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Schlagwort: San Blas

Die Südsee muss warten!

Die Südsee muss warten!

20.01.-22.02.2024, San Blas, Logstand seit Start 8‘285 sm

Je weiter südlich man in den San Blas geht, desto trüber wird das Wasser. Nicht weil es verschmutzt wäre, aber weil die vielen Flüsse vom Festland Sediment ins klare Atlantikwasser schwemmen. Diese Flüsse mäandern sich durch dichten Dschungel bis sie ins Meer münden. Da es dort Trinkwasser gibt, liegen auch die „grösseren“ Kuna-Siedlungen in der Nähe solcher Flussmündungen. Einen solchen Fluss wollen wir erkunden und machen uns auf den Weg zum Rio Diablo, der direkt neben den beiden Inseln „Nargana-Yandup“ und „Corazon de Jesus-Akuanusatupu“ mündet. Die beiden Inseln sind über eine Brücke miteinander verbunden und so dicht bebaut, dass man vor lauter Häuser und Hütten fast keinen Flecken Land mehr sieht. Die äusserste Reihe von kleinen Häuschen liegt durchwegs über dem Wasser und es braucht nicht viel Fantasie um zu verstehen, was deren Zweck ist. Baden (oder Wasser machen) wollen hier auf keinen Fall…

Die Flussmündung ist im Dickicht vom Dschungel fast nicht zu finden und ausserdem ist es so flach, dass wir den Aussenborder hochklappen und mit den Paddeln einen Weg ertasten müssen.

Wo ist denn die Einfahrt…? Von innen ist es dann ganz einfach zu sehen.

Einmal drin, ist es wie wenn man in eine völlig andere Welt eintaucht. Es ist sehr ruhig. Ausser das Knacken der Äste und das Zwitschern der Vögel ist nichts zu hören. Tiere sehen wir nicht sehr viele, vermutlich, weil der Fluss doch einiges an Verkehr hat, da die Wasserquelle weiter oben fleissig von den Kunas angesteuert wird.

Nach der Flussfahrt gehen wir auf den Inseln an Land. Es wimmelt regelrecht von Menschen und wir wundern uns ein bisschen, dass die Leute alle so eng beieinander leben, wo es doch auf dem Festland, nur wenige Bootsminuten weg unendlich viel Land hätte, wo sie auch eine Hütte hinstellen könnten.

Von Nargana im Süden segeln wir via Canbombia zu den Lemon Cays.

Strand von Canbombia. Unser Früchtevorrat in den Netzen
Endlich mal guter Segelwind. Von Canbombia zu den Lemon Cays.
Aussicht vom Ankerplatz in den Lemon Cays, bei Tag und in der Abenddämmerung.

Karin von der Deutsch/Schweizer Yacht MABUL fliegt für ein paar Tage in die Schweiz und ist so lieb wichtige Post von uns wieder mit zurück nach Panama zu bringen. Nach sechs Wochen in den San Blas machen wir uns anfangs Februar auf den Weg nach Linton Bay, wo wir Alex und Karin treffen wollen. Das sind rund 45 Seemeilen (ca. 7 Stunden) entlang der Panamaischen Festlandküste gegen Westen. Nach der langen Zeit in den geschützten Gewässern der San Blas segeln wir zum ersten Mal wieder in der Atlantikdünung und das Boot rollt ganz ordentlich. Ich freue mich über die gute Fahrt, Biggi leider weniger… Sie wird dieses Mal richtig seekrank und muss sich mehrfach übergeben. Weil wir wieder auf dem offenen Meer sind, haben wir auch wieder die Angel draussen und prompt beisst ein Fisch an.  Biggi ist nicht in der Lage ihre Umklammerung vom Eimer zu lösen und so muss ich den Fisch alleine reinholen. Es ist der grösste Gelbflossenthunfisch, den wir bis jetzt gefangen haben. In dieser Hitze muss das Fleisch so schnell wie möglich in den Kühlschrank. Das Riesenvieh passt nicht mal ansatzweise dort rein und so muss ich den Fisch zuerst fiLletieren und auch die Filets in Stücke schneiden, damit alles an die Kälte kommt. Das tönt jetzt nicht so wild, aber das Ganze muss wegen der Sauerei draussen auf der Heckplattform gemacht werden, während das Boot mit 7-8 Knoten durch die Wellen schaukelt. Wenn wir das zu zweit machen, geht es noch, aber alleine artet es in einen Jonglier- und Balanceakt aus, damit ich nicht den Fisch verliere oder die Messer über Bord gehen. Dabei bleibt sogar das obligate Bild vom Fisch auf der Strecke. Aber sechs Kilo Thunfischfilet im Kühl- bzw. Gefrierschrank ist schon was Tolles und die Mühe wert.

Die erste Nacht ankern wir in der Linton Bay. Das wird die bisher schlimmste Nacht vor Anker. Das Boot rollt derart (obwohl es ein Katamaran ist!), dass wir kaum schlafen können und Biggi gar nie richtig fit wird. Um neun Uhr am nächsten Morgen sind wir schon in der Marina festgemacht. Endlich Ruhe im Boot!

Nach drei Versuchen hält der Anker endlich. Die Fahrt vom Ankerplatz zur Marina bedeutet, sich durch eine enge Durchfahrt zwischen den Riffen zu schlängeln.
Linton Bay Marina – eine regelrechte Dschungelmarina.

Am Tag darauf kommt Karin mit unserer Post und bekommt als kleines Dankeschön dafür ein grosses Paket mit gefrorenem Thunfischfilet, win-win Situation.

Hier können wir zum ersten Mal unseren Abfall entsorgen. Das ist alles was sich seit Curaçao (Mitte Dezember – bis Anfang Februar) an Abfall angesammelt hat.

Die Linton Bay Marina liegt mitten im Dschungel und morgens werden wir vom Gebrüll der Brüllaffen geweckt. Das ist schon speziell, eine Gruppe am Festland hat mit einer anderen auf der Isla Linton kommuniziert und das Brüllen ging hin und her über unser Boot. Gesehen haben wir allerdings keinen einzigen Affen.

Abendstimmung in der Linton Bay Marina. Aussicht auf die Linton Bay.

Wenige Meilen weiter östlich liegt die Panamarina. Das ist eigentlich keine Marina mit Stegen, sondern eher eine Werft mit einem Trockenstellplatz und ein paar Bojen davor, wo die Boote im Wasser festgemacht werden können. Rund herum ist dichter Dschungel und Mangroven. Es gibt eine innere Zufahrt zwischen Linton Bay und der Panamarina, die durch einen kleinen Mangrovenfluss führt. Dieser Fluss ist nur mit Kanus oder kleinen Motorbooten befahrbar und streckenweise wölbt sich das Blätterdach der Mangrovenbäume zu einer geschlossenen Decke über dem Fluss. Norbert und Kerstin von der ODINE liegen schon länger in Linton Bay und wir machen uns gemeinsam auf den Weg mit den Dinghys. In der Flussmündung liegt ein anderes Dinghy mit hochgeklapptem Motor und die Insassen paddeln wie wild. Da wir vermuten, dass sie Motorprobleme haben, fahren wir zu ihnen hin um zu helfen. Und laufen beide prompt auf’s Riff auf, denn sie haben nicht Motorprobleme sondern sind einfach auf Grund gelaufen – wie wir jetzt auch… Im trüben Wasser ist nichts zu erkennen und so stochern jetzt drei Dinghy-Crews mit den Paddeln durch die Untiefen, bis sie endlich den Weg ins tiefere Wasser und den Fluss finden.

Mit Norbert und Kerstin machen wir auch einen Sonntagsausflug zu Isla Grande mit den Dinghys.

Sea Front von Isla Grande
Der ausrangierte Leuchtturm von Isla Grande bietet einen eindrücklichen Rundumblick.
Sonnenuntergang von Isla Grande aus.
Mit dem Dinghy geht es kurz vor dem Eindunkeln zurück zur Marina
Ausflug nach Portobelo, wo es …
eine verfallene Festung (Unesco Weltkulturerbe) mit vielen Geiern…
… eine Bucht voller Wracks…
… und eine Kirche mit der bekannten Statue vom „Black Christ“ gibt.

Der Weg von Linton Bay zum nächsten grösseren Ort Sabanitas führt über eine asphaltierte, aber sehr hügelige und kurvige Strasse durch den Dschungel. Es sind zwar nur etwa 50 km, aber es dauert mit dem lokalen Bus manchmal 2 Stunden – für einen Weg!

Googles Zeitangaben mögen mit einem Auto stimmen. Mit dem Buss braucht es nahezu die doppelte Zeit!
Auf der Strasse wird schon mal für den Karneval geübt.

Dafür ist die Fahrt schon sehr abenteuerlich und beim ersten Mal schwitzen wir Blut und Wasser und fragen uns was wohl das Letzte ist, was wir sehen werden, bevor wir sterben. Die Busse sind bunt bemalt und auch die Windschutzscheibe ist davon nicht ausgenommen.

Wer annimmt, dass die Farbe auf der Windschutzscheibe von innen durchsichtig ist – der irrt sich …

Innen ist alles mit Plüsch, Federn und sonstigem Schnickschnack geschmückt, sodass dem Fahrer gerade mal ein kleiner Sehschlitz übrig bleibt um die Strasse zu sehen.

Und in der Schweiz wird man gebüsst, wenn im Winter nicht die ganze Scheibe freigekratzt ist…

Die Busse selber sind alles uralte ehemalige US-Schulbusse und da es in Panama wenig bis gar keine Regulationen oder Motorfahrzeugkontrollen gibt, muss man davon ausgehen, dass die Busse niemals kontrolliert worden sind.

Abgaskontrollen? Was ist das?

Was aber mit Garantie funktioniert ist die Hupe (laut wie ein Schiffshorn) und die Musikanlage. Gehupt wird gefühlt alle 2-3 Minuten, sei es um mögliche Fahrgäste zu informieren, dass jetzt der Bus kommt, oder um jemand am Strassenrand zu begrüssen. Die Musik ist nicht einfach laut – sie ist teilweise ohrenbetäubend. Welcome to Latin America…

Dazu kommt, dass der Fahrer in der Regel während der Fahrt unaufhörlich mit seinem Handy spielt. In einem Fall ist es besonders krass: Der Fahrer ist nonstop am Nachrichten Schreiben und Lesen, dafür kriecht er regelrecht die Strasse entlang. Kaum legt er das Handy weg, drückt er derart auf’s Gaspedal, dass wir zu Gott beten, dass ihm jemand doch bitte eine Nachricht schreiben möge, damit er endlich weniger rasen wird. Aber auch diese Fahrt überleben wir irgendwie.

Der handysüchtige Busfahrer…

Bezahlt wird am Schluss und zwar $2.75 pro Person. Echt ein Spottpreis. In jedem Lunapark würde man ein Vielfaches für ein ähnliches Erlebnis bezahlen. Das würde dann aber nur ein paar Minuten und nicht zwei Stunden dauern…

Eine unserer Starterbatterien hat in den letzten Tagen in San Blas den Geist aufgegeben und es muss eine Neue her. Das geht dann doch besser mit einem eigenen Mietwagen, den man wiederum nur in Colon bekommt. Zum Glück kann man heutzutage alles über’s Internet buchen und wir reservieren uns einen Kleinwagen für drei Tage. Um ihn zu holen müssen wir natürlich zuerst drei Stunden mit dem Bus nach Colon fahren. So schön die Dschungelmarina ist, praktisch ist es nicht, wenn man für’s Einkaufen 4-6 Stunden Fahrzeit einplanen muss.

Der günstige Tagespreis für die Mietwagen entpuppt sich als ein richtiges Lockvogelangebot. Wenn alle Versicherungen und Steuern dazu kommen werden aus $ 16.-  plötzlich $ 70.- pro Tag. Das muss natürlich amortisiert werden und wir fahren kreuz und quer rum, um neben den Besorgungen auch möglichst viele Sehenswürdigkeiten mitzunehmen.

Die Agua Clara Schleusen sind sehr eindrücklich. Sicht auf den Gatun Lake, wo die grossen Schiffe auf die Einfahrt in die Schleuse warten.
Einfahrt in die Schleuse. Die neuen Schleusen können wesentlich grössere Boote (Schiffe mit bis zu 11’000 Containern an Bord!) als die alte Panamax-Klasse aufnehmen. Es werden auch keine Loks mehr, sondern Bugsierboote verwendet, um den Grossen rein zu helfen. Im rechten unteren Bild sieht man, wie die Schiebetore hinter dem Frachter zugehen.
Blick auf den Chagres River vom Fort San Lorenzo, welches aus zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, aus gesehen.
Tierbegegnung: Ein Coati (Nasenbär) kreuzt unseren Weg.
Puente Atlantico, die Brücke über den Panamakanal auf der Atlantikseite. Im Hintergrund vom rechten unteren Bild ist die Verkehrstrennung zwischen den alten Gatun-Schleusen und den neuen Agua Claro Schleusen zu sehen.

Am Samstag den 10.2. fahren wir zur Shelter Bay Marina, wo Uschi und Albert von der USI an Land stehen. Sie sind am Vorabend mit dem Flugzeug angekommen und haben uns freundlicherweise einen Ersatz für unser defektes Garmin InReach Gerät aus Deutschland mitgebracht. Die Wiedersehensfreude mit ihnen und Tom und Hajo, die mit ihrer SEGELBAR unmittelbar danebenstehen, ist gross. Leider bleibt uns nicht so viel Zeit, denn wir müssen den Mietwagen um zwei Uhr nachmittags in Colon wieder abgeben.

Der Autovermieter fährt uns von seinem Büro zum Busterminal in Colon. Colon ist eine Stadt mit einigen Gegenden in denen man nicht unbedingt zu Fuss unterwegs sein sollte. Und das Büro liegt in einer solchen Gegend, was auch unschwer zu erkennen ist, wenn man die heruntergekommenen Gebäude und die Stacheldrahtzäune sieht.

Hier sollte man als Fremder besser nicht alleine rumlaufen…

Wir haben uns entschieden mit dem Expressbus nach Panama City zu fahren, um die Stadt anzuschauen. Mitunter auch, weil es gerade Karnevalszeit ist und wir uns diesen gerne anschauen wollen. Ab Colon auf der Atlantikseite bis nach Panama City auf der Pazifikseite dauert es auf der Schnellstrasse gerade mal eine Stunde. Welch ein Kontrast zu der Dschungelstrasse zwischen Colon und Linton Bay!

Unser Hotel liegt zentral und wir können in zwanzig Minuten zu Fuss zur Altstadt Casco Viejo laufen. In der anderen Richtung geht es zur grossen Strand Avenue Cinta Costera. Beide Gebiete sind sehr schön, aber dazwischen kommt der zerfallene Teil von Panama City zum Vorschein. Es wimmelt regelrecht von Polizisten und so fühlen wir uns eigentlich ziemlich sicher, auch wenn wir alleine im Dunkeln zu Fuss unterwegs sind.

Die Skyline von Panama City und Casco Viejo by Night.

Das Hotelzimmer ist hingegen etwas speziell. Es ist gross und sauber und hat sogar eine kleine Bar und eine Küchenzeile mit Microwelle und Kaffeemaschine. Aber es hat keine Fenster nach draussen und damit kein natürliches Tageslicht. Das einzige Fenster geht einfach zum Hotelkorridor raus. Dafür ist die Zimmerbeleuchtung umso greller und verbreitet den Charme eines Operationssaales… Kein Wunder, dass wir nur zum Schlafen dort sind. Mangels Fenster ist es aber wirklich ruhig. Dafür hat das Hotel eine grosse Roof-Top Bar mit Swimmingpool und ohrenbetäubend lauter Musik.

Zimmer ohne Fenster, aber es hat wenigstens ein Spiegel um das neue Kleidchen für den Karneval anzuprobieren 😉
„Flucht“ auf die Dachterrasse vom Hotel
Abends in der Roof Top Bar vom Hotel

In Casco Viejo haben sie extra für den Karneval eine kleine Bühne auf dem Platz vor der Kathedrale aufgestellt, wo wir allerlei Tanzdarbietungen anschauen können. Jede Region von Panama hat seine eigenen Trachtenmuster, welche in den Tänzen stolz vorgeführt werden. Es ist alles sehr klein und ein bisschen improvisiert, sodass man hautnah an die Mitwirkenden rankommt.

Selbstverständlich haben wir uns als Touristen ausgetobt und neben diversen Kirchen und Museen haben wir auch den ein oder anderen Kaffee genossen. Sowohl Panama wie das nahegelegene Kolumbien sind für ihren Kaffee berühmt. Wie auch für die echten Panamahüte, welche aber tatsächlich in Ecuador hergestellt werden.

Rechts oben im Bild: Ein Pfund Geisha Kaffee hat 2013 einen Rekordpreis von $350.25 erzielt. Total crazy. Eine Tasse frisch gebrüht kostet heute $9 – das verkneifen wir uns 😉
Grafitti auf der Markthalle
Wer die Wahl hat, hat die Qual…
Biggi steht mein Hut auch nicht schlecht 🙂
Coole Effekte im Mola Museum.
Bisschen klein geschrieben die Schilder hier….
Die San Jose Kirche mit dem berühmten goldenen Altar.
Hier schaut man besser wo man hintritt… Solche Löcher gibt es überall entlang der Strassen und Trottoirs.

Am zweiten Abend wollen wir den grossen Karnevalsumzug entlang der Cinta Costera anschauen. Kaum dort, sehen wir eine riesenlange Schlange von Menschen, die für etwas anstehen. Da wir nicht so recht wissen warum sie dort stehen suchen wir uns jemand, der aussieht, als ob er Englisch sprechen würde um zu erfahren, ob wir uns auch dort anstellen sollen. So lernen wir David, einen Belgier, der schon seit 12 Jahren in Panama lebt kennen. Er ist mit seinem Hund und seine panamaischen Freundin Natalia dort. Natalia spricht auch sehr gut Englisch und die beiden nehmen uns unter ihre Fittiche. Die Schlange führt zur Sicherheitskontrolle um auf’s Festgelände zu kommen. Da es eine Leibesvisitation umfasst, müssen die Frauen und Männer getrennt anstehen. Da ist es gut, dass jeder von uns Nicht-Spanischsprechenden von jemand begleitet wird, der sich hier auskennt. David und ich sind schnell durch und Natalia und Biggi stossen ein paar Minuten später auch zu uns. Zusammen gehen wir durchs Festgelände und warten auf den Umzug, der eigentlich schon vor einer knappen Stunde hätte anfangen sollen. Nach einer weiteren Stunde in der wir uns mit den beiden sehr gut unterhalten haben, aber vom Karnevalsumzug noch weit und breit nichts zu sehen ist, reisst sogar ihnen der Geduldsfaden. Kurzentschlossen laden sie uns zu sich nach Hause ein. David hat ein Appartement unmittelbar an der Cinta Costera und wir können das Festgelände auch von dort sehen. Was uns dann erwartet, hat unsere kühnsten Erwartungen gesprengt. Das Appartement liegt im 19. Stock eines Appartementblocks im typisch amerikanischen Stil. Unten ist der Conciergebereich und es kommen nur Zutrittsberechtigte rein. Auf der Dachterrasse befindet sich ein grosser Pool und das hauseigene Fitnesscenter ist direkt daneben. Alles ist natürlich voll klimatisiert, denn die Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind in Panama City recht krass. Die Wohnung selber ist auf der einen Seite voll verglast und hat eine formidable Aussicht auf den Pazifik und die Skyline von Panama City. Und wenn man direkt runter schaut sieht man die Cinta Costera und das gesamte Festgelände. Wir sind ziemlich geflashed und quetschen die beiden im Laufe des Abends über das Leben und die Gebräuche in Panama regelrecht aus. Vor allem seine Sicht als Europäer, der die letzten 20 Jahre in verschiedenen Ländern in Lateinamerika gelebt hat ist für uns sehr interessant. Die Wohnungen in Panama City sind im Vergleich zu USA oder Europa sehr günstig. Der Leerwohnungsbestand ist sehr gross, dass ist sogar uns aufgefallen, als wir durch Panama City gelaufen sind, und es wird weiterhin sehr viel gebaut. So kostet seine 100 qm Wohnung voll möbliert inkl. Gas und Wasser und einem Garageneinstellplatz unter 1‘000- US$ im Monat. Eine vergleichbare Wohnung an einer solchen Top Lage wäre in USA oder Europa um ein Mehrfaches teurer.

Wohnen an bester Lage. Unverbaubare Sicht auf den Golf von Panama und die Cinta Costera. Hier sehen wir das Festgelände von oben und das Feuerwerk.

Am nächsten Tag wollen wir eine Tour mit dem Hop-on Hop-off Bus machen. An der Haltestelle werden wir von einem Taxifahrer angesprochen, der uns dieselbe Tour für einen günstigeren Preis als reine Privattour offeriert. Nach kurzer Überlegung schlagen wir ein und haben danach mit Junior unseren eigenen Privatchauffeur. Da wir einige Sehenswürdigkeiten, wie den Panama Kanal bereits auf der Colonseite angeschaut haben, können wir die Tour auf unsere Wünsche anpassen. Junior spricht ungefähr so gut (bzw. schlecht) Englisch wie ich Spanisch und so gestaltet sich die Unterhaltung mitunter etwas holprig. Gemeinsam schaffen wir das aber und das eine oder andere Missverständnis führt zu viel Gelächter im Auto.

Down Town Panama City
Sicht auf Panama durch den Dschungel vom 199 m hohen Cerro Ancon (ein Hügel mit Aussicht) aus.
Bridge of the Americas: Das Tor zum Pazifik am Ende vom Panamakanal.

Abends gehen wir nochmals zum Festgelände und heute sind wir schon wie alte Hasen, was das Anstehen usw. angeht. Dieses Mal ist der Umzug tatsächlich halbwegs pünktlich unterwegs, aber im grossen Ganzen finden wir es jetzt nicht unbedingt sooo toll. Es wurde uns im Vorfeld schon gesagt, dass es bessere Orte als Panama City gäbe um den Karneval zu erleben. Der Karneval-Hot-Spot schlechthin sei Las Tablas, aber das war uns mit mehreren Stunden Autofahrt von Panama City aus definitiv zu weit weg.

Tags darauf machen wir uns auf die Rückreise. Das Expressbus Terminal von Panama City ist unmittelbar neben der Albrook Mall, einem riesigen Einkaufszentrum. Und mit riesig meinen wir auch riesig! So etwas haben wir bis jetzt noch nie gesehen. Es sei das zweitgrösste Einkaufzentrum auf dem gesamten amerikanischen Kontinent (also inkl. USA…). Da sind sogar diverse Autohäuser im Einkaufszentrum drin.

Zu Fuss ein ideales Marathontraining…
Jeder der vielen Eingänge ist nach einem Tier benannt
Autoverkauf im Einkaufzentrum. Eine Wand voll Sneakers, jedes Paar 24.90 $

„Schatz hol auf dem Heimweg bitte etwas Käse und Milch und bring auch gerade ein neues Auto mit!“ Alles ist einfach gigantisch und wir sind schlichtweg überfordert.

Mit dem Expressbus geht es zurück nach Colon bzw. Sabanitas, wo wir auf den altbekannten Ex-US-Schulbus umsteigen und die letzten zwei Stunden über die Dschungelpiste nach Linton Bay gondeln.

Der Kulturschock könnte nicht grösser sein – morgens noch im immensen Shoppingparadies und abends wieder in der Dschungelmarina bei den Brüllaffen. Panama ist wirklich ein Land der Extreme.

Abendstimmung in Linton Bay

Kaum zurück an Bord haut es Biggi im wahrsten Sinn des Wortes um. Sie wird krank und schläft 36 Stunden einfach durch, dann ist sie ein paar Stunden wach (kurz das Schiff rauswischen und Wäsche waschen 🙂 ), nur um nochmals für 12 Stunden wegzudösen. Sie ist quasi vom Mittwochabend bis Freitagmittag komplett ausgefallen. Wir können uns nicht erklären, was das gewesen sein könnte, aber zum Glück ist der Spuk danach vorbei. Zum Glück auch, weil ein Wetterfenster mit schwachen nordwestlichen Winden für den Sonntag vorhergesagt wird. Die Strecke von Linton Bay zurück zu den San Blas ist nämlich im Normalfall gegen Wind und Welle und das wollen wir natürlich gerne vermeiden.

Am Samstag fahren wir nochmals mit dem Bus nach Sabanitas um unseren Frischwarenvorrat aufzustocken. Der Busfahrer übersieht uns fast und legt dann eine Vollbremsung hin, sodass die Hinterräder blockieren und es nach verbranntem Gummi riecht. Im Bus drin lachen alle als wir an Bord springen. Das muss man sich mal in Europa vorstellen… So ein Manöver und der Fahrer hätte vermutlich eine Anzeige am Hals. Hier löst das nur Heiterkeit aus. Uns ist Panama langsam richtig sympathisch.

Anstatt „nur“ ein paar Frischwaren zu kaufen, machen wir den Fehler nochmals in ein grossen Heimwerkermarkt rein zu laufen. Natürlich haben sie die lange von uns gesuchte Bratpfanne, eine grosse Plastikwanne (für zukünftige Fischfänge) und sonst einige Sachen, die auf unsere „Möchten wir gerne haben“-Liste stehen. Am Schluss stehen wir bepackt wie die Mulis an der Bushaltestelle um nach Linton Bay zurück zu kommen. Die Schulbusse haben keinen Gepäckraum und sind meistens völlig überfüllt, also müssen wir durch die Türe am Heck einsteigen und zurückfahren. Biggi ergattert noch einen normalen Sitz, aber ich muss auf einer grossen Holzbox neben unserem Gepäck sitzen. Jetzt verstehe ich auch woher die wummernden Bässe der Musikanlage kommen. Ich sitze nämlich auf der vibrierenden Holzbox mit dem Subwoofer drin… Die Musik geht wahrlich durch Mark und Bein und die ohnehin anstrengende Fahrt kommt mir unendlich vor…

Mitfahren sozusagen im Gepäckraum.

Mit dem ersten Tageslicht und dem Morgengebrüll der Brüllaffen tuckern wir aus der Marina raus. Der Wind hat tatsächlich komplett nachgelassen und die See ist ungewöhnlich ruhig.

Verlassen der Marina

Nach acht Stunden ruhiger Motorfahrt (ohne Seekrankheit!) fällt der Anker im klaren Wasser und wir sind wieder an unserem Lieblingsankerplatz in den San Blas hinter der Insel Banedup in den Hollandes Cays angekommen.

Banedup von oben. (Drohnenaufnahme von Alex Kiermayer und Karin Wenger von der MABUL)
In der ersten Reihe liegt es sich am schönsten 🙂

Endlich wieder im klaren Wasser baden und die neu erstandene Hängematte ausprobieren

Erster Versuch: Auf dem Vordeck. Nicht schlecht, aber voll in der Sonne…
Zweiter Versuch: Im Cockpit. Schon besser, da im Schatten, aber irgendwie auch nicht optimal, da es das ganze Cockpit blockiert.
Dritter Anlauf: Perfekt!!

Unsere ursprünglichen Pläne Mitte März durch den Panama Kanal zu gehen haben wir inzwischen begraben und den Kanaltermin abgesagt. Wir wollen lieber etwas mehr Zeit in Panama verbringen. Dieses Land fasziniert uns und wir haben bis jetzt nur einen kleinen Teil davon gesehen. Die Südsee muss warten.

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San Blas – Eine Insel für jeden Tag im Jahr

San Blas – Eine Insel für jeden Tag im Jahr

24.12.2023 – 19.01.2024, San Blas, Logstand seit Start 8’156 sm

Wir sind nun seit kurz vor Weihnachten in San Blas bzw. Kuna Yala (oder Guna Yala) wie die Indianer ihr Territorium lieber nennen. Die Guna- (oder Kuna-, beide Schreibweisen scheinen OK zu sein) Indianer verwalten dieses Gebiet mehrheitlich autonom, obwohl es eigentlich zu Panama gehört. Das führt dann auch zu einem etwas kuriosen Anmeldeprozedere, da beide „Nationen“ ihre Administration haben. Nachdem man es verstanden und alles korrekt gemacht hat, ist man frei ein wahrhaft traumhaftes Inselparadies zu erkunden.

Porvenir, die „Einklarierungsinsel“. Sogar mit richtigen Telefonzellen!
Das grösste Bauwerk auf Porvenir ist diese Landebahn, die aus Korallenblöcken vom Riff aufgeschüttet ist. Sie bedeckt die ganze Insel, ist aber nicht gerade in einem vertrauenserweckendem Zustand…
Die Regeln an die man sich in San Blas halten soll und die Tarife für die Segelerlaubnis

Dieses Gebiet umfasst fast 365 kleine bis sehr kleine Inseln unweit des Panamaischen Festlandes und erstreckt sich von der Kolumbianischen Grenze bis nach Colon. Das dahinterliegende Festland ist der „Darien“ und ist meistenteils völlig unwegsames Dschungelgebiet. In dieser Inselwelt gibt es eine Vielzahl von Ankerplätzen, wie man sie aus Ferienprospekten kennt – ausser, dass es keinerlei Infrastruktur hat. Lass alles weg, was wir so als selbstverständlich kennen und du bekommst eine Vorstellung davon wie es hier ist. Hier gibt es keine Autos – und daher natürlich auch keine Verkehrsstaus – nicht mal Roller sieht man hier. Es gibt hier schlichtweg gar keine Fahrzeuge oder ausgebaute Strassen. Das braucht es gar nicht, denn die Inseln sind so klein, dass man sie locker zu Fuss umrunden kann – manchmal in weniger als 10 Minuten. Schuhe braucht man übrigens auch keine, denn meistens läuft man barfuss entlang den Sandstränden oder über von Hand angelegte Pfade auf den Inseln, wo es anscheinend keine stacheligen Pflanzen gibt.

Eine typische Kuna Hütte, welche innen erstaunlich kühl ist
Wer Schuhe trägt ist over dressed:-)

Ausser auf ganz wenigen Inseln nahe am Festland gibt es nirgends Strom oder fliessend Wasser. Auch Häuser sucht man vergebens, die meisten Behausungen sind aus Holz, Bambus und Palmwedeln gemacht. Als Boden dient ein Erdboden und auch Möbel sind unbekannt – ein paar Hängematten und grob zusammengezimmerte Holzbänke ist alles was es braucht. Apropos brauchen – es gibt hier auch keine Supermärkte, auf den allermeisten Inseln gibt es nicht mal einen kleinen Laden. Es gibt einfach nichts zu kaufen. Wir gehen davon aus, dass der Januar 2024 der billigste Monat unsere bisherigen Reise sein wird. Auch mal gut.

Wie in den Ferien 🙂

Viele der Kleinstinseln sind trotzdem bewohnt, wenn auch nur von einer Familie. Alles was sie vom Festland benötigen, wird mit kleinen offenen Motorbooten oder sogar mit von Hand gepaddelten Einbäumen gebracht. Denn ausser Fisch und Kokosnüssen gibt es auf den Inseln nichts, nicht mal Trinkwasser! Abends gehen manchenorts ein paar vereinzelte Solarlampen an. Manchmal hört man einen kleinen Benzingenerator surren, aber meistens ist es dunkel und still. Das einzige Geräusch was immer zu hören ist, ist die Brandung auf den vorgelagerten Riffen – ein ewiges Rauschen und Grollen, das niemals aufhört.

Coco Bandero: Die Insel im linken Bild ist tatsächlich von einer Familie bewohnt. Ihre Hütte nimmt einen grossen Teil der Insel ein.
Green Island, hinter der Insel ist das Riff, wo die Brandung nie aufhört.

Mehr als einmal werden wir von den Kunas nach Wasser gefragt, was wir ihnen selbstverständlich gerne geben. Einen eigenen Wassermacher zu haben ist hier ein wahrer Segen. Aber um den zu betreiben braucht man Energie was hier ebenfalls Mangelware ist. Obwohl wir es mit eigenen Augen sehen, ist es schwer zu verstehen, wie die Leute in so einfachen Verhältnissen leben können und trotzdem sehr zufrieden und glücklich wirken. Wie anders sind wir doch, die wir denken ohne all diesen Luxus nicht auskommen zu können? Solche Erlebnisse stimmen nachdenklich und führen uns wieder einmal vor Augen, wie unendlich privilegiert wir sind.

Ein Einbaum „Cayuco“ vor den ankernden Yachten. Zwei Welten prallen aufeinander.
Gemeinsames Feuer und Fischgrillen am Strand in Bandedup

Etwas was hier auch komplett „fehlt“ ist Kriminalität. Die Kunas sind extrem friedlich, freundlich und unaufdringlich und wir haben uns selten irgendwo so sicher gefühlt, wie hier. So wie es scheint ist die Kunagesellschaft in dieser Hinsicht selbstregulierend und Verstösse gegen ihre Ordnung werden intern vom Ältestenrat im „Congresso“ beraten und gegebenenfalls Massnahmen zur Wiedergutmachung verhängt. Obwohl es inzwischen einige Hundert Yachten hier hat, ist seit Jahren kein einziger Fall von einem Diebstahl bekannt.

Auf einigen Inseln haben die Kunas einfache Strandbars oder Restaurants eröffnet, die von den Yachties gerne besucht werden. So auch auf Banedup, eine Insel, vor der wir einige Tage lagen. Die Strandbar wird abends zum Treffpunkt und auch wir besuchen sie gerne. Eines Abends wollen wir wieder zur Strandbar fahren als wir feststellen, dass unser Portemonnaie fehlt. Schnell wird uns klar, dass wir es am Vorabend in der Bar haben liegen lassen (Man soll seine Sachen IMMER sofort einpacken…). Kaum dort angekommen, werde ich von der Barbetreiberin, eine ältere Kuna freundlich angelächelt und mit einem „Billetera?“ begrüsst. Auf mein aufgeregtes „Si, Si!“ bekomme ich unseren Geldbeutel ausgehändigt – inkl. des gesamten Inhalts! Es wurde nichts rausgenommen, vermutlich haben sie nicht mal reingeschaut. Selbstredend, bekommt sie einen grosszügigen Finderlohn.

Besuch in der Beachbar, wo wir unser Portemonnaie vergessen haben mit den Crews der CATHERINE (NL), ELIN (SWE) und ODINE (D).
Drei Blondinen an der Bar. 🙂

Die Strecken zwischen den Ankerplätzen sind hier schon fast absurd kurz, oft weniger als 5 Seemeilen. Bei diesen Abständen lohnt sich das Segeln nicht wirklich. Das liegt jetzt weniger an unserer (zugegeben) ausgeprägten Faulheit, sondern daran, dass wir unsere Motoren nur dann anstellen, wenn wir das Boot bewegen. Viele andere benutzen ihre Maschinen um die Batterien zu laden. Das haben wir mit genügend Solarzellen bewusst anders gelöst, weil es ziemlich ineffizient ist, einen grossen Dieselmotor laufen zu lassen nur um die Batterien zu laden. Im Gegenzug schauen wir, dass unsere Maschinen – wenn sie denn gebraucht werden – auch richtig warm werden. Da ist es sinnlos die Motoren sofort nach dem Anker heben wieder abzustellen, 4 Meilen zu segeln und sie dann wieder anzustellen. So mutiert RARE BREED hier ein wenig zum Motorboot.

Links was wir im Dezember gesegelt sind. Die Strecke im rechten Bild ist was wir seither hier in San Blas gemacht haben und umfasst gerade mal 50 sm…
Gemütliche Kurztörns von Insel zu Insel
Obwohl wir jedes Mal unseren Köder baden, hat hier bis jetzt noch nichts angebissen. Übrigens ist diese günstige Handleine viel einfacher und effizienter als die teure Angelrute mit Rolle… wenn dann mal einer anbeisst.

Die Ankerplätze die wir aufsuchen sind oft wirklich im Niemandsland, wo es ausser unbewohnten Palmeninseln (für Strandspaziergänge und vielleicht ein abendliches Strandfeuer) und Riffe (zum Schnorcheln) nichts gibt.

Vor Anker in der kleinen Lagune bei Esnadup

Manchmal kommen ein paar Kunas in einem Cayuco (Einbaum) angepaddelt und bieten Fisch, Krabben oder Lobster an. Alles zu sehr moderaten Preisen. Ab und zu kaufen wir ihnen etwas ab, denn so können sie etwas dazu verdienen und wir haben dafür etwas Besonderes zum Abendessen. So bekommen wir z.B. im Coco Bandero Atoll eine grosse Krabbe angeboten. Erst nachdem wir mit der Krabbe alleine sind und uns überlegen, wie wir das Riesenvieh zubereiten sollen, wird uns klar, dass es sich um eine Königskrabbe (auch Monsterkrabbe genannt) handelt. Diese Krabben sollen anscheinend eine heiss begehrte Delikatesse sein. Uns schmeckt sie auf jeden Fall sehr gut und die fünf(!!) Dollar, die wir dafür bezahlt haben stehen in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Wert. Das wissen wohl auch die Kunas nicht, denn die Lobster (Hummer) werden üblicherweise für den dreifachen Preis angeboten, was aber immer noch sehr moderat ist. Bisher haben wir erst einmal einen Lobster gekauft, denn meistens sind die angebotenen Tiere viel zu klein und hätten gar nicht erst gefangen werden dürfen. Leider hält sich niemand an diese Regeln, aber wir wollen es wenigstens nicht noch fördern indem wir solche Babylobster kaufen.

Regelmässig kommen fliegende (oder eher schwimmende) Händler mit ihren Booten vorbei und bieten Gemüse, Früchte, Eier und manchmal auch Bier, Wein, Softdrinks, Benzin und sogar ganze Hühner inkl. Kopf und Füsse an. Da es die einzige Einkaufsmöglichkeit ist, wird dieser Service von den Yachties sehr geschätzt.

Manchmal ist das Gemüseboot am Strand…
… und manchmal kommen sie direkt zum Boot.

Das Schnorcheln ist hier schon anders als in der östlichen Karibik. Das Wasser ist oft nicht wirklich klar, da die Flüsse vom Festland Sediment bis zu den Inseln raustragen. Die Riffe sind mit vielen Weichkorallen oft in einem besseren Zustand und man sieht hier öfter mal grössere Spezies wie Adlerrochen und Ammenhaie. Fische sieht man leider wenig, was uns wundert und traurig stimmt. Die Befischung ist wohl auch hier zu stark.

Anscheinend soll es hier auch Bullen- und Zitronenhaie und sogar vereinzelte Krokodile geben, von dem wir bisher (zum Glück) keine gesehen haben. Die beiden grossen Ammenhaie, die in Coco Bandero immer wieder um unser Boot schwimmen, sind für Biggi schon Grund genug auf’s Schnorcheln zu verzichten. Ich hätte wohl besser nichts gesagt, als ich die Tiere unter dem Boot entdecke just in dem Moment wo sie sich zum Schnorcheln bereit macht…

Neugierige Ammenhaie am Heck von RARE BREED

Ein Ankerplatz wird der „Hot Tub“ genannt. Es ist eine Art Pool zwischen den Riffen. Da das Wasser zuerst relativ weit über das flache Riff strömt, wärmt es sich entsprechend in der Sonne auf. Leider kann man dort aber gar nicht ins Wasser, da es mit einer Strömung von etwa drei Konten durch den Ankerplatz „düst“. Ich wundere mich noch, dass RARE BREED beim Ankern so schnell nach hinten treibt. Als wir dann still liegen gurgelt es von der Wasserströmung am Heck, wie wenn wir noch segeln würden. Wer da unvorbereitet ins Wasser springt (z.B. um den Anker zu kontrollieren) findet sich urplötzlich weit hinter dem Boot ohne Chance selbst zurück zu kommen… Unangenehme Vorstellung…

Die Einfahrt in den Hot Tub zwischen den Riffen. Wenn man hier nicht ganz vorsichtig und genau navigiert kann man ganz schnell in Schwierigkeiten geraten.
Die Reste einer Yacht, die auf ein Riff aufgelaufen ist…

Unser SUP hat sich hier leider auch „in Luft aufgelöst“. Plötzlich macht es draussen ein lautes „Pffsschhh“ und das prall aufgeblasene SUP verwandelt sich in eine runzelige Wurst. Eine Reparatur ist zwecklos, denn die Klebenähte weisen an viel zu vielen Stellen Ablöseerscheinungen auf. Gerade mal zwei Jahre alt und schon futsch, obwohl es die meiste Zeit unter Deck in seinem Sack verbracht hat – das ist ärgerlich. Getreu dem Motto „Jeder Schaden hat auch sein Gutes“ wird die Aufnahme für die kleine Finne unten am SUP weggeschnitten und stattdessen an „Pinky“, unserem kleinen Kajak aus Grenada geklebt, damit das Ding endlich einen etwas besseren Geradeauslauf bekommt. Doof nur, dass wir erst nach dem Ankleben merken, dass wir die Aufnahme 180 Grad verkehrt herum angebracht haben – jetzt schaut die Finne halt nach vorne statt nach hinten. Shit happens…

Nicht ganz so wie wir uns das vorgestellt hatten…

Gewisse Ankerplätze sind regelrechte „Cruiser-Hot Spots“, wo es eine Strandbar oder vielleicht sogar ein kleines Restaurant hat. Nach ein paar Tagen Robinsonleben ist es manchmal ganz schön wieder andere Yachties zu treffen. Von den Booten, die wir in Curaçao kennen gelernt haben, sind noch einige hier und daneben haben wir hier auch ein paar neue Freunde gewonnen. Über WhatsApp tauscht man sich aus und schaut, dass man sich immer wieder irgendwo trifft. „Isla Banedup“ in den Cayos Holandeses ist so ein Ort. Dort gibt es Ibin’s Restaurant, eine rustikale aus Holzbrettern zusammengebastelte Hütte am Strand bzw. über dem Wasser.

Gekocht wird auf uralten Gasherden, abgewaschen mit Meerwasser (es gibt auf Banedup kein fliessend Wasser) und der Kühlschrank und das Licht wird von Sonnenzellen und einem kleinen Benzingenerator mit Energie versorgt. Eine Speisekarte gibt es nicht, denn gekocht wird, was jeweils gerade verfügbar ist und das ist was Elmer, der Besitzer vom Gemüseboot, in Panama bekommen und was die anderen Kunas im Meer fangen konnten. Auf den ersten Blick würde man dort bestenfalls einfachstes Essen erwarten, aber weit gefehlt! Ibin (ebenfalls ein Kuna) ist ausgebildeter Koch und hat früher in wirklich guten Restaurants gearbeitet. Was er mit diesen begrenzten Mitteln auf den Teller zaubert grenzt schon bald an ein Wunder! Hier verbringen wir auch Weihnachten und geniessen zusammen mit vielen Freunden ein hervorragendes, wenn auch etwas ungewohntes, Weihnachtsdinner.

Weihnachtsdinner am 25. Dezember 2023 mit den Crews von KUJIRA (NZL) und CATHERINE (NL)
Natürlich besuchen wir Ibin nochmals. Auch seine Pizzen sind sensationell!
Silvester verbringen wir auf einem einsamen Ankerplatz in Waisaladup, weil wir dem Rummel in Banedup aus dem Weg gehen wollen
Ein feines Silvestermenu à la Biggi: Panierte Auberginenscheiben mit Kartoffelgratin und einen kühlen Weisswein – Lecker!

Jeder, der schon eine Zeit in den San Blas ist, kennt die „Molas“. Das sind bunte von Hand bestickte Vierecke aus mehreren Stofflagen. Ursprünglich dienten sie als Schmuck auf den Vorder- und Rückseiten auf den Blusen der Frauen. Inzwischen werden sie vor allem als kunstvolle Souvenirs verkauft. Sie sind allesamt sehr schön anzuschauen und haben verschiedene Muster mit Tier- oder Pflanzenmotiven, geometrische Muster oder spirituelle Symbole. Die Qualitätsunterschiede sind erst beim genauen Hinschauen zu entdecken. Die „einfacheren“ Molas werden für USD 15-20.- gehandelt, es gibt aber durchaus solche, die 100.- oder mehr kosten.

„Touristen-Molas“ in Porvenir

In Waisaladup in den westlichen Cayos Holandeses kommt Venacio, ein etwa 70-jähriger Kuna zu uns ans Boot um Molas zu verkaufen. Anfänglich lehnen wir dankend ab, da wir ein paar Tage zuvor zwei (in unseren Augen) schöne Molas erstanden hatten. Aber Venacio gibt so leicht nicht auf. Er hat eine verschmitzte und doch überzeugende Art, spricht ein wenig Englisch und so dauert es nicht lange bis er bei uns im Cockpit sitzt und seine Schätze ausbreitet. Was folgt ist eine ca. zweistündige „Mola-Ausbildung“ und nach und nach kommen immer teurere und tatsächlich auch wirklich viel aufwändigere Molas zum Vorschein. Es kommt wie es kommen muss – am Schluss kaufen wir ihm doch zwei Molas ab und zwar für USD 180.- (!!) Das nenne ich einen super Verkäufer! Aber wir müssen wirklich zugeben, dass diese beiden Molas in einer ganz anderen Liga als die ersten beiden sind, die wir vorher erstanden haben. Diese Molas sind bis ins Detail haargenau gefertigt und eine wahre Pracht zum Anschauen. Im nachfolgenden Gespräch (mit unseren begrenzten Spanischkenntnissen teilweise ziemlich holperig) versucht Venacio uns einige Brocken der Kuna-Sprache beizubringen. Alles in allem ein teurer, aber doch sehr lehrreicher und vergnüglicher Nachmittag.

Detailaufnahme einer richtig guten Mola. Das ist alles von Hand genäht.

Ein Wermutstropfen bleibt aber. Obwohl so abgelegen und von der Zivilisation unberührt, sind die San Blas Inseln leider von Plastikabfall übersäht. Dabei ist es kein selbergemachtes Problem, sondern die Tatsache, dass die Riffe und Inseln der San Blas wind- und strömungstechnisch gesehen „am Ende“ vom Karibischen Meer liegen. Hier wird täglich neuer Plastikabfall angeschwemmt. Die Strände sind von Petflaschen, Crocs, Flipflops, Styropor, Plastiksäcken, Rucksäcken und sonstigem Müll übersäht. Es sind unvorstellbare Mengen, die hier rumliegen und es kommt täglich Neues hinzu. Anfänglich sammeln wir es noch ein, aber nachdem es keine Möglichkeit gibt, es hier los zu werden müssen wir schweren Herzens damit aufhören. Wenn man das sieht fällt es einem sehr schwer daran zu glauben, dass unser Planet nicht im Müll ersticken wird.

PET Flaschen, Crocs und anderen (Plastik-)Müll ist leider auf allen Inseln zu sehen.

Um dem beschaulichen Leben hier etwas entgegen zu setzen, haben wir wieder angefangen jeden Morgen Sport zu machen. Das ist auch bitter nötig, denn ausser ein paar Strandspaziergängen und etwas Schnorcheln bewegen wir uns viel zu wenig. Im Heimaturlaub haben wir ausserdem beide (wen wundert‘s…) ein paar Pfunde zugelegt, also muss etwas gemacht werden. Mit der Wiederaufnahme vom 16/8 Speiseplan und dem Sport, merken wir langsam erste Ergebnisse. Yess! Ein positiver Nebeneffekt ist, dass wir wegen 16/8 tatsächlich weniger essen und unsere Vorräte an Frischwaren länger herhalten. Das ist etwas was hier durchaus von Vorteil ist. Unsere Gefriertruhe, die wir letzten Frühling in St. Martin gekauft haben, wird plötzlich zum richtigen Luxusgut. So haben wir immer noch Fleisch vom Thunfisch eingefroren, den wir auf dem Weg hierher gefangen haben.

Die Regentage nutzen wir, um kleinere Arbeiten an Bord zu erledigen.
Unsere nicht mehr benötigten Sonnenschütze der vorderen Fenster werden zu seitlichen Schattenspendern im Cockpit – „Up Cycling Projekt 1“
Die Gurtbandrolle für den Heckanker bekommt einen Sonnenschutz aus Stoffresten.- „Up Cycling Projekt 2“
Und wenn es schön ist, machen wir Strandspaziergänge
Besuch auf Tiadup, einer Insel die am Verschwinden ist. Vor ein paar Jahren standen hier noch ausgewachsene Palmen. Jetzt sieht man die Strünke noch im Wasser. Der steigende Wasserspiegel ist auch in den San Blas ein Riesenproblem und die Inseln schrumpfen immer weiter, bis sie irgendwann einfach verschwinden bzw. noch als Untiefe in der Seekarte stehen.
Nächtlicher Besucher
Der Katamaran „SIRIUS 2“ fängt die Sonne ein

Die ruhigen Tage hier in den San Blas geniessen wir ganz bewusst, denn danach wird es mit grösseren Segelstrecken losgehen. Wenn die Planung aufgeht wollen wir Mitte März durch den Panamakanal gehen und dann liegt das grösste Meer der Welt – der Pazifik – vor uns. Dann ist für lange Zeit nichts mehr mit kurzen Tagestörns.

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Ein Wetterfenster zu Weihnachten

Ein Wetterfenster zu Weihnachten

29.11. – 23.12.2023, Curaçao – San Blas, Logstand seit Start 8103 sm

Die beiden Wochen nach unserer Rückkehr aus Europa haben wir in der Marina in Curaçao verbracht. Einerseits, weil wir noch zwei Sachen am Boot machen mussten, für die wir gerne externe Hilfe in Anspruch genommen haben und andererseits, weil die Gemeinschaft unter den Seglern dort so angenehm war.

Einige Projekte, wie diese Dieselfilteranlage haben wir so nebenher gemacht
Unser Bordgecko auf Aussenmission

Projekt 1: Neues UKW Kabel in den Mast einziehen

Geschätzter Zeitaufwand: 1 Stunde… Wir hatten bemerkt, dass unser UKW und AIS Empfang, welche beide von der gleichen Antenne im Masttopp abhängen, immer schlechter wurden. Die Antenne hatten wir vor einem Jahr in Grenada schon erneuert, aber das Kabel im Mast war so alt wie das Boot. Das neue Kabel hatten wir aus Deutschland mitsamt zugehörigem Spezialstecker mitgebracht. Die Bedienungsanleitung für den Steckerzusammenbau entsprach leider nicht dem Modell, welches wir hatten. Zum Glück gibt es für fast Alles Instruktionsvideos auf YouTube…

Zusammen mit Uwe von der LUWINA, versuchen wir uns schlau zu machen, wie der Stecker zu löten ist

Das neue Kabel war ausserdem etwa doppelt so dick wie das alte, entsprechend schwierig war es dann auch, es durch die Löcher im Mast zu bekommen. Das alte Kabel wurde oben im Masttopp mit dem neuen mittels Schnur und extrastarkem Klebeband verbunden. Der Rigger hing oben im Masttopp und fütterte das Kabel Zentimeter um Zentimeter rein während ich unten am Mastfuss am alten Kabel gezogen habe. Es ging alles gut, bis wir mit dem neuen (dickeren) Kabel durchs kleine Loch unten im Mast mussten. Die Verbindung hielt den Belastungen nicht stand und ich sass plötzlich mit dem abgerissenen Ende vom alten Kabel da und das neue war unerreichbar im Mast drin! Typisch Bootsarbeiten: Wie aus einer stündigen Arbeit plötzlich deren drei werden. Nachdem wir mit einem Endoskop (ja, haben wir tatsächlich an Bord!) das neue Kabel im Mast drin identifiziert hatten konnte ich ein neues grösseres Loch oberhalb vom alten bohren und irgendwann war das Werk dann vollendet.

Oben schieben, unten ziehen.
Neues Loch im Mast und das fertig gesicherte Kabel
Der zweite Stecker (für die Montage unten im Boot drin) ging dann ganz fix.

Projekt 2: Abdichten vom Plexiglasdom über dem Niedergang

Geschätzter Zeitaufwand: 1 Stunde… Da der „Klebefuzzi“ nach dem ersten Augenschein erst wieder nach gut einer Woche an Bord aufgetaucht ist, war die Zeitplanung mal wieder im Eimer. Leider war nur eine Art Notreparatur möglich indem von aussen und innen neue Klebenähte gelegt wurden. Ich hätte den Dom am liebsten ganz ausgebaut und komplett neu verklebt. Aber das Risiko, dass der selbige dabei beschädigt wird, war einfach zu gross. Ein Ersatz des in zwei Ebenen gewölbten Doms wäre auf Curaçao nicht aufzutreiben bzw. herzustellen gewesen. Hoffen wir, dass der Spezialkleber so gut hält, wie es auf der Verpackung versprochen wird…

Dies ging natürlich – wir sind in der Karibik – alles viel länger als geplant und plötzlich waren wir schon zwei Wochen in der Marina. Das war (abgesehen von den lästigen Stechmücken dort) gar nicht so schlimm, denn die bunte Mischung aus Seglern, die fast alle ihr Boot auf den Pazifik vorbereiteten, war wohltuend anders als die, die wir bis jetzt in der Karibik oft getroffen hatten. In der östlichen Karibik waren viele grosse Katamarane mit wohlhabenden Amis oder Kanadiern, die zwar auch nett waren, aber sich mehr für die sozialen Anlässe als fürs Segeln interessierten. Es waren oft Rentner, die das Winterhalbjahr auf ihren Booten in der Karibik verbrachten, kurze Tagestörns zwischen den Inseln machten und das Sommerhalbjahr zuhause bei den Enkeln verbrachten. Ein längerer Schlag war nie vorgesehen und die Segelerfahrung der Skipper, die ihre Boote zum Teil in der Karibik gekauft hatten war zum Teil erschreckend gering.

Hier in Curaçao, 400 sm westlicher als die kleinen Antillen waren nur diejenigen, die entweder in den Pazifik wollten, oder den Aufwand auf sich nahmen die langen und anspruchsvollen Strecken quer über das Karibische Meer zu den grossen Antillen Inseln zu segeln. Es waren oft ältere und manchmal auch kleinere Boote, wir waren der einzige Katamaran in der Runde. Die Segler wirkten entspannter und die Gespräche drehten sich um Themen wie Reparaturen, Segelrouten, Proviantierung usw. Alle hatten etwas zum Reparieren an ihren Booten und man half sich gegenseitig. Abend sass man häufig in der „Palapa“, eine gedeckte Hütte mit einer Grillstelle, zusammen und hat gemeinsam gegrillt und gequatscht.

Einer der Segler, Moritz, ein Deutscher aus der Schweiz, hatte seine alte Segelyacht an Land und zudem ein kleines Auto gemietet. Dieses Auto hat er freundlicherweise jedem ausgeliehen, der etwas besorgen musste – und das waren viele! Das Auto bekam schnell den Namen „Die Werftschlampe – jeder darf bei ihr auf- (bzw. ein-) steigen!“

Die „Werftschlampe“ haben wir auch benutzen dürfen um Gas zu holen. Der Minibus Fahrer war wohl kein Fan vom übermässigen Autowaschen…
Auch im Baumarkt weihnachtet es sehr…

Gerne haben wir uns bei Moritz erkenntlich gezeigt und neben einigen Spaghetti Essen bei uns an Bord konnte er mit unserer starken Winkelbohrmaschine zwei grosse Löcher in seinen Edelstahltank bohren. Win-win Situation.

Abendlicher Ausflug nach Willemstad mit Moritz
Die Floating Bridge im Weihnachtskleid

Gegen Mitte der zweiten Woche kam bei vielen die Aufbruchsstimmung auf. Es kündigte sich ein Wetterfenster für die Strecke von Curaçao nach Panama an. Diese Strecke ist bei Seglern berühmt berüchtigt und am ehesten mit der Biskaya im Atlantik zu vergleichen. Jeder wusste eine Story zu erzählen, wie Leute auf dieser Strecke „gehämmert“ worden sind. Der Grund für diese Sorgen ist sehr berechtigt, denn die Passatwinde sind um diese Jahreszeit (Christmas Winds) meistens sehr stark und der Seegang kann sich auf einer Strecke von knapp 1000 sm über die offene See zu gewaltigen Höhen aufbauen. Dazu kommt der Kontinentalschelf vor der Küste von Kolumbien, der (wie in der Biskaya) die Wellen noch höher werden lässt. Von Curaçao sind es ca. 650 sm bis Panama, eine Strecke, die – je nach Boot – vier bis fünf Tage dauert.

Die Route von Curaçao nach Panama führt in einem weiten Bogen durch die Karibische See

Das Wetterfenster versprach eine Periode von 3-4 Tagen mit schwachen bis moderaten Winden und eine starke mitlaufende Strömung. Besser als so kann es hier eigentlich nicht werden. Also haben wir uns auch Gedanken gemacht, ob wir nicht doch jetzt schon gehen wollten… Ich hatte diese Strecke vor 30 Jahren schon mal gemacht und wusste was auf uns zukommen könnte und wollte Biggi mit ihrer Anfälligkeit für Seekrankheit nicht unnötig leiden lassen. Also statt nochmal zurück nach Spanish Water und Weihnachten auf Curaçao zu verbringen und danach nach Kolumbien zu gehen, haben wir entschieden, jetzt sofort die ganze Strecke nach Panama in einem Rutsch zu machen. Und damit haben wir wieder einmal unsere Pläne selber umgekrempelt.

Moritz hilft beim Ablegen. Ein letztes Mal unter der Konigin Julianabrug durch

Der Exodus aus der Marina war eindrücklich. Es sind insgesamt sechs Boote mehr oder weniger zusammen aufgebrochen. Am Freitag den 15.12. haben wir die Marina verlassen und sind die 20 sm zu einer Bucht namens Santa Krus im Nordwesten von Curaçao gesegelt.

Dort habe ich die Propeller und Rümpfe nach der langen Liegezeit in der Marina gereinigt, während Biggi Essen für die nächsten Tage vorgekocht hat.

Auf dem Weg in die Bucht ist unser Garmin InReach-Gerät ausgestiegen bzw. gar nicht erst angesprungen. Das Gerät dient zwei Zwecken. In erster Linie ist es ein Satellitenkommunikationsgerät mit dem wir SMS und Emails via dem Iridium Satellitennetzwerk verschicken können – im Notfall auch von der Rettungsinsel aus, da es eine eingebaute Batterie hat und wasserdicht ist. Zweitens schickt es alle 30 Minuten auch via den Iridiumsatelliten eine Positionsangabe zu Garmin, mit der jeder unsere aktuelle Position sehen kann. Letzteres ist natürlich eine coole Sache, aber ersteres ist sicherheitsrelevant. Ohne dieses Gerät gibt es keine Möglichkeit von der Rettungsinsel aus nach Aussen zu kommunizieren. Verständlich, dass uns das Sorge bereitet und geärgert hat und wir sogar überlegt haben, ob wir deswegen den Törn verschieben sollten. Schlussendlich verbrachten wir etwa zwei Stunden mit diversen Garmin Supportleuten im Chat und haben versucht, das Gerät zu wieder zum Leben zu erwecken. Nichts zu machen, alle Versuche es zurückzusetzen schlugen fehl, weil es sich gar nicht erst zum Leben erwecken liess. Ziemlich frustrierend, aber deswegen auf dieses Wetterfenster zu verzichten wollten wir dann doch nicht. Mittelfristig müssen wir uns überlegen, ob wir das Gerät ersetzen (wer weiss ob das Neue nicht auch grundlos aussteigt?) oder eine andere Lösung suchen. Um wenigstens die monatlichen Kosten zu sparen, haben wir das Satelliten-Abo online gekündigt.

Ironie des Schicksals: Am letzten Tag vom Törn hat es sich plötzlich wieder starten lassen. Jetzt lassen wir es einfach laufen, aber ohne ein aktuelles Abo ist es nicht viel mehr als eine ziemlich teure Geschwindigkeitsanzeige im Boot drin…

Die Nacht in Santa Krus war nicht ganz so erholsam wie erhofft, denn es war ziemlich schauklig – dafür waren wir die elende Stechmückenplage endlich los.

Am Samstag den 16. gingen wir Anker auf. Der erste Wegpunkt führte uns nach NW damit wir etwa 100 sm weit von der Küste weg kamen. Erstens wollten wir im tiefen Wasser bleiben (Kontinentalschelf!) und zweitens wollten wir möglichst in der mitlaufenden Strömung bleiben, die in einem grossen Bogen Richtung Panama läuft.

Der Wind war die ersten drei Tage moderat bis schwach, aber die Strömung war tatsächlich gewaltig. Am ersten Tag haben wir unser bisher grösstes Etmal (die Strecke, die man innerhalb von 24 Stunden mit dem Boot zurücklegt) erreicht: 187 sm. Das ist gewaltig für unser kleines Boot. Das war dann schliesslich doch kein Wunder, denn dank der Strömung waren wir mehrmals mit gut über 11 kn unterwegs.

Diese ersten Tage vom Törn waren reinstes Traumsegeln. Kaum Welle, moderate Winde von hinten und, wegen der Strömung, trotzdem schnelles Vorankommen.

Faulenzen an Bord
Mit einem Fliegenden Fisch den wir eines morgens an Deck fanden, habe ich versucht einen natürlichen Köder zu basteln. Hat zwar nicht so funktioniert, dafür biss auf der anderen Leine ein Barrakuda an. Dem haben wir das Leben geschenkt, da wir grosse Barrakudas wegen dem Vergiftungsrisiko mit Ciguatera nicht essen wollen

In der Nacht auf den vierten Tag ist der Wind dann vollends eingeschlafen. Wir mussten in der Nacht sogar alle Segel runternehmen, weil sie in der Dünung lautstark hin und her geschlagen haben und die eine Maschine mitlaufen lassen.

Abendstimmung bei totaler Flaute mit spiegelglatter See
Der Morgen danach. Der Wind kommt langsam wieder und die See wird langsam unruhiger
Dann hatten wir kurzzeitig Besuch von Delfinen

Am nächsten Morgen hat noch alles gut angefangen, moderater Wind und wir konnten wieder gut segeln. Just haben wir noch einen zweiten Fisch gefangen. Dieses Mal war es ein Gelbflossenthunfisch von einem Meter Länge! So etwas Grosses hatten wir bisher noch nie reingeholt.

Eine Bemerkung am Rande: Dort wo wir segeln ist es meistens sehr warm und um nicht ständig alle Kleider salzig zu machen haben wir oft – ausser dem Sicherheitsgurt und Handschuhen – gar nichts an. Wenn ich beim Arbeiten an Deck eine Salzwasserdusche abbekomme ist das ohne Kleider kein Problem, weil ich mich einfach abtrocknen kann. Beim Fisch fangen und ausnehmen trifft das ebenfalls zu, denn bei einem grossen Fisch ist danach alles mit Blut vollgespritzt. Blutflecken auf der Haut lassen sich leicht abduschen, aber aus den Kleidern wären sie wesentlich mühsamer zu entfernen.

Noch während wir den Fisch filetierten, fing der Wind an spürbar zuzunehmen. Biggi hat tapfer bis zum Schluss durchgehalten, aber als das letzte Stück im Kühlschrank war, war sie ganz bleich im Gesicht… Sukzessive haben wir die Segelfläche verkleinert bis wir nur noch mit einem gerefften Grossegel und einer halb ausgerollten Fock unterwegs waren. Der Wind kam auch nicht mehr von hinten sondern von der Seite. Eigentlich eine gute Windrichtung, denn das Boot ist bei dieser Richtung am schnellsten, aber leider laufen wir dann auch quer zu den Wellen. Und diese haben sich erstaunlich schnell aufgebaut. Bald hat das Boot derart gebockt, dass auch ich nicht mehr machen konnte als das absolut Nötigste.

Abends hat es nur für eine Ramensuppe gereicht. Nix mit frischem Sushi…

Es waren nur noch ca. 150 sm übrig, aber die hatten es in sich und es hat sich bestätigt, wieso diese Strecke einen so schlechten Ruf hat. Wir haben sozusagen nur dahinvegetiert. Abends konnten wir nicht mal richtig kochen (Sushi adieu!) und ich habe nur etwas Wasser für zwei Schüsseln Nudelsuppe heiss gemacht, damit wir etwas Warmes intus bekamen. Das Boot hat erbärmlich gebockt und ist immer wieder im freien Fall ins Wellental geknallt. Das sind so Momente, wo man sich wundert, was das Material alles aushält. Irgendwann in der Nacht hat Biggi völlig entnervt gemeint „Menschen sind dafür gemacht an Land zu leben und nicht fürs Segeln!“ Am nächsten Morgen sah es leider nicht besser aus – grau in grau und heulender Wind und diese ungezügelte See – aber wir waren wenigstens kurz vor dem Ziel.

Die Inseln tauchen am Horizont auf

Im Lee der Inseln mussten wir „nur noch“ die Segel einrollen und reinfahren, aber die Fock hat geklemmt, da liess sich nichts mehr drehen. Das ist eine der dümmsten Situationen, wenn sich ein Segel bei soviel Wind nicht eindrehen lässt. Mir blieb nichts anderes übrig als zum Bug zu krabbeln und das Leinengetüddel zu lösen (Stichwort Salzwasserdusche…) und zwar subito, denn wir standen ja unmittelbar vor der Einfahrt der Lagune. Ein paar Kraftausdrücke später war die Leine soweit befreit, dass ich das Segel von dort vorne wenigstens notdürftig einrollen konnte. Immerhin ist das nicht nachts draussen beim Geschaukel passiert.

Um kurz vor 11 Uhr lokale Zeit (Panama ist um eine Stunde später als Curaçao) sind wir ­– immer noch bei starkem Wind aber im Lee des Riffes – in ruhigeres Wasser in die Lagune von den Holandes Cays in den San Blas Inseln eingelaufen. Der Ankerplatz wird der „Swimmingpool“ genannt. Er ist dem Wind immer noch ausgesetzt, aber das Saumriff bricht die Wellen, sodass man halbwegs ruhig liegt.  Das Wetter ist hingegen windig und trüb geblieben und die Regenfronten sind im Viertelstundentakt über uns hinweg gezogen. Nix mit Schnorcheln und Strandspaziergänge, aber schlussendlich war das doch viel besser als dieses Wetter draussen auf dem Meer zu haben.

Unser Ankerplatz im „Swimmingpool“. Links am ersten Tag und rechts bei schönem Wetter

Nach einer erholsamen Nacht (der Wind hat nachgelassen und es wurde ganz ruhig am Ankerplatz) haben wir angefangen das Boot aufzuräumen und die salzigen Sachen einzuweichen. Die letzten 24 Stunden der Überfahrt hatten uns x Salzwasserduschen beschert, als die Wellen an der Bordwand gebrochen sind und sich über’s Boot ergossen haben. Entsprechend war im Cockpit nichts, aber auch gar nichts verschont geblieben und musste nun mit Süsswasser ausgewaschen werden.

Während Biggi noch am Schrubben war habe ich mich ins Dinghy gesetzt und uns bei den umliegenden Booten als „die neuen Nachbarn“ vorgestellt und dabei wichtige Infos über die Inseln hier erhalten. Debbie von der Segelyacht RUNNER hat mich besonders erstaunt. Sie ist eine geschätzt 70-jährige Amerikanerin, die in den letzten neun Jahren mit ihrem Mann hier in Panama gesegelt ist. Ihr Mann ist dieses Jahr verstorben und nun lebt sie alleine auf einem riesigen Zweimaster hier vor Anker. Sie kann das grosse Boot alleine nicht segeln und benutzt es als schwimmendes Haus. Sie kennt hier wohl jeden und ist komplett durchorganisiert. So hat sie letzthin sogar eine neue Waschmaschine direkt ans Boot geliefert bekommen. Ein Kuna Indianer, der die Maschine in Panama City abgeholt hat, hat sie mit einem kleinen offenen Motorboot bis zu Debbies’ Boot gebracht.

Etwa einmal in der Woche kommt ein Boot mit Gemüse und anderen Frischwaren hierher. Und man kann sogar per WhatsApp eine Bestellung aufgeben. Debbie hat mir das alles in einer Viertelstunde erklärt und sie war dabei ganz quirlig und aufgestellt. Es kam mir trotzdem irgendwie traurig vor, wie sie tagein, tagaus alleine auf ihrem Boot hier draussen lebt, aber es scheint ihr zu gefallen.

Dann liegt hier noch ein anderer Kat mit – die Welt ist ein Dorf – einem Deutschen Paar an Bord. Anette und Ingo scheinen in etwa die gleichen Pläne wie wir zu haben und wir werden uns vielleicht des Öfteren sehen. Sie sind schon im dritten Jahr hier und kennen natürlich die Ankerplätze hier gut. Anette hat mir auch von den beiden Haien erzählt, die hier anscheinend regelmässig im Ankerfeld rumschwimmen. Es sind zwar nur Riffhaie, aber sie sind mit drei Metern Länge doch recht eindrücklich und ziemlich neugierig. Aber sie schauen nur und schwimmen dann wieder weg. Auch die Krokodile die es hier hat, seien recht unproblematisch… Muss ich extra erwähnen, dass Biggi heute „keine Zeit“ zum Schwimmen hatte? Aber morgen ist ja auch noch ein Tag…

Besuch an Bord. Ein Kuna-Indianer kassiert die Ankergebühr: 10 US$ für einen Monat. Das ist ja ganz OK.

Stattdessen haben wir heute Nachmittag unseren Wassermacher zum ersten Mal seit langer Zeit wieder angeworfen. Irgendwie schien er nicht die volle Leistung zu bringen und als ich runter ging um nachzuschauen wurde ich von einem feinen Sprühregen im Bad eingenebelt. Zuerst konnte ich nicht mal sagen woher es kam, so fein war der Strahl. Nach kurzer Suche stand fest, dass der Hochdruckschlauch zwischen der Pumpe und den Filtermembranen einen kleinen Riss hat. Dieser Schlauch hat knapp 8 bar Druck (etwa vier Mal soviel, wie in einem normalen Autoreifen) und entsprechend hat dieser feine Strahl zuerst die Decke und danach das ganze Bad mit salzigem Seewasser getränkt. Abgesehen von der Sauerei im Bad war uns schnell klar, dass wir so etwas nicht mit Bordmitteln reparieren können, soviel Druck hält keine Klebestelle aus. Der Teufel weiss wieso, aber ich habe vor etwa einem Jahr genau so einen Schlauch beim Wassermacherhersteller als Ersatzteil bestellt – und das obwohl der Vertreter der Firma gemeint hat, dass diese Schläuche eigentlich niemals kaputt gehen würden… Wie sagte James Bond damals? „Sag niemals nie!“

Der Austausch war zwar auch Neuland für uns, aber da es hier in den Inseln wirklich niemanden gibt, der sich mit so etwas auskennt, hiess es Mut zur Lücke und drauflos schrauben. Und tatsächlich lief der Wassermacher ein paar Stunden später wieder, ohne Sprühnebel und uns ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen! Und ich sah mich wieder bestätigt, dass es doch seinen Grund hat, warum ich für (fast) alles an Bord Ersatzteile horte.

Inzwischen sind auch alle anderen Boote die gemeinsam mit uns in Curaçao los gefahren sind, hier in Panama angekommen und es war schon bezeichnend, wie ausnahmslos alle das Gleiche von der Überfahrt berichteten: Drei Tage traumhaftes Segeln, eine Nacht Flaute und dann die letzten 24-36 Stunden Hölle auf Erden (bzw. eher im Wasser). 30-35 kn Wind und 3m Welle, alle haben sie das letzte Stück Prügel kassiert und der eine oder andere hat sich dabei gefragt wieso sie sich das Segeln antun. Hohe Hochs und tiefe Tiefs – so ist das Seglerleben halt.

Als „Belohnung“ für die Strapazen machen wir einen Ausflug zur BBQ Island
Was macht man auf BBQ Island? Richtig – ein BBQ! Zusammen mit Erik, Karin und Liselott vom Holländischen Boot CATHERINE grillen wir den von uns gefangenen Thunfisch

Jetzt bleibt uns nur euch allen eine wunderschöne Weihnachtzeit zu wünschen und uns bei euch für die Treue beim Lesen zu bedanken.

Merry Christmas and a Happy New Year von den San Blas Inseln

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