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Schlagwort: Schnorcheln

Au revoir Martinique

Au revoir Martinique

27.03. – 20.04.2022, Martinique – St. Lucia, Logstand seit Start: 5600 sm 

Nach der langen Zeit in der Marina, den Reparaturen und den damit verbundenen Kosten (wir haben unser Monatsbudget glatt um 100% überschossen!) wollten wir erst mal in Ruhe ankern und unsere Bordkasse etwas schonen. Zum Glück kostet das Ankern (meistens) nichts und auch das Wandern, Schwimmen und Schnorcheln ist umsonst.

Anse Chaudiere

Anse Chaudiere, wo wir vor Anker lagen, ist eigentlich der südliche Teil der (Petite) Anse d’Arlet. Quer durch die Bucht kommt man zu einem kleinen verschlafenen Ort am nördlichen Teil mit einem Strand, der für seine guten Schnorchelgründe bekannt ist. 

Schnorcheln in der Anse d’Arlet
Vom Boot aus schnorcheln
Seesterne (die aussehen wie aus Plastik auf dem Rasen hinter dem Haus)

Bis auf die Gemüsehändler, eine Bäckerei, eine Polizeistation und eine Apotheke hat es hier nur einige Restaurants am Strand und ein paar Stände mit lokalen «Handwerks»-Erzeugnissen. Das ist wohl wirklich der ruhigste Ort, den wir bis jetzt gesehen haben. 

Verschlafenes Örtchen Anse d’Arlet
Kleiderkauf in der lokalen Markthalle

Von hier aus geht auch ein Wanderweg über den Hügel zur nördlich gelegenen Grand Anse d’Arlet. Auf dem Schild stand 1,2 km 45 Minuten. 1,2 km ist ja nichts (die 45 Minuten hätten uns aber stutzig machen sollen…), also haben wir spontan entschieden die Miniwanderung zu machen. Als die wahren Tropenprofis waren wir natürlich zur grössten Mittagshitze unterwegs und da wir ja anfangs «nur» das Dörfchen anschauen wollten, hatten wir gerade mal einen halben Liter Wasser dabei – für uns beide! Der Weg hat steil angefangen und schon nach wenigen Metern waren wir recht heftig am Schnaufen, aber nach kurzer Zeit wurden wir mit einer sehr schönen Aussicht über die Bucht belohnt. Der Weg war nicht sehr gut markiert und zudem gab es immer wieder Abzweigungen. Es kam wie es kommen musste, wir haben uns prompt verlaufen und sind irgendwie immer tiefer ins Dickicht reingekommen. Als uns dann Google Maps mangels Netzes im Stich liess und auch das Wasser langsam knapp wurde, ist die Stimmung etwas angespannt geworden. «Ich habe ja immer gesagt, dass wir nicht ohne Wasser da reinlaufen sollten!» 

Es sind ja „nur“ 1,2 km….
Blick auf die Anse d’Arlet vom Wanderpfad aus

Naja, die Tatsache, dass du dies hier lesen kannst legt die Vermutung nahe, dass wir doch irgendwann in die Zivilisation zurückgefunden haben. Anderthalb Stunden sind wir im Dickicht rumgeirrt und haben schlussendlich unseren Einstieg wiedergefunden. Das eiskalte Bier im erst besten Strandrestaurant hat göttlich geschmeckt! Und das darauffolgende über Zuckerrohr grillierte Huhn hat ebenso dazu beigetragen, dass unsere Lebensgeister bald wiederhergestellt waren.

Ein paar Tage später haben wir es dann nochmals, und zwar mit genug Wasser und früher am Morgen, probiert. Dieses Mal haben wir auch besser aufgepasst und sind nach etwa einer Stunde auf der anderen Seite angekommen. Der Weg war wirklich nicht einfach und glich teilweise einer Kletterpartie. Der Badestopp am Strand der Grand Anse d’Arlet hat uns aber für die Strapazen entschädigt. 

2. Versuch
Grand Anse d’Arlet und nah am Ufer ein patrouillierender Schiffshalter

Frisch gestärkt und erhobenen Hauptes haben wir den Rückweg angetreten. Ein Klacks, jetzt kannten wir ja den Weg… Vertieft in ein Gespräch ist Biggi plötzlich aufgefallen, dass wir an einer Stelle waren, wo wir bereits 15 Minuten vorher vorbeigelaufen sind. Wir hatten es tatsächlich geschafft wieder im Kreis zu laufen! Ich will ja nicht sagen, dass ein Anflug von Panik aufkam, aber ab dort haben wir uns wieder 100% auf die Wegmarkierungen konzentriert und sind schlussendlich heil am Einstieg angekommen. So was Blödes aber auch!

Wer genau hinschaut sieht unsere Kreise….

Das Wetter hatte sich inzwischen richtig gemausert und es hat nur noch selten geregnet. Also haben wir den schönen Ankerplatz in der Anse Chaudiere genutzt wieder mal draussen zu übernachten. Was soll ich sagen, ist ja romantisch, aber wenn der Luftmatratze langsam die Luft ausgeht wird es irgendwann unbequem. Aber wir haben eisern durchgehalten und sind am Morgen entsprechend gerädert aufgestanden. Ja, man wird wohl nicht jünger…

Draussen schlafen
Ankern im Aquarium: Manchmal wimmelte es regelrecht von Fischen.

Während wir in der Anse Chaudiere lagen, haben wir zwei neue Crews kennengelernt. Ein kleiner norwegischer Kat (kleiner als unserer) mit sechs(!) Leuten an Bord. Die sind echt nett und hart im Nehmen! Eine Familie mit zwei kleinen Jungs und ein Pärchen, welches für drei Monate bei ihnen an Bord mitsegelt. Privatsphäre Fehlanzeige! Dann wurden wir von einem deutschen Pärchen per WhatsApp kontaktiert und waren zum Sundowner bei ihnen an Bord. Echt komische Typen, wir haben uns beide überhaupt nicht wohlgefühlt dort.

Das Ankern in der Anse Chaudiere (wie auch in der nächsten Bucht) war so ganz anders als man sich es hier in der Karibik normalerweise gewöhnt ist. Hier bläst der Wind immer aus östlicher Richtung, das heisst man kann davon ausgehen, dass die geankerten Boote alle in östlicher Richtung ausgerichtet sind. Wenn man einen Platz sucht muss man daher nur schauen, dass man seinen Anker etwa neben dem Boot wirft hinter dem man nachher zum Liegen kommen will. Nach dem Werfen werden 30 bis 40 m Kette rausgelassen während das Boot vom Wind nach hinten getrieben wird. Am Schluss fährt man den Anker mit dem Rückwärtsgang richtig in den Grund rein, damit er auch wirklich hält. Danach liegt man etwa drei Bootslängen hinter dem Vordermann und gut ist. So können zur Not auch ziemlich viele Boote auf engem Raum sicher ankern, wie zum Beispiel in St. Anne. In der Anse Chaudiere hat das aber überhaupt nicht funktioniert. Der Wind hat in Fallböen, die die Hügel runter «fallen», kurz, aber dafür zum Teil sehr heftig aus allen Richtungen geweht. Dazu kamen abrupte intensive Strömungswirbel, die das Boot ständig in alle Richtungen gedreht haben. Nachts ist der Wind häufig ganz eingeschlafen und so haben die Boote wegen der Strömung regelrechte Reisen in der Bucht unternommen. Manchmal war der Anker unter dem Boot und manchmal nördlich oder südlich davon. Wir haben dreimal umgeankert und auch andere mussten manchmal Hals über Kopf Ankerauf gehen, weil der Nachbar plötzlich fast auf Tuchfühlung lag. Dabei gilt die «Regel», dass der, der zuerst da ist immer das Vorrecht hat zu bleiben, alle die später kommen müssen schauen, dass sie den bereits dort liegenden Yachten nicht in den Weg kommen. Da wir insgesamt zehn Tage dort geblieben sind, waren wir bald die Alteingesessenen und konnten gelassen beobachten, wie die Neuankömmlinge völlig verdutzt realisierten, was in der Bucht an Verschiebungen abging.

Manchmal lagen die Nachbarn weit weg und plötzlich wieder ganz nah

Über Umwege haben wir erfahren, dass Thilo und Leonie, die den erfolgreichsten deutschen Seglerkanal «Blue Horizon» auf Youtube betreiben, eine Drohne suchen. Wir hatten im Vorfeld der Reise gedacht, dass wir auch Drohnenaufnahmen machen würden und uns zuerst eine kleine Drohne gekauft. Um Aufnahmen vom segelnden Boot machen zu können, muss die Drohne genug Power haben, um gegen den Wind anzukommen und das hatte die kleine Drohne nicht. Also wurde eine grössere «DJI Phantom IV» Drohne erstanden. Damit haben wir in der Schweiz ein paar Mal geübt, aber viel zu wenig um uns zu trauen damit über das offene Wasser zu fliegen. Also lag sie unbenutzt bei uns rum und wir hatten schon lange realisiert, dass wir nicht die Drohnenflieger werden würden und uns überlegt sie zu verkaufen. Da hat es natürlich super gepasst, dass die beiden dringend eine gebraucht haben. Der Grund dafür war übrigens, dass sie inzwischen vier(!) Drohnen ins Meer versenkt hatten. War wohl doch nicht so blöd, dem Fliegen über das offene Wasser mit dem nötigen Respekt zu begegnen.

Bye, bye DJI

Kurzum haben wir mit den beiden in der nächsten Bucht abgemacht und die Drohne übergeben. Abends kamen sie nochmals zum Essen zu uns an Bord. Unser Alkoholabstinenzprogramm wurde kurzfristig auf Eis gelegt und wir verlebten einen sehr feuchtfröhlichen Abend. Entsprechend mau waren wir dann am nächsten Morgen zwäg… Aber auch wir sind hart im Nehmen und schon um 9:30 Uhr todesmutig in See gestochen, um rechtzeitig in der Anse Noire anzukommen. Die knapp drei Meilen haben wir auch mit Brummschädel überstanden. 

Hier muss das Schnorcheln wirklich schön sein, wenn es schon in der Seekarte vermerkt ist.

Die Anse Noire gilt als der Schnorchel-Hotspot von Martinique, ist aber so klein, dass vernünftigerweise maximal 5 Boote dort drin Platz haben.  Mit uns waren es dann 10…!
Wir lagen so nahe am Steilufer, dass man schon fast rüber springen konnte. 
Sind dann aber trotzdem schnorcheln gewesen und konnten prompt mit zwei Meeresschildkröten schwimmen.

Danach ging es notgedrungen weiter (dort zu übernachten war uns zu riskant) und nach einem erfolglosen Ankerversuch in Anse a L’Ane, sind wir etwas weiter in der Anse Mitan gelandet. Nach der Beschaulichkeit der letzten Woche ein regelrechter Stress – und das alles mit einem Kater.

Anse Noire => Anse l’Ane => Anse Mitan

Die Anse Mitan war ebenfalls sehr voll, aber gross genug, dass wir einen guten Platz unmittelbar vor dem Ufer, aber relativ weit weg vom Ort gefunden haben. Am Tag darauf haben wir einen Landausflug gemacht, aber der Ort hatte nur wenig Charme. Es ist eines der ersten Touristenzentren von Martinique und wirkte irgendwie künstlich. 

Vor Anker vor dem Hotelstrand – Anse Mitan

Inzwischen stand das Wochenende vor Ostern vor der Tür und wir haben unsere Optionen bis zur Hurrikansaison diskutiert. Wir sind beide lieber vor Anker als unterwegs und geniessen es, genug Zeit zu haben einen Ort länger zu besuchen. Daher haben wir beschlossen jetzt umzukehren und den Kurs wieder Richtung Grenada abzustecken. So würden wir genug Zeit haben die Orte zu besuchen, die wir auf dem Weg nach Norden ausgelassen haben. Erster Zwischenstopp sollte St. Anne werden, dort wollten wir grosse Wäsche machen und auch unsere Frischwarenvorräte nochmals aufstocken, bevor es wieder zu den englischen Inseln gehen würde. Auf dem Weg sind wir wieder an der Anse Noire vorbeigekommen und als wir sahen, dass dort nur drei Schiffe lagen und ein guter Platz in der Mitte der Bucht noch frei war, haben wir spontan umentschieden und uns dorthin gelegt.

RARE BREED in der Anse Noire zum Zweiten und auf zum Schnorcheln

Wir blieben schlussendlich drei Nächte und haben ausgiebig geschnorchelt. Hier hat Biggi auch zum ersten Mal mit dem Abtauchen angefangen. Ist wohl gar nicht so einfach, wenn man es vorher nie probiert hat. Wir mussten beide herzhaft lachen, als sie einfach nicht runterkam und immer wieder wie ein Korken hochgeploppt ist. Sie sah dann ein klein wenig wie eine auf dem Kopf stehende Ente aus. Aber sie hat nicht lockergelassen und irgendwann war der Dreh dann draussen und Biggi unten am Grund.

Das Abtauchen will geübt sein
Nachmittags- und…
Abendstimmung in der Anse Noire

Während wir in der Anse Noire lagen, wurden wir von Thilo und Leonie angeschrieben. Ihr alter Aussenborder hätte endgültig den Geist aufgegeben und wir hätten doch noch einen kleinen 3.5 PS Aussenborder, den wir loswerden wollten?

Demzufolge haben wir auf dem Weg zurück nach St. Anne nochmals einen kurzen Stopp in der Grande Anse d’Arlet gemacht und Thilo und Leonie auch noch unseren kleinen Aussenborder übergeben. Biggi ist dabei zum ersten Mal ein Anlegemanöver längsseits an ein anderes Schiff gefahren. Da das Boot von Thilo und Leonie an einer Boje hing und sich immer leicht gedreht hat, war das nicht ganz einfach, hat jedoch gut geklappt.

Aussenborderübergabe an Thilo und Leonie

Zurück in St. Anne haben wir die Tage vor Ostern zum Einkaufen genutzt. Da wir nicht während der Feiertage an unserem nächsten Ziel St. Lucia ankommen wollten, haben wir entschieden erst nach Ostern hier Auszuklarieren und am Mittwoch nach St. Lucia zu segeln.

Osterschmuck am Kreisel bei St. Anne. Eier finden leicht gemacht 🙂
Wenn es schon nicht mit dem Angeln klappt, dann gibts einen Besuch am Fischmarkt
Vollmond über der Bucht von St. Anne

Am Ostersamstag haben wir nochmals die Wanderung zu den verschiedenen Stränden südlich von St. Anne gemacht. Unterwegs sind wir an regelrechten Zeltdörfern vorbeigekommen. Ein Teil der Lokalbevölkerung hat offenbar die Ostertage im Zelt am Strand verbracht. Dabei waren die halben Hausstände mitgekommen und richtige Freiluftküchen und Partytische usw. aufgebaut worden. Mit kleinen Generatoren wurde der Strom für’s Licht und die überall laut aufgedrehten Musikanlagen erzeugt. Kaum war man ein paar hundert Meter vom nächsten Parkplatz weg, wurde es aber wieder still und (fast) menschenleer. So konnten wir einen lauschigen Strandtag in der Petit Anse des Salines geniessen.

Überall sind solche Zeltsiedlungen entstanden
Da sind wir mit unserer Strandmuschel voll im Trend gelegen
Etwas weiter weg von den Parkplätzen war der Strand menschenleer

Zwei ereignisreiche Monate in Martinique liegen hinter uns: Shoppingcenter besucht und im Stau gestanden, viele schöne Ausflüge und Wanderungen gemacht, (zu) viele Croissants und Pain au Chocolat gegessen, sehr schöne Strände besucht und Schnorchelausflüge gemacht, (zu) wenig gesegelt, (viel zu) viele Reparaturen gemacht und Zeit in der Marina verbracht und – nicht zu vergessen – einen Zahn ziehen lassen.

Ein letztes Mal „Cafe avec Croissant et Pain au Chocolat“ – ein schöner Abschluss

Am 20. April haben wir Martinique verlassen. Das Ziel Rodney Bay auf St. Lucia liegt ca. 23 sm weiter im Süden. Zum ersten Mal nach dieser langen Zeit sind wir wieder über offenes Wasser gesegelt. Und wie! Der Wind war mit 20 bis 23 Knoten frisch und kam von der Seite, das heisst der schnellstmögliche Kurs zum Wind. Und schnell waren wir, mit etwas Unterstützung durch die hereinrollende Atlantikdünung kamen wir in Spitzen auf 10 Knoten Speed und das Speedometer pendelte die meiste Zeit zwischen 7 und 8 Knoten. Das war eine wahre Rauschefahrt mit dem zugehörigen Geschaukel und einer richtig heftigen Salzwasserdusche, als eine Welle voll gegen die Seite vom Boot klatschte und sich über das Cockpit ergoss. Da blieb kein Fleckchen trocken. Besonders schön – Biggi wurde es trotz des Geschaukels nie schlecht.

Rasante Fahrt nach St. Lucia
Ausser Tang nichts gefangen.

Nach den Hunderten von Booten in der Bucht vor St. Anne war es eine Wohltat in der Rodney Bay anzukommen und gerade mal 15 Boote vorzufinden. Platz a gogo zum Ankern.

Nach dem Aufklaren vom Boot und einem Mittagessen ging es zu den Behörden an Land um Einzuklarieren. Zuerst zum Health Check, drei Formulare, danach zum Customs, sechs(!) Formulare, und schliesslich zur Immigration, nochmals zwei Formulare. Dass überall das Gleiche ausgefüllt werden muss und dass wir zwei Tage vorher von Martinique aus alles schon elektronisch eingegeben hatten, tat nichts zur Sache. Vor Ort muss man trotzdem dieselben Angaben wieder x-Mal machen. Ausser als Arbeitsbeschaffung kann ich mir nicht vorstellen wozu das alles gut sein soll? Aber es waren alle zuständigen Personen nett und aufgestellt und am Schluss bekamen wir Armbänder angelegt, die uns berechtigen überall ohne Zertifikat reinzukommen. Ein bisschen kommen wir uns wie Gäste in einem «All-Inclusive»-Resort vor.

Formulare ohne Ende
Unsere „All-inclusive“-Bänder

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Nordwärts! Von Cheddar zu Camembert

Nordwärts! Von Cheddar zu Camembert

03. – 17.02.2022, St. Anne, Martinique, Logstand seit Start: 5’522 sm

Vorwort: Wir hatten diesen Bericht kurz vor Putins Angriff auf die Ukraine schon fertig und haben dann entschieden ihn angesichts der schockierenden Ereignisse in der Ukraine vorerst nicht zu veröffentlichen. Wir sind immer noch entsetzt und traurig über diesen absolut unnötigen Krieg und wir sind natürlich auch in Sorge, was mit unseren Familien und Freunden passieren wird, die alle viel näher am Krisengebiet sind, als wir hier in der Karibik. Es bleibt uns nur zu hoffen, dass der Konflikt so bald wie möglich aufhört.

Wir können die Ereignisse nicht beeinflussen und veröffentlichen den Bericht jetzt trotzdem, in der Hoffnung, dass er ein klein wenig dazu beiträgt den Lesern einen Moment Ablenkung zu geben.

Am 3. Februar sind wir nach 2 ½ Wochen in der Le Phare Bleu Marina endlich wieder raus. Irgendwie haben Marinaaufenthalte die Tendenz sich in die Länge zu ziehen, wollten wir doch ursprünglich nur eine Woche bleiben. Die zu erledigenden Wartungsarbeiten gingen länger als geplant – vielleicht auch, weil wir durch die vielen sozialen Aktivitäten abgelenkt wurden – und ganz ohne Landausflüge wollten wir Grenada doch nicht verlassen. 

Auslaufen von Le Phare Bleu. Mit einer schönen Backstagsbrise zum SW-Kap von Grenada

Der erste Schlag ging nur kurz «ums Eck» zur Bucht Grand Mal an der Westküste von Grenada. Dort ist der Moliniere Underwater Sculpture Park. Das ist eine Sammlung von Skulpturen vom britischen Künstler Jason DeCaires-Taylor, die er in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung erstellt hat. Viele der Skulpturen sind Zement-Abdrücke von lokalen Personen. Seine Intention war, die lokale Bevölkerung mit diesem Projekt für die delikate Unterwasserwelt vor ihren Küsten zu sensibilisieren. Die Einzelfiguren oder Gruppen von Menschen sowie andere Skulpturen sind über eine relativ grosse Fläche auf dem Meeresboden verteilt. Für uns als Hobbyschnorchler war leider nur ein Teil zu erreichen, der Rest liegt so tief, dass man richtig tauchen müsste. Es war trotzdem ganz eindrücklich.

Ankerbier und Abendstimmung in Grand Mal
Molinière Sculpture Park
Einen Teil der Scuplturen konnten wir mit Schnorcheln erreichen
Hin und zurück ging es mit unserem neuen Dinghy ganz zügig.

Nach zwei Nächten an der Boje ging es mit dem ersten Morgenlicht Richtung Norden los. Wegen des anhaltend frischen Nordostwinds hatten wir eine unangenehme Welle genau von vorne. Unser kleiner Katamaran kann zwar Ozeane überqueren, aber bei Wind und Welle von vorne ist er nicht mehr in seinem Element. Wegen seiner geringen Länge tendiert er dazu sich festzustampfen, d.h. der Bug knallt in die Welle, die Gischt spritzt über das ganze Boot und wir stehen kurzzeitig fast still. Danach nimmt er wieder Fahrt auf, um bei der nächsten grösseren Welle wieder aufgestoppt zu werden usw. usw. Dass es dabei immer 2-3 m hoch und runter geht macht das Leben an Bord sehr anstrengend. So waren wir auch sehr froh, als wir nach gerade mal 35 Seemeilen nachmittags den Anker vor Sandy Island fallen lassen konnten.  

Aussicht vom Ankerplatz bei Sandy Island auf die Sister Rocks- bei Tag und in der Abenddämmerung

Endlich hatten wir auch unsere Vorsätze umgesetzt und jeden Morgen mit «Plank»-Übungen begonnen. Dann gab’s Frühstück und danach etwas rumwursteln (z.B. Blogschreiben oder den Hängestuhl ausprobieren 😉) bis es zum Schnorcheln ging. 

Morgensport und Blogschreiben
Hängestuhl testen – schaukelt aber arg viel, wenn das Boot sich bewegt.

V.a. Biggi hat das Schnorcheln für sich entdeckt und kann stundenlang im Wasser rumdümpeln und den Fischen zuschauen. Ich als ehemaliger Taucher bin wohl etwas verwöhnt, aber ich freue mich, wie es ihr Spass macht.

Ab ins Wasser!
Biggi schaut sich die Unterwasserwelt vorläufig noch von oben an
Sachen, die ein Abtauchen verlangen, wie den Anker kontrollieren, bleiben (noch) meine Aufgabe.
Und zurück zum Boot schwimmen

Wenn wir schon im Wasser sind, werden auch gleich die Rümpfe mit der Wurzelbürste und Spachtel gereinigt. Unsere bewuchshemmende Farbe ist noch erstaunlich wirksam, aber wir merken langsam, wie es anfängt nachzulassen. Bei gerade mal 2 ½ m Wassertiefe kann man schon fast am Grund stehen um das Schiff zu putzen.

Auch wir haben nicht mehr als 1.5-2m Wasser unter den Kielen
Propeller reinigen

Weniger als 1m Wassertiefe unter den Kielen ist mir persönlich zu riskant, hier sieht man aber manchmal ganz „wagemutige“ Skipper, die offenbar keine Hemmungen haben, ihr Schiff mit nur wenige Dezimeter Wasser unter dem Kiel zu ankern…

Ich weiss nicht, ob der Skipper von diesem Boot wusste, wie wenig Wasser er wirklich unter dem Kiel hatte…

Nach ein paar Tagen kam MOANA auch nach und wir verbrachten wieder schöne Stunden mit Gottfried und Sandra, sei es beim Schnorcheln, am Strand oder auch abends im Paradise Beach Club (Adieu Erholung fürs Portemonnaie…)

Auch RARE BREED hat nun ihr Schild im Paradise Beach Club
Mit Gottfried und Sandra und Allison, die Besitzerin vom Paradise Beach Club

Das Wetter ist seit wir in der Karibik sind ziemlich untypisch, denn eigentlich wäre jetzt Trockenzeit. Der Wind bläst oft stark bis teilweise sehr stark und es regnet verhältnismässig oft und intensiv. So war es dann auch vor Sandy Island. Der Ankerplatz ist dort ziemlich offen und so gab es einige bange Stunden, wenn der Wind mit bis zu 32 Knoten über uns hinwegfegte. Kurz nach dem Durchgang eines solchen Squalls war es wieder schön sonnig, aber schon eine halbe Stunde später herrschte wieder Weltuntergangsstimmung mit waagerecht peitschendem Regen und rabenschwarzen Wolken. An einigen Tagen war es so unruhig, dass wir nicht mal von Bord konnten um zu schnorcheln, geschweige denn mit dem Dinghy an Land zu fahren, weil die Wellen einfach über uns hinweg rollen würden. Auch unser neues Dinghy kam hier an seine Grenzen.

Squalls über Sandy Island

So war es hochwillkommen, als Rennie mit seinem Motorboot mit frischem Gemüse vorbeikam. Top Ware zu fairen Preisen direkt an die Bordwand geliefert. So blieben die Konserven doch wieder in der Bank.

Nach etwa einer Woche wollten wir langsam weiter gegen Norden, aber das Wetter spielte einfach nicht mit. So blieb es nur abzuwarten, bis sich ein Fenster mit etwas weniger Wind auftun würde. Aber wir beklagen uns nicht – es gibt wahrlich schlimmere Orte als Sandy Island, um etwas Zeit tot zu schlagen.

Biggi als Galionsfigur 😉
Impressionen von Sandy Island
Eine Insel (fast) für uns alleine
Die Nordseite von Sandy Island ist dem Wind und den Wellen ausgesetzt

Gegen Ende Woche sagten die Wetterprognosen eine kurze Beruhigung für kommenden Montag und Dienstag voraus, danach sollte der Wind wieder auf über 30 Knoten hochgehen. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen und sind am Montag pünktlich zur Öffnungszeit um 8 Uhr morgens vor dem Büro der Immigration gestanden. Da wir das Gebiet von Grenada verlassen würden, mussten wir ausklarieren bevor wir loskonnten. Das kann ja eigentlich nur einem Schweizer einfallen, dass die Behörden in der Karibik am Montagmorgen pünktlich aufmachen würden. Naja wenigstens hat das Café rechtzeitig aufgemacht und wir konnten die Wartezeit mit einem Kaffee überbrücken. Um 8:40 Uhr kam dann der Beamte gemütlich gelaufen und meint nur «Give me some minutes to prepare the office.» Naja ca. 45 Minuten später («Sorry, the system is very slow today.»)… war unser Formular verarbeitet und wir ordnungsgemäss ausklariert.

Der Immigrationbeamte kommt gemütlich ins Büro
Tyrell Bay verabschiedet sich wie es sich gehört – mit regnerischem Wetter… Wir segeln mit schönem Wetter weg – noch..

Wir wollten direkt nach Martinique. Das sind rund 125 Seemeilen, vorbei an die Grenadinen, St. Vincent und St. Lucia auf einem nordöstlichen Kurs, also fast gegen den vorherrschenden Nordost- bis Ostwind. Wir rechneten mit ca. 24 Stunden Dauer, was einen Nachttörn bedeutete, um am nächsten Tag bei gutem Licht anzukommen.

Die Route von Carriacou bis Martinique – vorbei an St. Vincent und St. Lucia
Wieder mal eine Nacht auf See
Zwischen den Squalls kam manchmal der Mond zum Vorschein

Nun, die Wettervorhersage hat leider nicht gestimmt und wir hatten einen Törn zum Abgewöhnen. Hinter den Inseln war es sehr ruhig, aber in den drei, jeweils ca. 20-30 Seemeilen breiten Kanälen zwischen den Inseln, haben wir gehörig Prügel kassiert. Mehrere Squalls mit sintflutartigem Regen und vor allem Wind bis über 30 Knoten und den damit einhergehenden Wellen von schräg vorne waren alles andere als lustig. Unter gerefftem Grossegel und der kleinen Fock sind wir gegenan gestampft. Um wenigstens nicht zu weit nach Westen abgetrieben zu werden lief die leeseitige Maschine mit 1800-2100 Umdrehungen mit. Nach ziemlich genau 24 Stunden gingen wir in Le Marin, Martinique vor Anker. Fix und fertig und ziemlich frustriert, weil das Wetter alles andere als karibisch schön war, haben wir uns zuerst mal etwas Warmes zu Essen gemacht und das Boot rudimentär aufklariert.

Das Einklarieren in Martinique war wohltuend einfach. Am PC ein Formular ausfüllen, € 5.- bezahlen und gut ist. Keine Fragen nach irgendwelchen Papieren vom letzten Hafen oder nach einem PCR-Test. Französisches «Laissez-faire» halt. In allen ehemals britischen Inseln wird ein Riesen-Tam-Tam um’s Ein- & Ausklarieren, Cruisingpermits, Healthchecks und PCR-Tests gemacht. Damit lassen sich natürlich vorzüglich Arbeitsplätze erhalten und Einnahmen generieren. Vor allem die PCR-Tests sind zum Teil mit US$ 150-200.- pro Person absurd teuer. Kein Wunder, werden die Tipps, wo man günstigere Test machen kann und wie die Einklarierungen ablaufen unter Seglern rege ausgetauscht. Offiziell verlangt Martinique auch, dass man einen aktuellen PCR-Test vorweisen kann. Wir wussten aber von anderen Seglern, dass dies nicht kontrolliert wird und haben in Carriacou gar keine Tests gemacht. 

Café Bou Bou mit dem Einklarierungs-PC

Das war mitunter auch ein Grund, dass wir die Inseln (St. Vincent und St. Lucia) unterwegs nicht anlaufen konnten. Wir haben die Hoffnung, dass die weltweiten Massnahmenlockerungen bis im Frühling auch in der Karibik ankommen und wir die Inseln auf dem Rückweg in den Süden ohne Tests anlaufen können. Aber wir haben so unsere Zweifel, ob die Inseln so ohne weiteres die für sie lukrativen Tests einfach aufgeben werden…

Auch auf Martinique blieb uns der Regen treu
Dafür sah man täglich mehrere Regenbögen

Ein weiterer Grund möglichst schnell nach Martinique zu gehen war technischer Natur. Hier bekommt man fast alles an Yachtzubehör was das Herz begehrt und zwar zu halbwegs fairen Preisen. Unsere Wasserversorgung an Bord hatte angefangen Ärger zu machen und der Fehler musste gefunden und behoben werden. Dafür wollte ich Zugang zu eventuell nötigen Ersatzteilen haben. Wir haben einen Wassertank der 400 l fasst, eine Wasserpumpe mit einem Drucktank um das Wasser unter Druck zu halten, einen Boiler für Warmwasser und ein Rohrsystem, das dies alles miteinander verbindet und alle Zapfstellen (Küche, zwei Bäder und die Aussendusche) an Bord bedient. Im Normalfall ist die Pumpe immer eingeschaltet und läuft jeweils nur kurz an, wenn irgendwo ein Hahn geöffnet wird. Vor ein paar Monaten hatte die Pumpe angefangen drei oder vier Mal pro Stunde für 1-2 Sekunden anzulaufen. Das deutet auf eine Undichtigkeit im System hin, aber ich konnte einfach nichts finden. Dazu muss gesagt sein, dass das gesamte Rohrsystem beim Bau des Bootes verlegt wurde und grösstenteils nicht mehr zugänglich ist, ohne dass man Wände oder Zwischenböden aufschneiden würde. Dies und die Tatsache, dass ich einfach nirgends Leckwasser im Boot finden konnte, hat dazu geführt, dass ich entschieden habe, dies erst im Sommer anzugehen, wenn das Boot ohnehin an Land geholt wird. Aber wie das so ist, die Realität hält sich nicht an Pläne und die Pumpe fing an immer öfter zu laufen. Abgesehen davon, dass das nervig war haben wir auch langsam realisiert, dass wir den Wassertank tatsächlich immer öfter auffüllen mussten. Jetzt war es sonnenklar, dass unser Süsswasser irgendwohin lief – aber wohin? Zum Schluss haben wir, obwohl wir sehr sparsam mit dem Wasser umgingen, pro Tag geschätzt 80-100 l Wasser verbraucht bzw. verloren! Das Wasser MUSSTE irgendwohin nach draussen laufen, denn sonst wären wir bei diesen Wassermengen schon lange abgesoffen!

Sobald wir eine Nacht geschlafen hatten und uns von dem anstrengenden Törn erholt hatten gingen wir ans Werk. Es wurde jede vorhandende Serviceöffnung aufgeschraubt, um zu sehen ob es irgendwo Leckspuren gibt, aber alles war staubtrocken. Mit dem Bordmanual von der Bauwerft (ja das gibt es tatsächlich!) haben wir versucht den Verlauf der Rohre zu folgen, Völlig unmöglich, da sie zwischen der Innen- und Aussenschale verlegt worden waren. Nebenbei haben wir auch festgestellt, dass die Rohrführungspläne im Manual gar nicht mit unserer Installation übereinstimmen konnten…

Kopfüber ins Staufach eintauchen, um an die Serviceöffnungen ranzukommen.
Das Innenleben von RARE BREED ist teilweise nur per Kamera zu erforschen.

Irgendwann sind wir beim Boiler angelangt und haben festgestellt, dass die Werft das Überdruckventil 180° verkehrt herum eingebaut und es mit einem Schlauch versehen hat, der durch ein Seeventil (verschliessbares Loch in der Aussenhaut vom Boot) direkt nach aussen geht… Mir ging langsam ein Licht auf!

Diese Öffnung liegt so nahe der Wasserlinie, dass dort vermutlich Seewasser reingekommen ist und das Ventil langsam aber stetig zum korrodieren gebracht hat. Das korrodierende Überdruckventil hat wohl langsam immer mehr geleckt und so unser Süsswasser über den Schlauch immer schneller aussenbords «entsorgt». Kein Wunder war drin alles trocken!

Kaum hatte ich das Seeventil vom Schlauch geschlossen, verstummte die Pumpe und der Wasserverlust stoppte! Die Erleichterung, als auch am Tag danach die Pumpe ruhig war und der frisch gefüllte Wassertank voll blieb, war enorm! Wir konnten wieder normal an Bord leben. 

Am zweiten Tag in der Bucht von Le Marin wurden wir von den Behörden verscheucht, da wir angeblich in einer Fischereisperrzone lagen. In der Seekarte war es als Ankerbucht bezeichnet und es gab auch keine Seezeichen die auf irgendeine Sperrzone hinwiesen… Also zirkelten wir uns durch die vielen Riffe in der Einfahrt von Le Marin die paar Seemeilen nach St. Anne rüber. Als wir dort den Anker fallen lassen wollten, hat sich nichts getan. Die Kette war vom Aufholen so stark angezogen, dass die Ankerwinsch einfach geklemmt hat. Während ich versucht habe das Problem zu lösen ist natürlich wieder ein Sqall gekommen und wir waren kurzzeitig wegen dem Wind und dem vielen Regen ziemlich am rotieren. Nach wenigen Minuten war der Spuk vorbei und wir beide bis auf die Haut pitschnass.

Unser Track auf dem Kartenplotter nach dem Debakel mit der Ankerwinsch
Ankerplatz vor St Anne – bei Tag und bei Nacht…
… und tagsüber bei Regen – wie kann es anders sein…

Auf Martinique wollen wir ein noch eine Weile bleiben, da es hier noch viel zu sehen gibt.

Salz auf der Haut und Sand zwischen den Zehen – Life is good!

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