicht immer Fragen, ob der Computer an ist, bevor sie ein Küchengerät einschaltet. Happy Wife, happy Life!

Einbau vom kleinen Inverter

Mit den neuen Stromfressern kommen wir Dank ausreichend dimensionierten Batterien an Bord wohl gut klar, aber als ich erfuhr, dass ein Holländer seine fast neuen (und sehr leichten!) Sonnenzellen verkaufen wollte, wurde ich trotzdem hellhörig. Zwei flexible 100 Watt Panels für je 50$ war ein sehr guter Preis und da wir das restliche benötigte Material für die Installation (Regler und Kabel) ohnehin an Bord hatten, habe ich nicht lange gefackelt. Jetzt müssen die Panels «nur noch» angebaut und angeschlossen werden… Und wieder ist ein Basteltag vorbei gewesen.

Die leichten Sonnenzellen werden mit angenähten Gurtbändern auf dem Bimini fixiert
Die Decke im Vorschiff wurde endlich wieder eingebaut
Grosseinkauf im SuperU. Ganz schönes Geschleppe ohne Auto.
Und danach muss alles versorgt und in der Stauliste nachgetragen werden

Neben den vielen Besuchen bei Bootzubehörhändlern und Bastelaktivitäten, haben wir tatsächlich auch den einen oder anderen Ausflug gemacht. Einmal eine schöne Wanderung von etwa drei Stunden um die Ostseite von St Martin. Das ging durch das Gestrüpp über einen Hügel und danach an einem langen einsamen Strand entlang zurück in die Zivilisation. Dass ich bei einer Pause mit dem rechten Fuss ausgerechnet in einem Ameisenhaufen gestanden bin, hat mich danach noch tagelang beschäftigt. Der Fuss ist regelrecht angeschwollen und hat blödsinnig gejuckt. Da reden alle davon wie gefährlich es hier in der Karibik sein kann, aber dass es bei mir zu Angriffen in Form von Kleinstlebewesen (zuerst Parasiten und jetzt «Killerameisen») kommen würde, hätte ich mir nie erträumt …

Kakteen mit Aussicht
Picknick und Strandfund
Ganz schön steil hier!

Dann mussten wir natürlich auch einen Ausflug zum Princess Juliana Airport machen. Dieser Flughafen ist dafür berühmt, dass die Piste wenige Meter nach dem Strand anfängt und die Flieger im Landeanflug gefühlt fast auf Kopfhöhe angebraust kommen. Besonders eindrücklich ist das, wenn ein ganz grosser ankommt. Daher hatten wir uns vorher schlau gemacht und wussten, dass der KLM-Flug von Amsterdam um 15:40 Uhr ankommen sollte. Also waren wir schon um 15:20 Uhr dort. Keine Sekunde zu früh, denn der Jet tauchte in dem Moment am Himmel auf als wir zum Strand kamen – er war 20 Minuten zu früh! Wir bekamen unser Erlebnis und konnten nach wenigen Minuten schon wieder gehen. Das nenne ich glückliches Timing! 

Plane Spotting für Unerschrockene

St. Martin ist wie schon erwähnt eine zweigeteilte Insel. Der nördliche Teil ist französisch und der südliche niederländisch. Dem Gerücht zufolge soll die Inselaufteilung so verlaufen sein: Ein Franzose und ein Holländer sind auf der einen Inselseite in entgegengesetzte Richtungen der Küste entlang losgelaufen. Der Franzose hatte eine Flasche Rotwein, der Holländer eine Flasche Genever als Wegzehrung dabei. Dort wo sie sich wieder trafen wurde dann die Grenze gezogen. Ob die Tatsache, dass der französische Teil grösser als der holländische ist, am übermässigen Genuss vom Genever oder auf die bessere Kondition des Franzosen zurückzuführen ist, wurde nicht überliefert. Es gibt keine markierte Grenze, geschweige denn Grenzübergänge, plötzlich ist man einfach im anderen Land.

Impressionen von Philipsburg im holländischen Teil von St. Martin
Taxfreeparadies mit schönen Strassennamen
„Groot Bai“, die Bucht von Philipsburg mit vielen grossen Kreuzfahrtschiffen
Echsen bei Fort Amsterdam

Diese Teilung ohne richtige Grenze führt zu allerlei kuriosen Begebenheiten. Segelboote können entweder in den französischen oder den holländischen Teil einklarieren, danach können sie sich ohne weitere Formalitäten frei zwischen den Ländern bewegen. Im französischen Teil kostet weder das Einklarieren noch das Ankerliegen etwas, im holländischen Teil ist beides mit Gebühren verbunden. (Dreimal dürft ihr raten, wo wir einklariert haben…). Dann gibt es eine grosse schiffbare Lagune mitten auf der Insel, die ebenfalls zweigeteilt ist. Um mit einem Segelboot dort reinzufahren muss man jeweils eine Klappbrücke passieren (wie könnte es auch anders sein, wenn Holländer im Spiel sind 😉 ). Wenn man im holländischen Teil reinfährt muss man vor der Einfahrt ein Brückengeld bezahlen, welches sowohl die Ein- wie auch die Ausfahrt beinhaltet. Im französischen Teil kann man gratis rein und rausfahren. Wenn man jetzt im französischen Teil reinfährt, kann man völlig unbehelligt ohne Brückengeld im holländischen Teil rausfahren (bezahlt wird ja nur bei der Einfahrt). Dass man im französischen Teil der Lagune gratis ankert und im holländischen Teil ein paar $ pro Tag zahlen muss, ist wohl bei dieser Logik nicht weiter verwunderlich.

Hebebrücke wie in Holland

Ein weiteres Phänomen ist die parallele Verwendung von US$ und Euro und zwar im Kurs 1:1! Wenn man etwas kauft, kann man fast überall frei wählen, ob man den Betrag mit US$ oder mit Euro bezahlen will – der Betrag bleibt nominell der Gleiche! Das gilt i.d.R. auch bei Kreditkarten, je nach gewählter Währung wird einfach ein anderes Kartenterminal verwendet. Der Unterschied ist zwar nicht riesig, aber es läppert sich doch zusammen. Dass die Geschäfte das so locker sehen wundert uns schon ein bisschen. Das nimmt bisweilen ziemlich kuriose Formen an. Ich habe Benzin für 26.80 gekauft. Logischerweise habe ich in US$ bezahlt, hatte aber nur 26$ dabei. Für die .80 habe ich dann einen Euro gegeben und 20 Eurocent zurückbekommen.

Besuch bei einer der bekannten Lolo-Restaurants in St. Martin. Strassenküche vom Feinsten!
Wir konnten auch den Karnevalsumzug in Marigot bestaunen

Nach fast drei Wochen waren wir endlich mit allem fertig und das lang herbeigesehnte Wetterfenster für die Rückfahrt in den Süden hat sich aufgetan. Der Rückweg hiess für uns nonstop von St. Martin nach Guadeloupe. Eine Strecke von knapp 150 sm, nach Südost, also bei normalen Passatwinden (für unseren kleinen Kat) hoch am Wind, wenn der Wind südlicher als Nordost kommt. Am 26. Februar wurden nur sehr schwache östliche Winde für die kommenden Tage vorhergesagt und wir entschieden uns zu gehen. Lieber mit Motorunterstützung halbwegs direkt segeln zu können, als 24-36 Stunden lang gegen frischen Ost- oder womöglich Südostwind anzukämpfen.

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Rosa Strände im gefährdeten Paradies

Rosa Strände im gefährdeten Paradies

14. – 27.01.2023, Guadeloupe – Antigua & Barbuda, Logstand seit Start 6198 sm

Am 14.01. sind wir die ca. 10 Seemeilen vom Ankerplatz Bouillante beim Cousteau Unterwassernationalpark nach Deshaies an die Nordwest Spitze von Guadeloupe gefahren. Gefahren ist auch der richtige Ausdruck, denn es herrschte totale Flaute. Wo wir am Vortag bei ruppiger See mit dem Dinghy fast ersoffen wären, war jetzt spiegelblanke See und ideale Bedingungen zum Schnorcheln. Doof, aber nicht zu ändern. Gemäss Wettervorhersage sollte eine länger andauernde Periode mit sehr schwachen südöstlichen Winden kommen, welche wir nutzen wollten um Green Island und vielleicht sogar Barbuda zu besuchen. Green Island liegt hinter einem Riff im östlichen Teil – also auf der dem Wind zugewandten Seite von Antigua. Die Strecke von hier nach Barbuda ist viel angenehmer, als wenn man den üblichen Weg von der Westseite von Antigua nimmt. Also kamen uns schwache Winde ganz recht.

Abfahrt aus Bouillante bei Flaute

Die für den Nachmittag geplante Flusswanderung in Deshaies ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Kaum sind wir angekommen hat es angefangen in Strömen zu regnen und mit kurzen Unterbrüchen ist es den ganzen Nachmittag so geblieben. So machten wir nur einen kurzen Landgang, um im Pelicano, einem kleinen Souvenir- und Kleiderladen auszuklarieren. Nachher sind wir an Bord zu USI zum Kaffeetrinken gefahren. Da wir davon ausgehen, dass wir auf dem Rückweg in den Süden wieder hierherkommen, werden wir es dann mit der Wanderung nochmals versuchen.

Deshaies bei Regen. Kaffee und Kuchen bei Uschi & Albert auf der USI

Am Morgen darauf sind wir um 7 Uhr los, um die 40 Seemeilen bis Falmouth Harbour auf Antigua zu schaffen und noch rechtzeitig vor Dienstschluss der Zollbehörden anzukommen. Wir wollten gerne noch am gleichen Tag einklarieren.

Morgentliche Abfahrt aus Deshaies

Das Wetter war diesig und die Winde eher schwach, so dass wir einen Teil der Strecke mit Motorunterstützung gesegelt sind. Da wir zusammen mit der USI unterwegs waren, haben wir direkt mal gegenseitig Fotos von unseren Booten unter Segel geschossen. Bilder vom eigenen Boot unter Segel zu bekommen ist nämlich ziemlich aufwendig, wenn man nur zu zweit unterwegs ist. So werden solche Gelegenheiten für gegenseitige Fotoshootings natürlich gerne wahrgenommen.

RARE BREED und …
… USI unter vollen Segeln

Auf diesem Törn haben wir wieder unser Angelglück probiert und prompt eine schöne Königsmakrele gefangen. Da wir zurzeit den grossen Kühlschrank zur Gefriertruhe umfunktioniert haben, konnten wir den Fisch einfrieren und haben die Angel gleich nochmals ausgeworfen. War wohl keine so gute Idee: Irgendetwas hat tatsächlich angebissen und den Silk mit einer affenartigen Geschwindigkeit rausgezogen. Die Bremse an der Angelrolle war völlig überfordert und bevor ich dazu kam die Schnur einzuholen, hat es einen Ruck gegeben und der Fisch war mitsamt Köder und stählernem Vorfach weg. Das tönt jetzt etwas hart für den Fisch, aber wir verwenden bewusst keine rostfreien Fischerhaken, damit sie sich von selber auflösen, wenn sie in einem Fisch stecken bleiben.

Königsmakrele und abgerissener Silk

Wir sind zusammen mit der USI gegen 15 Uhr in der Falmouth Bay vor Anker gegangen und Albert und ich sind sofort mit dem Dinghy los um einzuklarieren. Die Büros von Zoll, Immigration und Nationalparkbehörden befinden sich in den liebevoll restaurierten Gebäuden im Nelsons Dockyard in der Nachbarbucht English Harbour. Da wir während der ruhigen Wetterlage schnell weiter nach Green Island wollten, werden wir auch hier nochmals zu einem späteren Zeitpunkt Halt machen, um alles in Ruhe anzuschauen. Das Einklarieren hat übrigens EC$ 226.- gekostet, was um einiges teurer als die EC$ 13.- in Dominica war.

Einfahrt Falmouth Harbour, Antigua
Die gelbe Q-Flagge wird nach dem Einklarieren wieder runter genommen

Abends wurde gemeinsam auf der USI gekocht. Es gab natürlich frische Königsmakrele à la Biggi: Das heisst asiatisch mit Sojasauce, Knoblauch und Ingwer mariniert und mit Spaghetti serviert. Sogar Albert, der Fisch gegenüber eher skeptisch ist, hat es offensichtlich geschmeckt. 

Auf der USI zum Sundowner, Kochen, Essen und Chillen

Am nächsten Morgen gingen wir erst um 10:30 Uhr Anker auf. Dieses Mal lagen nur knapp 12 Meilen vor uns bis Green Island. Ich habe die Abfahrtszeit so gelegt, dass wir kurz nach Mittag ankommen, um mit einer hochstehenden Sonne im Rücken in die Riffe reinfahren zu können. Die letzte Meile der Strecke geht im Zick-Zack-Kurs zwischen den Riffen durch und wenn die Sonne zu tief steht oder von vorne scheint, ist es unmöglich die Riffe zu sehen. Schlussendlich ging es problemlos, denn die Darstellung im Kartenplotter hat zu 100% gestimmt. Wenn diese Angaben korrekt sind (und die Geräte nicht im dümmsten Moment aussteigen), kann man faktisch im Blindflug da durchfahren. Aber das weiss man im Vornherein jeweils nicht.

Zusammen mit USI verlassen wir Falmouth Harbour nach nur einer Nacht mit Ziel Green Island

Auch für diese kurze Strecke haben wir die Angelrute rausgehängt und prompt einen Barrakuda gefangen. Grössere Barrakudas sind oft Träger von Ciguatera, was bei Menschen zu einer ziemlich unangenehmen Vergiftung führen kann. Dieses Exemplar war nicht so gross, aber da ich den Geschmack nicht so toll finde, haben wir ihn wieder in die Freiheit entlassen. Wenn der Haken sich nur im Kiefer verfängt, entstehen nur kleinste Verletzungen die nicht mal bluten und der Fisch wird ohne bleibende Schäden weiterleben können. Sobald der Köder verschluckt wird und der Haken im Bereich der Kiemen steckt (was zum Glück eher selten passiert) sind die Verletzungen zu gross und man erlöst den Fisch besser von seinem Leiden. Fische, die wir behalten werden unmittelbar nach dem Einholen mit einem beherzten Schnitt hinter den Kiemen getötet und ausgeblutet. Eine Riesensauerei, aber die humanste Methode sie umzubringen.

Barrakuda
Antiguas Südküste
Einfahrt hinter Green Island

Auf Green Island hatte ich mich lange schon gefreut. Von den Beschreibungen und der Karte her hatte ich etwas ähnliches wie Tobago Cays erwartet. Die Realität sah aber etwas anders aus. Trotz sehr ruhigem Wetter war das Wasser eher trüb. Ein Schnorchelausflug zu einem Riff bei dem nahe gelegenen Bird Island war – ähnlich wie in Guadeloupe – auch ziemlich enttäuschend. Trübes Wasser, ein paar schöne Korallen, aber kaum Fische. 

Schnorcheln bei Bird Island

Da das Wetter weiterhin sehr schwachwindig war, dies aber nicht mehr allzu lange anhalten würde, haben wir nach nur zwei Nächten bei Green Island den Anker gelichtet und uns auf den Weg nach Barbuda gemacht. Weil wir auch in Barbuda zwischen den Riffen hindurch mussten und im Cruising Guide steht, dass die Kartenplotteransicht nicht korrekt ist, wollte ich auch hier mit der hochstehenden Sonne im Rücken reinfahren. Die Strecke von etwas über 30 Seemeilen bedeutete, dass wir bei Tagesanbruch losfahren mussten um bei optimalen Lichtverhältnissen anzukommen. Um durch die Riffe bei Green Island zu kommen konnten wir unseren aufgezeichneten Track von der Hinfahrt entlang fahren, um trotz tiefstehender Sonne heil ins tiefe Wasser zu kommen. Segen der modernen Navigationsmittel!

Anker heben bei Tagesanbruch und mit USI im Schlepptau der gestrigen Route zwischen den Untiefen zurück folgen
Kartensicht der Strecke von Antigua nach Barbuda (Keine Sorge, die „Mann über Bord“ Markierung im linken Bild war nur ein Test)

Die Fahrt entlang der von Riffen gesäumten Luvküste von Antigua war dank der schwachen Winde problemlos. In der Hoffnung, dass das Fischerglück der vergangenen Tage anhalten würde, haben wir wieder geangelt. Auf der Atlantikseite gibt es sehr viel vom Sargassotang und so ist unser Köder ständig voll von Tang gewesen. Wenn sich so ein Büschel Tang im Haken verfängt, denkt man erst, dass es ein Fisch ist, denn die Rute schlägt wegen des Widerstands sofort an und auch das Einholen ist ziemlich anstrengend.  Nach x Reinigungsaktionen habe ich die Bremse an der Rolle so hart eingestellt, dass sie nur bei grossem Druck anschlagen würde. Kurz vor Barbuda haben wir die Segel geborgen und dabei gleich auch die Angel eingeholt. Wieder mit ziemlich viel Widerstand, aber da nichts gross geruckelt hat, gingen wir auch jetzt davon aus, dass es nur Tang sei. Umso grösser war die Überraschung, als wir das Ende der Leine sahen und tatsächlich ein Fisch dran hing! Es war wieder eine schöne Königsmakrele. Der arme Kerl war wohl schon länger am Haken, denn er war völlig erschöpft als ich ihn an Bord holte. Schnell der Kiemenschnitt und eine Entschuldigung für sein Schicksal.

Noch eine Königsmakrele

Barbuda ist, im Gegensatz zu den grösstenteils bergigen Vulkaninseln der kleinen Antillen flach wie ein Pfannkuchen und von einem makellosen weissen und teilweise auch rosaroten Sandstrand umrandet.

Ansteuerung von Barbuda

Hierher kommt man nur mit dem eigenen Boot, mit der Fähre oder gar per Helikopter von Antigua aus. Entsprechend einsam und exklusiv geht es hier zu.

Ankerplatz bei Cocoa Point im Südosten Barbudas
Vor Anker am Cocoa Point
Am ersten Abend in Barbuda kommen Albert und Uschi zu uns zum Makrelenessen, dieses Mal gebraten mit Couscous und einem Griessdessert

Barbuda wurde 2017 vom Hurrikan Irma nahezu komplett zerstört und man sieht vielerorts noch Ruinen und die übrig gebliebenen Fundamente der ehemaligen Häuser. Seither wird hier viel neu gebaut und der damalige Charme und die Beschaulichkeit von Barbuda wird mit den neu entstehenden Hotelanlagen wohl langsam verschwinden. Aber so weit ist es noch nicht. Wenn man heutzutage entlang des Strandes oder der staubigen Strasse über die Insel geht, sieht man bald mehr verwilderte Esel als Menschen. 

Strand und verwilderte Esel

Den ersten Ausflug machen wir zusammen mit Albert und Uschi und mit vereinten Kräften schaffen wir es mit Mühe und Not ihr grosses Dinghy den Strand hoch zu ziehen. 

Ein Spaziergang am wunderschönen Princess-Diana-Beach entlang führt an gerade mal zwei Beachbars vorbei. Die letztere heisst «Nobu», ist auf die japanische Küche spezialisiert und hat sogar eine angrenzende exklusive Wellnessanlage. Der Preis von 30 US$ für drei Kafi und ein Bier entsprechend hoch. Gemäss den Damen sei es aber ein sehr guter Cappuccino gewesen. Mein Carib Bier hat genauso gut geschmeckt wie das in Grenada (für nicht mal ein Sechstel des Preises). Der Hammer war aber ihr Spezialangebot: Schnorcheln zum Lobsterkäfig und sich seinen Lobster selber aussuchen, der anschliessend vom Koch auf japanische Art zubereitet wird – Kostenpunkt US$ 500.- pro Person notabene!

Cappu und Bier im Nobu’s

War das Anlanden mit USI’s Dinghy schon schwierig gewesen, erwies sich das wieder zu viert an Bord des Dinghys zu kommen als komplett unmöglich. Inzwischen hatte sich eine Dünung mit teilweise brechenden Wellen am Strand aufgebaut. Irgendwie haben wir es geschafft, das Dinghy mit Albert an Bord durch die Brandung zu schieben, aber für Uschi und Biggi war ein Anbordkommen bei diesen Bedingungen schier unmöglich. Ich bin dann rausgeschwommen, zu Albert ins Dinghy geklettert und wir sind zu RARE BREED gefahren. Dort angekommen bin ich in unser Dinghy umgestiegen und damit Richtung Strand gefahren, während Uschi und Biggi am Strand entlangliefen, um zu einem hoffentlich etwas ruhigeren Abschnitt weiter südlich zu kommen.  Mit etwas Geschubse und ziehen haben wir Uschi dann in unser kleines Dinghy gehievt und Biggi war schwimmenderweise neben uns Richtung Boot unterwegs. Albert, der alte Charmeur hat seine Chance sofort gewittert und einen Versuch gestartet Biggi (mit seinem Dinghy) abzuschleppen 😉 Tja, so kann ein beschaulicher Nachmittag am Strand zum regelrechten Abenteuer ausarten.

Uschi und Albert wollen diese Saison noch bis zu den Bahamas hoch, während wir schon bald an unserem nördlichsten Punkt von der Reise dieser Saison angelangt sein werden. Entsprechend müssen sie sich etwas sputen und so haben sich unsere Wege am Tag darauf wieder getrennt. Dieses Mal vermutlich für länger. Sie segelten nach Antigua zurück, während wir noch ein paar Tage hier auf Barbuda verbringen wollten. 

Dank euch beiden für die vielen tollen gemeinsamen Erlebnisse und allzeit gute Fahrt, liebe Uschi und Albert!

Nach einem Haushaltstag mit Waschen, Wasser machen usw. machen wir uns am übernächsten Tag auf, um zum Pink Sand Beach zu laufen.

Waschtag auf RARE BREED

Wir fahren mit dem Dinghy zur ersten Strandbar, dem Shack a Kai, wo wir an der dort liegenden Boje festmachen können und waten von dort an Land. Den ersten Teil können wir am Strand entlang, aber nach ca. 3 km müssen wir die Staubpiste entlang laufen, bis wir an eine neue Ferienanlage mit ein paar Cottages kommen, wo wir wieder zum Strand runter können.

„NO DUST“, naja, hat wohl nicht so geklappt mit dem Schild.

Kaum sind wir auf dem Gelände werden wir von Chris, dem Sohn des Besitzers angesprochen. Die Anlage gehört einer lokalen Familie und hat auch ein schönes kleines Restaurant «Uncle Roddy’s Bar and Restaurant». Chris ist total nett und erklärt uns, dass es noch ein gutes Stück zum Pink Sand Beach ist, er aber sowieso mit dem Auto dorthin fahren müsse um etwas abzuholen und ob wir mitkommen wollen. Das kommt uns sogar sehr gelegen und so werden wir von Chris am Pink Sand Beach abgesetzt. Wir vereinbaren, dass er uns auf dem Rückweg in ca. 30 Minuten wieder abholt. So nett!

Chris nimmt uns in seinem Van mit.

Der Strand ist tatsächlich rosafarbig, nicht überall und auch nur im Bereich wo das Wasser drüber spült. Es ist trotzdem sehr eindrücklich und fast schon kitschig schön.

Der Stoff aus dem rosa Strände gemacht werden

Zurück bei Uncle Roddy’s ist es ein Uhr mittags und nachdem wir wie üblich nichts gefrühstückt haben hat es sich angeboten sich dort zu stärken. Als ich die Preisliste gesehen habe ist mir fast der Atem gestockt, bis wir realisierten, dass die Preise nicht in US$ sondern in EC$ angegeben sind (Kurs ca.  1 zu 3). Na dann kann es ja losgehen und wir bestellen uns je ein Lobster Sandwich und ein eiskaltes Bier. Was für ein Genuss! 

Uncle Roddy’s Beach Cottages
Beim ersten Mal war es so fein, dass wir ein paar Tage später nochmals hingegangen sind (hin und zurück immerhin 11 km zu Fuss) um Lobster bzw. Lobstersandwich und einen hervorragenden Cheese Cake zu essen.

Nachdem wir bis jetzt die schönen Seiten von diesem Paradies gezeigt haben, möchten wir auch die Schattenseiten aufzeigen, denn was hier gerade vor sich geht ist nicht weniger als die Zerstörung eines einmaligen Ökosystems und einer der letzten relativ unberührten Inseln in der östlichen Karibik.

Barbuda wurde ursprünglich von der Familie Codrington vom englischen Staat gepachtet – zum unglaublichen Preis von einem Schaf Pacht pro Jahr. Als trockene Insel eignete sie sich nicht für die sonst üblichen Zuckerrohrplantagen und so hat die Familie Codrington andere Einnahmequellen gesucht, und gefunden. Es wurden Pflanzen angebaut, welche auch mit wenig Wasser auskommen, es wurden Hirsche und Wildschweine ausgesetzt, um sie später jagen zu können (was übrigens heute noch möglich ist) und Fischfang betrieben. Die Codringtons hatten offenbar progressivere Vorstellungen als damals üblich. Sie haben auch gut für ihre Sklaven gesorgt und geniessen noch heute einen sehr guten Ruf auf der Insel. Ihnen ist auch das einmalige Landnutzungsrecht auf Barbuda zu verdanken. Das Land in Barbuda ist nämlich seit der Aufhebung der Sklaverei 1834 in Gemeinschaftsbesitz der Bewohner. Dies wurde später im «2007 Land Act» kodifiziert. Das heutige Barbuda gehört zu Antigua und ist der dortigen Regierung unterstellt, es gibt aber ein lokales «Council», welches bis vor wenigen Jahren relativ viel zu sagen hatte und die lokalen Angelegenheiten auf Barbuda geregelt hat. Es gab schon seit jeher viele (v.a. US Amerikanische) Konsortien, die diese Insel zu einem Spielplatz der Superreichen, ähnlich wie St. Barths oder die Bahamas verwandeln würden. Dies wurde jedoch weitestgehend durch die lokale Bevölkerung und das Council verhindert, die keinen Sinn darin sahen ihr beschauliches Leben zu ändern.

2017 wurde Barbuda vom Hurrikan Irma schwer getroffen und mehr oder weniger alles dem Erdboden gleich gemacht. Die Behörden in Antigua haben die Einwohner NACH dem Hurrikan nach Antigua und andere Inseln zwangsevakuiert und ihnen während der folgenden zwei Jahre verboten ihre Heimatinsel mehr als für ein paar Stunden pro Woche zu betreten. Das heisst die Barbudianer hatten keine Möglichkeit ihre Häuser zu reparieren oder das was den Hurrikan überstanden hat noch zu retten. Rettungsangebote, welche von überall her kamen wurden – genau wie selbst organisierte Aktionen der Barbudianer – von den Behörden in Antigua abgelehnt bzw. verhindert. Während dieser zwei Jahre, wo den Einwohnern der Zutritt verweigert wurde, bekamen unzählige Investoren die Erlaubnis die Insel zu betreten, um mit dem Bau von neuen Hotelanlagen und sogar einem Golfplatz zu beginnen. Das althergebrachte Recht, dass es kein privates Land geben soll wurde ebenfalls klammheimlich von den Behörden in Antigua gekippt und in ein Pachtsystem umgewandelt, welches es erlaubt grosse Landstriche für 198 Jahre an ausländische Firmen und Personen zu verpachten. 

Im westlichen Teil von Barbuda liegt eine grosse Lagune, welche eine enorm wichtige Bedeutung sowohl als natürlicher Schutz vor Überflutungen wie auch als Kinderstube für allerlei Meeresgetier und Brutstätte von Seevögeln hat. Die Pläne sehen vor diese Lagune auszubaggern und einen grossen Hotelkomplex mit angegliederter Marina für Superyachten daraus zu machen.

Die grosse Lagune bei Codrington (Bild Copyright Wikipedia)

Alle diese Projekte wurden klammheimlich und ohne Einbezug der Lokalbevölkerung von den Behörden in Antigua durchgeboxt. Es gibt inzwischen diverse hängige Gerichtsverfahren gegen diese Projekte, aber die Gesetzesmühlen in Antigua mahlen – wen wundert’s – sehr langsam und derweil wird hier vor Ort auf Barbuda munter weiter gebaut. Abgesehen vom Unrecht gegenüber den Inselbewohnern ist es extrem traurig mitanzusehen wie sieben(!) Tage die Woche schwere Baumaschinen an x Baustellen dem Strand entlang neue Feriensiedlungen und Hotelanlagen aus dem Boden stampfen. Beim Strand entlanglaufen sieht man immer wieder Schilder mit der Aufschrift «Private» und wenn man im vermeintlich unbewohnten Gebüsch zur Strasse hinläuft sind überall Zäune oder man wird sogar darauf hingewiesen, dass dies privater Grund sei, wenn man mal ausnahmsweise jemandem begegnet.

Eine von vielen Baustellen entlang dem Princess Diana Beach

Wenn niemand diese Entwicklungen stoppt, wird Barbuda in wenigen Jahren wohl leider nicht mehr das Paradies sein, welches wir jetzt noch erleben dürfen. Stattdessen muss wohl davon ausgegangen werden, dass wieder einmal das Geld siegt und Barbuda zu einem gigantischen Luxusresort für die Superreichen wird. Wer etwas mehr Hintergründe erfahren will, kann es in diesem Independentartikel nachlesen.

Das Wasser an unseren Ankerplatz bei Cocoa Point war anfangs recht trüb und wurde nach ein paar Tagen immer klarer und es wimmelt regelrecht von Schildkröten. Beim Auftauchen machen sie einen lauten Schnauber (als wenn jemand den Schnorchel ausbläst) und strecken den Kopf nach oben, wie wenn sie fast am Ertrinken wären. Nach drei-vier Mal Luftholen tauchen sie wieder ab. Biggi ist regelrecht im Fotofieber und springt jedes Mal auf, wenn sie ein Schnauben hört, um die Schildkröten auf Film zu bannen. Es ist richtig lustig das Spielchen zu beobachten, denn es kommt einem vor als ob die scheuen Tiere einen Fotosensor hätten und sofort abtauchen, wenn sie jemand mit einer Kamera erblicken.

Biggi im Fotofieber
Schildkröten am Luft schnappen

Ausser den Schildkröten haben wir bis jetzt erst einen grossen Rochen gesehen, der neben unserem Boot aus dem Wasser gesprungen ist. Aber, dass es hier auch grössere Fische geben muss wird vor allem nachts klar. Sobald die Sonne untergegangen ist kommt die Zeit der Jäger und Gejagten und es fängt an ums Boot herum im dunklen Wasser zu platschen. Wir fragen uns jeweils welche Dramen sich dort unten abspielen. Wir sind sogar schon mehrmals mitten in der Nacht aufgeweckt worden, weil etwas Grosses so laut gegen den Rumpf geklatscht ist, dass es nicht nur hör- sondern auch spürbar war. Beim ersten Mal bin ich sogar aus dem Bett und auf’s Deck raus gesprungen, weil ich annahm, dass etwas auf unserem Deck gelandet sei. Die Vorstellung hier nachts ins Wasser zu hopsen ist etwas ungemütlich…

Inzwischen waren wir schon mehr als eine Woche hier und oft sogar ohne Nachbarboote ganz für uns allein. Genau das haben wir bis jetzt gesucht und bisher nirgends so richtig gefunden. Tagelang im türkisfarbigen Wasser ankern, an Land schwimmen und am Strand endlose Spaziergänge zu machen, oder einfach den Tag Tag sein lassen.

RARE BREED allein auf weiter Flur
Mit den Flossen an Land schwimmen
Strandfunde
Sand soweit das Auge reicht
Faulenzen, lesen…
Zwischendurch wurde sogar ein wenig gebastelt
Basilikum und Rucola ziehen
Sonnenuntergänge fotografieren
Sogar früh aufstehen um den Sonnenaufgang zu geniessen

Barbuda ist sehr viel trockener als die bisherigen hohen Inseln, die wir besucht haben und wir geniessen es, endlich wieder wirklich schönes Wetter zu haben. Unsere Vorräte waren noch erstaunlich reichhaltig, Strom und damit Süsswasser konnten wir genug produzieren und langweilig wurde uns auch nicht. Und dazu kostet das Ankern hier nichts. Wieso also schnell hier wieder weg? Kurzum: es hat uns so gut gefallen, dass wir beschlossen haben, etwas länger als ursprünglich geplant hier zu bleiben. 

Das Essen an Bord – einfach Spitze! Danke Biggi!!

Die bekannteste Sehenswürdigkeit auf Barbuda ist die riesige Fregattvogelkolonie in der Lagune im Norden der Insel. Dort wollen wir unbedingt hin. Zuerst mit dem Dinghy an den Strand fahren, dann ca. anderthalb km am Strand entlang zur Strandbar «Shack a Kai», wo wir für neun Uhr ein Taxi bestellt haben, laufen.

Mit dem Dinghy an Land
Strandbar Shack a Kai

Als wir um kurz vor Neun dort sind ist alles dicht und keine Menschenseele zu sehen. Mein Spruch, dass ich einen Besen fresse, wenn das Taxi um Neun kommt war kaum verklungen, als wir Motorengeräusche vernahmen und ein Auto um die Ecke bog! Devon, unser Fahrer hat tatsächlich als erstes einen alten Besen, der seine besten Tage schon lange hinter sich hatte rausgeholt – nicht für mich, sondern um unsere sandigen Schuhe abzuputzen bevor wir das Auto enterten. Biggi’s schelmisches Grinsen war unübersehbar.

Über die Staubpiste ging es zum einzigen «grösseren» Ort auf Barbuda. Codrington ist ein verschlafenes Nest mit ein paar ein- oder maximal zweistöckigen Gebäuden. An der Pier in Codrington wartete George Jeffery, unser Guide schon auf uns. George ist auf Barbuda aufgewachsen und von Kindesbeinen an auf dem Wasser als Fischer unterwegs. Er kennt die Lagune und die Gewässer um Barbuda wie kein anderer. Er ist ohne jegliche Navigationsmittel unterwegs und bezeichnet sich selber scherzhaft als natürliches GPS. Nach dem Ausflug durch die riesige Lagune, wo er mehrere Orte mit uns ansteuerte, die in unseren Augen alle zum Verwechseln ähnlich aussahen, kann ich das nur bestätigen. Die Lagune ist so gross, dass sie bis zum Horizont reicht. Ohne jegliche Seezeichen oder erkennbare Landmarken waren wir auf der riesigen Wasserfläche völlig orientierungslos, während er in voller Geschwindigkeit im Slalom zwischen den Flachstellen durchfuhr.

George fühlt sich in „seiner“ Lagune sichtlich wohl und strahlt eine zufriedene Ruhe und Gelassenheit aus

Die flache Lagune ist ein riesiges Brutgebiet für die Jungtiere von Fischen und Krustentieren. Sie ist quasi die Kinderstube des Ozeans. So werden z.B. Lobstereier nach der Eiablage in die Lagune geschwemmt wo die Jungtiere solange bleiben, bis sie gross genug sind um draussen im offenen Meer zurecht zu kommen. Man hat markierte Lobster aus der Lagune von Barbuda auf Inseln, die hunderte von km von Barbuda weg sind gefangen. Die Riffe ausserhalb von Barbuda sind DER Ort um Lobster zu fangen und dementsprechend ist der Barbudian Spiney Lobster ein beliebtes Exportprodukt (und auf der Insel selber natürlich überall auf der Speisekarte).

Schon von weiter Ferne sind die Vögel zu erkennen

Die Fregattvogelkolonie ist enorm eindrücklich! Es sind mehrere tausend Tiere, die in den Mangroven nisten und die Luft darüber ist voller Vögel. Dabei ist es im Gegensatz zu den meisten anderen Vogelkolonien erstaunlich still. Die Vögel kreischen nicht, sondern machen nur Klicklaute, die man erst hört, wenn man ganz nah ist. Und wir kamen wirklich nahe ran! Die Vögel scheinen sich nicht an den Menschen zu stören und erst wenn man auf etwa eine Armlänge Abstand war haben sie sich zur Seite bewegt oder sind abgehoben. Einen Fregattvogel anzufassen wäre uns aber nie in den Sinn gekommen und in Anbetracht ihre grossen und spitzen Schnäbel wohl auch keine so gute Idee gewesen. Entgegen andere Vogelkolonien riecht es hier überhaupt nicht unangenehm.

Adulte Männchen sind ganz schwarz, adulte Weibchen haben eine weisse Brust, Jungtiere haben einen weissen Kopf und die Küken sind ganz weiss

Fregattvögel sind eindrückliche Tiere. Sowohl optisch mit den knallroten Kehlsäcken der Männchen, wie auch von ihren Flugfähigkeiten. Mit einer Flügelspannweite von 240 cm bei einem Gewicht von gerade mal 1500-1600 Gramm sind sie absolute Flugkünstler. Sie sind darauf spezialisiert, anderen Vögeln im Flug die Beute abzujagen und werden daher auch als Piraten der Lüfte bezeichnet. Ansonsten ernähren sie sich von Fliegenden Fischen, die sie von oben attackieren ohne je ins Wasser zu tauchen, denn Fregattvögel können als Seevögel nicht im Wasser landen bzw. würden ertrinken, wenn sie ins Wasser fallen würden. Die Fliegenden Fische werden durch die Attacken der Vögel aufgeschreckt und machen den Fehler durch die Luft zu fliehen. Das war dann ihr letzter Fehler…

Männchen mit aufgeblasenem Kehlsack (imponieren den Weibchen)
Rechtes Bild zeigt ein Männchen mit dem Kehlsack im Ruhezustand

Ausserdem ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen, dass Fregattvögel bis zu zwei Monate am Stück in der Luft bleiben können und dabei sogar im Flug schlafen. Sie schlafen dabei jeweils nur ein paar Sekunden und nur mit einer Gehirnhälfte, dass dafür mehrmals pro Nacht. 

Sehr imponierende Flugfähigkeiten. Gesteuert wird mit den Schwanzfedern

Hier gefällts uns – wir bleiben noch paar Tage.

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Waitukubuli – Die Insel des Regen(wald)s

Waitukubuli – Die Insel des Regen(wald)s

13.12.2022 – 13.01.2023, Martinique – Dominica – Guadeloupe, Logstand seit Start 6100 sm

Die öffentlichen Verkehrsmittel auf Martinique sind – ausgenommen vom Bus zwischen St. Anne und Le Marin – in der Nutzung mehr als kompliziert und auch eher unzuverlässig. Daher habe ich ein Auto gemietet, um Biggi vom Flughafen abholen zu können. Wenn man schon ein Auto hat, wird dieses natürlich maximal ausgenutzt. Also habe ich den Mietwagen mit Kurt und zwei Kanadiern samt ihrem Gepäck beladen und Kurt nach Le Marin und die Kanadier zum Flughafen gebracht. Schliesslich wollte ich im Einkaufsgebiet in Le Lamentin, welches unweit des Flughafens liegt, zum „Decathlon“ und „Mr. Bricolage“ (Do It Yourself-Laden) gehen, bevor ich Biggi abholen konnte. Dass ich für die knapp 2 km zwischen Flughafen und den Einkaufszentren eine Stunde gebraucht habe, lag nur zum Teil an dem enormen Verkehrsaufkommen. Ich und die Google Maps Navigation sind nicht füreinander gemacht! Ich habe „Schleichwege“ entdeckt, die wohl nicht mal die Einheimischen kennen – vielleicht auch, weil die meisten davon plötzlich irgendwo in einem Feldweg endeten…

Sonnenuntergang St. Anne 21.12. – heute vor einem Jahr sind wir in der Karibik in Bequia angekommen

Mit etwas Verspätung kam Biggi endlich an und auch ihr Gepäck war vollzählig dabei. Also ging es erst mal ab nach Hause aufs Boot. Der folgende Tag stand ganz im Zeichen des Einkaufens – dieses Mal jedoch vor allem von Lebensmitteln. Weihnachten und Silvester standen vor der Tür und wir wollten unsere Vorräte mit französischen Frischwaren auffüllen bevor wir gegen Norden segelten.

Einkaufen

Am 23.12. war alles verstaut und wir haben uns vom inzwischen sehr vollen Ankerplatz bei St. Anne in die nur gerade 2 Seemeilen entfernte einsame und sehr idyllische Bucht „Anse Caritan“ verlegt. Wieso diese Bucht so einsam war, wurde uns schnell klar. Obwohl es auf der Karte ziemlich gut geschützt aussah, hat es wie blöd gerollt. Am Anfang haben wir es noch ausgehalten, aber als Biggi gegen Abend während der Kochvorbereitungen plötzlich mit kreideweissem Gesicht ins Cockpit raus gestürmt kam, war die Sache klar. Vor Anker seekrank werden kann es wirklich nicht sein! So sind wir mit dem letzten Tageslicht wieder nach St. Anne zurück und haben die Ruhe im Schiff umso mehr genossen.

Anse Caritan – idyllisch, aber soo rollig!
Nach fast zwei Monaten vor Anker in St. Anne ist der Rückdämpfer vor lauter Bewuchs kaum wiederzuerkennen.

In den folgenden Tagen ging es in kurzen Schlägen über „Anse Noire“ und „Anse Mitan“ nach „St. Pierre“ an Martiniques NW Spitze hoch. Nach fast zwei Monaten St. Anne wollten wir endlich etwas weiter nach Norden segeln.

Endlich wieder Segeln, aber leider keinen Fisch gefangen

Weihnachten haben wir schnorchelnder Weise in der kleinen „Anse Noire“ verbracht. Nachts ist der Wind eingeschlafen und nachdem es den ganzen Tag nie Probleme mit den anderen Booten um uns herum gab, sind wir doch tatsächlich in der ersten Nacht mit unserem Nachbarn zusammen gestossen! Nur ganz leicht – sie haben es nicht mal bemerkt und haben friedlich weitergeschlafen – aber bei uns hat es eine Macke in der Heckplattform gegeben. Ich habe dann die Nacht mehr oder weniger mit Ankerwache im Cockpit verbracht. Nach dem Umankern am nächsten Morgen lagen wir etwas besser, aber auch jetzt kamen sich die Boote manchmal sehr nahe. 

Es weihnachtet an Bord.
Anse Noire und der Kollisionsschaden an der Heckplattform

Beim Verlassen der „Anse Noire“ haben wir dummerweise unser neues Sonnendach für die ganz kurze Etappe nach „Anse Mitan“ stehen gelassen. Keine gute Idee! Kaum waren wir aus der Bucht raus, kam uns der Wind mit mehr als 30 Knoten entgegen. Wir kamen gar nicht mehr dazu zu, das Dach runter zu nehmen, da waren schon beide Reissverschlüsse, mit denen das Sonnendach am Baum befestigt ist aufgerissen. Ärgerlich, weil das wirklich nur auf unsere Dummheit zurückzuführen war. Ohne Sonnendach ist es hier nicht auszuhalten, also mussten wir uns eine Lösung überlegen. 

In St. Pierre wollten wir aus Martinique ausklarieren, um mit ordentlichen Papieren zur nächsten Insel „Dominica“ zu segeln. Sowohl das Tourist Office, wie auch das Restaurant „L’Alsace a Kay“, wo man hätte ausklarieren können, waren kurzerhand bis 3.1. bzw. 12.1.2023 wegen Betriebsferien geschlossen. Die Franzosen sehen das offenbar wirklich SEHR locker mit dem Ein- und Ausklarieren! Also sind wir auf gut Glück ohne die nötigen Dokumente losgesegelt.

Der Törn nach Dominica war wieder von sehr viel Wind (teilweise bis zu 44 Knoten von schräg vorne) und zugehörigen Seegangsverhältnissen geprägt. Zwischen den Inseln wird der Passat durch einen Düseneffekt immer etwas verstärkt, aber mit so viel Wind haben weder wir noch die Wettervorhersage gerechnet. Wir waren entsprechend nass, holprig – aber auch sehr schnell unterwegs und sind schlussendlich statt nach Roseau im Süden von Dominica bis nach Portsmouth im Norden der Insel weitergesegelt. Hinter der Insel hat der Wind ständig zwischen 10 und 30 Knoten gewechselt und wir sind entweder gedümpelt oder mit 7-8 Knoten gesegelt. Dazu gab es immer wieder heftige Regenfälle. Langweilig ist anders!

Auslaufen aus St. Pierre bei Regen und Sonne
Rasante Fahrt durch der Dominica Channel
Ankunft in Dominica – mal bei Sonne…
Portsmouth, Dominica – und die Regenwolken türmen sich wieder auf…
… und schon prasselt es wieder runter.

Das mit dem Regen sollte uns in der Zeit in Dominica zur ständigen Begleiterin werden. Die Insel ist nicht umsonst von üppigen Regenwäldern überzogen… Es hat wirklich jeden Tag geregnet. Mehrmals. Von „normalem“ Tropenregen der schnell kommt, aber auch schnell wieder geht, bis zum stundenlangen sintflutartigen Regen.

Dominica ist die ursprünglichste und auch am wenigsten entwickelte Insel des Antillenbogens. Mit ihren hohen von Regenwäldern überzogenen Hügeln erinnert sie fast ein wenig an die Marquesas Inseln im Südpazifik. Vor einigen Jahren hatte Dominica einen etwas schlechteren Ruf, weil es immer mal wieder zu Diebstählen auf ankernden Yachten kam. Aber das ist heute anders. Von Dominica haben alle Segler geschwärmt und wir können das nur bestätigen. Wenn man sich mit dem Regen abgefunden hat, gibt es wirklich viel zu sehen und zu erleben. Das fängt schon in der Prince Rupert Bay an: Die Boat Boys haben sich in einer Organisation P.A.Y.S. (Portsmouth Association for Yacht Security) zusammengetan, um die ehemaligen Sicherheitsprobleme zu eliminieren. Und man fühlt sich seither sowohl sicher wie auch wirklich wohl hier. Die Jungs fahren ständig in der Bucht umher, schauen, dass alles in Ordnung ist und bieten Touren, Beach BBQ und andere Dienstleistungen an.  Sie machen es aber in einer sehr unaufdringlichen und freundlichen Art und man muss sich wirklich gar keine Gedanken machen, dass etwas geklaut werden könnte. Selbstverständlich haben wir, wie fast alle Segler hier, ihre Dienste in Anspruch genommen, aber auch ein „Nein Danke“ wird mit einem Lächeln akzeptiert. Nach ein paar Tagen kennt man sich und gelegentlich kommt der eine oder andere auch nur für ein Schwätzchen vorbei, ohne dass versucht wird etwas zu verkaufen. So etwas haben wir bis jetzt in der Art noch nirgends sonst in der Karibik erlebt. Wir lagen hier nicht vor Anker, sondern an einer Boje, die 30.- EC$ pro Tag kostet hat. Diese Bojen werden auch von P.A.Y.S. betrieben und scheinen in einem guten Zustand zu sein. In Anbetracht der Arbeit der P.A.Y.S. Leute finden wir das einen fairen Preis den wir gerne zahlen.

Die Jungs von P.A.Y.S.

Das Einklarieren ging, trotz fehlender Papiere aus Martinique, auch ganz einfach. Die Beamten sind sich wohl gewöhnt, dass die Segler, die ja fast allesamt von den französischen Nachbarinseln Martinique oder Guadeloupe anreisen manchmal ohne Papiere auftauchen. Die Franzosen – als streikfreudiges Völkchen – haben ihre Büros ab und zu geschlossen… Auch konnte man in einem Rutsch Ein- und Ausklarieren und bekam 14 Tage Aufenthaltsrecht für gerade mal 13 EC$ (ca. € 4.-). Das ist insofern bemerkenswert, da die Gebühren bei den meisten (nichtfranzösischen) Inseln erheblich höher sind. Je nach dem wo man hinkommt, kann das Gleiche unter Umständen mehrere Hundert US$ kosten.

Der erste Lobster, den wir selber zubereiten. Vom Fischer für 20 US$ gekauft

Dominica ist mit einem Alter von gerade mal 26 Millionen Jahren geologisch gesehen eine der jüngsten Inseln der Kleinen Antillen. Die Insel ist geothermisch noch sehr aktiv mit Vulkanen und heissen und kalten Schwefelquellen. Die ersten Einwohner „Ortoroids“ wanderten aus Südamerika ein und lebten von 3100 v.C. bis 400 n.C. hier. Danach kamen „Arawaks“, welche bis ca. 1400 n.C. die Insel bevölkerten. Um 1400 n.C. breiteten sich die „Kalinga“ oder „Caribs“ – ein kriegerisches Völkchen – von Süden her über die gesamte Inselkette der kleinen Antillen aus und metzelten die Arawaks aus. Der Name „Waitukubuli“ stammt von den Kalingas und bedeutet länglicher Körper, was der Form der Insel entspricht. 1493 kam Columbus und hat die Insel nach dem Wochentag der Entdeckung, einem Sonntag, „Dominica“ getauft. Die Kalingas haben den Europäern erbitterten Widerstand geleistet und wurden erst nach 1600 langsam überwältigt und in die Berge vertrieben. Heute leben noch ca. 2000 Kalingas in einem Reservat auf Dominica.

Heisse Schwefelquelle in der Nähe der Trafalgar Falls

Da die meisten Leute beim Namen Dominica an die Dominikanische Republik denken, gibt es politische Bestrebungen, den alten Namen wieder einzuführen, um nicht ständig mit dem grossen Nachbarn im Nordwesten verwechselt zu werden.

Am Tag nach unserer Ankunft hat ein deutscher Katamaran „USI“ an der Boje neben uns festgemacht. Als wir mit dem Dinghy an Land gefahren sind, haben wir kurz vorbeigeschaut um Hallo zu sagen. Als hinten auf dem Boot „Regensburg“ als Heimathafen stand ist Biggi (die als Kind dort gelebt hat) natürlich Feuer und Flamme gewesen und hat die Crew mit einem lauten „Servus!“ begrüsst. Statt an Land zu fahren wurden wir von Uschi und Albert sofort an Bord gebeten. Sie sind ein paar Jahre älter als wir und hatten ihre beiden erwachsenen Söhne Karl-Heinz und Stefan für vier Wochen an Bord. Unsere Aussage, dass wir eigentlich nur kurz Hallo sagen und dann weiter an Land fahren wollten, wurde geflissentlich ignoriert und Uschi hat ausgiebigst aufgetischt. Neben Wein und Knabberzeugs gab es kurz darauf auch noch einen (naja vielleicht waren es auch zwei, oder drei?) Rum zum Probieren. Entsprechend wurde unser Landausflug erst viel später angetreten.

Was so schön anfängt kann ja nur gut weitergehen! Wir haben uns mit allen Vier super gut verstanden und haben die folgenden Tage viel zusammen unternommen. 

Zuerst haben wir eine Tour durch den Indian River mit „Albert“, unserem Boat Boy, der uns schon bei der Boje geholfen hat – gemacht. Der Indian River ist einer von ca. 200 Flüssen in Dominica der durch den Dschungel geht und dieser mündet direkt hier in der Bucht. Man darf den Fluss nur mit einem zertifizierten Guide befahren und auch nur ohne Motor. Also ruderte Albert uns den Fluss hoch, der sich durch den Dschungel mäandert. Leider hatten wir kein Dictaphone dabei und haben nur einen Bruchteil der vielen Informationen behalten können, die wir von Albert erfahren haben. Neben einige Krabbenarten und viele verschiedenen Pflanzen hat er uns auch einen speziellen Baum gezeigt, der sich sehr gut für den Bootsbau eignet, da seine speziell gewachsenen Astgabelungen für die Stabilisierung von Bugspitze und Heckplatte eignet. Weiter sahen wir auch einige der Orte von Filmsets zu „Fluch der Karibik“, welcher teilweise hier auf Dominica gedreht wurde.

Impressionen vom Indian River…
… bei Regen…
… und bei Sonne.
Mit der USI Crew in der Bush Bar – natürlich bei Regen…

Der Silvesterabend wurde mit dem traditionellen Beach BBQ von P.A.Y.S. eingeläutet. Locals und Segler haben zusammen Huhn und Fisch frisch vom Grill mit lautem Soca Sound und Rumpunsch „a discretion“ genossen. Später sind wir vor dem Regen an Bord von USI geflüchtet und haben an Mitternacht die eine oder andere Notrakete steigen sehen. Eigentlich verboten, aber das wussten wohl nicht alle…

Silvester Beach BBQ

Am 2.1. stand eine gemeinsame Bustour zum südlichen Teil der Insel auf dem Programm. 

Von Portsmouth ging es der Westküste entlang bis Roseau, wo wir den Botanischen Garten besucht haben. Besonders eindrücklich der Schulbus, der 1979 während dem Hurrikan „David“ von einem afrikanischen Baobabbaum zerdrückt wurde. Der Baum hat es überlebt und wächst heutzutage um den Bus herum weiter.

Zerquetschter Bus und Würgefeige

Von dort ging es zum „Titou Gorge“ wo man in einem „eiskalten“ (naja, es war für uns verweichlichte Tropensegler wirklich saukalt!) Bach durch eine Schlucht zu einem Wasserfall schwimmen konnte. Sehr eindrücklich zwischen den schroffen hochaufragenden Felswänden in eine dunkle Höhle rein zu schwimmen, bis plötzlich der Wasserfall um die Ecke auftauchte.

Echt saukalt das Wasser!

Die nächste Attraktion waren die Zwillingswasserfälle „Trafalgar Falls“ die nebeneinander in die Tiefe stürzen. 

Karibischer Lunch

Die USIs mussten am 3.1. weiter, da Karl-Heinz und Stefan ein paar Tage später von Guadeloupe heimfliegen würden. Wir waren alle richtig traurig, dass unsere schöne gemeinsame Zeit schon vorbei war. Es ist immer wieder schön, wie schnell ganz intensive Freundschaften unter Seglern geschlossen werden, aber das klappt nur, wenn die Chemie wirklich stimmt. Bei der USI-Crew war das ganz bestimmt der Fall und das nächste Treffen in Guadeloupe ist schon vereinbart!

Uschi, Albert (der Fotograf), Karl-Heinz und Stefan bei uns an Bord

Als wir wieder alleine waren, haben wir uns an ein paar dringende Bootsarbeiten gemacht. Ein Leck in der Vorschiffskabine musste gefunden und abgedichtet werden und das zerrissene Sonnendach wurde repariert. Da die Endstücke der Reisverschlüsse vom starken Wind weggerissen waren haben wir die Reissverschlüsse kurzerhand zusammengenäht. Jetzt sind die beiden Dächer zwar nicht mehr abnehmbar, aber das ist eigentlich kein Problem – während wir segeln werden sie aufgerollt und mittels Gurtbänder am Segelkleid vom Grossbaum fixiert.

Deckenverkleidung in der Bugkabine demontieren. „Und bist du nicht willig, dann …“
Sonnensegel flicken – und jetzt steht es wieder wie neu 🙂

Die folgenden Tage haben wir den „Cabrits Nationalpark“ mit dem Fort Shirley zu Fuss erkundet, einen Teil vom Waitukubuli-Trail gemacht und sind zu guter Letzt zum „Cold Soufriere“, den kalten Schwefelquellen gewandert. 

Auf dem West Cabrit Trail
Eidechsen, Schlangen und Eremitkrebse im Cabrits Nationalpark
Waitukubuli Trail, Abschnitt 14

Der Waitukubuli-Trail ist ein mehrteiliger Wanderpfad der von Süden nach Norden durch ganz Dominica führt. Er wurde ursprünglich von den Ureinwohnern (Arawak und Caribe-Indianern) benutzt und ist heute eine anspruchsvolle Route quer durch Regenwälder und über Berggipfel. Wir haben allerdings nur einen ganz kleinen Teil gemacht, den wir von Portsmouth aus zu Fuss erreichen konnten.

Die Wanderung zum „Cold Soufriere“ war um einiges anstrengender als wir angenommen hatten. Es ging von Meeresspiegel auf 741 m ü. M. hoch (und danach logischerweise alles wieder runter). Unterwegs wurden wir den ganzen Weg hin und zurück von drei uns völlig unbekannten Hunden begleitet. Jeder nahm an, dass es sich um unsere Hunde handelte, da sie immer neben uns trotteten, aber wir wissen heute noch nicht woher sie kamen bzw. ob sie jemanden gehören. Kurz bevor wir wieder beim Dinghy ankamen waren sie genauso schnell verschwunden wie sie aufgetaucht waren.

Steil bergauf.
Endlich oben angekommen!
Krasse Gegensätze: Unterwegs sehen wir schmucke Häuser unmittelbar neben Wellblechhütten. Und alles ist bewohnt.
Auf dem Rückweg konnten wir unseren Durst an einer natürlichen Quelle löschen. Einheimische holen hier kanisterweise ihr Trinkwasser.
Panoramablick vom Cabrits Nationalpark aus über die Douglas Bay (links) und Prince Rupert Bay (rechts)

Am Freitag 6.1. haben wir versucht mit der Karte an einem Geldautomaten etwas Lokalwährung abzuheben. Was eine Woche vorher noch wunderbar geklappt hat, war jetzt plötzlich nicht mehr möglich. Es kam kein Geld raus – aber was noch blöder war – auch die Karte nicht! Zum Glück war der Automat vor einer Bankfiliale die noch auf war. Wir also dort rein und unser Problem erklärt. Die Dame am Schalter meinte dann lakonisch, dass wir doch am Montag zurückkommen sollten, bis dann hätten sie die Karte rausgenommen. Jetzt wurde ich (wie Biggi das jeweils nennt) etwas energisch und siehe da, plötzlich ging es, die Karte doch jetzt raus zu holen. Etwa eine Stunde, 10 Unterschriften und Ausweiskopien etc. später sind wir mitsamt Karte wieder auf der Strasse gestanden. Geht doch!

Strassenimpressionen aus Portsmouth
Lokales Angebot – bis jetzt haben wir noch nicht alles probiert…
Kuriositäten aus Dominica: Strassenlampen, die mit Windgeneratoren betrieben werden. Recyclingstation mit Schweizerkreuz, die aber zu tief für die Abfallkübel sind?
Sonnenuntergang und Vollmond über Prince Rupert Bay, Dominica

Am 11.1. verliessen wir Dominica (natürlich bei Regen…) und machten uns auf den Weg nach Guadeloupe. Dies war richtiges Genusssegeln, kaum hatten wir den Windschatten von Dominica verlassen kam auch die Sonne! Winde zwischen 15-20 Knoten von schräg hinten und nur ganz wenig Welle haben uns einen wunderschönen Segeltag beschert. Gegen 15 Uhr fiel der Anker neben dem Cousteau Unterwassernationalpark an der Westküste von Guadeloupe. 

A place with a view
Wunderschönes Segelwetter
Basse-Terre, Guadeloupe

Am Tag darauf kam auch USI hier an und es wurde ein sehr vergnüglicher Abend in einer etwas kleineren Runde, da Uschi und Albert nun wieder alleine unterwegs waren. Aus einem Nachmittagskaffe wurde ein spontanes gemeinsames Nachtessen gemacht. Das heisst Uschi und Biggi haben in der Küche rumgewerkelt, während Albert und ich uns ins Trampolinnetz am Bug gelegt, den Sternenhimmel bewundert und über Gott und die Welt philosophiert haben. Kann es einem besser gehen?

Wenn wir schon im bekanntesten Schnorchelspot auf Guadeloupe waren, wollten wir das natürlich auch bewundern. Nach der totalen Windstille vom Vorabend hat es in der Nacht ziemlich aufgefrischt und wir wollten mit den Dinghys zu den der Bucht vorgelagerten Iles de Pigeon rausfahren. Die Überfahrt ist zum Glück nur etwa zwei Seemeilen weit, aber das war doch echt grenzwertig, denn der Wind hatte eine ziemlich ruppige Welle aufgebaut. Die Festmacherbojen auf der Leeseite sind alle für die professionellen Tauchboote reserviert, uns blieben nur die Bojen auf der Luvseite der Insel. Dort zu schnorcheln bzw. vor allem danach wieder ins wild bockende Dinghy reinzukommen war ein Ding der Unmöglichkeit. Also wieder gegen den Wind zurück an Land. Der Hinweg mit dem Wind war schon haarig, der Rückweg gegen Wind und Welle war ein regelrechter Waschgang. Zum Glück hatten wir schon unsere Neoprenshorties an, so haben uns die Wellen, welche immer wieder ins Dinghy eingestiegen sind fast nix ausgemacht. Um nicht ganz abzusaufen habe ich versucht das Dinghy in Gleitfahrt zu halten, obwohl es teilweise abgehoben ist. Bei einem unerwarteten Sprung habe ich den Gasgriff verloren, worauf der Motor sofort eingeschlagen hat und wir in vollem Speed eine 360 Grad Pirouette gedreht haben. Uschi und Albert, die in ihrem grösseren und stärkeren Dinghy besser zurechtkamen, haben sich noch gewundert, was wir denn da für Kunststücke machen… Wir haben zum Glück keinen Abflug gemacht! Wäre schon peinlich gewesen, vom eigenen Dinghy überfahren zu werden.

Schlussendlich konnten wir an einem anderen Platz im Cousteau Unterwassernationalpark festmachen und endlich doch schnorcheln gehen. Kaum war ich im Wasser, hatte ich einen ca. 3 cm langen Pilotfisch vor der Maske. Pilotfische schwimmen normalerweise vor Haien her um sich von den Krümeln, die beim Fressen herumschwimmen zu ernähren. Mangels Haien hat dieser hier mich als Wirt auserkoren und ist wirklich die ganze Zeit bei mir geblieben, meistens wenige cm vor meiner Maske. Armer Kerl, die ganze Mühe umsonst, da es bei mir nichts zu fressen gab. Leider muss ich sagen, dass wir beide letztendlich recht ernüchtert waren. Obwohl dieser Platz immer wieder gelobt wird, hat uns der Zustand vom Riff enttäuscht oder eher erschreckt. Auch hier gab es nur wenig Fische und Korallen. Die Unterwasserwelt in der Karibik hat wirklich schwer unter den Umwelteinflüssen gelitten.

Uschi und Albert in ihrem Dinghy
Trotz Nationalpark fast nichts zu sehen.
Mein Freund der Pilotfisch
Sundowner auf der RARE BREED. Im Hintergrund Pigeon Island, zu der wir am Vormittag die turbulente Dinghyüberfahrt hatten.

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Jan alone at home…

Jan alone at home…

22.10.- 10.12.2022, Grenada – Martinique, Logstand seit Start 5964 sm

Am Samstag, den 22.10. haben wir die Leinen in der Marina Phare Bleu gelöst und uns auf den Weg zu den nördlich von Grenada liegenden Inseln gemacht. Wir hatten keinen Stress, da Biggi’s Flug von Martinique erst zwei Wochen später gehen würde. So sind wir zuerst um die SW-Ecke von Grenada nach St Georges um zu Tanken und danach die wenigen Meilen zurück zur Bucht Morne Rouge gefahren. Morne Rouge gilt als eine der schönsten Buchten auf Grenada und wir hatten sie schon ein paar Mal von Land aus besucht. Jetzt wollten wir auch mal mit dem eigenen Boot hier ankern. 

Sonnenuntergang Morne Rouge

Auf dem Weg entlang der Südküste von Grenada haben wir festgestellt, dass unser Windmesser, dessen Geber im Masttop während des Landaufenthaltes erneuert worden ist, völlig falsche Werte angezeigt hat. Das Instrument im Cockpit hat die Windrichtung ca. 120 ° falsch angezeigt und da der Wind ziemlich schwach von hinten kam, fiel das nicht sofort auf. Kein Wunder hat Biggi die Welt nicht mehr verstanden, als das Segel «auf der falschen» Seite vom Boot ausgerollt wurde. Ich sass hinten an der Reffleine und sah den mechanischen Windanzeiger im Masttop (der vom Cockpit aus nicht sichtbar ist und natürlich die richtige Windrichtung angezeigt hat) und habe mich gewundert , als Biggi an der «falschen» Winsch hantiert hat. «Ob sie denn nicht sehe woher der Wind komme?» Klar, dass sie dann betupft war… typisch besserwisserischer Skipper! In der Folge sind wir zwei Vollkreise gefahren, um das Instrument neu zu kalibrieren, was auf dem Plottertrack ganz amüsant aussieht:

Vollkreise

Nach einer rolligen Nacht sind wir entlang der Westküste von Grenada weiter nach Norden zu Sandy Island gesegelt.

Strecke nach Sandy Island
Unterwegs und später vor Anker vor Sandy Island

Dort blieben wir trotz eher durchzogenem Wetter zwei Tage, um den Feiertag am Montag abzuwarten. Man muss hier zwischen den Inseln immer Ein- bzw. Ausklarieren. Wenn man das an einem Feiertag oder ausserhalb der Bürozeiten macht, kostet es einen «Overtime» Zuschlag. Klar, dass wir das gerne vermeiden, wenn es geht. In Tyrell Bay auf Carriacou haben wir am Morgen am 25.10. ausklariert und Martinique als nächsten Stopp angegeben. Die Windvorhersage war für die kommenden Tage moderat und so wollten wir die Wetterlage ausnutzen um möglichst viel Strecke gegen den sonst vorherrschenden Nordostwind gut zu machen. Gleichzeitig hatten wir keine Lust alles in einem Rutsch nach Martinique durchzuziehen. Der Plan war Zwischenstopps «in Transit» zu machen, sprich ohne einzuklarieren. Solange man nicht lange bleibt und vor Allem nicht an Land geht ist das auch völlig legal.

Mit Zwischenstopps nach Bequia

Mein Allerwertester hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit ein paar Tagen hatte ich einen stark juckenden Ausschlag auf der linken Pobacke. Erst hat es ganz klein angefangen, aber es wuchs von Tag zu Tag. Alle Versuche mit Salben usw. Linderung zu verschaffen schlugen fehl, es wurde immer schlimmer. Irgendwann wurde natürlich Dr. Google zu Rate gezogen und dann war schnell der Verdacht da, dass es sich um Gürtelrose handeln könnte. Das wollte ich nicht einfach unbehandelt lassen.

Und so sind wir zu einem ungeplanten Stopp auf Bequia gekommen, wo ich nach einem Besuch in der örtlichen Notaufnahme am Donnerstagabend zum lokalen Arzt weitergereicht wurde. Am Freitagmorgen um 9 Uhr standen wir vereinbarungsgemäss vor der Arztpraxis, nur um zu erfahren, dass Frau Doktor ausnahmsweise heute (wegen des starken Regens 😬) erst am Nachmittag kommen wurde. Karibik halt… Nach etwas hin und her per WhatsApp konnte ich dann um 14 Uhr wieder antraben. Die Wartezeit zog sich in die Länge, da neben mir natürlich  ganz viele andere Leute auch einen Termin hatten. 

Vor, bzw. in der Arztpraxis auf Bequia

Kurz vor Feierabend kam ich dann dran und der erfahrenen Dame war schnell klar worum es sich handelte. Zum Glück keine Gürtelrose, sondern eine Infektion mit kleinen Larven unter der Haut! Das Viech war ein Hakenwurm, der in den Tropen über den Sand unter die Haut gelangen kann. An sich ungefährlich, aber halt sehr unangenehm und die Vorstellung, dass sich da kleine Larven ihre Gänge unter der Haut bohren/fressen war schon ziemlich gruselig. Mit den richtigen Medikamenten war die Sache in wenigen Tagen soweit entschärft, dass es nicht mehr gejuckt hat. Der Ausschlag selber hat aber noch ca. zwei Wochen gebraucht bis er ganz weg war.

Ausschlag am Allerwertesten!!

Nach der Behandlung mussten wir schnell wieder weg, denn wir hatten eben nicht einklariert (wir haben das als Notstopp angesehen und sind wirklich nur zum Arzt und dann wieder an Bord zurück). Am Samstagnachmittag sind wir wieder ausgelaufen und in der Nacht auf Sonntag an St. Vincent und St. Lucia vorbei nach St. Anne auf Martinique gesegelt. Im Gegensatz zum letzten Mal als wir diese Strecke gemacht haben, hatten wir dieses Mal richtig gute Verhältnisse und konnten den grössten Teil der Strecke gut segeln – so gut, dass wir am Schluss die Geschwindigkeit drosseln (heisst Segelfläche verkleinern) mussten, um nicht im Dunkeln hier anzukommen.

Zügige Fahrt!

Die ersten Tage haben wir die Annehmlichkeiten von Martinique genossen und auch eine Wanderung zu unserem Lieblingsstrand Petite Anse des Salines gemacht.

Petite Anse des Salines

Dann war es soweit, Biggi musste ihre Abreise vorbereiten. Ihre Schwester musste sich einer grossen Operation unterziehen und Biggi wollte sie in der ersten Zeit zuhause unterstützen. Am 6.11. habe ich Biggi mit dem Mietwagen zum Flughafen gebracht und auf Wiedersehen gesagt. Der strömende Regen hat super zur Stimmung gepasst und die ganze Angelegenheit natürlich auch nicht besser gemacht.

Als ich wieder in St. Anne war, war ich natürlich entsprechend betrübt und nicht ganz bei der Sache. RARE BREED liegt hier vor Anker und ich muss mit dem Dinghy an Land und wieder zurück an Bord fahren. Beim Reinspringen ins Dinghy vom Dinghysteg bin ich mit dem Schlüsselbund, der an einem Schlüsselband am Rucksack hing, am Holzsteg eingehängt. Ein kurzer Blick hat genügt um zu sehen, dass das rote Schlüsselband noch am Rucksack dran war. So bin ich – immer noch bei strömenden Regen – zum Boot gefahren. Kaum an Bord habe ich entdeckt, dass das Schlüsselband zwar noch am Rucksack hing, aber vom Schlüsselbund war weit und breit keine Spur! Das Band hatte eine Plastikschnalle und die hat dem Ruck nicht standgehalten und sich gelöst. Jetzt muss man wissen, dass wir alle Luken mit Einbruchschutz gesichert haben und die stabile Gittertüre aus Edelstahl mit einem dicken Vorhängeschloss abgeschlossen ist. Ohne Schlüssel kommt man schlichtweg nicht ins Boot rein! Zudem ist das Hängeschloss derart eng drin, dass man mit Einbruchswerkzeuge fast nicht ran kommt – soll ja so sein! Das ist mir natürlich alles schlagartig bewusst geworden! Ich sass hier alleine, kannte niemanden und hatte keinen Reserveschlüssel, es wurde langsam dunkel und ich konnte nicht ins Boot rein – schlimmer konnte es eigentlich nicht kommen! Mein Puls ist schlagartig auf gefühlt 200 gestiegen und ich bin mit dem Dinghy sozusagen im Tiefflug zurück zum Dinghysteg gefahren. Die Erleichterung als ich den Schlüsselbund eingeklemmt zwischen zwei Holzplanken am Steg wiedergefunden habe lässt sich fast nicht beschreiben!

Das Corpus Delicti… Neues Schlüsselband OHNE Plastikschnalle!

Selbstredend habe ich als erstes verschiedene Vorkehrungen getroffen, damit eine solche Situation nie mehr passieren kann. Man lernt wohl wirklich nur wenn es weh tut!

Ich habe die Zeit alleine mit allerhand kleine Wartungsarbeiten und Projekten, die bis jetzt immer hinten angestanden sind, verbracht.

Basteln ist IMMER mit Chaos verbunden.
Neue Steckdosen am Navitisch installieren.
Ein neuer (temporärer) Cockpittisch machen.
Inventar von Lebensmittel und Ersatzteile.

Zudem habe ich meinem Tag einen Rhythmus gegeben, an dem ich mich orientieren konnte. Morgens habe ich wieder mit den Plank-Übungen angefangen, danach ins Wasser gesprungen und ein paar Runden ums Boot geschwommen. Danach gab es Kaffee – draussen im Cockpit oder auf der Heckplattform.

Kaffee!!
Trinken und Essen ist wichtig!!

Frühstück gab es keins, denn wir hatten schon in Grenada mit Intervallfasten nach dem 16/8 Plan angefangen. Das heisst, die erste Mahlzeit ist das Mittagessen um 12 Uhr. Vormittags habe ich entweder an Bord rumgewurstelt oder bin an Land gefahren um zu Laufen. Es gibt hier einen sehr schönen Wanderweg, der der Küste entlang an mehreren Stränden vorbei geht.

Impressionen von meiner Fitnessrunde.
Einsames Picknick in „unsere“ Bucht
Captain Jan Sparrow ;-). Schuh- und Geldwaschvorrichtung.
Coole Wandmalereien in St. Anne. „Geschickter“ Einbezug der baulichen und pflanzlichen Elemente…

Nachmittags wieder basteln oder lesen und Abends dann kochen. Und dann war es schon wieder dunkel und ein Tag vorbei.

Abendstimmung in St Anne.

Die Zeit verging schon langsam und so war es natürlich schön, als befreundete Segler vorbeikamen um zu reden. Neben Martin und Anke von der JAMBO sind auch Stefan und Barbara von der NOVA mit einem Gast bei mir an Bord zum Sundowner gewesen. 

Zudem habe ich Kurt, einen schwedischen Einhand (=Einsam)segler kennen gelernt. Er hatte Probleme mit seiner Ankerwinsch und zusammen haben wir das Teil (natürlich nicht ohne grobes Werkzeug, etwas Gewalt und den entsprechenden Karftausdrücken) ausbauen können. Unglaublich, wie sich etwas in dieser salzhaltigen Umgebung in 15 Jahren derart «festfressen» kann.

In der ersten Dezemberwoche hat das Wetter angefangen verrückt zu spielen. Statt den üblichen östlichen Passatwinden gab es plötzlich tagelang Flaute und – was viel schlimmer war – westliche Winde!

Spiegelblankes Meer – Totale Flaute!

Hier in der Karibik sind westliche Winde sozusagen nie da. Entsprechend sind (fast) alle Ankerplätze gegen Westen völlig ungeschützt. Am 5.12. hat es dann tagsüber bis auf knapp 20 Knoten aus West aufgefrischt und der Ankerplatz vor St Anne wurde echt ungemütlich. Anfänglich war es ja noch OK, aber nach und nach haben Boote angefangen umzuankern, weil sie einander oder den Bojen, die das Ankergebiet abgrenzen zu nahe kamen. Mir blieb dann nichts anderes übrig als auch umzuankern. Es gibt hier leider keine Alternative, die gegen Westen geschützt wäre, ausser in Le Marin, wo aber alles voll ist mit Booten. So haben wir alle hier ausgeharrt (die Wettervorhersage hat abflauende Winde vorhergesagt) und abgewartet, während die Boote in den Wellen wie Rodeorösser gebockt haben. Zum Glück ist der Ankergrund hier sehr gut und so war es im Endeffekt einfach nur ungemütlich, aber nie wirklich gefährlich. Ich habe trotzdem alles soweit vorbereitet, dass ich die Motoren hätte starten können um gegenan zu halten und bereitete mich darauf vor die Nacht im Cockpit zu verbringen. Gegen Abend hat es zum Glück wie vorhergesagt abgeflaut und nachts war es wieder windstill.

Absolute Ausnahme: Westwindlage in der Karibik. Alle Schiffe zeigen mit dem Bug nach Westen.

Der 6.12. verlief genau wie der erste und zweite Advent völlig ereignislos. Alleine macht es einfach keinen Spass so etwas zu feiern. Biggi war jetzt genau einen Monat weg gewesen, d.h. 2/3 der Zeit bis sie am 20.12 zurückkommen würde waren schon um.

Bald gibt es wieder Sundowner zu zweit 🙂

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Zurück zum Boot

Zurück zum Boot

23.09. – 22.10.2022, Grenada, Logstand seit Start 5779 sm 

Die letzte Zeit vom Heimaturlaub war das Wetter langsam etwas kühler geworden und so hatten wir uns schon dort auf die Wärme in Grenada gefreut. Dass es aber noch derart warm sein würde, immerhin geht es hier auch langsam auf den Herbst zu, hatten wir nicht erwartet. Mit der sehr hohen Luftfeuchtigkeit wurden aus den 30 schnell mal gefühlte 40 oder mehr Grad und im Boot an Land war es noch ein wenig heisser. Auch unser airbnb ohne Klimaanlage war nachmittags wie ein Backofen. 

Schön warm und kuschelig

Die meisten Arbeiten an Bord hatten wir vor der Heimreise schon erledigt. Die Arbeiten an der alten Scheuerleiste waren zwar nicht – wie von der Werft versprochen – fertig, wurden jedoch innerhalb der ersten 1,5 Wochen nach unserer Rückkehr noch abgeschlossen. Statt einer Gummiwurst in einem leckenden Profil haben wir jetzt eine mit mehreren Lagen GFK Matten und Polyester laminierte Verbindung. Diese wurde am Schluss mit Gelcoat überzogen und poliert. Uns gefällt es besser als die alte Scheuerleiste und sie ist vor allem zu 100% wasserdicht!

Scheuerleiste: vorher (oben) vs nachher (unten)

Wir haben zur gleichen Zeit mit dem Grundieren und Anmalen des Unterwasserschiffs mit Antibewuchsfarbe (Antifouling) begonnen. Wir hatten das Glück fünf aufeinanderfolgende Tage ohne Regen zu haben. Mehr als ungewöhnlich, da hier noch Regenzeit ist. Das war zum Malen natürlich ideal, obschon wir in den Ganzkörperplastikanzügen, Mundschutz und Schutzbrillen wegen der Hitze manchmal fast kollabiert wären. Eine Schicht Grundierung und drei Schichten Antifouling kamen drauf, zudem haben wir die Wasserlinie (also die Linie, wo das Antifouling anfängt) ca. 7 cm höher gelegt, um den hässlichen grünen Schleim an der Bordwand nicht mehr zu bekommen. Mal sehen was es bringt.

Grundierung, Arbeitsplatz unter dem Boot
Antifouling
Drei Schichten Antifouling sind drauf
Abdeckband weg…
… und FERTIG ist das Unterwasserschiff!
Die beiden Saildrives und Propeller werden auch neu beschichtet
Sogar der Aussenborder bekommt seine Farbe ab . Dies ist aber eher unter „Aus neu macht alt“ einzuordnen
Spleissarbeit: Neue Ruckdämpfer für die Ankerkette

Nach den Malerstrapazen haben wir uns am Samstag eine Abwechslung in Form eines Hashs gegönnt. Wie jeden Samstag war ein Hash-Trail vorbereitet. Dieses Mal in der Nähe der Annandale Falls. Die Wegbeschreibungen und die spärliche Beschilderung ist eindeutig für Ortskundige gedacht. Wir sind wieder einmal kreuz und quer durch die Gegend gefahren bis wir endlich das Start- und Zielgelände gefunden haben. Der Hash selber war dieses Mal echt herausfordernd. Dabei waren die Bachdurchquerungen noch harmlos. Der fast überall schlammige Untergrund hat dem Sohlenprofil meiner anfangs noch schön rot leuchtenden Schuhe sofort zugesetzt. In der Folge bin ich mehrmals ausgerutscht und habe einmal sogar eine veritable Schlammrutschpartie zum Besten gegeben. Ich sah danach wie das sprichwörtliche Erdferkel aus!

Die Schlammschlacht

Wie immer wurden auch dieses Mal die Erst-Hasher im Aufnahmeritual mit Bier geduscht. Am Schlimmsten traf es aber das junge Mädchen, welches unvorsichtigerweise zugab Geburtstag zu haben. Sie musste sich auf den Boden setzen und bekam ein steifes Rohr über den Arm gesteckt. So musste sie sich eine Flasche Bier mit dem geraden Arm in den Mund leeren. Dass sie dabei von zahlreichen «Helfern» mit Bier übergossen wurde hat es sicher nicht angenehmer gemacht. 

Hardcore Biertaufe

Am Sonntag haben wir uns mit Mike und Carol getroffen. Das sind die Besitzer des Hauses, welches unsere Freunde Gottfried und Sandra von der MOANA diesen Sommer gehütet haben. Carol und Mike gehen jeden Sommer für einige Monate zurück nach UK und brauchen in dieser Zeit jemanden, der ihre beiden Hunde Coco und Macey hütet. Das heisst, sie stellen dafür ihr Haus und Auto zur Verfügung und als Gegenleistung muss man für die Hunde schauen. Das bedeutet morgens und abends Gassi gehen und die Hunde füttern. Das Haus, also wohl eher Anwesen, ist riesig. Es hat neben dem enormen Wohn-/Esszimmer einen Garten mit Infinitypool sowie mehrere Schlafzimmer und Bäder. Zwei Mal die Woche kommt Beverly und macht den Haushalt. Simon kommt auch 1-2 Mal und kümmert sich um den Garten. Ausser für die Hunde sorgen und Einkaufen muss man also nichts machen. Die Lage oben auf der Landzunge ist erstens immer angenehm kühl und zweitens hat man einen fantastischen Ausblick über das Meer. Als Gottfried und Sandra auszogen, haben sie Carol & Mike uns als Haus & Dog Sitter für nächsten Sommer empfohlen. Also haben wir uns getroffen um zu sehen, ob die Chemie stimmt. Die Hunde kannten wir schon von diesem Sommer und nach einem kurzen Gespräch war klar, dass Carol und Mike uns gerne als Hüter haben wollten. Am Schluss haben sie uns fast schon etwas verlegen gefragt, ob wir allenfalls Zeit hätten jetzt schon für eine Woche zu kommen, da sie kurzfristig nach USA gehen würden? Da mussten wir nicht lange überlegen, denn das hat so gut gepasst, dass es fast nicht zu glauben war: Wir hatten unser airbnb von unserer Ankunft bis zum Sonntag den 2. Oktober bezahlt, und das war genau der Tag als Carol und Mike abfliegen würden. Am Montag den 10. Oktober, an dem Carol zurückkommen würde war unser Einwasserungstermin für RARE BREED und wir konnten wieder aufs Schiff umziehen. So haben wir uns eine Woche Unterkunftskosten gespart, konnten ein bisschen mit den Hunden «üben» und kamen in den Genuss des fantastischen Hauses und des Pools. Was will man denn mehr?

Coco und Macey

Die Woche oben im Haus war ein Erlebnis! Das enorme Platzangebot, die Aussicht und der Pool waren natürlich extrem cool. 

Das Haus
Der Pool am Abend…
… und am Tag

Aber auch das Leben mit den Hunden war etwas Neues für uns. Die beiden sind zwar primär Wachhunde, was bei dem etwas abgelegenen Haus sicher eine gute Idee ist, aber sie sind auch sehr gut erzogen, bzw. haben einen sehr guten Charakter. Coco als belgischer Schäfer ist der Alfahund und gibt den Ton an, Macey ist einfach nur drollig und völlig verschmust. Beide haben uns ja schon gekannt und so gab es keinerlei Probleme und sie haben uns als «Herrchen» beide akzeptiert. Die Gassirunde führt ums Kap herum auf die windzugewandte Seite der Halbinsel. Die Aussicht ist schlichtweg spektakulär. Es geht über einen Naturpfad über Wiesen, an Steilwänden am Meer entlang, sogar an ein Blow-Hole vorbei und weiter durch dichtes Gestrüpp bis man wieder auf den befestigten Weg zurückkommt. Anfänglich kannten wir den Weg noch nicht, aber Coco hat uns zielsicher geführt. Als wir uns etwas sicherer gefühlt haben, haben wir die Hunde von der Leine gelassen, aber sie haben immer wieder nach uns geschaut und auf uns gewartet. Sobald wir durch bewohntes Gebiet gelaufen sind, haben wir sie immer angeleint, denn es wimmelt dort von Hunden. Fort Jeudy ist eindeutig ein Upper Class Viertel und fast jedes Haus bzw. Anwesen hat ein oder häufig mehrere freilaufende Wachhunde auf dem Grundstück. Im besten Fall waren sie hinter Zäunen oder Mauern von der Strasse abgeschirmt, aber an einigen Häusern konnten die Hunde raus und dann wäre es nicht mehr lustig gewesen, wenn sie aufeinander los gegangen wären. In den meisten Fällen hat es gereicht, dass ich meinen Stock gehoben habe, aber als am letzten Tag ein grosser Rottweiler plötzlich AUF die Mauer hochsprang und sozusagen auf Augenhöhe vor uns stand, wurde es uns echt mulmig zu Mute. Zum Glück blieb er oben und wir trotteten von dannen.

Impressionen von der Gassirunde
Das Blow Hole

Am Montag den 10. Oktober war es endlich soweit – RARE BREED durfte nach dreieinhalb Monaten an Land wieder in ihr Element zurück. Wir hatten natürlich die Zeit an Land auch dazu genutzt, diverse Sachen im Unterwasserbereich anzupassen, die man nur machen kann, wenn das Boot nicht im Wasser ist. Entsprechend viele potentielle Leckstellen mussten sofort kontrolliert werden, als sie im Wasser war. Erst als ich alles überprüft hatte (alles war dicht!) und das OK gab und beide Motoren liefen, wurden die Gurte entfernt und wir konnten aus der Box fahren.

Der Moment der Wahrheit – Ist alles dicht?

Wir blieben noch zwei Tage an der Pier bei der Werft liegen um das Rigg zu spannen, die Segel anzuschlagen und das Boot nach der langen Pause wieder seeklar zu machen. Als wir dort lagen kam ein älteres Paar zum Boot und hat mich angesprochen (Biggi war beim Einkaufen). Er hätte die grössere Schwester von unserem Modell. Unser Bootstyp ist ziemlich selten, da nur eine Handvoll gebaut worden sind und so haben die Besitzer natürlich das Interesse sich untereinander auszutauschen. Wir hatten das grössere Boot natürlich schon lange auf dem Werftgelände gesehen, aber da nie jemand an Bord war kannten wir die Besitzer noch nicht. Nun standen sie neben unserem Boot und haben sich vorgestellt. Er hätte das Boot erst vor Kurzem gekauft und hat mich sofort mit Fragen gelöchert. Da ich gerade die Rigger an Bord hatte, haben wir uns für später am Nachmittag zum Kafi im Werftrestaurant verabredet. 

Kaum war Biggi zurück hat sie eine Kreditkarte vor unserem Boot auf der Pier entdeckt. Da sie niemanden von den Riggern gehörte, ging ich davon aus, dass der ältere Herr von eben sie verloren haben müsse.

Als wir ins Restaurant kamen sassen sie schon da und siehe da, die Kreditkarte gehörte ihm tatsächlich. Dass seine etwas unbeholfene Art sich später als roter Faden durch unsere Bekanntschaft ziehen würde wussten wir damals noch nicht. Was sie uns jetzt erzählten hat so ziemlich alles in den Schatten gestellt was wir bisher gehört hatten. Er, Raivo, sei 82 Jahre alt und als Kind während des zweiten Weltkriegs vor den Russen aus Estland nach Schweden geflohen. Über diverse abenteuerliche Wege kam er schlussendlich nach Kanada, wo er bis jetzt gelebt hat. Die Dame heisst Paula und war mit 79 nur unwesentlich jünger als er. Sie haben sich über das Internet kennen und lieben gelernt, hätten sich vor vier (!) Wochen das erste Mal gesehen und zwei (!!!) Wochen später auf Hawaii geheiratet. Wir waren sprachlos. «In dem Alter hätte man nicht mehr soviel Zeit und müsse schnell Nägel mit Köpfen machen». Wie wenn das nicht schon genug wäre – es ging weiter: Er habe das Boot gekauft ohne es zu sehen, hat keinen einzigen Segelschein und ist bisher nur ein paar Mal bei Freunden mitgesegelt. Paula hat noch nie im Leben einen Fuss auf ein Segelboot gesetzt (sie werde schon auf dem Kreuzfahrtschiff seekrank) und hat den Kat auf dem sie zukünftig leben und segeln wollen noch nicht mal von innen gesehen, weil sie zu viel Höhenangst hat um die Leiter hoch zu steigen. Dass sie ausserdem an Klaustrophobie leidet macht es auch nicht einfacher. Als sie dann auch noch erzählt, dass sie Glasknochen hat und eben zwei neue Hüftgelenke bekommen hat, wissen wir gar nicht mehr wie wir reagieren sollen. Ich schlage dann vor, dass sie doch zu uns an Bord kommen soll um wenigstens zu sehen wie die kleinere Version von ihrem zukünftigen Boot aussieht. Der Versuch scheiterte aber daran, dass sie es, wegen der kürzlich durchgeführten Hüft-OP, nicht schafft das Bein weit genug hoch zu bekommen um von der Pier zu uns rüber zu steigen.

Derweil hat mich Raivo mit Fragen gelöchert, die eindeutig belegen, dass er wirklich sehr wenig über Boote und deren Technik weiss.

Wir waren nach diesem Erlebnis völlig verwirrt. Einerseits bewundern wir die Energie und Zuversicht mit der sie in ihrem Alter an ein solches Projekt rangehen, andererseits schaudert uns vor der Naivität und die offensichtliche Selbstüberschätzung mit der Raivo unterwegs ist. 

Wenige Tage später waren wir mit dem Mietwagen unterwegs und sind auch wieder an der Werft vorbeigekommen. Wir haben die beiden im Restaurant sitzen sehen und sind zu ihnen hin um zu erfahren wie es weiter gegangen ist. Und wieder dieses Wechselbad der Gefühle. Raivo hatte schon die Unterwasserfarbe über meine Quelle besorgt und hat alleine (!) beide Rümpfe gestrichen. Das ist eine enorme Leistung für eine Person von seinem Alter! Paula sah aber wie ein Häufchen Elend aus und als wir ihr verbundenes Bein sahen verstanden wir auch warum. Sie sei gestürzt und hätte sich das Schienbein aufgeschlagen (erst später kam heraus, dass sie nach zwei Rumpunsch versucht hat die Treppe zu ihrem Appartement hoch zu steigen…). Sie seien am Tag vorher im Krankenhaus gewesen und hätten es verbinden lassen, aber es hätte sich entzündet und sie müsse wieder hin. Also haben wir beide (Raivo ist so gross wie ich) in unseren kleinen Mietwagen gequetscht und sind zum Krankenhaus los. Nach einem Viertel der Strecke fängt es an unruhig zu werden auf dem Rücksitz. Raivo hätte sein Handy nicht dabei. Ob es wohl im Rucksack im Kofferraum sei? Kaum am Strassenrand angehalten, reisst Raivo ohne zu schauen die hintere Autotüre zur Strasse auf. Dass das Auto heute noch eine Türe hat ist nur der schnellen Reaktion des überholenden Autofahrers zu verdanken, der es gerade noch geschafft hat auszuweichen…

Kein Handy im Rucksack. Also wohl doch im Restaurant liegen gelassen? Zehn Minuten später kann Raivo sein Handy von der Bedienung im Restaurant in Empfang nehmen. Auf den letzten Drücker vor dem Termin kommen wir im Krankenhaus an und Paula kann endlich zum Arzt. Die Wunde sieht nicht so gut aus und Paula bekommt neben einen neuen Verband eine Starrkrampfspritze und diverse Medikamente. Auf dem Weg zurück wird ihr schlecht und Biggi begleitet sie ins Appartement und hilft ihr ins Bett. Raivo geht unterdessen zum Boot, um für Paula etwas Eis zu holen damit sie ihren Arm kühlen kann. Es dauert fast 45 Minuten bis er endlich zurück ist. Er hätte der Paula noch einen frischen Smoothie gemacht…

Auf dem Heimweg waren wir sehr nachdenklich. Raivo ist zwar körperlich ziemlich fit, aber geistig manchmal wie in einer eigenen Welt und hat vor allem viel zu wenig Segelerfahrung um ein Boot zu führen, geschweige denn Verantwortung für andere (Paula) zu übernehmen. Paula hingegen ist geistig voll da, aber körperlich viel zu eingeschränkt um ein solches Leben zu führen. Irgendwie hat das Ganze uns sehr traurig gemacht und wir hoffen, dass die beiden trotzdem eine Lebensform finden um ihre restliche gemeinsame Zeit geniessen zu können.

Am zweiten Abend in Le Phare Bleu wurden wir zu einem kleinen Benefizkonzert auf einem grossen Katamaran eingeladen. Jeder bringt seine eigenen Drinks mit und spendet soviel er möchte. Die Spenden gingen zu Gunsten von einem kleinen einheimischen Jungen der wenige Tage zuvor von einem Auto angefahren worden ist. Seine Eltern können das Geld für die nötige medizinische Versorgung nicht aufbringen und so haben ein paar Segler spontan diesen Event ins Leben gerufen, um ihnen finanziell ein wenig helfen zu können. Das war ein cooles Erlebnis für einen guten Zweck.

Jetzt versteht man wieso man „Segeln auf der Barfussroute“ sagt.

Während der Wartezeit in Le Phare Bleu haben wir Uwe und Luise von der LUWINA kennen gelernt. Wir haben uns schnell gut verstanden und sind zusammen zum nächsten Hash. Dieser war wesentlich einfacher als die Schlammschlacht vor zwei Wochen und zudem ganz in unserer Nähe auf dem Gelände einer historischen Rumfabrik. Am Schluss gab es wie immer eine Bar mit kühlem Bier und ohrendbetäubend laute Musik.

Hash mit Uwe und Luise von der LUWINA

Da wir noch das Mietauto hatten, haben wir kurzentschlossen entschieden den Sonntag für einen gemeinsamen Ausflug zu nutzen. Über den Annandale Waterfall zu den Monaäffchen am Grand Etang Lake, den Concorde Falls und zum Schluss liessen wir den Tag in der schönen Badebucht Morne Rouge Bay ausklingen.

Wasserfälle
Wer schaut da ins Handy?
„Get the monkey off my shoulder…“
Abendstimmung in der Morne Rouge

Biggi wird am 6. November aus familiären Gründen nach Hause fliegen. Für uns heisst das, dass wir zusammen nach Martinique hoch segeln und Biggi von dort über Paris nach München fliegt.

Je nachdem wie lange Biggi in Deutschland bleibt, werde ich vor Anker in St. Anne auf sie warten oder mir eine Crew suchen und weiter nach Norden segeln, um Biggi dort wieder an Bord zu holen.

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Heimaturlaub mit Zwischenstopps

Heimaturlaub mit Zwischenstopps

01.08. – 22.09.2022, 4 Länder in 6 Wochen, Logstand seit Start 5774 sm

Zurzeit sind in der Karibik ein paar wettertechnische Störungen unterwegs. Hier auf Grenada nix schlimmes, aber heute morgen hat es so viel geregnet, dass wir beschlossen haben einen arbeitsfreien Tag einzulegen.

Links vom Roten Kreuz liegt Grenada, mitten in einer Tropical Depression

Na ja fast. Gegen Mittag sind wir zum Boot gefahren und haben ein paar Sachen geholt. Anschliessend ging es zu Treasure Trove – ein Gebrauchtteilehändler für Bootszubehör. Und tatsächlich haben sie es geschafft, während unserer Abwesenheit einige unserer Teile zu verkaufen. Der Erlös belief sich auf sage und schreibe 260 XCD (immerhin ca. 97,83 € 🤓). Aber da die junge Dame (die heute echt nicht gut drauf war, sie hing am Tisch mit dem Kopf auf der Tischplatte und schien kurz vor dem Einschlafen) nicht genug Geld in der Kasse hatte, haben wir halt nur 250 XCD erhalten. Vielleicht gibt’s den Rest beim nächsten Besuch. Und weiter gings in die Marina Le Phare Bleu zum Wäsche waschen. Pech für uns, dass aufgrund der erwarteten «Tropical Wave» das La Belle Vie Café und somit auch der angeschlossene Waschsalon geschlossen sind. No coffee – no laundry. 

Welcome to the caribbean way of life – take your time – no problem.

Jetzt sitz ich hier im Airbnb und lasse die letzten Wochen nochmals Revue passieren. Unsere 6-wöchige Reise in die alte Heimat, in die Schweiz und nach Bayern, inklusive einem 4-tägigen Aufenthalt in New York City. Alles Orte mit einer perfekten Infrastruktur, Läden en masse in den es alles zu kaufen gibt, Luxus im Überfluss an allen Ecken und Enden. Ich war gespannt, wie wir all das nach 9 Monaten Karibik wegstecken würden.

Aber erstmal Kofferchaos an den Flughäfen. Unsere Koffer haben es erst mit der nächsten Maschine aus Frankfurt nach Zürich geschafft.

Wir haben einen tollen Plan aufgestellt und freuen uns riesig darauf, ganz viele Verwandte und Freunde treffen zu können. In der ersten Woche läuft alles perfekt und wir können alle wichtigen Termine, wie Arztbesuche, Friseur, Applestore und Verabredungen wahrnehmen. Ziemlich genau eine Woche nach unserer Ankunft in der Schweiz hat dann Corona zugeschlagen. Jan hat es zuerst erwischt am Samstag. Schüttelfrost, Fieber und Husten haben ihn niedergestreckt. Zu dem Zeitpunkt gings mir noch prima. So bin ich schliesslich am Sonntag mit einem negativen Testergebnis in der Tasche regelrecht nach Bayern geflüchtet. Die Freude währte jedoch nicht sehr lang. Bis Dienstagmittag war alles noch ok, dann hat auch bei mir der Selbsttest «positiv» angezeigt. Langer Rede kurzer Sinn, wir waren beide für 3 Wochen ausgeknockt, schlapp beieinander und zu nix zu gebrauchen. Schweren Herzens haben wir eine Verabredung nach der anderen abgesagt. 

Zurück in der Schweiz – die Woche vor unserer Abreise – konnten wir nochmals richtig Gas geben und einige schöne Stunden mit netten Menschen verbringen.

Einfach unbezahlbar

Am 12. September sind wir leicht wehmütig in den Flieger nach Barcelona gestiegen.

Abends am Flughafen Zürich

Für eine Nacht haben wir im Hostal Portugal eingecheckt. Ein einfaches Zimmer für 60 Euro mit 2 Fenstern, die in Innenhöfe gingen und ein Etagenbad. Es war sauber, hatte einen gewissen Charme und ist super zentral gelegen, 5 Geh-Minuten von der La Rambla entfernt.

Upcycling von allen möglichen Dingen.
Zwei Fenster zum Hof.

Die La Rambla ist eine rund 1,2 km lange Promenade im Zentrum von Barcelona und endet am alten Hafen. Das hat sich wirklich gelohnt in der Stadt zu übernachten, so konnten wir auch ein klein wenig Sightseeing machen und feine Tapas essen.

La Rambla morgens um 10 Uhr
Ein „must have“ in Spanien – Tapas zum Lunch

Tags darauf ging bereits unser Flug nach New York City. Jan war noch nie dort und hat für uns ein 4-Tages-Power-Sightseeing-Programm erstellt. Mit dem City-Pass hat er bereits einige Aktivitäten im Voraus gebucht, was uns, wie sich herausgestellt hat viel Zeit und Nerven gespart hat. 

Unsere Unterkunft war – wie schon bei der Anreise – das Grand View Hotel in Flushing/Queens im asiatischen Viertel. Direkt vor dem Hotel hält der Bus, der uns zur nächsten Metrostation bringt. Da wir noch keine Metrokarten haben, nimmt uns der Busfahrer kurzerhand umsonst mit. Den Eingang in die Metrostation hätten wir glaub ohne Unterstützung von sehr hilfsbereiten Passanten nicht gefunden. Jetzt brauchten wir «nur noch» die Metrokarten. Die Automaten sind eigentlich einfach zu bedienen, aber unsere 4-stellige Postleitzahl aus der Schweiz in Verbindung mit der Kreditkarte hat einen Kauf verunmöglicht. Ein zu Rate gezogener New Yorker hatte sich sogar sofort bereit erklärt, die Metro für uns zu bezahlen, was wir dankend abgelehnt haben – das hätte unser «Problem» nur verlagert. Mit so viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft haben wir echt nicht gerechnet, New York ist auch nur ein Dorf. Zu guter Letzt haben wir die Metrokarten dann mit Cash und Angabe der Postleitzahl 99999 kaufen können 🤓.

Rückgeld in 1 $ Münzen – wusste gar nicht, dass es die gibt.

14.09.22 – Wir lassen es langsam angehen in der Stadt die nie schläft und fahren erstmal mit der Subway zum Grand Central Terminal. Eine imposante Baute, das muss ich schon sagen. Die berühmte Uhr dort müssen wir allerdings fast mit der Lupe suchen.

Grand Central Terminal mit der Whispering Gallery – wir haben es ausprobiert und es funktioniert 😎
Gefunden!

Wir schlendern durch die Stadt und gucken immer wieder fasziniert an den Wolkenkratzern hoch.

Der Besuch am World Trade Center lässt uns für einige Minuten innehalten. Die Erinnerung an die Terroranschläge vom 11. September 2001 kommt hoch. Auf Bronzebändern, die das Nord- und das Südbecken umranden, sind die Namen der 2977 Todesopfer eingraviert. 

Oculus, Haupthalle des Bahnhofs
Die U-Bahn-Haltestelle World Trade Center wurde vom spanischen Architekten Santiago Calatrava gestaltet

Zu Fuss geht es für uns weiter in Richtung Wall Street.

New York Stock Exchange – eher ein unscheinbares Gebäude

Der Charging Bull gilt als Erkennungsmerkmal der Wall Street. Mit 3,2 Tonnen Gewicht, 3,3 Metern Höhe und 6 Metern Länge soll die Statue den aggressiven finanziellen Optimismus und Erfolg durch seine angriffsbereite Haltung symbolisieren. 

Charging Bull
Manche Menschen fühlen sich genötigt, ihn an den Hoden zu berühren und sich dabei ablichten zu lassen 😂

Nach dem Treiben in der Wall Street und einer kleinen Stärkung geht es etwas gemächlicher zu auf der 1 1/2 stündigen Bootsfahrt mit der Circle Line. Los geht’s vom Pier 83 auf dem Hudson River, vorbei an Hudson Yards und Little Island, Richtung Lady Liberty und anschliessend unter der Brooklyn, Manhatten und Williamsburg Bridge durch, immer die Skyline von Manhatten im Blick. Ein schönes Erlebnis!

Lady Liberty

15.09.22 – Am Donnerstag haben wir vom Empire State Building einen wunderbaren Blick über New York geniessen können. 

Links mitten im Bild das Chrysler Building. Rechts ein Blick in die Tiefe (Selfiestick sei Dank 🤓)
Mittags sind wir kurz bei Macy’s rein. Erstens hatten wir Hunger und zweitens wollten wir mit einer der original Holzrolltreppen aus den Jahren 1920 bzw. 1930 fahren. 

Ein Spaziergang über die Brooklyn Bridge rüber nach Manhatten stand am Nachmittag auf dem Programm. Das sind gut 1,6 km und der Walk dauert ca. 40 Minuten – einschliesslich etlicher Fotostopps 😊

Ausgangspunkt Downtown Brooklyn über die Brücke nach Manhattan

Chelsea Market? Ja klar, da gehen wir hin. Viele kleine Geschäfte und einen Haufen Restaurants sind hier angesiedelt. In einem Store, in dem heimische Künstler ihre Ware anbieten, erstehe ich eine neue Handyhülle mit dem Graffiti von Ruth Bader Ginsburg. Nach der erfreulichen Shoppingrunde gibt’s erst mal zwei überteuerte Biere für 30 US$. 

Also verhungern muss hier niemand

Das Treiben auf dem Time Square ist tagsüber und abends der Hammer. Die riesigen Leuchtreklamen, die vielen Strassenkünstler, Bumble Bee, Hulk und Spiderman – das alles ist ein riesiges Spektakel – und wir mittendrin.

Das Empire State Building bei Tag und bei Nacht.
Mit unserem Ticket kommen wir abends nochmals aufs Empire State Building
Was für ein Ausblick
Ein Lichtermeer sondergleichen

16.09.22 – Mittlerweile haben wir uns zu ÖV-Cracks entwickelt und freuen uns jedes Mal wie die Schnitzel, wenn wir in die richtige Richtung fahren bzw. laufen. Nachdem alles so super läuft, entschliessen wir uns, am Freitag – vor dem Besuch des American Museum of Natural History einen Abstecher ins Herz von East Village zu unternehmen. 

Und das geht so:

Vor dem Hotel in den Bus Q25 bis Main Street Flushing -> Umsteigen auf Subway 7 bis Grand Central Station -> Umsteigen auf grüne Linie 4, 5 oder 6 Downtown bis 14th Street/Union – > Umsteigen auf graue Linie L Richtung Queens/Brooklyn -> Aussteigen bei 1st Avenue – paar Blocks laufen – easy oder 😂

An der Ecke 11th Street und 1st Avenue prangt das Graffiti meiner neuen Handyhülle von Ruth Bader Ginsburg – ich bin total begeistert!  

Ruth Bader Ginsburg. Eine Frau, die sich als Juristin und als Beisitzerin im höchsten amerikanischen Gericht, dem Supreme Court mit aussergewöhnlichem Engagement gegen Geschlechterdiskriminierung und für Minderheiten eingesetzt hat.
Gegenüber schaut Michael Jackson von der Hauswand auf uns runter. 

Am Nachmittag gehen wir ins American Museum of Natural History – wir wollen unbedingt den Blauwal und das Skelett vom Tyrannosaurus Rex in Lebensgrösse sehen.

Im Maul vom Megadolon konnten Jan und ich bequem nebeneinander stehen …
Central Park
Unsere Idee, die Eingangshalle des Guggenheim Museum zu besuchen fällt ins Wasser, da dieser und weitere Teile des Museums geschlossen ist.

17.09.22 – Unser letzter Tag in New York ist angebrochen. Heute schauen wir vom Top of the Rock über die Stadt. Unser Time Slot ist von 10 bis 12 Uhr, also machen wir uns um 8 Uhr auf den Weg. Wir können mit der Subway 7 bis zur 42nd St/Bryant fahren und weiter mit B, D, F oder M Uptown bis zum Rockefeller Center.

Geschafft 🤩
Von hier aus haben wir einen tollen Blick auf den Central Park.
Lady Liberty ist gut in der Ferne auszumachen und das Empire State Building ragt prominent in die Höhe.

Mittags schauen wir uns in Greenwich Village etwas um.

AIDS Memorial – zum Gedenken an die über 100’000 New Yorker, die an Aids gestorben sind

Die Menschen auf den Strassen sind allesamt relativ jung, die Strassencafé’s sind voll und der New York Cheese Cake im Mah Ze Dah schmeckt Jan vorzüglich.

Wo der New York Cheese Cake besser schmeckt, müsst ihr Jan fragen. Im Mai Ze Dah oder im Bubba Gump 😉

Wir spazieren am Hudson River Park entlang und kommen an Little Island vorbei. Riesige Pflanztröge wachsen zusammen zu einer grünen Oase, die zum Verweilen einlädt.

Wildlife New York

The Vessel – eine Mischung aus Gebäude, Kunstwerk und Monument. Es ist oval und besteht komplett aus Treppen, die durch Ebenen verbunden sind.

Nix für mich – viel zu wenig Wände …
Der Blick nach oben auch hier gewaltig.
Skateboarding is not a Crime
Das Flatiron Building (flaches Bügeleisen) an der Kreuzung 5th, Broadway und 23rd Street
Nur Unsinn im Sinn …
STOP WARS anstelle von STAR WARS
Rauchende Kanaldeckel – auch ein Wahrzeichen New Yorks
Im Thomas Paine Park stehen etliche dieser riesigen Holzkugeln
Auf dieser Rolltreppe war mir nicht mehr ganz wohl – für mich etwas zu steil 😬

Für die restlichen 843 Fotos von unserem New York Trip bucht gern unseren 3-tägigen Diavortrag 😂😂😂

Fazit 4 Tage New York 

  • Fitness: durchschnittlich pro Tag ca. 17’000 Schritte gelaufen
  • ÖV-km zurückgelegt: nicht rekonstruierbar
  • Ausgaben: wollen hier nicht genannt werden
  • Spassfaktor: hoch
  • will ich dort leben: nö

Am Sonntag um 4.44 AM (da war es noch finster) sind wir wieder am JFK und bereit für unseren «Heimflug» nach Grenada. Hab ich Grenada vermisst? Ja! Es ist schön, wieder hier zu sein. Entschleunigen – ab der 1. Minute. Gut, bis auf den Zoll, da kam kurz Panik auf wegen der mitgebrachten Ersatzteile für RARE BREED 😬 

Aber der Rest, was soll ich sagen, die Uhren hier gehen einfach anders, langsamer, kein Stress – nicht mal an der Kasse, wenn die Schlange durch den ganzen Laden geht.

Du denkst der Bus ist voll? Nö, da passt noch einer rein. 
Und aus der Tropical Depression wurde mittlerweile der Hurrikan Ian.
Schön wars unterwegs zu sein.

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No Pizza today!

No Pizza today!

30.06. – 31.07.2022, An Land auf Grenada, Logstand seit Start 5774 sm

Kaum war die Aufregung um den potentiellen Tropensturm vorbei, fing bei uns das Landleben an. Weil es auf der Werft keine gescheiten Sanitäranlagen hat, war ein Wohnen an Bord, wenn RARE BREED an Land steht schnell abgehakt. Die Werft selber verlangt ausserdem pro Person und Tag 5.- US$ «An Bord Wohnen Gebühr», was für die nicht gebotene Leistung völlig überrissen ist. Kein Wunder wohnt niemand an Bord, die meisten Boote sind sowieso «nur» abgestellt und verlassen. Die Eigner sind irgendwo nach Europa oder in die USA zurückgereist. Das heisst, die Werft ist zum grössten Teil ein ruhiger Bootsparkplatz – bis auf die Ecke wo wir stehen. Uns haben sie in der Arbeitsecke unmittelbar neben der Metallbauwerkstatt (grosser Vorteil!) und dem Platz, wo die Boote sandgestrahlt werden (grosser Nachteil!) hingestellt. Hier werden auch die lokalen Fischerboote und andere Yachten eher kurz abgestellt um daran zu arbeiten. Diese Ecke ist entsprechend dreckig, lärmig und geschäftig, wir fallen mit unserer Baustelle also gar nicht auf, sind aber erst recht froh nicht in diesem Dreck wohnen zu müssen.

RARE BREED in der «Arbeitsecke» mit den Fischerbooten

Wir hatten bereits beim ersten Besuch auf Grenada den Platz auf der Werft reserviert und uns eine airbnb-Wohnung für den Juli gemietet. So leben wir jetzt ein fast normales Landleben.

Unsere Bleibe an Land. Wohnzimmer und Essplatz mit Aussicht
Schlafzimmer und Gang

Morgens stehen wir um (oder kurz nach) sechs auf, um möglichst vor der grössten Hitze beim Boot zu sein. Der «Arbeitsweg» wird mit dem Auto zurückgelegt. Dann wird bis ca. 16 Uhr an Bord gearbeitet und danach sind wir wegen der Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit ohnehin völlig geschafft.

Diverse Aussenarbeiten: abschleifen, malen und putzen

Auf dem Heimweg wird manchmal eingekauft und meistens machen wir einen Abstecher zum schönen Grand Anse Strand. Der Strand ist mit weissem Sand und glasklarem Wasser wirklich sehr schön. Um nicht völlig einzurosten laufen wir bis zum Ende vom Strand und zurück (ca. eine Stunde Fussmarsch) und hopsen dann ins Wasser. Der Strandspaziergang artet leider meist in eine Müllsammelei aus. Es steht hier alle paar hundert Meter ein Abfallkübel, aber die Leute bringen es fertig den Strand tagtäglich mit unzähligen Pappbechern, Pet- oder Glasflaschen und allerlei Plastik- und Chipstüten oder sogar Styroporverpackungen zu verschandeln. Jetzt ist absolute Tiefsaison und es hat nur vereinzelte weisse Touristen, aber der Strand ist tagtäglich voll mit Einheimischen die hier baden, joggen oder auch Party machen. Es geht uns einfach nicht in den Kopf rein, dass sie den Strand, den sie selber benutzen derart lieblos behandeln. 

Abendstimmung in der Grande Anse
Spuren im Sand
Der Flamboyantbaum blüht zur Mangozeit
Die Blüte ist wunderschön!

Wenn es langsam dunkel wird, kommen wir wieder in der Wohnung an. Nach dem Duschen und Essen sind wir beide so erledigt, dass es des Öfteren vorgekommen ist, dass wir zwischen 20 und 21 Uhr auf der Couch eingenickt sind.

Unsere To Do Liste ist in den letzten Monaten derart gewachsen, dass wir wirklich jede Ecke vom Boot aufgerissen haben, um an alle Sachen die wir warten, reparieren oder verbessern wollten ran zu kommen. Neben den üblichen Sachen wie das Unterwasserschiff abschleifen und neu malen, Motorenpflege usw. haben wir viele grössere Arbeiten eingeplant: So wurde der Mast gelegt und das ganze Rigg überprüft und einige Teile im Masttop erneuert. Die Gummischeuerleiste, welche rund ums Boot geht wurde entfernt, da sie geleckt hat. Stattdessen werden alle Schraubenlöcher mit Spachtelmasse gefüllt und das Ganze mit Glasfasermatten und Polyester ein für alle Mal abgedichtet. Dass das dringend nötig war haben wir bestätigt bekommen, als uns ca. 60 l Salzwasser entgegenliefen, als wir eher aus Zufall die beiden Crashboxen am rechten Bug geöffnet haben. Dort sollte es eigentlich staubtrocken sein… Im linken Bug war zum Glück aber alles trocken.

Da schwebt er, unser Mast
Mast am Boden und Mastkopf demontiert
Zuerst wird die «Gummiwurst» aus der Schiene gezogen…
…danach ca 150 Schrauben rausdrehen um die Schiene zu entfernen.
Wenn es fertig ist, sollte es so wie auf diesem «Probestück» aussehen, was aber noch im Rohzustand ist.
Demontage des Dachhimmels in den Achterkabinen um an die Unterseite vom Deck zu kommen…
… damit wir die neuen, stabileren Stützen für das Bimini (Stoffdach über dem Cockpit) mit Gegenplatten montieren können
Um die Wasserlinie höher zu ziehen wurde der untere Zierstreifen abgezogen
RARE BREED fertig abgeschliffen um eine neue Schicht von Antifouling (Antibewuchsfarbe) anzubringen

Wir haben einen mobilen Wassermacher, den wir bewusst gekauft haben, weil wir keinen fest eingebauten wollten. Damit haben wir uns eine aufwändige Installation im Boot erspart, aber den Nachteil in Kauf genommen, dass wir ihn jedes Mal an Deck aufbauen müssen, wenn wir Wasser machen wollen. Dies war vor Anker kein Problem, unterwegs konnten wir allerdings nur Wasser machen, wenn wir das Boot sehr langsam treiben liessen. Das war langfristig keine optimale Lösung und so haben wir jetzt einen Mittelweg gewählt: Der Wassermacher ist nach wie vor nicht wirklich eingebaut, aber der Ansaugschlauch wird nicht mehr einfach über die Bordwand ins Wasser gehängt, sondern ist an eine Einlassöffnung (Seeventil) unter Wasser im Motorraum angeschlossen. Was nach einer kleinen Modifikation tönt, hat uns insgesamt fast eine Woche beschäftigt bis alle nötigen Schläuche, Verteiler, Abstellhähne usw. installiert und quer durchs Boot gezogen waren. Im gleichen Rutsch haben wir auch die seit dem Start in Deutschland mitgeführte Deckspülpumpe installiert. Jetzt haben wir einen zusätzlichen Wasseranschluss am Heck, an dem wir Salzwasser rauslassen können. Das ist manchmal hilfreich, wenn man etwas vorspülen will oder um die Sauerei nach dem Fischfang zu beseitigen. 

Das neue Zuhause vom Wassermacher

Es waren natürlich auch weniger schöne Aufgaben wie der Einbau einer neuen Fäkalientankabsaugpumpe (zwei Tage Sch…arbeit) und das Zerlegen und Warten des WCs dabei. Jetzt können wir wenigstens den Fäkalientank elektrisch leeren und müssen nicht stundenlang in der Dusche sitzen und mit der Handpumpe alles abpumpen.

WC-Wartung…
… und Einbau eine neuen elektrischen Fäkalientankpumpe.
Manchmal braucht es drei Hände und manchmal hat es fast keinen Platz für eine…
Und natürlich entsteht beim Arbeiten im Boot an Bord ein geordnetes Chaos, bzw. muss alles x Mal umgestaut werden um an alle Ecken ran zu kommen. Unser ganzer Hausrat ist während der ganzen Zeit nämlich immer noch an Bord. Links im Bild sieht man wie es aussieht, wenn Biggi (die Tetris-Queen) alle(!!) Matratzen, Kissen, Sitzpolster usw. vom Boot ins vordere Bad reingepfercht hat.
Nach dem Stellen des Mastes muss die gesamte Mastverdrahtung wieder angeschlossen werden
Danach lief der Windmesser nicht mehr. Der Grund war mit dem abgerissenen Kabel am Instrument schnell gefunden.

In unserem ewigen Kampf Gewicht einzusparen musste auch der defekte Boiler dran glauben. Seit Martinique haben wir ihn nicht mehr verwenden können. Da er schon 20 Jahre alt ist, war er mangels Ersatzteilen unreparierbar und wurde so zu unnötigem Ballast, den wir los werden wollten. In den warmen Gefilden wo wir uns rumtreiben ist warmes Wasser zum Duschen ohnehin überflüssig, also «furt mit Schade». Als Langzeitsegler wird man zwangsläufig beim ewigen Reparieren ein wenig zum Alles(fast)könner. Aber eben nur fast, denn das bei uns verwendete Wasserrohrsystem aus starren Rohren statt Schläuchen, kannte ich nur vom Hörensagen. Jetzt musste ich es zerlegen, aber vor allem wieder anders zusammenbauen und dabei alles dicht behalten. Dass die in diesem System verwendeten Gewinde anders als die üblichen Gewinde der mir bekannten Rohrverbinder waren, weiss ich jetzt auch. Dass unsere Wasserpumpe einen ziemlich grossen Druck aufbaut, habe ich dabei auf die nasse Tour gelernt. In meiner Naivität, dass ich die beiden Leitungen «kurzfristig schon mit den Daumen dicht halten kann…» habe ich Biggi gebeten, die Pumpe einzuschalten. So wurde unsere Schlafkabine (dort unten im Motorraum wohnte der Boiler) kurzfristig zum Erlebnisbad. Unglaublich wieviel Wasser da in wenigen Sekunden durch die Gegend spritzen kann. Das heisst wohl nicht umsonst DRUCKwassersystem…

Boilerausbau mit Tücken

Einige Originalteile vom 20-jährigen Boot waren inzwischen so altersschwach, dass man sie wirklich dringend ersetzen musste. Da ist oft nix mit einem passenden Ersatzteil kaufen, stattdessen müssen die Dinger erst angefertigt werden. Dabei hatten wir das Glück, Dexter, den jungen Metallbauer/Schweisser von der Werft engagieren zu können. Er hat präzise und vor allem sehr schön alle unsere Ideen umgesetzt. Jetzt ist der Edelstahlbügel mit den Solarzellen drauf endlich wirklich stabil genug. Die ursprünglich angebrachten Diagonalverstrebungen waren einfach zu schwach und wurden durch eingeschweisste Rohre mit grösserem Durchmesser ersetzt. Am Heck sind Öffnungen, um die Motoren mit Frischluft zu versorgen. Die Originalplastikgitter davor waren völlig zerbröselt und wurden durch Edelstahlblenden auf Mass ersetzt. Und zu guter Letzt hat Dexter uns aus zwei M10er Bolzen neue Borddurchlässe gebaut, die die alten Plastikteile ersetzen. Dazu hat er durch die Bolzen ein langes 5 mm Loch gebohrt – Präzisionsarbeit.

Neue Entlüftungsöffnung für das Kühlwasser vom Motor
Unseren Salontisch haben wir fast nie gebraucht, daher wurde ein Lounge-/Schlafbereich daraus gemacht. Es ist alles in wenigen Minuten zerlegbar und den Tisch gibt es natürlich doch noch. Er hat eine eigene Halterung bekommen und verschwindet bei Nichtgebrauch unter der Liegefläche.
Michael Scott, der Inhaber von Sunshine Canvas, der für uns alles was mit Nähen zutun hat, gemacht hat

So haben wir vieles wirklich verbessert und vor allem darauf ausgerichtet, RARE BREED sicherer, trockener und bequemer für längere Strecken zu machen. 

Der Island Water World Marine Store hatte alle Teile, die wir brauchten um in allen vier Crashtanks Pumpen zu installieren
Beim Testen der Ankerwinsch haben wir entdeckt, dass die Verkabelung arg vom Rost zerfressen war. Also musste das kleinste Crewmitglied in den Ankerkasten steigen…
… um die zerbröselnden Lüsterklemmen durch wasserdichte Verbindungen zu ersetzen. Bei diesen Temperaturen im stickigen Ankerkasten mit dem Heissluftföhn zu arbeiten ist schon etwas grenzwertig!

Ohne Auto wären wir hier völlig aufgeschmissen. Erstens liegt die Wohnung oberhalb von St. Georges und damit an der Westküste, die Werft aber in der Prickley Bay an der Südküste. Ausserdem mussten wir häufig in den verschiedenen Hardware Stores und Schiffszubehörläden, die natürlich weit verstreut liegen, nach Teilen und Verbrauchsmaterial suchen. Dabei ist meistens Biggi gefahren, da sie besser sieht. Am Anfang wegen der prekären Strassenverhältnisse und dem Linksverkehr noch etwas zaghaft, aber nach einigen Tagen ging es ganz flott zur Sache. Obwohl vor allem die vielen Minibusse (Taxis) wie die Henker fahren und es alle paar Meter tiefe Schlaglöcher oder «Speed Bumps» hat, ist es meistens ziemlich entspannt. Die Autos halten mitten auf der Strasse um mit dem Entgegenkommenden ein Schwätzchen zu halten, während dahinter die Schlange von wartenden Autos schnell länger wird. Aber niemand stört’s, dann wartet man halt ein paar Minuten bis es schliesslich wieder weiter geht. Parkplätze sind hier eher unbekannt. Wenn man das Auto abstellen muss, dann macht man das einfach auf der Strasse und blockiert wegen den schmalen Strassen hier einfach eine Spur. Das heisst, alle naselang muss man anhalten, weil der Verkehr wegen abgestellter Autos nur über eine Spur läuft. Und wenn es zu eng wird, dann steht der erstbeste Nachbar vom Stuhl vor seinem Haus auf, stellt sich auf die Strasse und regelt den Verkehr. Wenn es dann mal doch fast kracht und man in letzter Sekunde zum Stillstand kommt, schauen sich die «Kontrahenten» nur verdutzt an und fahren dann langsam weiter. Kein Hupen, kein Fluchen und kein Schimpfen. «Shit happens, so keep cool man!» 

Der Strassenverkehr und die Zustände der Fahrzeuge auf Grenada würde jedem Verkehrspolizisten in Europa Angstschweiss auf die Stirn treiben. Man beachte die interessanten Reifenprofile im linken oberen Bild.
Farbenfrohe Häuser und „interessante“ Bars
Fischmarkt in St Georges – Kühlung Fehlanzeige! Aber der Fisch ist fangfrisch und geht hoffentlich so schnell weg, dass es auch ohne Kühlung geht.

Die Autovermietung ist auch etwas speziell. Wir haben natürlich die günstigste Option rausgesucht und das Auto von einem kleinen indisch stämmigen Familienbetrieb bekommen. Versicherung? «No Worries, einfach anrufen, wenn etwas ist und wir finden eine Lösung.» Nix Kreditkarte, nur Bares ist Wahres. Als wir eines Morgens während der dritten Leihwoche zum Auto kamen, hatten wir hinten einen Plattfuss. Das war nicht einfach ein kleines Loch, nein, der ganze Reifen war so zerfetzt, dass die Karkasse an mehreren Stellen rauskam. Fünfzehn Minuten nach dem Anruf, war der Sohn des Vermieters mitsamt Ersatzrad bei uns und hat eigenhändig das Rad ausgewechselt, Kosten – keine! Aber die abgenommene Radkappe mussten wir wieder mit Kabelbinder sichern, denn wenn wir die verlieren würden, müssten wir sie selber zahlen…

Dieser Reifen ist definitiv am Ende seiner Lebensdauer angekommen!

Über Freunde von einem Schweizer Boot haben wir den Tipp bekommen, dass man über einen «Pusher» Antibewuchsfarbe aus Trinidad bestellen könne. Sie sei besser als die hiesige und vor allem massiv billiger. Also haben wir die Person über eMail angeschrieben und bestellt. Per Mail war er sehr kurz angebunden, fast schon feindselig erschienen. Und so war ich dann doch etwas skeptisch als er meinte ich solle die Farbe im Wert von 1’000.- US$ in seinem Laden bezahlen und dann bringe er sie zum Boot. Über den gleichen Freund haben wir dann seine Telefonnummer bekommen und ihn angerufen. Am Telefon war er die Freundlichkeit in Person und hat sofort eingewilligt, dass wir uns treffen, er die Farbe mitbringt und wir ihn Cash zahlen. Gesagt getan, am Morgen darauf haben wir am vereinbarten Ort gewartet, als ein grosser und sehr neuer SUV angebraust kam. Als der Typ ausstieg mussten wir heimlich grinsen, denn der Bär von einem Mann sah aus wie die Parodie eines Rappers: Coole Klamotten, Sneakers und fingerdicke Goldketten um den Hals und schwere Klunker an den Händen. Herzliche Begrüssung und dann hat er mir den 5-Gallonen (ca. 19 l) Eimer aus dem Kofferraum gehoben, als wenn es ein kleines Marmeladenglas gewesen wäre. Als ich nach den restlichen bestellten Sachen (Grundierung und Verdünner) gefragt habe, hat er gemeint «Doof, die hätte er vergessen» Aber alles kein Problem, ich soll die Farbe (im Wert von 870 US$) jetzt mitnehmen und ihm alles zusammen bezahlen, wenn er mir den Rest bringe. Sei ja kein Problem, er hätte ja jetzt meine Telefonnummer und weg war er. Wir sassen im Auto und haben uns nur angeschaut und – wieder einmal – festgestellt, dass wir viel zu häufig misstrauisch sind und fremde Leute oft falsch einschätzen. Die fehlenden Sachen wurden übrigens prompt am Tag danach geliefert.

Unsere Wohnung liegt auf einem Hügel «Mount Edgecombe» inmitten vom Dschungel mit einer wunderbaren Aussicht über den Hafen von St. Georges. Sie ist Bestandteil eines 200 Jahre alten und grossen Anwesens, das «Fisher House». Es gibt keine Klimaanlage aber auch keine Glasfenster, sondern alles ist offen und nur mit Insektengittern nach aussen abgrenzt. Dadurch ist es gut vom Wind durchlüftet, aber am Nachmittag wird es schon sehr warm in der Wohnung. Leider schliessen die Insektengitter nicht überall dicht ab und so begegnen wir ab und zu irgendwelchen Insekten in der Wohnung. Bis jetzt nicht wirklich Schlimmes, aber als wir das erste Mal einen ca. 15 cm langen Wurm mit ganz vielen Beinchen im Schlafzimmer fanden, wurde es kurz etwas hektisch. Hier gibt es nämlich Hundertfüssler, die einen extrem schmerzhaften Biss verursachen können. Dagegen sollen Bienenstiche die reinste Wohltat sein. Unser Exemplar war wohl ein harmloser Tausendfüssler, aber als wir das realisiert hatten, war er schon mausetot.

Wohnen quasi im Dschungel.
Tierwelt in und um der Wohnung: Kröten, Geckos, Tausendfüssler und riesige Falter (dieser hier war ca. 10 cm lang!

Im Garten um das Haus hat es ganz viele Mangobäume und die Vermieterin wusste nicht mehr wohin mit all den Mangos die alle im Juli reif werden. Und so haben wir geholfen wo wir konnten und Mangos gegessen soviel wir konnten. Und jeden Sonntag hat Biggi einen Mangokuchen gebacken, von dem die Vermieterin und vor allem ihre 99-jährige Mutter immer ein Stück bekommen haben. Win/Win Situation.

Mango bis zum Abwinken
Kaum zu glauben wie schnell der grösste Kühlschrank an seine Grenzen kommt, wenn Biggi freie Hand hat…
Mangokuchen in allen Variationen

Biggi hat die (im Vergleich zum Boot) grosse Küche genossen und jeden Abend mit Freude die Kochutensilien geschwungen. Ab und zu sind wir trotzdem auswärts essen gewesen, oder haben es wenigstens versucht. Unmittelbar neben der Werft liegt ein kleines Restaurant, welches uns schon mittags mit wirklich leckeren Focaccias überrascht hat. Das war endlich wieder richtiges krosses Brot, hier bekommt man meistens nur weiches Weissbrot. Der Besitzer solle Italiener sein und seine Pizzas seien echt gut. Also haben wir extra am Samstagnachmittag gefragt, ob es abends Pizza gäbe. «Es gibt jeden Tag Pizza!». Also haben wir einen Tisch am Wasser für den Abend reserviert und uns auf Pizza gefreut. Abends kamen wir frisch geduscht und herausgeputzt ins Restaurant und haben unseren Tisch bezogen. Als wir bestellen wollten hiess es lakonisch «No Pizza today!» und das, obwohl ich wenige Stunden vorher bestätigt bekommen habe, dass sie immer Pizza servieren würden. Etwas frustriert sind wir von dannen gezogen und haben uns ein anderes Lokal gesucht, denn nachhause um zu Kochen wollten wir dann doch nicht. War dann schlussendlich auch fein, aber eben keine Pizza…

Schöne Aussicht auf die Prickley Bay, aber heute leider keine Pizza

Unsere Freunde Gottfried und Sandra waren in der letzten Tagen ihres House- and Dog Sittings gekommen und wir haben noch ein letztes Mal die Vorzüge des wunderschönen Hauses mit dem Infinity Pool genossen.

Kleiner Pool mit grandioser Aussicht
Hier lässt es sich gut leben!

Gottfried und Sandra’s Boot, die MOANA steht hier zum Verkauf und sie fliegen zwei Tage vor uns von hier nach Südafrika, wo ihr neuer Katamaran gebaut wird. Ziemlich genau ein Jahr haben wir uns immer wieder getroffen und sie werden uns fehlen!

Ja und wir? Wir fliegen entgegen der ursprünglichen Planung jetzt doch für etwa fünf Wochen nach Europa um Verwandte und Freunde zu treffen und andere anstehende Sachen zu erledigen. Nach unserer Rückkehr im September werden die letzten To Do’s auf RARE BREED abgeschlossen und wir gehen (hoffentlich) im Oktober wieder mit ihr ins Wasser.

Vorerst mal „Bye, bye, Karibisches Meer!“

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