Jan alone at home…

Jan alone at home…

22.10.- 10.12.2022, Grenada – Martinique, Logstand seit Start 5964 sm

Am Samstag, den 22.10. haben wir die Leinen in der Marina Phare Bleu gelöst und uns auf den Weg zu den nördlich von Grenada liegenden Inseln gemacht. Wir hatten keinen Stress, da Biggi’s Flug von Martinique erst zwei Wochen später gehen würde. So sind wir zuerst um die SW-Ecke von Grenada nach St Georges um zu Tanken und danach die wenigen Meilen zurück zur Bucht Morne Rouge gefahren. Morne Rouge gilt als eine der schönsten Buchten auf Grenada und wir hatten sie schon ein paar Mal von Land aus besucht. Jetzt wollten wir auch mal mit dem eigenen Boot hier ankern. 

Sonnenuntergang Morne Rouge

Auf dem Weg entlang der Südküste von Grenada haben wir festgestellt, dass unser Windmesser, dessen Geber im Masttop während des Landaufenthaltes erneuert worden ist, völlig falsche Werte angezeigt hat. Das Instrument im Cockpit hat die Windrichtung ca. 120 ° falsch angezeigt und da der Wind ziemlich schwach von hinten kam, fiel das nicht sofort auf. Kein Wunder hat Biggi die Welt nicht mehr verstanden, als das Segel «auf der falschen» Seite vom Boot ausgerollt wurde. Ich sass hinten an der Reffleine und sah den mechanischen Windanzeiger im Masttop (der vom Cockpit aus nicht sichtbar ist und natürlich die richtige Windrichtung angezeigt hat) und habe mich gewundert , als Biggi an der «falschen» Winsch hantiert hat. «Ob sie denn nicht sehe woher der Wind komme?» Klar, dass sie dann betupft war… typisch besserwisserischer Skipper! In der Folge sind wir zwei Vollkreise gefahren, um das Instrument neu zu kalibrieren, was auf dem Plottertrack ganz amüsant aussieht:

Vollkreise

Nach einer rolligen Nacht sind wir entlang der Westküste von Grenada weiter nach Norden zu Sandy Island gesegelt.

Strecke nach Sandy Island
Unterwegs und später vor Anker vor Sandy Island

Dort blieben wir trotz eher durchzogenem Wetter zwei Tage, um den Feiertag am Montag abzuwarten. Man muss hier zwischen den Inseln immer Ein- bzw. Ausklarieren. Wenn man das an einem Feiertag oder ausserhalb der Bürozeiten macht, kostet es einen «Overtime» Zuschlag. Klar, dass wir das gerne vermeiden, wenn es geht. In Tyrell Bay auf Carriacou haben wir am Morgen am 25.10. ausklariert und Martinique als nächsten Stopp angegeben. Die Windvorhersage war für die kommenden Tage moderat und so wollten wir die Wetterlage ausnutzen um möglichst viel Strecke gegen den sonst vorherrschenden Nordostwind gut zu machen. Gleichzeitig hatten wir keine Lust alles in einem Rutsch nach Martinique durchzuziehen. Der Plan war Zwischenstopps «in Transit» zu machen, sprich ohne einzuklarieren. Solange man nicht lange bleibt und vor Allem nicht an Land geht ist das auch völlig legal.

Mit Zwischenstopps nach Bequia

Mein Allerwertester hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit ein paar Tagen hatte ich einen stark juckenden Ausschlag auf der linken Pobacke. Erst hat es ganz klein angefangen, aber es wuchs von Tag zu Tag. Alle Versuche mit Salben usw. Linderung zu verschaffen schlugen fehl, es wurde immer schlimmer. Irgendwann wurde natürlich Dr. Google zu Rate gezogen und dann war schnell der Verdacht da, dass es sich um Gürtelrose handeln könnte. Das wollte ich nicht einfach unbehandelt lassen.

Und so sind wir zu einem ungeplanten Stopp auf Bequia gekommen, wo ich nach einem Besuch in der örtlichen Notaufnahme am Donnerstagabend zum lokalen Arzt weitergereicht wurde. Am Freitagmorgen um 9 Uhr standen wir vereinbarungsgemäss vor der Arztpraxis, nur um zu erfahren, dass Frau Doktor ausnahmsweise heute (wegen des starken Regens 😬) erst am Nachmittag kommen wurde. Karibik halt… Nach etwas hin und her per WhatsApp konnte ich dann um 14 Uhr wieder antraben. Die Wartezeit zog sich in die Länge, da neben mir natürlich  ganz viele andere Leute auch einen Termin hatten. 

Vor, bzw. in der Arztpraxis auf Bequia

Kurz vor Feierabend kam ich dann dran und der erfahrenen Dame war schnell klar worum es sich handelte. Zum Glück keine Gürtelrose, sondern eine Infektion mit kleinen Larven unter der Haut! Das Viech war ein Hakenwurm, der in den Tropen über den Sand unter die Haut gelangen kann. An sich ungefährlich, aber halt sehr unangenehm und die Vorstellung, dass sich da kleine Larven ihre Gänge unter der Haut bohren/fressen war schon ziemlich gruselig. Mit den richtigen Medikamenten war die Sache in wenigen Tagen soweit entschärft, dass es nicht mehr gejuckt hat. Der Ausschlag selber hat aber noch ca. zwei Wochen gebraucht bis er ganz weg war.

Ausschlag am Allerwertesten!!

Nach der Behandlung mussten wir schnell wieder weg, denn wir hatten eben nicht einklariert (wir haben das als Notstopp angesehen und sind wirklich nur zum Arzt und dann wieder an Bord zurück). Am Samstagnachmittag sind wir wieder ausgelaufen und in der Nacht auf Sonntag an St. Vincent und St. Lucia vorbei nach St. Anne auf Martinique gesegelt. Im Gegensatz zum letzten Mal als wir diese Strecke gemacht haben, hatten wir dieses Mal richtig gute Verhältnisse und konnten den grössten Teil der Strecke gut segeln – so gut, dass wir am Schluss die Geschwindigkeit drosseln (heisst Segelfläche verkleinern) mussten, um nicht im Dunkeln hier anzukommen.

Zügige Fahrt!

Die ersten Tage haben wir die Annehmlichkeiten von Martinique genossen und auch eine Wanderung zu unserem Lieblingsstrand Petite Anse des Salines gemacht.

Petite Anse des Salines

Dann war es soweit, Biggi musste ihre Abreise vorbereiten. Ihre Schwester musste sich einer grossen Operation unterziehen und Biggi wollte sie in der ersten Zeit zuhause unterstützen. Am 6.11. habe ich Biggi mit dem Mietwagen zum Flughafen gebracht und auf Wiedersehen gesagt. Der strömende Regen hat super zur Stimmung gepasst und die ganze Angelegenheit natürlich auch nicht besser gemacht.

Als ich wieder in St. Anne war, war ich natürlich entsprechend betrübt und nicht ganz bei der Sache. RARE BREED liegt hier vor Anker und ich muss mit dem Dinghy an Land und wieder zurück an Bord fahren. Beim Reinspringen ins Dinghy vom Dinghysteg bin ich mit dem Schlüsselbund, der an einem Schlüsselband am Rucksack hing, am Holzsteg eingehängt. Ein kurzer Blick hat genügt um zu sehen, dass das rote Schlüsselband noch am Rucksack dran war. So bin ich – immer noch bei strömenden Regen – zum Boot gefahren. Kaum an Bord habe ich entdeckt, dass das Schlüsselband zwar noch am Rucksack hing, aber vom Schlüsselbund war weit und breit keine Spur! Das Band hatte eine Plastikschnalle und die hat dem Ruck nicht standgehalten und sich gelöst. Jetzt muss man wissen, dass wir alle Luken mit Einbruchschutz gesichert haben und die stabile Gittertüre aus Edelstahl mit einem dicken Vorhängeschloss abgeschlossen ist. Ohne Schlüssel kommt man schlichtweg nicht ins Boot rein! Zudem ist das Hängeschloss derart eng drin, dass man mit Einbruchswerkzeuge fast nicht ran kommt – soll ja so sein! Das ist mir natürlich alles schlagartig bewusst geworden! Ich sass hier alleine, kannte niemanden und hatte keinen Reserveschlüssel, es wurde langsam dunkel und ich konnte nicht ins Boot rein – schlimmer konnte es eigentlich nicht kommen! Mein Puls ist schlagartig auf gefühlt 200 gestiegen und ich bin mit dem Dinghy sozusagen im Tiefflug zurück zum Dinghysteg gefahren. Die Erleichterung als ich den Schlüsselbund eingeklemmt zwischen zwei Holzplanken am Steg wiedergefunden habe lässt sich fast nicht beschreiben!

Das Corpus Delicti… Neues Schlüsselband OHNE Plastikschnalle!

Selbstredend habe ich als erstes verschiedene Vorkehrungen getroffen, damit eine solche Situation nie mehr passieren kann. Man lernt wohl wirklich nur wenn es weh tut!

Ich habe die Zeit alleine mit allerhand kleine Wartungsarbeiten und Projekten, die bis jetzt immer hinten angestanden sind, verbracht.

Basteln ist IMMER mit Chaos verbunden.
Neue Steckdosen am Navitisch installieren.
Ein neuer (temporärer) Cockpittisch machen.
Inventar von Lebensmittel und Ersatzteile.

Zudem habe ich meinem Tag einen Rhythmus gegeben, an dem ich mich orientieren konnte. Morgens habe ich wieder mit den Plank-Übungen angefangen, danach ins Wasser gesprungen und ein paar Runden ums Boot geschwommen. Danach gab es Kaffee – draussen im Cockpit oder auf der Heckplattform.

Kaffee!!
Trinken und Essen ist wichtig!!

Frühstück gab es keins, denn wir hatten schon in Grenada mit Intervallfasten nach dem 16/8 Plan angefangen. Das heisst, die erste Mahlzeit ist das Mittagessen um 12 Uhr. Vormittags habe ich entweder an Bord rumgewurstelt oder bin an Land gefahren um zu Laufen. Es gibt hier einen sehr schönen Wanderweg, der der Küste entlang an mehreren Stränden vorbei geht.

Impressionen von meiner Fitnessrunde.
Einsames Picknick in „unsere“ Bucht
Captain Jan Sparrow ;-). Schuh- und Geldwaschvorrichtung.
Coole Wandmalereien in St. Anne. „Geschickter“ Einbezug der baulichen und pflanzlichen Elemente…

Nachmittags wieder basteln oder lesen und Abends dann kochen. Und dann war es schon wieder dunkel und ein Tag vorbei.

Abendstimmung in St Anne.

Die Zeit verging schon langsam und so war es natürlich schön, als befreundete Segler vorbeikamen um zu reden. Neben Martin und Anke von der JAMBO sind auch Stefan und Barbara von der NOVA mit einem Gast bei mir an Bord zum Sundowner gewesen. 

Zudem habe ich Kurt, einen schwedischen Einhand (=Einsam)segler kennen gelernt. Er hatte Probleme mit seiner Ankerwinsch und zusammen haben wir das Teil (natürlich nicht ohne grobes Werkzeug, etwas Gewalt und den entsprechenden Karftausdrücken) ausbauen können. Unglaublich, wie sich etwas in dieser salzhaltigen Umgebung in 15 Jahren derart «festfressen» kann.

In der ersten Dezemberwoche hat das Wetter angefangen verrückt zu spielen. Statt den üblichen östlichen Passatwinden gab es plötzlich tagelang Flaute und – was viel schlimmer war – westliche Winde!

Spiegelblankes Meer – Totale Flaute!

Hier in der Karibik sind westliche Winde sozusagen nie da. Entsprechend sind (fast) alle Ankerplätze gegen Westen völlig ungeschützt. Am 5.12. hat es dann tagsüber bis auf knapp 20 Knoten aus West aufgefrischt und der Ankerplatz vor St Anne wurde echt ungemütlich. Anfänglich war es ja noch OK, aber nach und nach haben Boote angefangen umzuankern, weil sie einander oder den Bojen, die das Ankergebiet abgrenzen zu nahe kamen. Mir blieb dann nichts anderes übrig als auch umzuankern. Es gibt hier leider keine Alternative, die gegen Westen geschützt wäre, ausser in Le Marin, wo aber alles voll ist mit Booten. So haben wir alle hier ausgeharrt (die Wettervorhersage hat abflauende Winde vorhergesagt) und abgewartet, während die Boote in den Wellen wie Rodeorösser gebockt haben. Zum Glück ist der Ankergrund hier sehr gut und so war es im Endeffekt einfach nur ungemütlich, aber nie wirklich gefährlich. Ich habe trotzdem alles soweit vorbereitet, dass ich die Motoren hätte starten können um gegenan zu halten und bereitete mich darauf vor die Nacht im Cockpit zu verbringen. Gegen Abend hat es zum Glück wie vorhergesagt abgeflaut und nachts war es wieder windstill.

Absolute Ausnahme: Westwindlage in der Karibik. Alle Schiffe zeigen mit dem Bug nach Westen.

Der 6.12. verlief genau wie der erste und zweite Advent völlig ereignislos. Alleine macht es einfach keinen Spass so etwas zu feiern. Biggi war jetzt genau einen Monat weg gewesen, d.h. 2/3 der Zeit bis sie am 20.12 zurückkommen würde waren schon um.

Bald gibt es wieder Sundowner zu zweit 🙂

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Ein Gedanke zu „Jan alone at home…

  1. Lieber Jan,
    Wir könnten wohl nicht an gegensätzlicheren Orten leben, du wohl bei 30°C im Schatten und wir bei -24°C am Schneeschaufeln;-) Auf jeden Fall scheint es euch nach wie vor gut zu gehen, auch wenn du ein paar Wochen alleine über die Runden kommen musst. Geniesst es weiterhin und lasst es euch gutgehen.
    Liebe Grüsse vom Jungfraujoch
    Thomas und Sonja

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