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Schlagwort: Sundowner

Martinique – Ein Stück Europa in der Karibik

Martinique – Ein Stück Europa in der Karibik

15.02. – 02.03.2022 Martinique

Nach der Zeit auf den ehemals britischen Inseln ist uns aufgefallen, wie wir uns hier auf Martinique fast schon wie in Europa fühlen. Klar ist es immer noch eine tropische Insel mit allem was dazu gehört, aber es ist eben auch ein Stück weit wie in Frankreich. Wein, Croissants, Baguette und Käse natürlich, aber auch sonst ist die Auswahl an Lebensmitteln verglichen mit den anderen Inseln enorm und dabei auch günstiger. Wobei «günstig» eigentlich irreführend ist, dann das Preisniveau ist in der ganzen Karibik echt hoch, hier einfach etwas weniger hoch. Abgesehen vom subventionierten Baguette für einen Euro bewegen wir uns hier fast schon auf Schweizer Preisniveau. Anscheinend scheint es der Bevölkerung hier auf Martinique finanziell wesentlich besser zu gehen als auf den anderen Inseln. Vermutlich auch, weil das Mutterland gehörig Geld hier reinpumpt. 

Die grosse Ankerbucht vor St. Anne

Die Strassen sind richtig ausgebaut, es gibt Strassenschilder und Fahrbahnmarkierungen und vor allem, man fährt auf der «richtigen» Seite 😉. 

Autofahren bei, na was wohl? … Regen natürlich.
Gut ausgebaute Strassen
Manchmal „zu gut“… Lemantin vor Fort-de-France – 3-spurig in jede Richtung.

Es gibt eine grosse Auswahl an Supermärkten und Läden wie Carrefour und Decathlon, wo man all die Sachen bekommen kann, die es auf den anderen Inseln schlichtweg nicht gibt. Auch bei den Kleidern – von denen wir zugegebener Weise nicht sehr viele brauchen – ist die Auswahl hier mit vielen kleinen Boutiquen wie in Europa.

Inspiriert durchs Plakat wurde eine spontane Shoppingtour gestartet – das Resultat lässt sich sehen!

Auch wenn die anderen Inseln ursprünglicher und «exotischer» und damit sehr spannend sind, war es ein klein wenig wie nach Hause (bzw. Frankreich) zu kommen, als wir hier auf Martinique das erste Mal an Land gingen. Es lässt sich wohl nicht leugnen, dass wir vom Leben in Europa geprägter sind, als wir wahrhaben wollen. 

Nachdem wir unseren Anker endlich erfolgreich im Sandgrund vor St. Anne versenkt hatten, war uns klar, dass wir etwas mehr Zeit hier verbringen wollen. Der Ankerplatz hat was von einem Wohnquartier in der Agglo, ausser dass die Häuser (=Boote) ab und zu wechseln. Dass jede «Villa» ihren eigenen «Badepool» mitsamt regelmässigem Schildkrötenbesuch hat, ist natürlich auch nicht übel 😉. Der natürliche Treffpunkt ist das lange Dinghydock unmittelbar vor dem Dorfplatz von St. Anne, wo alle hinfahren, wenn sie an Land wollen. So zischen ständige kleine Gummiboote mehr oder weniger schnell hin und her durchs Ankerfeld – morgens häufig mit auffällig langen Papiersäcken von der lokalen Bäckerei unter dem Arm.

Das „gefährliche“ Dinghydock von St. Anne.

Auch wir benutzen regelmässig das Dinghydock. Was als völlig harmlos erscheint, hat offenbar doch seine Tücken. Erst hat es Biggi getroffen: Ihr ist das Dinghy unter den Füssen abgehauen, sie konnte sich nicht mehr mit den Fingern am Dock halten, ist runtergeplumpst wie ein Sack und ärschlings auf dem Schlauch gelandet. Schwein gehabt – ist nichts passiert! Tags darauf hat es mich erwischt. Ich wollte vom Dinghy aus barfuss (im Dinghy hat man nie Schuhe an) an der Badeleiter vom Dock hochkletttern und bin dabei auf den glitschigen Sprossen ausgerutscht, mit dem Brustkorb an die Leiter geknallt und habe mir den grossen Zeh aufgeschlitzt. Grosses Dinghydockkino! 

Die meisten Boot bleiben etwas länger in der Bucht von St. Anne und so entstehen schnell soziale Strukturen und Aktivitäten. Das erste war eine «Pot Luck»-Party (typisch amerikanische Yachtietradition, bei der sich die Crews von mehreren Booten am Strand treffen und jedes Boot etwas zum Essen und/oder Trinken mitbringt). Das war cool, erstens, weil man so schnell mit vielen Leuten in Kontakt kommt und zweitens, weil die Auswahl am Buffet echt eindrücklich war. Da gab es Gerichte wie Paella mit Shrimps, Frikadellen, Spanische Omelette, Jackfruit Stew (Eintopf), gefüllte Eier, diverse Salate usw. Und dann natürlich diverse Getränke wie Bier oder Wein und einer hatte sogar einen 5l (!) Kanister mit Rumpunsch dabei – Karibik halt 😉

Crews von etwa 20 Jachten kamen zum Pot Luck.
Segler*innen aus aller Herren Länder.
Bunte Teller vom Buffet und ein toller Sonnenuntergang.

Vor dem Frühstück gab es ab und zu Yoga am Strand, was wir uns natürlich nicht entgehen liessen, auch wenn da mehr Neugier als Können vorhanden war. Überhaupt ist Sport und Bewegung auf dem Boot immer ein Thema, denn segeln alleine ist ja nicht wirklich so sportlich (erst recht nicht, wenn man so lange wie wir vor Anker liegt!). Morgens sieht man daher auf etlichen Booten, wie eine oder mehrere Personen auf dem Vorschiff im wahrsten Sinne des Wortes rumturnen. Wir haben dafür unsere Heckplattform und versuchen täglich mit etwas Sport in den Tag zu starten. 

Als weitere sportliche Aktivität hat sich das Schrubben des Unterwasserschiffes entpuppt. Wenn man da nicht mindestens einmal wöchentlich das gesamte Unterwasserschiff mit Spachtel oder Wurzelbürste abkratzt bzw. abschrubbt entsteht eine veritable Biosphäre an den Rümpfen. Ohne Taucherflasche und nur mit Maske, Schnorchel und Flossen ist das wirklich anstrengend. Unser Boot ist zwar nur 1m tief, aber dafür hat es zwei Rümpfe und Kiele und etwa die doppelte Wasserlinienlänge wie ein gleich grosser Einrümpfer. Zum Glück ist das Wasser so schön warm und klar, aber nach 1,5-2h im Wasser ist man doch recht «erfrischt». Ausserdem hat man das Gefühl, dass sich die Kleinstlebewesen, denen man die Heimat genommen hat, auf der eigenen Haut gleich wieder ansiedeln und es juckt und kitzelt am ganzen Körper 😬.

Martinique lässt sich natürlich auch hervorragend per Pedes erkunden. Unsere erste Wanderung führte uns von St. Anne bis zum Point Saline an der SW-Seite der Insel.

Die ganzen 34 km haben wir dann doch nicht gemacht.

Vorbei an mehreren Buchten mit schönen Sandstränden: Anse Caritan, Anse Meunier bis zum Grand Anse des Salines sowie durch Mangroven und am Etang des Salines vorbei. Wir sind morgens los und da wir (also um genau zu sein, ich) annahmen, dass es unterwegs sicher Verpflegungsmöglichkeiten in Strandbuden geben würde, haben wir ausser Trinkwasser nichts mitgenommen. Mit Strandbuden war aber nix und so waren wir doch recht hungrig, als wir am frühen Nachmittag wieder in St. Anne ankamen.

Etwa 80% unserer Wanderung verlief im schattigen Wald.
Die Luftwurzeln der Mangroven sind recht beeindruckend.
Fallen für Kokoskrabben (links im Bild) sind hier alle paar Meter zu finden.

Hier in der Bucht von St. Anne lagen natürlich auch viele andere uns bekannte Schiffe, allen voran die FantaSea von Peter und Judith, mit denen wir einige vergnügliche Stunden beim Kaiserschmarrn-mit-Apfelmus-Essen und «TAC»-Spielen (jetzt steht es 2:2!), bei einem Ausflug zur Rumdestillerie und beim Basteln von Armbändern aus Kernen von lokalen Bäumen verbringen durften. Dass unser Cockpittisch seitdem ein paar kleine Bohrlöcher hat, können wir gut verkraften und zeigt wohl wie der Begriff «Dünnbrettbohrer» entstanden sein könnte 😉.

2 Bootsfrauen am Basteltisch.
Wenn man die Technik raus hat, ist es ganz einfach, Löcher in die Samen zu bohren.
Handgemachte Armbänder zieren nun unsere Handgelenke.

Der Ausflug zur Rumdestillerie Clément war ein tolles Erlebnis. Neben der Präsentation der historischen Rumherstellung hat das Anwesen auch einen weitläufigen botanischen Garten mit vielen eindrücklichen Kunstinstallationen. Der Duft in den Hallen, wo die Rumfässer gelagert werden, ist im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend.

Homére Clément, Mediziner und Politiker sowie Gründer der Habitation CLÉMENT. Kaum zu glauben, wie viel Aroma durch die Eichenfässer einfach verduftet.
Arbeitsgeräte aus vergangenen Tagen.
Kunstinstallationen soweit das Auge reicht.
Moderne Kunst eingetaucht im grünen Umfeld.
Und Modern Art in (Über-)Lebensgrösse.

Die Abende an Bord läuten wir normalerweise mit einem Sundowner ein. Da wir hier immer mit dem Heck nach Westen liegen, geniessen wir den Sonnenuntergang (wenn es nicht regnet) in unseren beiden Klappstühlen auf der Heckplattform. Der Standard-Sundowner ist «Ti’Punch RARE BREED».

Man nehme …

  • 1 kleines Glas
  • 1 gestrichenen Teelöffel Rohrzucker
  • 1 Schuss Limesaft (rühren)
  • 1 (etwas grösseren) Schuss braunen Rum dazu (weiterrühren)
  • Auffüllen mit Wasser (wir wollen ja nicht zu Alkoholikern werden…) 
Immer wieder schön die Sonnenuntergänge.
Santé! (Prost! 😉)

Wenn man ganz viel Glück hat, kann man beim Sonnenuntergang sogar den «Green Flash» sehen. Bei wolkenfreiem Himmel kann es sein, dass der obere Rand der Sonne in den letzten Sekundenbruchteilen bevor sie untergeht grün aufblitzt. Ein etwas stärkerer Sundowner soll die Wahrscheinlichkeit eines «Green Flashes» steigern, ist uns gesagt worden 😊.

Um Süsswasser zu produzieren, betreiben wir unseren 220V Wassermacher über den Inverter. Dieser läuft bei den hohen Temperaturen im Boot nach ca. 1,5 Stunden Dauerbetrieb heiss. Um den Tank doch noch ganz auffüllen zu können, müssen wir entweder eine halbstündige Abkühlungspause einlegen oder den kleinen Hondagenerator zu Hilfe nehmen. Da ein Generator ab und zu laufen muss, machen wir ihn daher von Zeit zu Zeit beim Wassermachen an. Das letzte Mal hat er noch brav seinen Dienst verrichtet, aber jetzt wollte er partout nicht starten. Alle Startversuche blieben erfolglos. Eine erste Diagnose deutete auf Probleme bei der Benzinversorgung hin. Um da dran zu kommen müssten wir die ganze Aussenhülle demontieren, was wiederum jegliche Garantieansprüche zunichte machen würde. Also ab zum Laden in Le Marin zur Vereinbarung eines Reparaturtermins. Den bekamen wir allerdings erst auf den 10. März. Wir sind ja bekanntlich Zeitmillionäre und da es uns hier in St. Anne gut gefällt, haben wir entschieden den Termin anzunehmen und etwas länger als gedacht hier zu bleiben. 

Um etwas von Martinique zu sehen haben wir uns ein Auto gemietet – natürlich auch mit dem Hintergedanken, dabei die geplanten Einkäufe zu machen. Was wir völlig verpennt haben war, dass hier drei Tage lang Karneval ist und dabei (fast) alle Läden geschlossen sind. So haben wir den Rosenmontag und Faschingsdienstag stattdessen für Sightseeing verwendet. 

Nettes Auto, bergauf ging es jedoch nur noch im 2. Gang. Hatten wir das nicht schon mal in La Palma?

Als erstes ging es zum Jardin de Balata (Botanischer Garten) etwas nördlich von Fort-de-France. Eine superschöne Anlage, die teilweise wie ein Spaziergang durch einen Regenwald war. Dies nicht zuletzt, weil es – wie könnte es denn anders sein – immer wieder intensive Regenfälle gab. Besonders cool (wenigstens für mich) war die mehrteilige Hängebrücke die geschätzt 10m hoch über dem Boden von Baum zu Baum ging. Insgesamt waren es wohl  10 Brücken aus Holz und Spannseilen, die ganz schön geschwankt haben als ich darüber lief. Biggi hat es vorgezogen die Strecke unten auf dem festen Boden zurückzulegen.

Gründer des Jardin de Balata ist Jean-Philippe Thoze (Blumenzüchter, Landschaftsgärtner und Künstler in spe)
Rund um das Haus seiner Grosseltern ist der Garten entstanden.
Einzigartige Pflanzen und Blüten lassen uns dem Zauber dieses Ortes regelrecht verfallen.
Links: Heliconia Vellerigera oder auch „King Kong Heliconia“. Rechts: Enorme Luftwurzeln einer Palme.
Jan nimmt den Baumwipfelpfad.
Die Holzbretter sind vom vielen Regen recht rutschig.
Ja, wo isser denn – ach, da isser ja 😊

Auf dem Rückweg sind wir am riesigen Einkaufsareal bei Lamentin vorbeigekommen. Die grosse Decathlonfiliale (Laden für Sport- und Spielausrüstung) und ein riesiger Baumarkt waren trotz Karneval geöffnet, sodass wir die lange auf unsere Einkaufsliste stehenden Sachen, wie ein Kajakpaddel (für das SUP), einen neuen Rucksack und eine Yogamatte sowie einen Wasserfilter besorgen konnten. Und nicht zu vergessen je eine neue leichte Regenjacke, um für die hiesigen Witterungsverhältnisse gerüstet zu sein… Habe ich schon erwähnt, dass es seit wir in der Karibik sind immer wieder ausgiebig regnet – obwohl jetzt eigentlich Trockenzeit sein sollte?

Düster, nass und nur noch 21 Grad.
Nebel steigt aus dem Wald.

Am Dienstag haben wir uns auf den Weg zu den Gorges de la Falaise im Norden von Martinique gemacht. Dort kann man eine Wanderung durch enge Schluchten in einem Fluss zu einem Wasserfall im Dschungel machen. Da man dabei hüfttief durchs Wasser waten muss, macht man das am besten in Badekleidung. Also alles eingepackt und los. Trotz der gut ausgebauten Strassen dauerte die Anreise wegen der kurvigen Streckenführung fast zwei Stunden. Im Google stand, dass die Anlage offen sei, doof nur, dass Google das Wetter nicht berücksichtigt. Wegen – wer errät es? – starken Regenfällen am Vortag und in der Nacht wäre die Flusswanderung zu gefährlich und folglich geschlossen, was wir aber erst erfahren haben, als wir vor verschlossenen Toren standen! Als Trost haben wir uns ein üppiges Mittagessen im angrenzenden Restaurant gegönnt. Und das war ein unverhoffter Volltreffer, denn das Essen war wirklich hervorragend!

Der Himmel über dem Restaurant spricht Bände – aber das Essen war super!

Um wenigstens ein bisschen Bewegung zu bekommen, haben wir kurzerhand den ersten Pfad in den Regenwald rein genommen. Das war echt eindrücklich. Der Pfad führte immer bergauf durch dichtestes Grün, riesige Bambushaine, Farne und von Lianen durchzogenes Dickicht. Die Vögel zwitscherten und es knackste beängstigend in den riesigen Bambussen als diese sich im Wind wiegten. Ab und zu kamen wir an Orten menschlicher Bewirtschaftung vorbei und sahen zum ersten Mal Felder voller Christophenes. Als wir an Papayabäumen vorbeikamen und überall Papayas am Boden rumlagen, haben wir uns erlaubt eine grosse grüne Papaya vor dem «Verfaulungstod» zu retten und haben sie in den –  neu erstandenen – Rucksack gepackt.

Herrlich zum Spazieren.
Christophene-Plantage
Biggi kann es nicht lassen und sammelt überall den Abfall in der Natur auf, von dem es leider sehr viel hat.

Auf dem Rückweg sind wir wieder an Lamentin vorbeigekommen, aber dieses Mal war wirklich alles geschlossen, bis auf die Verkaufsstände mit Karnevalskleidung.

Eine karibische Schönheit verkleidet als Schmetterling. Und an den Ständen gibt’s Kostüme in allen Farben.

Der Karneval auf Martinique ähnelt eher den europäischen Karnevals als denen von Brasilien oder Trinidad. Statt Socasound und Pan-Bands sind hier Trommler und Pfeifer unterwegs. Ein klein wenig kam es mir vor wie in Luzern oder Basel, ausser, dass es hier natürlich viel wärmer ist und die Leute oft barfuss unterwegs waren. Die Kostümierungen sind eher einfach oder lustig gehalten, aber nicht mal ansatzweise so aufwändig wie zum Beispiel in Trinidad. Aber vielleicht haben wir auch nur einen Teil hier in St. Anne gesehen, da wir gar nicht in Karnevalsstimmung waren und nicht nach Fort-de-France gegangen sind, wo das Hauptgeschehen mit dem grossen Umzug stattgefunden hat.

Im Gegensatz zu den bisher von uns besuchten Karibikinseln hat Martinique ein Bussystem, was jenem in Europa ähnelt. Es gehen mehrmals täglich grosse klimatisierte Linienbusse nach einem vorgegebenen Fahrplan von St. Anne nach Le Marin. Die kleinen Busse, die auf den anderen Inseln gefühlt alle paar Minuten fröhlich hupend und mit lauter Musik aus den offenen Fenstern vorbeifahren sucht man hier vergeblich. Man muss also genau auf den Fahrplan achten, wenn man nicht plötzlich irgendwo 1-2 Stunden warten will.

Raindrops keep falling on our heads.

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