Hundeleben in Herrlichkeit
10.05. – 05.07.2023 Grenada, Logstand seit Start 6968 sm
„Hundeleben in Herrlichkeit“ ist ein Buch über die Weltumsegelung mit der KAIROS von Ernst J. Koch, aber irgendwie passt der Titel ganz gut auf unser Leben hier auf Grenada. Wir machen gerade eine Segelpause, weil unser Boot ein Refit bekommen soll und leben in der Zwischenzeit in einem grossen Haus mit Infinitypool und zwei total lieben und wohlerzogenen Hunden am Sunset Drive.
Macey (ein Golden Retriever Mischling) und Coco (eine belgische Schäferhündin) werden zweimal täglich zum Spazieren ausgeführt und gefüttert – that’s it. Den Rest der Zeit haben wir zur freien Verfügung und nutzen diese entsprechend, um Arbeiten am Boot zu erledigen.
«Full House» beim House Sitting
Wir freuen uns riesig auf den Besuch aus der Heimat. Angela (Jan’s beste Freundin und frühere Schulkollegin) kommt mit Bruna (Schwester von Angela) und Susi (auch eine frühere Schulkollegin von Jan) für 12 Tage nach Grenada. Mit den drei Frauen kommt richtig Leben in die Bude und auch wir bewegen uns wieder mehr auf der Insel. Die Tage verfliegen förmlich – kein Wunder, bei dem, was wir alles unternehmen.
Baustelle am Sunset Drive
Auf den letzten 800 m bis zum Haus, welches wir sitten ist die Strasse mehr ein Schotterweg. Wir können selbst mit dem zum Haus gehörenden SUV nur im Schritttempo fahren, um heile durch die tiefen Schlaglöcher zu kommen. Auf dem Heimweg mit dem Auto, 10 m vor der Hofeinfahrt liegt was und im ersten Moment denke ich, Coco ist ausgebüxt.
Weit gefehlt, bei näherer Betrachtung erkennen wir zwei abgesägte Baumstämme. Wir vermuten, dass es eine Baustelle ist. Und tatsächlich, die tiefe Furche vor dem «Hump» (Bodenschwelle) wird betoniert.
Als wir später mit den Hunden zur Gassi-Runde aufbrechen sehen wir, wie ein Jeep am Hump hängen bleibt – aufgesessen – der hat die Baumstämme wohl nicht so ernst genommen. Damit das nicht noch anderen passiert, verbessern wir eigenmächtig die Baustellensicherung mit allen Mitteln die uns zur Verfügung stehen.
Nach «Fertigstellung» bekommen wir das alte Zeugs selbstverständlich wieder zurück! Zur Info: Der Hump ist nach der Instandsetzung noch verreckter als vorher, den Schleifspuren auf der Kuppe zu urteilen …
Autovermieter wandert ins Kittchen
Mit der Abreise von Angela, Bruna und Susi endet auch die Automiete. Wir hatten uns anfangs der Miete schon über diverse Unstimmigkeiten gewundert. Zum Beispiel, dass Z. (der, dessen Name nicht genannt werden darf) den Mietvertrag bei der Übergabe nicht parat hat (so kannten wir das bei Z. bisher nicht), dass wir den versprochenen Mini SUV nicht bekommen (der sei verunfallt vom letzten Mieter zurückgekommen), dass die Kaution höher ist als beim letzten Mal und oben drauf, dass der Toyota Passo den wir stattdessen bekommen in einem miserablen Zustand ist. Die Front weist auf einen üblen Unfall hin und das Heck sieht auch ziemlich zerschunden aus. Der Fahrersitz lässt sich nur alle Schaltjahre verstellen und des Öfteren macht das Lenkradschloss einfach einen auf beleidigt und lässt sich nicht lösen – das heisst, das Auto ist nicht zu starten. Langer Rede kurzer Sinn, wir wollten das Auto loswerden. Und das ist nicht so einfach, denn unser Vermieter Z. hat diverse Übergabetermine verstreichen lassen und kurzum seine Telefonnummer gewechselt – über die er aber nicht erreichbar ist – bis auf ein einziges Mal – Z. nimmt ab und erzählt recht überzeugend eine Geschichte, er hätte selbst einen Unfall gebaut, bei dem vor allem sein Handy zu Schaden gekommen sei. Dann wird’s wieder still um ihn und Jan hat langsam die Nase voll. Wir wollen das Auto auf keinen Fall mehr da stehen haben und unsere Kaution zurück. Jan stellt im Facebook in der Grenada-Gruppe eine Frage, wie andere Leute damit umgehen würden, wenn sie in unserer Lage wären. Nur ein Beispiel war: Das Fahrzeug in Einzelteilen verkaufen… Ja, auch eine Möglichkeit. Diese Frage im Facebook ist per Zufall auch an den Eigentümer der Mietwagenfirma gelangt. Der hat uns schliesslich mit polizeilicher Unterstützung glaubhaft machen können, dass die Firma und auch das Auto ihm gehören würden. Z. sei sein Stiefsohn und schon länger gekündigt (er hat also auf eigene Rechnung versucht bisschen Kohle zu machen) und das Handy hätte er abgeben müssen (aha, deshalb die neue Nummer). Jetzt ist halt Grenada eine kleine Insel – jeder kennt jeden – und man kann sich nicht verstecken. So wird Z. eines Tages gefunden werden und für seine kleinkriminelle Art ins Kittchen wandern.
Das Gute an der Geschichte, wir haben unsere Kaution auf Heller und Pfennig zurückerhalten – Ende gut, alles gut.
Kuno und die Brotbackmaschine – eine kurze Geschichte
Kuno die Kakerlake hat ihren Namen bereits bei unserer ersten Begegnung in der Küche erhalten. Ich bin am Kochen und sie wollte wohl nur mal kurz „Hallo“ sagen, als sie hinterm Herd vorguckte.
Kuno sah sich dummerweise auch in unserer Brotbackmaschine um und wurde prompt ins Schauglas eingebacken. Shit happens!
Feuer auf dem Yard in Clarkes Court
Clarkes Court ist als einzige Marina auf Grenada in der Lage, die ganz grossen Schiffe an Land zu stellen. Und derer gibt es wirklich viele.
RARE BREED ist zu klein für den Rangier-Anhänger – deshalb dürfen wir nur in einer Ecke stehen und auch nur solange wie die Reparaturarbeiten gehen.
Jan sieht eines morgens im Facebook die Nachricht, dass nachts in Clarkes Court ein Feuer ausgebrochen sei. Im Film ist zu sehen, dass es lichterloh brennt – wir hoffen, dass wir mit RARE BREED nicht betroffen sind. Wir fahren zum Yard, um uns selbst ein Bild zu machen.
Schwein gehabt, RARE BREED steht ca. 100 m entfernt vom Geschehen. Zwei wunderschöne, um die 15 m langen Katamarane sind total abgebrannt. Ein Schiff hat beim Runterbrennen seinen Mast auf ein Nachbarschiff gelegt. Sonst ist wie durch ein Wunder nicht mehr Schaden entstanden. Die Feuerwehren aus St. Georges und vom Flughafen haben tolle Arbeit geleistet. UND: An Land ist es eben auch entscheidend, aus welcher Richtung der Wind weht.
Es ist unvorstellbar und ernüchternd, wenn man sieht, was am Schluss von einem abgebrannten Boot noch übrigbleibt. Ich habe daraus auf jeden Fall zwei wichtige Dinge gelernt. Erstens werde ich ab sofort einen Doppel-Check machen, ob ich auch wirklich das Gas nach dem Kochen abgestellt habe. Bisher habe ich Jan’s Drängeln darauf zu achten eher als übertriebenes Getue abgetan – Sorry hierfür! Und zweitens, wenn ein Boot brennt, hat man nur wenige Minuten Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Es ist die enorme Hitze und der giftige Qualm, was einem im Nu den Garaus bereiten kann.
Klippenangeln mit Bambusstecken
Klippenangeln sehen wir hier auf Grenada zum ersten Mal und es erfreut sich wirklich grosser Beliebtheit. Geangelt wird von der Steilküste aus, entweder mit der Angelrute oder mit langen Bambusstecken, wenn man nicht ganz so weit oben steht. Geködert wird mit kleinen Fischen. Wir sehen ein paar Mal, wie richtig grosse Fische aus dem Meer geholt werden. Dazu läuft der Fischer dann gerne runter bis auf Meereshöhe – immer die Angel im Anschlag um den Fisch nicht zu verlieren – einfach der Hammer! Wie wir erfahren, machen die Menschen das vor allem für den Privatgebrauch und aus Spass an der Freud.
Renegade – mehr als nur Rum
Als wir in der Marina Le Phare Bleu gelegen sind, tauchen auf einmal unsere Vermieter vom letztjährigen AirBnB-Aufenthalt in Grenada bei unserem Boot auf. Die Überraschung ist gelungen! Wir freuen uns sehr, Xandra und Kirby wiederzusehen und nehmen gerne ihre spontane Einladung zu einem Apéro in ihrem Haus in Springs an. Unter den Gästen ist auch Olli mit dem wir ins Gespräch kommen. Ein junger Engländer, der hier auf der Insel seit ein paar Jahren beim Aufbau einer neuen Rumfabrik mit speziellem Konzept mitwirkt. Von ihm bekommen wir die E-Mail-Adresse seiner Arbeitskollegin Jane und erhalten so die Möglichkeit, die Rumfabrik zu besichtigen. Ausserordentlich, denn zurzeit gibt es lediglich für Firmen solche Events, Führungen für Privatpersonen sind erst noch in Planung. Umso schöner, dass wir das mit unserem Besuch aus der Schweiz machen können, auf geht’s zu Renegade – irgendwo im nirgendwo im Norden von Grenada.
Jane, die in Deutschland aufgewachsen ist, ist für Marketing- und Nachhaltigkeitskommunikation zuständig und unser heutiger Tour Guide. Voll mit dem Herzen dabei führt sie uns durch das riesige Betriebsgelände, erklärt anschaulich die Vorgänge von der Ernte des Zuckerrohrs bis zur Etikettierung der Flaschen. Wir dürfen sogar einen Blick in die «Schaltzentrale» werfen, in der überwiegend Frauen vor dem Computer sitzen und alle Destilliervorgänge überwachen und bei Bedarf beherzt eingreifen. Richtig toll.
Nicht nur, dass das Zuckerrohr pro Feld geerntet und verarbeitet wird, nein, jede Flasche erhält noch ihren 9-stelligen Cane Code. So kann jeder Kunde jede Rumflasche anhand des Codes im Internet auf der Seite von Renegade bis zum Zuckerrohrfeld zurückverfolgen. Jane hat es so erklärt, dass es bereits einen Unterschied im Geschmack des Rums gibt, wenn das Feld nur 50 m weiter den Hügel rauf reicht. Mit strahlenden Augen und voller Begeisterung füttert sie uns mit Informationen zu Microklima im Feld und Farbe des Zuckerrohrs. Obendrein hat Renegade sehr viele Arbeitsplätze geschaffen, um das Grundeinkommen für ein paar Hundert Grenadiner zu sichern, was der Firma auch bei der Bevölkerung einen guten Ruf einbringt.
Die Idee hinter Renegade ist, dass der Rum wie guter Whisky genossen wird – veredelt mit ein wenig Wasser – Zum Wohl!
David gegen Goliath
Unser House Sitting beinhaltet auch das Zusammenleben mit allerlei Getier. Angefangen von Hunden (immer), Geckos (oft), Ameisen (manchmal), Kakerlaken (minus 1) ist dieses Haus auch ein sehr begehrter Wohn- und Wirkort von Termiten. Der Kampf gegen diese riesigen Armeen von Krabbeltieren ist enorm aufwändig – da stellt sich für mich die Frage: Wer von uns Beteiligten ist David und wer Goliath?
Cindy und Bret
Cindy und Bret – zwei Hurrikans im Anflug. Also ehrlich gesagt wären uns Cindy und Bert, ein Gesangsduo aus den 1970er-Jahren lieber gewesen! Wir haben so richtig Glück, denn der Hurrikan Bret dreht in Richtung Westen ab und Cindy löst sich später so gut wie in Luft auf.
Nissan 300 GT auf Abwegen
Auf dem Nachhauseweg mit den Hunden überholt uns ein Nissan 300 GT – ein wunderschönes Auto, tolle Lackierung, tiefer, breiter – hach, was soll ich sagen. Darin sitzt ein junges Pärchen und noch grüssen sie recht freundlich aus ihrem Schlitten.
Jetzt muss man wissen, dass der Weg in Richtung zu unserem Haus bzw. zum Kap nur teilweise eine richtige Strasse ist, geteert und so, aber mittendrin wird sie zur hügeligen Schotterpiste. Und genau hier wurde die Ausflugsfahrt der Nissan-Insassen zur echten Herausforderung. Der junge Mann am Steuer hat es wohl mit der Angst zu tun bekommen, dass sein Fahrzeug unter diesen Bedingungen irgendwann aufsitzen würde und so hat er begonnen, das Auto zu wenden. Schnell weg von hier! Der Motor heult einige Male auf und bei den Hinterreifen steigt regelrecht der Rauch auf. Das Auto steht quer auf der Strasse und macht keinen Wank mehr – weder nach vorne, noch nach hinten. Da hilft nur noch – seht selbst:
Ok, das wird wohl nix und so holen wir nach einigen Fehlversuchen unseren Honda 4×4 und ein Seil, um den armen Kerl abzuschleppen und somit aus der misslichen Lage zu befreien.
Walking the dogs
Zweimal täglich absolvieren wir mit Coco und Macey eine wunderschöne Spazierrunde. 1/3 des Weges führt direkt am Meer entlang. Für mich der schönste Teil und ich bin jedes Mal überwältigt. Das Wasser, mal ruhig, mal aufgewühlt und manchmal denke ich mir, ob wir eigentlich verrückt sind, uns den Naturgewalten in unserer kleinen Nussschale auszusetzen.
2/3 laufen wir durch das Quartier Fort Jeudy auf der «Strasse» (ihr wisst, was ich meine), weil beide Hunde es gar nicht gerne haben, wenn ihnen jemand an die Krallen geht (zum Schneiden). Also ist die Idee, dass sie die Krallen beim Strasselaufen abwetzen.
Launch-Termin 4. Juli 2023 – Denkste!
Wenn unser Boot an Land gestellt wird, wie jetzt im Juni damit Reparaturen durchgeführt werden können, brauchen wir vom Yard einen Haulout- (aus dem Wasser holen) und einen Launch-Termin (ins Wasser setzen).
Die Arbeiten an Land durch Palm Tree Marine (Volvomotoren überholen), Driftwood (Fenster abdichten und neues Schott einlaminieren), Terry (Gel Coat Arbeiten und Polieren) und uns (Unterwasserschiff streichen, Propeller überholen und diverse andere kleine Arbeiten) laufen nahezu perfekt und im Zeitrahmen. Prima, denn am 4. Juli 2023 ist unser Launch-Termin. Jan geht vorsorglich ein paar Tage vorher ins Office um den Termin zu bestätigen – und siehe da, er blickt in lauter erstaunte Gesichter: Launchen am 4. Juli geht gar nicht, weil da schliesslich ein Feiertag sei! Heidewitzka, gut, dass wir nachfragen! Ja, in der Karibik geht die Einführung eines neuen Feiertags eben ziemlich zügig.
Zitat vom 19. Juni 2023: Dickon Mitchell, has announced that Grenada will celebrate CARICOM’s 50th anniversary with a national holiday on 4 July 2023
Zur Info: Dickon Mitchell ist der letztjährig neu gewählte Premierminister von Grenada, gerade mal 45 Jahre jung und recht innovativ wie man sieht. CARICOM bedeutet Caribbean Community.
Also wird unser Termin kurzer Hand auf Mittwoch, den 5. Juli 2023 verlegt – passt.
Übrigens, wie wir erfahren haben, gibt es diesen Feiertag nächstes Jahr schon wieder nicht mehr. Wie gewonnen – so zerronnen.