Turbulente Zeiten oder „Erstens kommt es anders und Zweitens als man denkt…“

Turbulente Zeiten oder „Erstens kommt es anders und Zweitens als man denkt…“

Die Pakete stapeln sich – für uns unerreichbar in Uffing

Es gibt einen Spruch der sagt, dass „die Pläne eines Langfahrtseglers im Sand bei Niedrigwasser geschrieben sind“. Damit wird die Tatsache umschrieben, dass es wegen der vielen Unwägbarkeiten bei Reisen mit dem Segelboot gar keinen Sinn macht langfristige Reisepläne zu machen. Das dies schon VOR der Reise so ein würde, damit haben wir nicht gerechnet. Wer hat schon mit solch enormen Auswirkungen, die die Pandemie auf uns haben würde gerechnet? Aber der Reihe nach:

Ursprünglich – also um genau zu sein am 11. Januar 2020 –  haben wir uns das Ziel gesetzt, nach Ostern 2021 auf RARE BREED umzuziehen. Dann kam Corona! Und im Frühling 2020 wurden mit dem Lockdown sogar die Grenzen dichtgemacht. Damals redeten alle noch davon, dass es gegen Sommer sicher besser werden würde, was dann auch passiert ist. Wir konnten entgegen unseren ursprünglichen Befürchtungen im Sommer sogar zum Schiff nach Fehmarn gehen. Dass der geplante Segelurlaub dann doch ins Wasser gefallen ist lag nicht an Corona, sondern an einem grösseren technischen Problem mit der Abstützung vom Mast. Dazu später mehr. 

Als die zweite Welle im Herbst 2020 kam, hat uns das zwar beschäftigt, aber wir haben damals nicht  gedacht, dass die Lage auch noch im Frühling 2021 so kritisch sein würde. Nach und nach kam unser Plan ins Wanken. Als erstes haben wir beschlossen die Wohnung nicht wie geplant auf den ordentlichen Kündigungstermin am 1. April 2021 abzugeben, sondern 1-2 Monate länger zu behalten. Der Kündigungstermin von Biggi’s Job auf Ende Jahr 2020 (damit sie am 31. März „frei“ wäre) rückte immer näher, aber das Virus dachte nicht daran aufzugeben – im Gegenteil es fing an zu mutieren und alles wurde noch schlimmer. Also wurde die Kündigung um einen Monat auf Ende Januar nach hinten verschoben.

Nach vielen Überlegungen und Abwägungen hat Biggi am 25. Januar ihren Chef informiert, dass sie kündigen werde. Kurz nach dem Gespräch kamen die News über die geplanten Reisebeschränkungen innerhalb der EU und über die Grenzschliessungen in Portugal und Belgien in den Medien. Zusammen mit den sich abzeichnenden Verzögerungen bei den Impfungen war dies eine klar verschärfte Situation. Die Aussicht, im Mai ohne Einkommen und ohne die Möglichkeit aufs Boot umzuziehen dazustehen, hat uns dazu bewogen, dass Biggi in Absprache mit ihrem Chef ihre Kündigung zurückgezogen hat. Ihr Chef hat sich gefreut, dass er seine Assistentin doch nicht verliert, aber wir waren ob dem ganzen hin und her ziemlich ratlos und frustriert.

Inzwischen sind ein paar Tage vergangen mit vielen Gesprächen und Überlegungen und wir sind wieder gedämpft optimistisch, es doch noch irgendwie hinzukriegen. Es kristallisiert sich ein alternativer Plan heraus. Statt alles auf eine Karte zu setzen, haben wir verschiedene Optionen definiert und mehr Sicherheiten für „Notfälle“ eingeplant: So werden Job und Wohnung erst gekündigt, wenn wir wirklich mehr Planungssicherheit haben. Damit ist eine endgültige Abfahrt diesen Sommer nicht mehr möglich, aber dafür haben wir mehr Handlungsspielraum. Wenn das Reisen im Sommer 2021 tatsächlich nicht möglich sein sollte, dann wäre das zwar ärgerlich, aber kein existenzielles Problem mehr.

Der neue Türrahmen mit Gittertüre ist bereit für den Einbau

Die Planung und Vorbereitung von RARE BREED geht weiter, als wenn die Abfahrt diesen Sommer passieren würde. Das Problem mit der Mastabstützung ist in Bearbeitung und sollte hoffentlich abgeschlossen werden, sobald es warm genug zum Laminieren ist. Der Mast steht auf der Rückwand zum Cockpit, wo auch die Eingangstüre zum Schiffsinneren ist. Dieser Ausschnitt ist von Werk aus zu schwach ausgeführt und hat unter dem Druck des Riggs angefangen nachzugeben. Um dem entgegenzuwirken wird neben weiteren Verstärkungen auch ein Türrahmen aus Edelstahl einlaminiert. Bei dieser Gelegenheit haben wir gleich noch eine zusätzliche Gittertüre als Einbruchschutz fertigen lassen. So haben wir zwei Fliegen in einem Schlag erwischt, denn die Originaltüre aus Plexiglas war zwar schön leicht, aber eben auch „schön leicht“ aufzubrechen. 

Und wie geht es dann mit der Reise weiter?

Sollte es möglich sein diesen Sommer zu reisen und Grenzen in Europa zu passieren, würden wir versuchen RARE BREED in den Süden zu bringen. Biggi würde während ihrer Sommerferien dabei sein können und wenn das zeitlich nicht ausreicht, würde ich die restliche Strecke alleine oder mit Crew zurücklegen. So hätten wir RARE BREED im Herbst bereits irgendwo im Süden von Europa und damit alle Optionen für eine Weiterreise im Winter oder im nächsten Frühling offen.

Danach können wir entscheiden, ob wir Job und Wohnung noch im 2021 oder erst später aufgeben. Sollten die Einschränkungen längere Reisen auch weiterhin verunmöglichen, würden wir RARE BREED im Mittelmeerraum lassen.

Und wenn wir mit dem Kippen des ursprünglichen Planes doch etwas zu vorsichtig und pessimistisch waren, dann können wir mit dem neuen Vorgehen doch wie ursprünglich geplant den kommenden Winter irgendwo in der Wärme an Bord erleben – und wer weiss – vielleicht sogar Weihnachten auf Tobago feiern… 

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