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Schlagwort: Elektroinstallation

„Undercover“-Bootsbasteln in Zeiten von Corona

„Undercover“-Bootsbasteln in Zeiten von Corona

Über den Herbst und Winter hat sich eine gefühlt endlose To-Do-Liste aufgebaut mit Anpassungen und Neuinstallationen, die ich an Rare Breed machen wollte, bevor wir diesen Sommer lossegeln. Eigentlich völlig normal, wenn man sich auf einen längeren Törn vorbereitet – zu Zeiten von Corona herausfordernd. 

Rare Breed stand auf ihrem Trailer in der Halle auf Fehmarn und ich war in der Schweiz. Die Einreise nach Deutschland war mit einem negativen Test und anschliessender Quarantäne zwar möglich, aber auf Fehmarn gab es ein Beherbergungsverbot und alle Restaurants waren geschlossen. Ich konnte zwar hin und hätte gemäss Covid-Verordnung sogar für den Zweck eines Boots-Refits an Bord leben dürfen. Aber wenn das Boot in der Halle steht, heisst das unter anderem, dass man z. B. gar kein Wasser laufen lassen kann (das wurde einfach unter dem Boot auslaufen und die Halle „überschwemmen“). Es gibt keine Möglichkeit sich zu waschen oder Geschirr zu spülen und erst recht keine zur Toilettenbenutzung. Da ebenso die Gasflaschen aus der Halle verbannt waren, hätte ich auch nicht kochen können, mit den geschlossenen Restaurants auch keine sehr angenehme Vorstellung. Also musste ein andere Lösung gefunden werden, wollten wir nicht mit einem Boot losfahren, wo vieles nicht funktionieren würde.

Als Frührentner bin ich „Zeitmillionär“ und so hat es mich furchtbar gewurmt tatenlos zuhause rumzusitzen und zu wissen, dass es oben auf Fehmarn mehr als genug zu tun gäbe. Die Lösung war schnell gefunden mit einer Langzeitmiete von einem kleinen Campingbus. Damit hatte ich einen Ort zum Schlafen und Kochen und ausserdem genug Platz, um den ganzen Krempel, den wir im letzten halben Jahr nach Uffing haben liefern lassen, zum Schiff zu transportieren. Das Auto konnte nur ganze Monate am Stück gemietet werden. Mit der Verzögerung durch die Quarantäne wäre ein Monat zu wenig gewesen, deshalb haben wir das Auto für zwei Monate gemietet.

Ende März ging es nach einem negativen PCR-Test in Nänikon mit dem gemieteten Bus und unserem Privatauto zuerst zu Biggis Schwester nach Uffing. Dort hat es eine kleine Einliegerwohnung, in der wir unsere Quarantäne absitzen konnten. Die Zeit wurde dann auch genutzt, um das ganze gelieferte Material zu sichten und neu umzustauen, damit es alles im Bus Platz hatte. Schon da wurde uns ob all dem Zeugs Angst und Bange, wo wir das wohl alles an Bord unterbringen wollten. Biggis‘ Bezeichnung „Shoppingqueen“ für mich war wohl nicht ganz aus der Luft gegriffen…

Der Campingbus. Unser Paketberg hat doch reingepasst

Nach fünf Tagen „Isolationshaft“ durften wir einen zweiten Test machen, der zum Glück auch negativ ausfiel. Tags darauf fuhren wir mit einem randvoll gefüllten Bus los. Biggi wollte mich den grössten Teil der Reise begleiten, damit ich nicht alles alleine fahren musste und ist nachmittags in Lübeck in den Zug zurück nach Uffing gestiegen, wo sie erst weit nach Mitternacht ankam. Blöderweise hat der Bezirk Uffing ausgerechnet an diesem Tag wieder die Ausgangssperre ab 21:00 Uhr eingeführt. Unser Auto stand am Bahnhof im Nachbarort, der aber KEINE Ausgangssperre hatte. D.h. Biggi musste des nächtens quasi in ein gesperrtes Gebiet reinfahren und hoffen, dass sie nicht das Pech hatte kontrolliert zu werden. Dass sie sich dann beim Aussteigen aus dem Zug genau gegenüber der Polizeisstation wiederfand, hat ihre Nervosität nicht gerade verkleinert. Aus gut informierten Quellen wussten wir, dass die Polizei den Schleichweg über die Felder selten kontrolliert und so war es dann auch. Ende gut alles gut. 

Ich war derweil schon lange auf Fehmarn angekommen und hatte meinen Campingbus neben der Halle geparkt. Da wegen dem Beherbergungsverbot natürlich auch alle Camping- und Stellplätze auf Fehmarn gesperrt waren, musste ich auf Privatgrund stehen. Das Werftgelände war Privatgrund und zudem noch eher abgelegen und unauffällig. Interessanterweise war ich aber mitnichten der Einzige, der auf diese Idee gekommen war und an jeder zweiten Ecke vom recht grossen Werftgelände stand ein Wohnmobil oder Camper rum. Die nächste Herausforderung war das Duschen. Ich hatte zwar ein „Bad“ mit eine Dusche im Bus, aber das war so klein, dass ich vermutlich stecken geblieben wäre, wenn ich versucht hätte dort drin zu duschen. Obwohl gemäss Coronaverordnung nur die WCs offen waren, waren die Duschen (fast) überall zugesperrt. Ich hatte aber das Glück, dass es in der etwa 5 km entfernten Marina einen vernünftigen Hafenmeister hatte, der „vergessen“ hatte die Duschen zu sperren. Ich hatte also einen Ort zum Schlafen, konnte selber kochen und sogar alle paar Tage zur Marina fahren und duschen – der Plan war aufgegangen! 

Mein Stellplatz – ein lauschiger Campingplatz sieht anders aus…

Das Wetter im April war derart kalt und windig, dass ich auch in der Halle eine Heizung im Boot laufen lassen musste, um nicht im Boot zu frieren. Aber auch wenn ich meistens in doppelten Pullis und manchmal sogar mit Mütze und Handschuhen an Bord rumwerkelte, war ich froh, nach so vielen Monaten des Lockdowns und Einschränkungen, endlich an Bord voran machen zu können.

Die To-Do-Liste war wie gesagt sehr lang, aber sie schrumpfte in den kommenden fast sieben Wochen tatsächlich wie geplant zusammen. Boots- und Metallbauer, Dieselmechaniker und vor allem der Elektriker waren häufige „Gäste“ an Bord, die es zu koordinieren galt. Aber es gab auch viele Sachen die ich alleine gemacht habe. Einiges waren reine Fleissaufgaben, wie das Unterwasserschiff mit einem neuen Antifoulinganstrich zu versehen, die Saildrives mit x Lagen Primer und neuer Farbe zu streichen oder an der Propellerwelle stundenlang zu feilen, bis die neuen Klapppropeller endlich drauf gingen. Anderes war eher komplex, wie die Installation der vielen neuen Geräte und Komponenten, aber dafür sehr spannend und befriedigend, wenn die Systeme am Schluss so funktionierten, wie ich mir das im stillen Kämmerlein ausgedacht hatte. Anderes wiederum war schlichtweg alleine nicht machbar, man versuche mal einen Bolzen dessen Kopf in einem Raum und die Mutter am anderen Ende in einem anderen Raum ist, anzuziehen…

Der Umbau und die Erweiterung der Elektrik war der arbeitsintensivste Brocken. Ich hatte das System zwar in der Theorie schon völlig geplant, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail.

Das logische Bild der Elektroinstallation

So war eine der grösseren Herausforderungen das Einziehen von all den neuen Kabeln durch die bereits knallvollen Kabelkanäle. Mehr als ein Mal ist die Kabeleinziehhilfe (ein ca. 15 m langes steifes Spiralkabel, welches durch die Kabelkanäle gefädelt wird) an einem völlig unerwarteten Ort wieder herausgekommen.

Neue Steckdosen und Rotlicht in der Eignerkabine. Wenn man diese Ausbuchtung wegschiebt…
… kommt ein mir bis anhin unbekannten Kabelkanal zum Vorschein

Ich habe in den Wochen einige mir bisher unbekannte Hohlräume im Boot entdeckt und einiges über Rare Breeds Innenleben gelernt. Teilweise haben wir es zu zweit gemacht, aber Einiges habe ich alleine eingezogen. Vor allem die Kabelführung für die neuen Sonnenzellen am Heck hatten es in sich. Die Kabel gingen durch ein Loch hinten auf der Heckplattform ins Boot rein, durch einen unzugänglichen Hohlraum zwischen Heck und Cockpit, dann durch ein weiteres Loch in einem Hohlraum unter der Sitzbank und schliesslich von dort durch einen engen Spalt in den Schrank in der Gästekabine. Wenn es dann irgendwo klemmt, heisst das unten im Schrank in der Gästekabine ein klein wenig ziehen, dann raus aus der Kabine, durchs Bad und den Salon ins Cockpit hoch klettern, dort kniend mit dem Arm bis zur Schulter ins Loch unter der Sitzbank reinlangen, wieder etwas schieben und wackeln. Danach auf die Heckplattform und dort noch  ein Stück nachschieben. Wieder runter in die Kabine und bis zum nächsten Stopp ziehen… usw. usw. Dabei ging es pro Durchlauf manchmal nur wenige cm vorwärts, aber bei 6 x 15 m Kabellänge und sonst nichts zu tun ist das ja ein Klacks… Habe ich erwähnt, dass ich in den knapp sieben Wochen Bootsbasteln etwa 5 kg abgenommen habe?

Eine weitere Herausforderung war das Unterbringen vom neuen grossen Inverter/Ladegerät (mit dem an Bord aus den 12V Batterien 220V Wechselstrom erzeugt werden kann) sowie die neuen grösseren Solarladeregler und dem Batterie-zu-Batterie-Ladegerät. Schlussendlich musste ein Schrank in der Gästekabine dran glauben und wurde zum Schaltkasten „befördert“. Dort drin brummt und blinkt es jetzt wie in einem Spielcasino.

Der ehemalige Schrank in der Gästekabine
Um unnötige Bohrungen in Bordwänden zu vermeiden habe ich Holzplatten zur Aufnahme der Geräte im Schrank eingeklebt.
Die Geräte zur Probe montiert. Links der Inverter und rechts die Solarladeregler und das Batterie-zu-Batterie-Ladegerät
Vom verwirrenden Kabelsalat…
… zur geordneten Elektroinstallation…
… welche sich per App überwachen und einstellen lässt

Gelegentlich haben der Elektriker und ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen: Der Inverter ist so installiert, dass er automatisch übernimmt, wenn der 220V-Landanschluss abgezogen wird oder ausfällt und er kann dabei bis zu 2kW Dauerleistung erbringen. Wir wollten das testen und haben den 220V-Landanschluss ausgezogen und versucht ein kleineres 220V-Elektrogerät zu betrieben. Es war uns völlig schleierhaft, wieso der Inverter schon bei ca. 600W Leistung „Overloaded“ anzeigte. Wir haben alle möglichen Einstellungen überprüft, bis wir schliesslich erleichtert realisierten, dass der 220V-Heizlüfter unter dem Navitisch die ganze Zeit fröhlich mitgelaufen war und dabei 1,6 kW Leistung beansprucht hat… 

Neben dem Aufrüsten der Ladetechnologie und der 220V-Installation wurden auch die vier alten Bleibatterien gegen drei neue leistungsstärkere, aber viel leichtere Lithiumbatterien ausgetauscht. Da eine solche Batterie alleine bereits € 2’000.- kostet, ist unschwer zu erraten, dass dies auch eine der teureren Modifikationen an Bord war. Das war auch lange unklar, ob wir diese Investition wirklich machen wollen, aber diese Technologie bietet so überzeugende Vorteile, dass wir uns durchgerungen haben dieses Geld zu investieren. 

Aus 4 x 100 Ah Bleibatterien wird 3 x 200 Ah Lithiumbatterien

Leider war das nicht die einzige teure Anpassung an Bord, aber die einzige, wo es akzeptable Alternativen gegeben hätte. Die beiden anderen grossen Brocken waren die Verstärkung des Türrahmens und der neue Heckbügel zur Anbringung von grösseren Sonnenzellen. Die Türrahmengeschichte war unerwartet und entsprechend ärgerlich. Die Werft bzw. der Designer von diesem Bootstyp hat schlicht und einfach Mist gebaut. Der Stauchdruck vom Rigg wird durch ein Schott (=Wand) aufgenommen indem sich die Türe zum Schiffsinnenraum befindet. Diese Konstruktion war schlicht und einfach zu schwach und hat angefangen sich zu deformieren. Mit einer solchen Schwachstelle loszufahren wäre leichtsinnig gewesen, es war nicht die Frage ob, sondern wann das brechen würde. Aber durch diese Verstärkung haben wir gleichzeitig auch eine stabile Aufhängung für eine stabile Gittertüre als Einbruchschutz bekommen. So hatte das schlussendlich auch seine gute Seite.

Neu vs alt

Der Heckbügel ist die grösste Erweiterung, die wir machen lassen. Er soll die Basis für drei grosse Sonnenzellen sein sowie eine Art Badeplattform über der Beibootaufhängung bekommen. Das Grundgestell wurde auf Fehmarn montiert und wird in der Zeit wo wir jetzt zurück in der Schweiz sind fertig gestellt. Wir hoffen, das alles bis Mitte Juni soweit ist…

Links die Anprobe in der Halle und rechts das vorläufige Resultat. Das Endresultat werden wir dann hoffentlich Ende Juni zu Gesicht bekommen.

Die Antriebe haben auch die nötige Zuwendung bekommen und sind frisch gewartet. Dabei wurden auch die beiden in die Jahre gekommenen Dieselgrobfilter/Wasserabscheider gegen neue ausgetauscht und ein Alarm installiert, der bei zu wenig Kühlwasser losgeht. Wenn der Kühlwassereinlass verstopft (was leider gar nicht mehr so ungewöhnlich ist, weil so viel Plastik im Meer schwimmt) merkt man das erst, wenn der Temperaturalarm losgeht, weil der Motor zu heiss geworden ist. Dann ist es aber schon zu spät, weil die Kühlwasserpumpe zu lange trocken gelaufen ist und die heissen Auspuffgase die (nicht mehr) wassergekühlte Auspuffanlage geschmolzen hat. Kleine Ursache und einen riesen Schaden. Mit dem neuen Durchflussmesser geht eine Sirene los sobald kein Wasser mehr durch die Leitung kommt. Dann hat man genug Zeit den Motor abzustellen bevor ein grösserer Schaden eintritt – vorausgesetzt, man ist nicht wegen der 100db Sirene vorher an einem Herzschlag gestorben… 

Neue Dieselgrobfilter mit Wasserabscheider und Vacuumanzeigen

In der Eignerkabine gab es von „fanello – gut im Bett“ 🙂 neue Matratzen mit integriertem Lattenrost . Die rechte ist sogar klappbar, damit man einfacher an den darunterliegenden Motor kommt. Die Matratzen sind etwas höher im Preis, aber da wir zukünftig auf Rare Breed ganzjährig leben werden, sind wirklich gute und bequeme Betten eine sehr gute Investition – vor allem, weil man ja auch nicht jünger wird… Die Matratzen waren basierend auf unseren Messungen massgenau auf die unsymmetrische Form angefertigt worden. Dabei hatten wir am Kopfende eine gepolstertes Brett durch eines ohne Polsterung ersetzt um 5 cm mehr Liegefläche zu bekommen. Dass sie auf Anhieb genau reingepasst haben war natürlich ein Highlight. Unsere Messungen und vor allem die handgefertigten Skizzen erwiesen sich als brauchbar.

Die riesigen Kisten der Matratzen ins Boot reinzubekommen war eine echte Herausforderung. Der Zugang zum Motor ist gewährleistet.
Von Alt zu neu.

Neben all diese grossen Brocken habe ich viele Kleinigkeiten erledigen können, wie: Rotlicht in allen Kabinen, Umstellung auf LED-Lampen und Installation von Bordcomputer und Monitor, Notfunkbake und Satellitenkommunikationsgeräte, USB-Steckdosen, automatische Feuerlöscher, Brandmelder u.v.m.

Rotlicht beeinträchtigt die Nachtsichtfähigkeit nicht und wird, anstelle vom normalen Licht eingeschaltet, wenn man nachts segelt
Hier die Wand im Salon wie sie ursprünglich aussah…
Inzwischen sind hier der Epirb, die Satellitenkommunikationsgeräte und Aufbewahrungsmöglichkeiten hinzugekommen
In allen Kabinen wurden USB-Steckdosen installiert
Ein Computermonitor wurde im Salon mit einer schwenkbaren Halterung montiert
Eine neue Abdeckung für den Herd vergrössert die Arbeitsfläche
Während der ganzen Zeit herrschte ein unvorstellbares Chaos im Boot…
Die Elektroinstallation am Navigationsbereich wurde auch nicht verschont
Auch unter dem Boot gab es einiges zu malen und montieren
Das Unterwasserschiff bekam ein frischer Antifoulinganstrich
Die neuen Faltpropeller wurden montiert

Anfangs Mai wurde Rare Breed zu Wasser gelassen. Das heisst der zuerst geplante Einwasserungstermin ist wegen dem Sturmtief „Eugen“ ausgefallen.

Drei Tage lang stand der Betrieb an der Krananlage still und alle haben gewartet bis das „Frühlingswetter“ sich ausgetobt hat. Danach war Rare Breed das erste Boot, welches wieder ins Wasser durfte. Dummerweise startete nur eine Maschine und die andere drehte – trotz voller Batterien – nicht richtig durch. Nach längerer Fehlersuche haben wir das Unwahrscheinlichste ausprobiert und den Hauptschalter (ein simpler mechanischer „Nato-Knochen“) ersetzt und siehe da, schon sprang sie an, wie wenn nichts wäre. Da hat man x elektronische Teile neu eingebaut oder ersetzt und dann steckt der Wurm in einem Bauteil, was sonst eigentlich nie kaputt geht. 

Endlich ist es so weit
Und sie schwimmt wieder!

Am nächsten Tag war eigentlich Sonne und wenig Wind vorhergesagt. Ideal um den 4-5 stündigen Trip nach Neustadt zu machen.

Gegen 11 Uhr war das auch so und wir haben beide Maschinen gestartet und angefangen das Ablegen vorzubereiten. Nach weniger als einer Minute hat die rechte Maschine wieder abgestellt! Scheibe..! Zum Glück noch bevor wir die Leinen gelöst hatten. Die Vorstellung, den Katamaran mit nur einer Maschine in dem engen Hafenbecken manövrieren zu müssen war nicht gerade das was ich jetzt brauchen konnte…

Jegliche Startversuche verliefen kläglich. Strom war genug da, aber er „zündete“ einfach nicht, es musste also an der Dieselzufuhr liegen. Zum Glück war der Dieselmechaniker, der die neuen Filteranlagen montiert hatte auf „stand by“ und kam sofort an Bord. Nach nochmaligen Entlüften des Motors und anschliessendem 20-minütigen Probelauf (mit eingelegtem Gang und 2’000 Umdrehungen, an den Festmacherleinen zerrend) war klar, dass es jetzt gut war und es ging endlich los.

Es kann los gehen

Inzwischen war der Sonnenschein dem Regen gewichen und auch der Wind hatte kräftig zugelegt. Leider hatte ich die Vorsegel noch nicht angeschlagen sodass wir nicht segeln konnten, aber da ich sowieso die Motoren und die neuen Propeller einem Belastungstest unterziehen wollte, war das nicht so tragisch. Nur die elenden kurzen steilen Wellen im Fehmarnsund hätte ich nicht haben müssen. Rare Breed ist wie ein Rodeo-Pferd hin und her gebockt und hat es alles andere als gemütlich werden lassen. Meine Crew Boris hat aber offenbar gute Seebeine und das Schietwetter klaglos hingenommen. Der auf einer Wandhalterung montierte Computermonitor war dem Geschaukel eindeutig nicht gewachsen und ist seither mit einem „Sicherheitsgurt“ angeschnallt.  

Fehrmarnsundbrücke und kabbelige See
„Ostsee-Sonne“ auf dem Weg nach Neustadt i. H.
Boris bei den Schleppversuchen

Ausser einer Störung bei der Batterieladung, was zu einem Dauergepiepse der Warnsummer führte, liefen die Maschinen und Faltpropeller tadellos und wir konnten die geplanten Schleppversuche mit Boris‘ „Walvergrauler“ (mehr dazu in einem separaten Beitrag) bei bis zu 8 Knoten Speed machen. Die Ladungsprobleme konnten wenige Tage später durch Rückbau einer neuen Komponenten behoben werden und Rare Breed sollte elektrisch und antriebsmässig jetzt in einem sehr guten Zustand sein. 

In Neustadt gab es tatsächlich keine Duschen. Das heisst, eigentlich gab es schon eine, aber diese war wegen der Coronaregeln ausser Betrieb gesetzt worden. Man muss sich das so vorstellen: Rare Breed liegt da nicht in einer Marina, sondern an einen Kai im Industrieteil vom Stadthafen. Dort gibt es keine richtigen Sanitäranlagen, sondern nur ein Badezimmer mit WC, Waschbecken und EINE DUSCHE in einer Baracke. Dort darf man auf’s WC gehen, aber das Duschen im gleichen Raum ist verboten bzw. wird verunmöglicht, weil der Brauseschlauch entfernt und mit einem Blindstopfen verschlossen ist.  Auf’s WC gehen ist OK, aber drei Meter daneben Duschen nicht? Hier hat sich der Unsinn der behördlichen Coronaanordnungen vollends gezeigt! 

Die Innendusche in Rare Breed war noch nicht betriebsbereit (bzw. mit Gerümpel vollgestellt), so dass ich nicht im Boot duschen konnte. Als es einen Tag mal kurz über 15 Grad warm wurde, habe ich die Gunst der Stunde genutzt und die erste Freiluftdusche hinten am Heck von Rare Breed „genossen“. Danach war es aber drei Tage nur noch kalt, windig und regnerisch und Biggi hatte ihre Ankunft angekündigt um mit mir zusammen den Campingbus zurück in die Schweiz zu fahren. Es musste also etwas passieren! Ich hatte mich schon fast damit abgefunden noch mal draussen in der Kälte zu duschen, als mir einfiel, dass Badezimmerarmaturen in der Regel genormt sind. Also Duschschlauch auf Rare Breed demontiert, diesen mitsamt dem nötigen Werkzeug zum Duschzeugs gepackt und ab zum Badezimmer. Und siehe da – der englische Duschschlauch von Rare Breed hat wunderbar auf die deutsche Dusche gepasst. Ich roch wieder fein und Biggi konnte kommen 🙂

Rare Breed in Neustadt

Dann kam Biggi und am Tag darauf sind wir mit vollgepacktem Auto wieder zurück in die Schweiz gefahren. Vollgepackt deshalb, weil ich in den Wochen „da oben“ realisiert hatte, dass wir viel zu viel Zeugs an Bord haben. Rare Breed würde zum U-Boot mutieren, wenn ich ihr keine Abspeckkur zukommen liess. Beim Bestellen von Sachen im Winterhalbjahr, habe ich wohl tatsächlich die Gesamtmenge an Sachen unterschätzt. Einen grossen Teil davon konnte ich auf Fehmarn verschenken oder entsorgen, aber einiges kam mit Heim, um hier verkauft zu werden.

Jetzt bleiben wir ca. vier Wochen hier in der Schweiz, bekommen unsere Coronaimpfungen, erledigen 1000 andere Sachen und dann geht es wieder hoch und – dann soll es endlich wirklich los gehen!!

Ready to go home! Das Wetter hat uns den Abschied nicht schwer gemacht.

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