Die Südsee muss warten!

Die Südsee muss warten!

20.01.-22.02.2024, San Blas, Logstand seit Start 8‘285 sm

Je weiter südlich man in den San Blas geht, desto trüber wird das Wasser. Nicht weil es verschmutzt wäre, aber weil die vielen Flüsse vom Festland Sediment ins klare Atlantikwasser schwemmen. Diese Flüsse mäandern sich durch dichten Dschungel bis sie ins Meer münden. Da es dort Trinkwasser gibt, liegen auch die „grösseren“ Kuna-Siedlungen in der Nähe solcher Flussmündungen. Einen solchen Fluss wollen wir erkunden und machen uns auf den Weg zum Rio Diablo, der direkt neben den beiden Inseln „Nargana-Yandup“ und „Corazon de Jesus-Akuanusatupu“ mündet. Die beiden Inseln sind über eine Brücke miteinander verbunden und so dicht bebaut, dass man vor lauter Häuser und Hütten fast keinen Flecken Land mehr sieht. Die äusserste Reihe von kleinen Häuschen liegt durchwegs über dem Wasser und es braucht nicht viel Fantasie um zu verstehen, was deren Zweck ist. Baden (oder Wasser machen) wollen hier auf keinen Fall…

Die Flussmündung ist im Dickicht vom Dschungel fast nicht zu finden und ausserdem ist es so flach, dass wir den Aussenborder hochklappen und mit den Paddeln einen Weg ertasten müssen.

Wo ist denn die Einfahrt…? Von innen ist es dann ganz einfach zu sehen.

Einmal drin, ist es wie wenn man in eine völlig andere Welt eintaucht. Es ist sehr ruhig. Ausser das Knacken der Äste und das Zwitschern der Vögel ist nichts zu hören. Tiere sehen wir nicht sehr viele, vermutlich, weil der Fluss doch einiges an Verkehr hat, da die Wasserquelle weiter oben fleissig von den Kunas angesteuert wird.

Nach der Flussfahrt gehen wir auf den Inseln an Land. Es wimmelt regelrecht von Menschen und wir wundern uns ein bisschen, dass die Leute alle so eng beieinander leben, wo es doch auf dem Festland, nur wenige Bootsminuten weg unendlich viel Land hätte, wo sie auch eine Hütte hinstellen könnten.

Von Nargana im Süden segeln wir via Canbombia zu den Lemon Cays.

Strand von Canbombia. Unser Früchtevorrat in den Netzen
Endlich mal guter Segelwind. Von Canbombia zu den Lemon Cays.
Aussicht vom Ankerplatz in den Lemon Cays, bei Tag und in der Abenddämmerung.

Karin von der Deutsch/Schweizer Yacht MABUL fliegt für ein paar Tage in die Schweiz und ist so lieb wichtige Post von uns wieder mit zurück nach Panama zu bringen. Nach sechs Wochen in den San Blas machen wir uns anfangs Februar auf den Weg nach Linton Bay, wo wir Alex und Karin treffen wollen. Das sind rund 45 Seemeilen (ca. 7 Stunden) entlang der Panamaischen Festlandküste gegen Westen. Nach der langen Zeit in den geschützten Gewässern der San Blas segeln wir zum ersten Mal wieder in der Atlantikdünung und das Boot rollt ganz ordentlich. Ich freue mich über die gute Fahrt, Biggi leider weniger… Sie wird dieses Mal richtig seekrank und muss sich mehrfach übergeben. Weil wir wieder auf dem offenen Meer sind, haben wir auch wieder die Angel draussen und prompt beisst ein Fisch an.  Biggi ist nicht in der Lage ihre Umklammerung vom Eimer zu lösen und so muss ich den Fisch alleine reinholen. Es ist der grösste Gelbflossenthunfisch, den wir bis jetzt gefangen haben. In dieser Hitze muss das Fleisch so schnell wie möglich in den Kühlschrank. Das Riesenvieh passt nicht mal ansatzweise dort rein und so muss ich den Fisch zuerst fiLletieren und auch die Filets in Stücke schneiden, damit alles an die Kälte kommt. Das tönt jetzt nicht so wild, aber das Ganze muss wegen der Sauerei draussen auf der Heckplattform gemacht werden, während das Boot mit 7-8 Knoten durch die Wellen schaukelt. Wenn wir das zu zweit machen, geht es noch, aber alleine artet es in einen Jonglier- und Balanceakt aus, damit ich nicht den Fisch verliere oder die Messer über Bord gehen. Dabei bleibt sogar das obligate Bild vom Fisch auf der Strecke. Aber sechs Kilo Thunfischfilet im Kühl- bzw. Gefrierschrank ist schon was Tolles und die Mühe wert.

Die erste Nacht ankern wir in der Linton Bay. Das wird die bisher schlimmste Nacht vor Anker. Das Boot rollt derart (obwohl es ein Katamaran ist!), dass wir kaum schlafen können und Biggi gar nie richtig fit wird. Um neun Uhr am nächsten Morgen sind wir schon in der Marina festgemacht. Endlich Ruhe im Boot!

Nach drei Versuchen hält der Anker endlich. Die Fahrt vom Ankerplatz zur Marina bedeutet, sich durch eine enge Durchfahrt zwischen den Riffen zu schlängeln.
Linton Bay Marina – eine regelrechte Dschungelmarina.

Am Tag darauf kommt Karin mit unserer Post und bekommt als kleines Dankeschön dafür ein grosses Paket mit gefrorenem Thunfischfilet, win-win Situation.

Hier können wir zum ersten Mal unseren Abfall entsorgen. Das ist alles was sich seit Curaçao (Mitte Dezember – bis Anfang Februar) an Abfall angesammelt hat.

Die Linton Bay Marina liegt mitten im Dschungel und morgens werden wir vom Gebrüll der Brüllaffen geweckt. Das ist schon speziell, eine Gruppe am Festland hat mit einer anderen auf der Isla Linton kommuniziert und das Brüllen ging hin und her über unser Boot. Gesehen haben wir allerdings keinen einzigen Affen.

Abendstimmung in der Linton Bay Marina. Aussicht auf die Linton Bay.

Wenige Meilen weiter östlich liegt die Panamarina. Das ist eigentlich keine Marina mit Stegen, sondern eher eine Werft mit einem Trockenstellplatz und ein paar Bojen davor, wo die Boote im Wasser festgemacht werden können. Rund herum ist dichter Dschungel und Mangroven. Es gibt eine innere Zufahrt zwischen Linton Bay und der Panamarina, die durch einen kleinen Mangrovenfluss führt. Dieser Fluss ist nur mit Kanus oder kleinen Motorbooten befahrbar und streckenweise wölbt sich das Blätterdach der Mangrovenbäume zu einer geschlossenen Decke über dem Fluss. Norbert und Kerstin von der ODINE liegen schon länger in Linton Bay und wir machen uns gemeinsam auf den Weg mit den Dinghys. In der Flussmündung liegt ein anderes Dinghy mit hochgeklapptem Motor und die Insassen paddeln wie wild. Da wir vermuten, dass sie Motorprobleme haben, fahren wir zu ihnen hin um zu helfen. Und laufen beide prompt auf’s Riff auf, denn sie haben nicht Motorprobleme sondern sind einfach auf Grund gelaufen – wie wir jetzt auch… Im trüben Wasser ist nichts zu erkennen und so stochern jetzt drei Dinghy-Crews mit den Paddeln durch die Untiefen, bis sie endlich den Weg ins tiefere Wasser und den Fluss finden.

Mit Norbert und Kerstin machen wir auch einen Sonntagsausflug zu Isla Grande mit den Dinghys.

Sea Front von Isla Grande
Der ausrangierte Leuchtturm von Isla Grande bietet einen eindrücklichen Rundumblick.
Sonnenuntergang von Isla Grande aus.
Mit dem Dinghy geht es kurz vor dem Eindunkeln zurück zur Marina
Ausflug nach Portobelo, wo es …
eine verfallene Festung (Unesco Weltkulturerbe) mit vielen Geiern…
… eine Bucht voller Wracks…
… und eine Kirche mit der bekannten Statue vom „Black Christ“ gibt.

Der Weg von Linton Bay zum nächsten grösseren Ort Sabanitas führt über eine asphaltierte, aber sehr hügelige und kurvige Strasse durch den Dschungel. Es sind zwar nur etwa 50 km, aber es dauert mit dem lokalen Bus manchmal 2 Stunden – für einen Weg!

Googles Zeitangaben mögen mit einem Auto stimmen. Mit dem Buss braucht es nahezu die doppelte Zeit!
Auf der Strasse wird schon mal für den Karneval geübt.

Dafür ist die Fahrt schon sehr abenteuerlich und beim ersten Mal schwitzen wir Blut und Wasser und fragen uns was wohl das Letzte ist, was wir sehen werden, bevor wir sterben. Die Busse sind bunt bemalt und auch die Windschutzscheibe ist davon nicht ausgenommen.

Wer annimmt, dass die Farbe auf der Windschutzscheibe von innen durchsichtig ist – der irrt sich …

Innen ist alles mit Plüsch, Federn und sonstigem Schnickschnack geschmückt, sodass dem Fahrer gerade mal ein kleiner Sehschlitz übrig bleibt um die Strasse zu sehen.

Und in der Schweiz wird man gebüsst, wenn im Winter nicht die ganze Scheibe freigekratzt ist…

Die Busse selber sind alles uralte ehemalige US-Schulbusse und da es in Panama wenig bis gar keine Regulationen oder Motorfahrzeugkontrollen gibt, muss man davon ausgehen, dass die Busse niemals kontrolliert worden sind.

Abgaskontrollen? Was ist das?

Was aber mit Garantie funktioniert ist die Hupe (laut wie ein Schiffshorn) und die Musikanlage. Gehupt wird gefühlt alle 2-3 Minuten, sei es um mögliche Fahrgäste zu informieren, dass jetzt der Bus kommt, oder um jemand am Strassenrand zu begrüssen. Die Musik ist nicht einfach laut – sie ist teilweise ohrenbetäubend. Welcome to Latin America…

Dazu kommt, dass der Fahrer in der Regel während der Fahrt unaufhörlich mit seinem Handy spielt. In einem Fall ist es besonders krass: Der Fahrer ist nonstop am Nachrichten Schreiben und Lesen, dafür kriecht er regelrecht die Strasse entlang. Kaum legt er das Handy weg, drückt er derart auf’s Gaspedal, dass wir zu Gott beten, dass ihm jemand doch bitte eine Nachricht schreiben möge, damit er endlich weniger rasen wird. Aber auch diese Fahrt überleben wir irgendwie.

Der handysüchtige Busfahrer…

Bezahlt wird am Schluss und zwar $2.75 pro Person. Echt ein Spottpreis. In jedem Lunapark würde man ein Vielfaches für ein ähnliches Erlebnis bezahlen. Das würde dann aber nur ein paar Minuten und nicht zwei Stunden dauern…

Eine unserer Starterbatterien hat in den letzten Tagen in San Blas den Geist aufgegeben und es muss eine Neue her. Das geht dann doch besser mit einem eigenen Mietwagen, den man wiederum nur in Colon bekommt. Zum Glück kann man heutzutage alles über’s Internet buchen und wir reservieren uns einen Kleinwagen für drei Tage. Um ihn zu holen müssen wir natürlich zuerst drei Stunden mit dem Bus nach Colon fahren. So schön die Dschungelmarina ist, praktisch ist es nicht, wenn man für’s Einkaufen 4-6 Stunden Fahrzeit einplanen muss.

Der günstige Tagespreis für die Mietwagen entpuppt sich als ein richtiges Lockvogelangebot. Wenn alle Versicherungen und Steuern dazu kommen werden aus $ 16.-  plötzlich $ 70.- pro Tag. Das muss natürlich amortisiert werden und wir fahren kreuz und quer rum, um neben den Besorgungen auch möglichst viele Sehenswürdigkeiten mitzunehmen.

Die Agua Clara Schleusen sind sehr eindrücklich. Sicht auf den Gatun Lake, wo die grossen Schiffe auf die Einfahrt in die Schleuse warten.
Einfahrt in die Schleuse. Die neuen Schleusen können wesentlich grössere Boote (Schiffe mit bis zu 11’000 Containern an Bord!) als die alte Panamax-Klasse aufnehmen. Es werden auch keine Loks mehr, sondern Bugsierboote verwendet, um den Grossen rein zu helfen. Im rechten unteren Bild sieht man, wie die Schiebetore hinter dem Frachter zugehen.
Blick auf den Chagres River vom Fort San Lorenzo, welches aus zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, aus gesehen.
Tierbegegnung: Ein Coati (Nasenbär) kreuzt unseren Weg.
Puente Atlantico, die Brücke über den Panamakanal auf der Atlantikseite. Im Hintergrund vom rechten unteren Bild ist die Verkehrstrennung zwischen den alten Gatun-Schleusen und den neuen Agua Claro Schleusen zu sehen.

Am Samstag den 10.2. fahren wir zur Shelter Bay Marina, wo Uschi und Albert von der USI an Land stehen. Sie sind am Vorabend mit dem Flugzeug angekommen und haben uns freundlicherweise einen Ersatz für unser defektes Garmin InReach Gerät aus Deutschland mitgebracht. Die Wiedersehensfreude mit ihnen und Tom und Hajo, die mit ihrer SEGELBAR unmittelbar danebenstehen, ist gross. Leider bleibt uns nicht so viel Zeit, denn wir müssen den Mietwagen um zwei Uhr nachmittags in Colon wieder abgeben.

Der Autovermieter fährt uns von seinem Büro zum Busterminal in Colon. Colon ist eine Stadt mit einigen Gegenden in denen man nicht unbedingt zu Fuss unterwegs sein sollte. Und das Büro liegt in einer solchen Gegend, was auch unschwer zu erkennen ist, wenn man die heruntergekommenen Gebäude und die Stacheldrahtzäune sieht.

Hier sollte man als Fremder besser nicht alleine rumlaufen…

Wir haben uns entschieden mit dem Expressbus nach Panama City zu fahren, um die Stadt anzuschauen. Mitunter auch, weil es gerade Karnevalszeit ist und wir uns diesen gerne anschauen wollen. Ab Colon auf der Atlantikseite bis nach Panama City auf der Pazifikseite dauert es auf der Schnellstrasse gerade mal eine Stunde. Welch ein Kontrast zu der Dschungelstrasse zwischen Colon und Linton Bay!

Unser Hotel liegt zentral und wir können in zwanzig Minuten zu Fuss zur Altstadt Casco Viejo laufen. In der anderen Richtung geht es zur grossen Strand Avenue Cinta Costera. Beide Gebiete sind sehr schön, aber dazwischen kommt der zerfallene Teil von Panama City zum Vorschein. Es wimmelt regelrecht von Polizisten und so fühlen wir uns eigentlich ziemlich sicher, auch wenn wir alleine im Dunkeln zu Fuss unterwegs sind.

Die Skyline von Panama City und Casco Viejo by Night.

Das Hotelzimmer ist hingegen etwas speziell. Es ist gross und sauber und hat sogar eine kleine Bar und eine Küchenzeile mit Microwelle und Kaffeemaschine. Aber es hat keine Fenster nach draussen und damit kein natürliches Tageslicht. Das einzige Fenster geht einfach zum Hotelkorridor raus. Dafür ist die Zimmerbeleuchtung umso greller und verbreitet den Charme eines Operationssaales… Kein Wunder, dass wir nur zum Schlafen dort sind. Mangels Fenster ist es aber wirklich ruhig. Dafür hat das Hotel eine grosse Roof-Top Bar mit Swimmingpool und ohrenbetäubend lauter Musik.

Zimmer ohne Fenster, aber es hat wenigstens ein Spiegel um das neue Kleidchen für den Karneval anzuprobieren 😉
„Flucht“ auf die Dachterrasse vom Hotel
Abends in der Roof Top Bar vom Hotel

In Casco Viejo haben sie extra für den Karneval eine kleine Bühne auf dem Platz vor der Kathedrale aufgestellt, wo wir allerlei Tanzdarbietungen anschauen können. Jede Region von Panama hat seine eigenen Trachtenmuster, welche in den Tänzen stolz vorgeführt werden. Es ist alles sehr klein und ein bisschen improvisiert, sodass man hautnah an die Mitwirkenden rankommt.

Selbstverständlich haben wir uns als Touristen ausgetobt und neben diversen Kirchen und Museen haben wir auch den ein oder anderen Kaffee genossen. Sowohl Panama wie das nahegelegene Kolumbien sind für ihren Kaffee berühmt. Wie auch für die echten Panamahüte, welche aber tatsächlich in Ecuador hergestellt werden.

Rechts oben im Bild: Ein Pfund Geisha Kaffee hat 2013 einen Rekordpreis von $350.25 erzielt. Total crazy. Eine Tasse frisch gebrüht kostet heute $9 – das verkneifen wir uns 😉
Grafitti auf der Markthalle
Wer die Wahl hat, hat die Qual…
Biggi steht mein Hut auch nicht schlecht 🙂
Coole Effekte im Mola Museum.
Bisschen klein geschrieben die Schilder hier….
Die San Jose Kirche mit dem berühmten goldenen Altar.
Hier schaut man besser wo man hintritt… Solche Löcher gibt es überall entlang der Strassen und Trottoirs.

Am zweiten Abend wollen wir den grossen Karnevalsumzug entlang der Cinta Costera anschauen. Kaum dort, sehen wir eine riesenlange Schlange von Menschen, die für etwas anstehen. Da wir nicht so recht wissen warum sie dort stehen suchen wir uns jemand, der aussieht, als ob er Englisch sprechen würde um zu erfahren, ob wir uns auch dort anstellen sollen. So lernen wir David, einen Belgier, der schon seit 12 Jahren in Panama lebt kennen. Er ist mit seinem Hund und seine panamaischen Freundin Natalia dort. Natalia spricht auch sehr gut Englisch und die beiden nehmen uns unter ihre Fittiche. Die Schlange führt zur Sicherheitskontrolle um auf’s Festgelände zu kommen. Da es eine Leibesvisitation umfasst, müssen die Frauen und Männer getrennt anstehen. Da ist es gut, dass jeder von uns Nicht-Spanischsprechenden von jemand begleitet wird, der sich hier auskennt. David und ich sind schnell durch und Natalia und Biggi stossen ein paar Minuten später auch zu uns. Zusammen gehen wir durchs Festgelände und warten auf den Umzug, der eigentlich schon vor einer knappen Stunde hätte anfangen sollen. Nach einer weiteren Stunde in der wir uns mit den beiden sehr gut unterhalten haben, aber vom Karnevalsumzug noch weit und breit nichts zu sehen ist, reisst sogar ihnen der Geduldsfaden. Kurzentschlossen laden sie uns zu sich nach Hause ein. David hat ein Appartement unmittelbar an der Cinta Costera und wir können das Festgelände auch von dort sehen. Was uns dann erwartet, hat unsere kühnsten Erwartungen gesprengt. Das Appartement liegt im 19. Stock eines Appartementblocks im typisch amerikanischen Stil. Unten ist der Conciergebereich und es kommen nur Zutrittsberechtigte rein. Auf der Dachterrasse befindet sich ein grosser Pool und das hauseigene Fitnesscenter ist direkt daneben. Alles ist natürlich voll klimatisiert, denn die Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind in Panama City recht krass. Die Wohnung selber ist auf der einen Seite voll verglast und hat eine formidable Aussicht auf den Pazifik und die Skyline von Panama City. Und wenn man direkt runter schaut sieht man die Cinta Costera und das gesamte Festgelände. Wir sind ziemlich geflashed und quetschen die beiden im Laufe des Abends über das Leben und die Gebräuche in Panama regelrecht aus. Vor allem seine Sicht als Europäer, der die letzten 20 Jahre in verschiedenen Ländern in Lateinamerika gelebt hat ist für uns sehr interessant. Die Wohnungen in Panama City sind im Vergleich zu USA oder Europa sehr günstig. Der Leerwohnungsbestand ist sehr gross, dass ist sogar uns aufgefallen, als wir durch Panama City gelaufen sind, und es wird weiterhin sehr viel gebaut. So kostet seine 100 qm Wohnung voll möbliert inkl. Gas und Wasser und einem Garageneinstellplatz unter 1‘000- US$ im Monat. Eine vergleichbare Wohnung an einer solchen Top Lage wäre in USA oder Europa um ein Mehrfaches teurer.

Wohnen an bester Lage. Unverbaubare Sicht auf den Golf von Panama und die Cinta Costera. Hier sehen wir das Festgelände von oben und das Feuerwerk.

Am nächsten Tag wollen wir eine Tour mit dem Hop-on Hop-off Bus machen. An der Haltestelle werden wir von einem Taxifahrer angesprochen, der uns dieselbe Tour für einen günstigeren Preis als reine Privattour offeriert. Nach kurzer Überlegung schlagen wir ein und haben danach mit Junior unseren eigenen Privatchauffeur. Da wir einige Sehenswürdigkeiten, wie den Panama Kanal bereits auf der Colonseite angeschaut haben, können wir die Tour auf unsere Wünsche anpassen. Junior spricht ungefähr so gut (bzw. schlecht) Englisch wie ich Spanisch und so gestaltet sich die Unterhaltung mitunter etwas holprig. Gemeinsam schaffen wir das aber und das eine oder andere Missverständnis führt zu viel Gelächter im Auto.

Down Town Panama City
Sicht auf Panama durch den Dschungel vom 199 m hohen Cerro Ancon (ein Hügel mit Aussicht) aus.
Bridge of the Americas: Das Tor zum Pazifik am Ende vom Panamakanal.

Abends gehen wir nochmals zum Festgelände und heute sind wir schon wie alte Hasen, was das Anstehen usw. angeht. Dieses Mal ist der Umzug tatsächlich halbwegs pünktlich unterwegs, aber im grossen Ganzen finden wir es jetzt nicht unbedingt sooo toll. Es wurde uns im Vorfeld schon gesagt, dass es bessere Orte als Panama City gäbe um den Karneval zu erleben. Der Karneval-Hot-Spot schlechthin sei Las Tablas, aber das war uns mit mehreren Stunden Autofahrt von Panama City aus definitiv zu weit weg.

Tags darauf machen wir uns auf die Rückreise. Das Expressbus Terminal von Panama City ist unmittelbar neben der Albrook Mall, einem riesigen Einkaufszentrum. Und mit riesig meinen wir auch riesig! So etwas haben wir bis jetzt noch nie gesehen. Es sei das zweitgrösste Einkaufzentrum auf dem gesamten amerikanischen Kontinent (also inkl. USA…). Da sind sogar diverse Autohäuser im Einkaufszentrum drin.

Zu Fuss ein ideales Marathontraining…
Jeder der vielen Eingänge ist nach einem Tier benannt
Autoverkauf im Einkaufzentrum. Eine Wand voll Sneakers, jedes Paar 24.90 $

„Schatz hol auf dem Heimweg bitte etwas Käse und Milch und bring auch gerade ein neues Auto mit!“ Alles ist einfach gigantisch und wir sind schlichtweg überfordert.

Mit dem Expressbus geht es zurück nach Colon bzw. Sabanitas, wo wir auf den altbekannten Ex-US-Schulbus umsteigen und die letzten zwei Stunden über die Dschungelpiste nach Linton Bay gondeln.

Der Kulturschock könnte nicht grösser sein – morgens noch im immensen Shoppingparadies und abends wieder in der Dschungelmarina bei den Brüllaffen. Panama ist wirklich ein Land der Extreme.

Abendstimmung in Linton Bay

Kaum zurück an Bord haut es Biggi im wahrsten Sinn des Wortes um. Sie wird krank und schläft 36 Stunden einfach durch, dann ist sie ein paar Stunden wach (kurz das Schiff rauswischen und Wäsche waschen 🙂 ), nur um nochmals für 12 Stunden wegzudösen. Sie ist quasi vom Mittwochabend bis Freitagmittag komplett ausgefallen. Wir können uns nicht erklären, was das gewesen sein könnte, aber zum Glück ist der Spuk danach vorbei. Zum Glück auch, weil ein Wetterfenster mit schwachen nordwestlichen Winden für den Sonntag vorhergesagt wird. Die Strecke von Linton Bay zurück zu den San Blas ist nämlich im Normalfall gegen Wind und Welle und das wollen wir natürlich gerne vermeiden.

Am Samstag fahren wir nochmals mit dem Bus nach Sabanitas um unseren Frischwarenvorrat aufzustocken. Der Busfahrer übersieht uns fast und legt dann eine Vollbremsung hin, sodass die Hinterräder blockieren und es nach verbranntem Gummi riecht. Im Bus drin lachen alle als wir an Bord springen. Das muss man sich mal in Europa vorstellen… So ein Manöver und der Fahrer hätte vermutlich eine Anzeige am Hals. Hier löst das nur Heiterkeit aus. Uns ist Panama langsam richtig sympathisch.

Anstatt „nur“ ein paar Frischwaren zu kaufen, machen wir den Fehler nochmals in ein grossen Heimwerkermarkt rein zu laufen. Natürlich haben sie die lange von uns gesuchte Bratpfanne, eine grosse Plastikwanne (für zukünftige Fischfänge) und sonst einige Sachen, die auf unsere „Möchten wir gerne haben“-Liste stehen. Am Schluss stehen wir bepackt wie die Mulis an der Bushaltestelle um nach Linton Bay zurück zu kommen. Die Schulbusse haben keinen Gepäckraum und sind meistens völlig überfüllt, also müssen wir durch die Türe am Heck einsteigen und zurückfahren. Biggi ergattert noch einen normalen Sitz, aber ich muss auf einer grossen Holzbox neben unserem Gepäck sitzen. Jetzt verstehe ich auch woher die wummernden Bässe der Musikanlage kommen. Ich sitze nämlich auf der vibrierenden Holzbox mit dem Subwoofer drin… Die Musik geht wahrlich durch Mark und Bein und die ohnehin anstrengende Fahrt kommt mir unendlich vor…

Mitfahren sozusagen im Gepäckraum.

Mit dem ersten Tageslicht und dem Morgengebrüll der Brüllaffen tuckern wir aus der Marina raus. Der Wind hat tatsächlich komplett nachgelassen und die See ist ungewöhnlich ruhig.

Verlassen der Marina

Nach acht Stunden ruhiger Motorfahrt (ohne Seekrankheit!) fällt der Anker im klaren Wasser und wir sind wieder an unserem Lieblingsankerplatz in den San Blas hinter der Insel Banedup in den Hollandes Cays angekommen.

Banedup von oben. (Drohnenaufnahme von Alex Kiermayer und Karin Wenger von der MABUL)
In der ersten Reihe liegt es sich am schönsten 🙂

Endlich wieder im klaren Wasser baden und die neu erstandene Hängematte ausprobieren

Erster Versuch: Auf dem Vordeck. Nicht schlecht, aber voll in der Sonne…
Zweiter Versuch: Im Cockpit. Schon besser, da im Schatten, aber irgendwie auch nicht optimal, da es das ganze Cockpit blockiert.
Dritter Anlauf: Perfekt!!

Unsere ursprünglichen Pläne Mitte März durch den Panama Kanal zu gehen haben wir inzwischen begraben und den Kanaltermin abgesagt. Wir wollen lieber etwas mehr Zeit in Panama verbringen. Dieses Land fasziniert uns und wir haben bis jetzt nur einen kleinen Teil davon gesehen. Die Südsee muss warten.

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San Blas – Eine Insel für jeden Tag im Jahr

San Blas – Eine Insel für jeden Tag im Jahr

24.12.2023 – 19.01.2024, San Blas, Logstand seit Start 8’156 sm

Wir sind nun seit kurz vor Weihnachten in San Blas bzw. Kuna Yala (oder Guna Yala) wie die Indianer ihr Territorium lieber nennen. Die Guna- (oder Kuna-, beide Schreibweisen scheinen OK zu sein) Indianer verwalten dieses Gebiet mehrheitlich autonom, obwohl es eigentlich zu Panama gehört. Das führt dann auch zu einem etwas kuriosen Anmeldeprozedere, da beide „Nationen“ ihre Administration haben. Nachdem man es verstanden und alles korrekt gemacht hat, ist man frei ein wahrhaft traumhaftes Inselparadies zu erkunden.

Porvenir, die „Einklarierungsinsel“. Sogar mit richtigen Telefonzellen!
Das grösste Bauwerk auf Porvenir ist diese Landebahn, die aus Korallenblöcken vom Riff aufgeschüttet ist. Sie bedeckt die ganze Insel, ist aber nicht gerade in einem vertrauenserweckendem Zustand…
Die Regeln an die man sich in San Blas halten soll und die Tarife für die Segelerlaubnis

Dieses Gebiet umfasst fast 365 kleine bis sehr kleine Inseln unweit des Panamaischen Festlandes und erstreckt sich von der Kolumbianischen Grenze bis nach Colon. Das dahinterliegende Festland ist der „Darien“ und ist meistenteils völlig unwegsames Dschungelgebiet. In dieser Inselwelt gibt es eine Vielzahl von Ankerplätzen, wie man sie aus Ferienprospekten kennt – ausser, dass es keinerlei Infrastruktur hat. Lass alles weg, was wir so als selbstverständlich kennen und du bekommst eine Vorstellung davon wie es hier ist. Hier gibt es keine Autos – und daher natürlich auch keine Verkehrsstaus – nicht mal Roller sieht man hier. Es gibt hier schlichtweg gar keine Fahrzeuge oder ausgebaute Strassen. Das braucht es gar nicht, denn die Inseln sind so klein, dass man sie locker zu Fuss umrunden kann – manchmal in weniger als 10 Minuten. Schuhe braucht man übrigens auch keine, denn meistens läuft man barfuss entlang den Sandstränden oder über von Hand angelegte Pfade auf den Inseln, wo es anscheinend keine stacheligen Pflanzen gibt.

Eine typische Kuna Hütte, welche innen erstaunlich kühl ist
Wer Schuhe trägt ist over dressed:-)

Ausser auf ganz wenigen Inseln nahe am Festland gibt es nirgends Strom oder fliessend Wasser. Auch Häuser sucht man vergebens, die meisten Behausungen sind aus Holz, Bambus und Palmwedeln gemacht. Als Boden dient ein Erdboden und auch Möbel sind unbekannt – ein paar Hängematten und grob zusammengezimmerte Holzbänke ist alles was es braucht. Apropos brauchen – es gibt hier auch keine Supermärkte, auf den allermeisten Inseln gibt es nicht mal einen kleinen Laden. Es gibt einfach nichts zu kaufen. Wir gehen davon aus, dass der Januar 2024 der billigste Monat unsere bisherigen Reise sein wird. Auch mal gut.

Wie in den Ferien 🙂

Viele der Kleinstinseln sind trotzdem bewohnt, wenn auch nur von einer Familie. Alles was sie vom Festland benötigen, wird mit kleinen offenen Motorbooten oder sogar mit von Hand gepaddelten Einbäumen gebracht. Denn ausser Fisch und Kokosnüssen gibt es auf den Inseln nichts, nicht mal Trinkwasser! Abends gehen manchenorts ein paar vereinzelte Solarlampen an. Manchmal hört man einen kleinen Benzingenerator surren, aber meistens ist es dunkel und still. Das einzige Geräusch was immer zu hören ist, ist die Brandung auf den vorgelagerten Riffen – ein ewiges Rauschen und Grollen, das niemals aufhört.

Coco Bandero: Die Insel im linken Bild ist tatsächlich von einer Familie bewohnt. Ihre Hütte nimmt einen grossen Teil der Insel ein.
Green Island, hinter der Insel ist das Riff, wo die Brandung nie aufhört.

Mehr als einmal werden wir von den Kunas nach Wasser gefragt, was wir ihnen selbstverständlich gerne geben. Einen eigenen Wassermacher zu haben ist hier ein wahrer Segen. Aber um den zu betreiben braucht man Energie was hier ebenfalls Mangelware ist. Obwohl wir es mit eigenen Augen sehen, ist es schwer zu verstehen, wie die Leute in so einfachen Verhältnissen leben können und trotzdem sehr zufrieden und glücklich wirken. Wie anders sind wir doch, die wir denken ohne all diesen Luxus nicht auskommen zu können? Solche Erlebnisse stimmen nachdenklich und führen uns wieder einmal vor Augen, wie unendlich privilegiert wir sind.

Ein Einbaum „Cayuco“ vor den ankernden Yachten. Zwei Welten prallen aufeinander.
Gemeinsames Feuer und Fischgrillen am Strand in Bandedup

Etwas was hier auch komplett „fehlt“ ist Kriminalität. Die Kunas sind extrem friedlich, freundlich und unaufdringlich und wir haben uns selten irgendwo so sicher gefühlt, wie hier. So wie es scheint ist die Kunagesellschaft in dieser Hinsicht selbstregulierend und Verstösse gegen ihre Ordnung werden intern vom Ältestenrat im „Congresso“ beraten und gegebenenfalls Massnahmen zur Wiedergutmachung verhängt. Obwohl es inzwischen einige Hundert Yachten hier hat, ist seit Jahren kein einziger Fall von einem Diebstahl bekannt.

Auf einigen Inseln haben die Kunas einfache Strandbars oder Restaurants eröffnet, die von den Yachties gerne besucht werden. So auch auf Banedup, eine Insel, vor der wir einige Tage lagen. Die Strandbar wird abends zum Treffpunkt und auch wir besuchen sie gerne. Eines Abends wollen wir wieder zur Strandbar fahren als wir feststellen, dass unser Portemonnaie fehlt. Schnell wird uns klar, dass wir es am Vorabend in der Bar haben liegen lassen (Man soll seine Sachen IMMER sofort einpacken…). Kaum dort angekommen, werde ich von der Barbetreiberin, eine ältere Kuna freundlich angelächelt und mit einem „Billetera?“ begrüsst. Auf mein aufgeregtes „Si, Si!“ bekomme ich unseren Geldbeutel ausgehändigt – inkl. des gesamten Inhalts! Es wurde nichts rausgenommen, vermutlich haben sie nicht mal reingeschaut. Selbstredend, bekommt sie einen grosszügigen Finderlohn.

Besuch in der Beachbar, wo wir unser Portemonnaie vergessen haben mit den Crews der CATHERINE (NL), ELIN (SWE) und ODINE (D).
Drei Blondinen an der Bar. 🙂

Die Strecken zwischen den Ankerplätzen sind hier schon fast absurd kurz, oft weniger als 5 Seemeilen. Bei diesen Abständen lohnt sich das Segeln nicht wirklich. Das liegt jetzt weniger an unserer (zugegeben) ausgeprägten Faulheit, sondern daran, dass wir unsere Motoren nur dann anstellen, wenn wir das Boot bewegen. Viele andere benutzen ihre Maschinen um die Batterien zu laden. Das haben wir mit genügend Solarzellen bewusst anders gelöst, weil es ziemlich ineffizient ist, einen grossen Dieselmotor laufen zu lassen nur um die Batterien zu laden. Im Gegenzug schauen wir, dass unsere Maschinen – wenn sie denn gebraucht werden – auch richtig warm werden. Da ist es sinnlos die Motoren sofort nach dem Anker heben wieder abzustellen, 4 Meilen zu segeln und sie dann wieder anzustellen. So mutiert RARE BREED hier ein wenig zum Motorboot.

Links was wir im Dezember gesegelt sind. Die Strecke im rechten Bild ist was wir seither hier in San Blas gemacht haben und umfasst gerade mal 50 sm…
Gemütliche Kurztörns von Insel zu Insel
Obwohl wir jedes Mal unseren Köder baden, hat hier bis jetzt noch nichts angebissen. Übrigens ist diese günstige Handleine viel einfacher und effizienter als die teure Angelrute mit Rolle… wenn dann mal einer anbeisst.

Die Ankerplätze die wir aufsuchen sind oft wirklich im Niemandsland, wo es ausser unbewohnten Palmeninseln (für Strandspaziergänge und vielleicht ein abendliches Strandfeuer) und Riffe (zum Schnorcheln) nichts gibt.

Vor Anker in der kleinen Lagune bei Esnadup

Manchmal kommen ein paar Kunas in einem Cayuco (Einbaum) angepaddelt und bieten Fisch, Krabben oder Lobster an. Alles zu sehr moderaten Preisen. Ab und zu kaufen wir ihnen etwas ab, denn so können sie etwas dazu verdienen und wir haben dafür etwas Besonderes zum Abendessen. So bekommen wir z.B. im Coco Bandero Atoll eine grosse Krabbe angeboten. Erst nachdem wir mit der Krabbe alleine sind und uns überlegen, wie wir das Riesenvieh zubereiten sollen, wird uns klar, dass es sich um eine Königskrabbe (auch Monsterkrabbe genannt) handelt. Diese Krabben sollen anscheinend eine heiss begehrte Delikatesse sein. Uns schmeckt sie auf jeden Fall sehr gut und die fünf(!!) Dollar, die wir dafür bezahlt haben stehen in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Wert. Das wissen wohl auch die Kunas nicht, denn die Lobster (Hummer) werden üblicherweise für den dreifachen Preis angeboten, was aber immer noch sehr moderat ist. Bisher haben wir erst einmal einen Lobster gekauft, denn meistens sind die angebotenen Tiere viel zu klein und hätten gar nicht erst gefangen werden dürfen. Leider hält sich niemand an diese Regeln, aber wir wollen es wenigstens nicht noch fördern indem wir solche Babylobster kaufen.

Regelmässig kommen fliegende (oder eher schwimmende) Händler mit ihren Booten vorbei und bieten Gemüse, Früchte, Eier und manchmal auch Bier, Wein, Softdrinks, Benzin und sogar ganze Hühner inkl. Kopf und Füsse an. Da es die einzige Einkaufsmöglichkeit ist, wird dieser Service von den Yachties sehr geschätzt.

Manchmal ist das Gemüseboot am Strand…
… und manchmal kommen sie direkt zum Boot.

Das Schnorcheln ist hier schon anders als in der östlichen Karibik. Das Wasser ist oft nicht wirklich klar, da die Flüsse vom Festland Sediment bis zu den Inseln raustragen. Die Riffe sind mit vielen Weichkorallen oft in einem besseren Zustand und man sieht hier öfter mal grössere Spezies wie Adlerrochen und Ammenhaie. Fische sieht man leider wenig, was uns wundert und traurig stimmt. Die Befischung ist wohl auch hier zu stark.

Anscheinend soll es hier auch Bullen- und Zitronenhaie und sogar vereinzelte Krokodile geben, von dem wir bisher (zum Glück) keine gesehen haben. Die beiden grossen Ammenhaie, die in Coco Bandero immer wieder um unser Boot schwimmen, sind für Biggi schon Grund genug auf’s Schnorcheln zu verzichten. Ich hätte wohl besser nichts gesagt, als ich die Tiere unter dem Boot entdecke just in dem Moment wo sie sich zum Schnorcheln bereit macht…

Neugierige Ammenhaie am Heck von RARE BREED

Ein Ankerplatz wird der „Hot Tub“ genannt. Es ist eine Art Pool zwischen den Riffen. Da das Wasser zuerst relativ weit über das flache Riff strömt, wärmt es sich entsprechend in der Sonne auf. Leider kann man dort aber gar nicht ins Wasser, da es mit einer Strömung von etwa drei Konten durch den Ankerplatz „düst“. Ich wundere mich noch, dass RARE BREED beim Ankern so schnell nach hinten treibt. Als wir dann still liegen gurgelt es von der Wasserströmung am Heck, wie wenn wir noch segeln würden. Wer da unvorbereitet ins Wasser springt (z.B. um den Anker zu kontrollieren) findet sich urplötzlich weit hinter dem Boot ohne Chance selbst zurück zu kommen… Unangenehme Vorstellung…

Die Einfahrt in den Hot Tub zwischen den Riffen. Wenn man hier nicht ganz vorsichtig und genau navigiert kann man ganz schnell in Schwierigkeiten geraten.
Die Reste einer Yacht, die auf ein Riff aufgelaufen ist…

Unser SUP hat sich hier leider auch „in Luft aufgelöst“. Plötzlich macht es draussen ein lautes „Pffsschhh“ und das prall aufgeblasene SUP verwandelt sich in eine runzelige Wurst. Eine Reparatur ist zwecklos, denn die Klebenähte weisen an viel zu vielen Stellen Ablöseerscheinungen auf. Gerade mal zwei Jahre alt und schon futsch, obwohl es die meiste Zeit unter Deck in seinem Sack verbracht hat – das ist ärgerlich. Getreu dem Motto „Jeder Schaden hat auch sein Gutes“ wird die Aufnahme für die kleine Finne unten am SUP weggeschnitten und stattdessen an „Pinky“, unserem kleinen Kajak aus Grenada geklebt, damit das Ding endlich einen etwas besseren Geradeauslauf bekommt. Doof nur, dass wir erst nach dem Ankleben merken, dass wir die Aufnahme 180 Grad verkehrt herum angebracht haben – jetzt schaut die Finne halt nach vorne statt nach hinten. Shit happens…

Nicht ganz so wie wir uns das vorgestellt hatten…

Gewisse Ankerplätze sind regelrechte „Cruiser-Hot Spots“, wo es eine Strandbar oder vielleicht sogar ein kleines Restaurant hat. Nach ein paar Tagen Robinsonleben ist es manchmal ganz schön wieder andere Yachties zu treffen. Von den Booten, die wir in Curaçao kennen gelernt haben, sind noch einige hier und daneben haben wir hier auch ein paar neue Freunde gewonnen. Über WhatsApp tauscht man sich aus und schaut, dass man sich immer wieder irgendwo trifft. „Isla Banedup“ in den Cayos Holandeses ist so ein Ort. Dort gibt es Ibin’s Restaurant, eine rustikale aus Holzbrettern zusammengebastelte Hütte am Strand bzw. über dem Wasser.

Gekocht wird auf uralten Gasherden, abgewaschen mit Meerwasser (es gibt auf Banedup kein fliessend Wasser) und der Kühlschrank und das Licht wird von Sonnenzellen und einem kleinen Benzingenerator mit Energie versorgt. Eine Speisekarte gibt es nicht, denn gekocht wird, was jeweils gerade verfügbar ist und das ist was Elmer, der Besitzer vom Gemüseboot, in Panama bekommen und was die anderen Kunas im Meer fangen konnten. Auf den ersten Blick würde man dort bestenfalls einfachstes Essen erwarten, aber weit gefehlt! Ibin (ebenfalls ein Kuna) ist ausgebildeter Koch und hat früher in wirklich guten Restaurants gearbeitet. Was er mit diesen begrenzten Mitteln auf den Teller zaubert grenzt schon bald an ein Wunder! Hier verbringen wir auch Weihnachten und geniessen zusammen mit vielen Freunden ein hervorragendes, wenn auch etwas ungewohntes, Weihnachtsdinner.

Weihnachtsdinner am 25. Dezember 2023 mit den Crews von KUJIRA (NZL) und CATHERINE (NL)
Natürlich besuchen wir Ibin nochmals. Auch seine Pizzen sind sensationell!
Silvester verbringen wir auf einem einsamen Ankerplatz in Waisaladup, weil wir dem Rummel in Banedup aus dem Weg gehen wollen
Ein feines Silvestermenu à la Biggi: Panierte Auberginenscheiben mit Kartoffelgratin und einen kühlen Weisswein – Lecker!

Jeder, der schon eine Zeit in den San Blas ist, kennt die „Molas“. Das sind bunte von Hand bestickte Vierecke aus mehreren Stofflagen. Ursprünglich dienten sie als Schmuck auf den Vorder- und Rückseiten auf den Blusen der Frauen. Inzwischen werden sie vor allem als kunstvolle Souvenirs verkauft. Sie sind allesamt sehr schön anzuschauen und haben verschiedene Muster mit Tier- oder Pflanzenmotiven, geometrische Muster oder spirituelle Symbole. Die Qualitätsunterschiede sind erst beim genauen Hinschauen zu entdecken. Die „einfacheren“ Molas werden für USD 15-20.- gehandelt, es gibt aber durchaus solche, die 100.- oder mehr kosten.

„Touristen-Molas“ in Porvenir

In Waisaladup in den westlichen Cayos Holandeses kommt Venacio, ein etwa 70-jähriger Kuna zu uns ans Boot um Molas zu verkaufen. Anfänglich lehnen wir dankend ab, da wir ein paar Tage zuvor zwei (in unseren Augen) schöne Molas erstanden hatten. Aber Venacio gibt so leicht nicht auf. Er hat eine verschmitzte und doch überzeugende Art, spricht ein wenig Englisch und so dauert es nicht lange bis er bei uns im Cockpit sitzt und seine Schätze ausbreitet. Was folgt ist eine ca. zweistündige „Mola-Ausbildung“ und nach und nach kommen immer teurere und tatsächlich auch wirklich viel aufwändigere Molas zum Vorschein. Es kommt wie es kommen muss – am Schluss kaufen wir ihm doch zwei Molas ab und zwar für USD 180.- (!!) Das nenne ich einen super Verkäufer! Aber wir müssen wirklich zugeben, dass diese beiden Molas in einer ganz anderen Liga als die ersten beiden sind, die wir vorher erstanden haben. Diese Molas sind bis ins Detail haargenau gefertigt und eine wahre Pracht zum Anschauen. Im nachfolgenden Gespräch (mit unseren begrenzten Spanischkenntnissen teilweise ziemlich holperig) versucht Venacio uns einige Brocken der Kuna-Sprache beizubringen. Alles in allem ein teurer, aber doch sehr lehrreicher und vergnüglicher Nachmittag.

Detailaufnahme einer richtig guten Mola. Das ist alles von Hand genäht.

Ein Wermutstropfen bleibt aber. Obwohl so abgelegen und von der Zivilisation unberührt, sind die San Blas Inseln leider von Plastikabfall übersäht. Dabei ist es kein selbergemachtes Problem, sondern die Tatsache, dass die Riffe und Inseln der San Blas wind- und strömungstechnisch gesehen „am Ende“ vom Karibischen Meer liegen. Hier wird täglich neuer Plastikabfall angeschwemmt. Die Strände sind von Petflaschen, Crocs, Flipflops, Styropor, Plastiksäcken, Rucksäcken und sonstigem Müll übersäht. Es sind unvorstellbare Mengen, die hier rumliegen und es kommt täglich Neues hinzu. Anfänglich sammeln wir es noch ein, aber nachdem es keine Möglichkeit gibt, es hier los zu werden müssen wir schweren Herzens damit aufhören. Wenn man das sieht fällt es einem sehr schwer daran zu glauben, dass unser Planet nicht im Müll ersticken wird.

PET Flaschen, Crocs und anderen (Plastik-)Müll ist leider auf allen Inseln zu sehen.

Um dem beschaulichen Leben hier etwas entgegen zu setzen, haben wir wieder angefangen jeden Morgen Sport zu machen. Das ist auch bitter nötig, denn ausser ein paar Strandspaziergängen und etwas Schnorcheln bewegen wir uns viel zu wenig. Im Heimaturlaub haben wir ausserdem beide (wen wundert‘s…) ein paar Pfunde zugelegt, also muss etwas gemacht werden. Mit der Wiederaufnahme vom 16/8 Speiseplan und dem Sport, merken wir langsam erste Ergebnisse. Yess! Ein positiver Nebeneffekt ist, dass wir wegen 16/8 tatsächlich weniger essen und unsere Vorräte an Frischwaren länger herhalten. Das ist etwas was hier durchaus von Vorteil ist. Unsere Gefriertruhe, die wir letzten Frühling in St. Martin gekauft haben, wird plötzlich zum richtigen Luxusgut. So haben wir immer noch Fleisch vom Thunfisch eingefroren, den wir auf dem Weg hierher gefangen haben.

Die Regentage nutzen wir, um kleinere Arbeiten an Bord zu erledigen.
Unsere nicht mehr benötigten Sonnenschütze der vorderen Fenster werden zu seitlichen Schattenspendern im Cockpit – „Up Cycling Projekt 1“
Die Gurtbandrolle für den Heckanker bekommt einen Sonnenschutz aus Stoffresten.- „Up Cycling Projekt 2“
Und wenn es schön ist, machen wir Strandspaziergänge
Besuch auf Tiadup, einer Insel die am Verschwinden ist. Vor ein paar Jahren standen hier noch ausgewachsene Palmen. Jetzt sieht man die Strünke noch im Wasser. Der steigende Wasserspiegel ist auch in den San Blas ein Riesenproblem und die Inseln schrumpfen immer weiter, bis sie irgendwann einfach verschwinden bzw. noch als Untiefe in der Seekarte stehen.
Nächtlicher Besucher
Der Katamaran „SIRIUS 2“ fängt die Sonne ein

Die ruhigen Tage hier in den San Blas geniessen wir ganz bewusst, denn danach wird es mit grösseren Segelstrecken losgehen. Wenn die Planung aufgeht wollen wir Mitte März durch den Panamakanal gehen und dann liegt das grösste Meer der Welt – der Pazifik – vor uns. Dann ist für lange Zeit nichts mehr mit kurzen Tagestörns.

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Ein Wetterfenster zu Weihnachten

Ein Wetterfenster zu Weihnachten

29.11. – 23.12.2023, Curaçao – San Blas, Logstand seit Start 8103 sm

Die beiden Wochen nach unserer Rückkehr aus Europa haben wir in der Marina in Curaçao verbracht. Einerseits, weil wir noch zwei Sachen am Boot machen mussten, für die wir gerne externe Hilfe in Anspruch genommen haben und andererseits, weil die Gemeinschaft unter den Seglern dort so angenehm war.

Einige Projekte, wie diese Dieselfilteranlage haben wir so nebenher gemacht
Unser Bordgecko auf Aussenmission

Projekt 1: Neues UKW Kabel in den Mast einziehen

Geschätzter Zeitaufwand: 1 Stunde… Wir hatten bemerkt, dass unser UKW und AIS Empfang, welche beide von der gleichen Antenne im Masttopp abhängen, immer schlechter wurden. Die Antenne hatten wir vor einem Jahr in Grenada schon erneuert, aber das Kabel im Mast war so alt wie das Boot. Das neue Kabel hatten wir aus Deutschland mitsamt zugehörigem Spezialstecker mitgebracht. Die Bedienungsanleitung für den Steckerzusammenbau entsprach leider nicht dem Modell, welches wir hatten. Zum Glück gibt es für fast Alles Instruktionsvideos auf YouTube…

Zusammen mit Uwe von der LUWINA, versuchen wir uns schlau zu machen, wie der Stecker zu löten ist

Das neue Kabel war ausserdem etwa doppelt so dick wie das alte, entsprechend schwierig war es dann auch, es durch die Löcher im Mast zu bekommen. Das alte Kabel wurde oben im Masttopp mit dem neuen mittels Schnur und extrastarkem Klebeband verbunden. Der Rigger hing oben im Masttopp und fütterte das Kabel Zentimeter um Zentimeter rein während ich unten am Mastfuss am alten Kabel gezogen habe. Es ging alles gut, bis wir mit dem neuen (dickeren) Kabel durchs kleine Loch unten im Mast mussten. Die Verbindung hielt den Belastungen nicht stand und ich sass plötzlich mit dem abgerissenen Ende vom alten Kabel da und das neue war unerreichbar im Mast drin! Typisch Bootsarbeiten: Wie aus einer stündigen Arbeit plötzlich deren drei werden. Nachdem wir mit einem Endoskop (ja, haben wir tatsächlich an Bord!) das neue Kabel im Mast drin identifiziert hatten konnte ich ein neues grösseres Loch oberhalb vom alten bohren und irgendwann war das Werk dann vollendet.

Oben schieben, unten ziehen.
Neues Loch im Mast und das fertig gesicherte Kabel
Der zweite Stecker (für die Montage unten im Boot drin) ging dann ganz fix.

Projekt 2: Abdichten vom Plexiglasdom über dem Niedergang

Geschätzter Zeitaufwand: 1 Stunde… Da der „Klebefuzzi“ nach dem ersten Augenschein erst wieder nach gut einer Woche an Bord aufgetaucht ist, war die Zeitplanung mal wieder im Eimer. Leider war nur eine Art Notreparatur möglich indem von aussen und innen neue Klebenähte gelegt wurden. Ich hätte den Dom am liebsten ganz ausgebaut und komplett neu verklebt. Aber das Risiko, dass der selbige dabei beschädigt wird, war einfach zu gross. Ein Ersatz des in zwei Ebenen gewölbten Doms wäre auf Curaçao nicht aufzutreiben bzw. herzustellen gewesen. Hoffen wir, dass der Spezialkleber so gut hält, wie es auf der Verpackung versprochen wird…

Dies ging natürlich – wir sind in der Karibik – alles viel länger als geplant und plötzlich waren wir schon zwei Wochen in der Marina. Das war (abgesehen von den lästigen Stechmücken dort) gar nicht so schlimm, denn die bunte Mischung aus Seglern, die fast alle ihr Boot auf den Pazifik vorbereiteten, war wohltuend anders als die, die wir bis jetzt in der Karibik oft getroffen hatten. In der östlichen Karibik waren viele grosse Katamarane mit wohlhabenden Amis oder Kanadiern, die zwar auch nett waren, aber sich mehr für die sozialen Anlässe als fürs Segeln interessierten. Es waren oft Rentner, die das Winterhalbjahr auf ihren Booten in der Karibik verbrachten, kurze Tagestörns zwischen den Inseln machten und das Sommerhalbjahr zuhause bei den Enkeln verbrachten. Ein längerer Schlag war nie vorgesehen und die Segelerfahrung der Skipper, die ihre Boote zum Teil in der Karibik gekauft hatten war zum Teil erschreckend gering.

Hier in Curaçao, 400 sm westlicher als die kleinen Antillen waren nur diejenigen, die entweder in den Pazifik wollten, oder den Aufwand auf sich nahmen die langen und anspruchsvollen Strecken quer über das Karibische Meer zu den grossen Antillen Inseln zu segeln. Es waren oft ältere und manchmal auch kleinere Boote, wir waren der einzige Katamaran in der Runde. Die Segler wirkten entspannter und die Gespräche drehten sich um Themen wie Reparaturen, Segelrouten, Proviantierung usw. Alle hatten etwas zum Reparieren an ihren Booten und man half sich gegenseitig. Abend sass man häufig in der „Palapa“, eine gedeckte Hütte mit einer Grillstelle, zusammen und hat gemeinsam gegrillt und gequatscht.

Einer der Segler, Moritz, ein Deutscher aus der Schweiz, hatte seine alte Segelyacht an Land und zudem ein kleines Auto gemietet. Dieses Auto hat er freundlicherweise jedem ausgeliehen, der etwas besorgen musste – und das waren viele! Das Auto bekam schnell den Namen „Die Werftschlampe – jeder darf bei ihr auf- (bzw. ein-) steigen!“

Die „Werftschlampe“ haben wir auch benutzen dürfen um Gas zu holen. Der Minibus Fahrer war wohl kein Fan vom übermässigen Autowaschen…
Auch im Baumarkt weihnachtet es sehr…

Gerne haben wir uns bei Moritz erkenntlich gezeigt und neben einigen Spaghetti Essen bei uns an Bord konnte er mit unserer starken Winkelbohrmaschine zwei grosse Löcher in seinen Edelstahltank bohren. Win-win Situation.

Abendlicher Ausflug nach Willemstad mit Moritz
Die Floating Bridge im Weihnachtskleid

Gegen Mitte der zweiten Woche kam bei vielen die Aufbruchsstimmung auf. Es kündigte sich ein Wetterfenster für die Strecke von Curaçao nach Panama an. Diese Strecke ist bei Seglern berühmt berüchtigt und am ehesten mit der Biskaya im Atlantik zu vergleichen. Jeder wusste eine Story zu erzählen, wie Leute auf dieser Strecke „gehämmert“ worden sind. Der Grund für diese Sorgen ist sehr berechtigt, denn die Passatwinde sind um diese Jahreszeit (Christmas Winds) meistens sehr stark und der Seegang kann sich auf einer Strecke von knapp 1000 sm über die offene See zu gewaltigen Höhen aufbauen. Dazu kommt der Kontinentalschelf vor der Küste von Kolumbien, der (wie in der Biskaya) die Wellen noch höher werden lässt. Von Curaçao sind es ca. 650 sm bis Panama, eine Strecke, die – je nach Boot – vier bis fünf Tage dauert.

Die Route von Curaçao nach Panama führt in einem weiten Bogen durch die Karibische See

Das Wetterfenster versprach eine Periode von 3-4 Tagen mit schwachen bis moderaten Winden und eine starke mitlaufende Strömung. Besser als so kann es hier eigentlich nicht werden. Also haben wir uns auch Gedanken gemacht, ob wir nicht doch jetzt schon gehen wollten… Ich hatte diese Strecke vor 30 Jahren schon mal gemacht und wusste was auf uns zukommen könnte und wollte Biggi mit ihrer Anfälligkeit für Seekrankheit nicht unnötig leiden lassen. Also statt nochmal zurück nach Spanish Water und Weihnachten auf Curaçao zu verbringen und danach nach Kolumbien zu gehen, haben wir entschieden, jetzt sofort die ganze Strecke nach Panama in einem Rutsch zu machen. Und damit haben wir wieder einmal unsere Pläne selber umgekrempelt.

Moritz hilft beim Ablegen. Ein letztes Mal unter der Konigin Julianabrug durch

Der Exodus aus der Marina war eindrücklich. Es sind insgesamt sechs Boote mehr oder weniger zusammen aufgebrochen. Am Freitag den 15.12. haben wir die Marina verlassen und sind die 20 sm zu einer Bucht namens Santa Krus im Nordwesten von Curaçao gesegelt.

Dort habe ich die Propeller und Rümpfe nach der langen Liegezeit in der Marina gereinigt, während Biggi Essen für die nächsten Tage vorgekocht hat.

Auf dem Weg in die Bucht ist unser Garmin InReach-Gerät ausgestiegen bzw. gar nicht erst angesprungen. Das Gerät dient zwei Zwecken. In erster Linie ist es ein Satellitenkommunikationsgerät mit dem wir SMS und Emails via dem Iridium Satellitennetzwerk verschicken können – im Notfall auch von der Rettungsinsel aus, da es eine eingebaute Batterie hat und wasserdicht ist. Zweitens schickt es alle 30 Minuten auch via den Iridiumsatelliten eine Positionsangabe zu Garmin, mit der jeder unsere aktuelle Position sehen kann. Letzteres ist natürlich eine coole Sache, aber ersteres ist sicherheitsrelevant. Ohne dieses Gerät gibt es keine Möglichkeit von der Rettungsinsel aus nach Aussen zu kommunizieren. Verständlich, dass uns das Sorge bereitet und geärgert hat und wir sogar überlegt haben, ob wir deswegen den Törn verschieben sollten. Schlussendlich verbrachten wir etwa zwei Stunden mit diversen Garmin Supportleuten im Chat und haben versucht, das Gerät zu wieder zum Leben zu erwecken. Nichts zu machen, alle Versuche es zurückzusetzen schlugen fehl, weil es sich gar nicht erst zum Leben erwecken liess. Ziemlich frustrierend, aber deswegen auf dieses Wetterfenster zu verzichten wollten wir dann doch nicht. Mittelfristig müssen wir uns überlegen, ob wir das Gerät ersetzen (wer weiss ob das Neue nicht auch grundlos aussteigt?) oder eine andere Lösung suchen. Um wenigstens die monatlichen Kosten zu sparen, haben wir das Satelliten-Abo online gekündigt.

Ironie des Schicksals: Am letzten Tag vom Törn hat es sich plötzlich wieder starten lassen. Jetzt lassen wir es einfach laufen, aber ohne ein aktuelles Abo ist es nicht viel mehr als eine ziemlich teure Geschwindigkeitsanzeige im Boot drin…

Die Nacht in Santa Krus war nicht ganz so erholsam wie erhofft, denn es war ziemlich schauklig – dafür waren wir die elende Stechmückenplage endlich los.

Am Samstag den 16. gingen wir Anker auf. Der erste Wegpunkt führte uns nach NW damit wir etwa 100 sm weit von der Küste weg kamen. Erstens wollten wir im tiefen Wasser bleiben (Kontinentalschelf!) und zweitens wollten wir möglichst in der mitlaufenden Strömung bleiben, die in einem grossen Bogen Richtung Panama läuft.

Der Wind war die ersten drei Tage moderat bis schwach, aber die Strömung war tatsächlich gewaltig. Am ersten Tag haben wir unser bisher grösstes Etmal (die Strecke, die man innerhalb von 24 Stunden mit dem Boot zurücklegt) erreicht: 187 sm. Das ist gewaltig für unser kleines Boot. Das war dann schliesslich doch kein Wunder, denn dank der Strömung waren wir mehrmals mit gut über 11 kn unterwegs.

Diese ersten Tage vom Törn waren reinstes Traumsegeln. Kaum Welle, moderate Winde von hinten und, wegen der Strömung, trotzdem schnelles Vorankommen.

Faulenzen an Bord
Mit einem Fliegenden Fisch den wir eines morgens an Deck fanden, habe ich versucht einen natürlichen Köder zu basteln. Hat zwar nicht so funktioniert, dafür biss auf der anderen Leine ein Barrakuda an. Dem haben wir das Leben geschenkt, da wir grosse Barrakudas wegen dem Vergiftungsrisiko mit Ciguatera nicht essen wollen

In der Nacht auf den vierten Tag ist der Wind dann vollends eingeschlafen. Wir mussten in der Nacht sogar alle Segel runternehmen, weil sie in der Dünung lautstark hin und her geschlagen haben und die eine Maschine mitlaufen lassen.

Abendstimmung bei totaler Flaute mit spiegelglatter See
Der Morgen danach. Der Wind kommt langsam wieder und die See wird langsam unruhiger
Dann hatten wir kurzzeitig Besuch von Delfinen

Am nächsten Morgen hat noch alles gut angefangen, moderater Wind und wir konnten wieder gut segeln. Just haben wir noch einen zweiten Fisch gefangen. Dieses Mal war es ein Gelbflossenthunfisch von einem Meter Länge! So etwas Grosses hatten wir bisher noch nie reingeholt.

Eine Bemerkung am Rande: Dort wo wir segeln ist es meistens sehr warm und um nicht ständig alle Kleider salzig zu machen haben wir oft – ausser dem Sicherheitsgurt und Handschuhen – gar nichts an. Wenn ich beim Arbeiten an Deck eine Salzwasserdusche abbekomme ist das ohne Kleider kein Problem, weil ich mich einfach abtrocknen kann. Beim Fisch fangen und ausnehmen trifft das ebenfalls zu, denn bei einem grossen Fisch ist danach alles mit Blut vollgespritzt. Blutflecken auf der Haut lassen sich leicht abduschen, aber aus den Kleidern wären sie wesentlich mühsamer zu entfernen.

Noch während wir den Fisch filetierten, fing der Wind an spürbar zuzunehmen. Biggi hat tapfer bis zum Schluss durchgehalten, aber als das letzte Stück im Kühlschrank war, war sie ganz bleich im Gesicht… Sukzessive haben wir die Segelfläche verkleinert bis wir nur noch mit einem gerefften Grossegel und einer halb ausgerollten Fock unterwegs waren. Der Wind kam auch nicht mehr von hinten sondern von der Seite. Eigentlich eine gute Windrichtung, denn das Boot ist bei dieser Richtung am schnellsten, aber leider laufen wir dann auch quer zu den Wellen. Und diese haben sich erstaunlich schnell aufgebaut. Bald hat das Boot derart gebockt, dass auch ich nicht mehr machen konnte als das absolut Nötigste.

Abends hat es nur für eine Ramensuppe gereicht. Nix mit frischem Sushi…

Es waren nur noch ca. 150 sm übrig, aber die hatten es in sich und es hat sich bestätigt, wieso diese Strecke einen so schlechten Ruf hat. Wir haben sozusagen nur dahinvegetiert. Abends konnten wir nicht mal richtig kochen (Sushi adieu!) und ich habe nur etwas Wasser für zwei Schüsseln Nudelsuppe heiss gemacht, damit wir etwas Warmes intus bekamen. Das Boot hat erbärmlich gebockt und ist immer wieder im freien Fall ins Wellental geknallt. Das sind so Momente, wo man sich wundert, was das Material alles aushält. Irgendwann in der Nacht hat Biggi völlig entnervt gemeint „Menschen sind dafür gemacht an Land zu leben und nicht fürs Segeln!“ Am nächsten Morgen sah es leider nicht besser aus – grau in grau und heulender Wind und diese ungezügelte See – aber wir waren wenigstens kurz vor dem Ziel.

Die Inseln tauchen am Horizont auf

Im Lee der Inseln mussten wir „nur noch“ die Segel einrollen und reinfahren, aber die Fock hat geklemmt, da liess sich nichts mehr drehen. Das ist eine der dümmsten Situationen, wenn sich ein Segel bei soviel Wind nicht eindrehen lässt. Mir blieb nichts anderes übrig als zum Bug zu krabbeln und das Leinengetüddel zu lösen (Stichwort Salzwasserdusche…) und zwar subito, denn wir standen ja unmittelbar vor der Einfahrt der Lagune. Ein paar Kraftausdrücke später war die Leine soweit befreit, dass ich das Segel von dort vorne wenigstens notdürftig einrollen konnte. Immerhin ist das nicht nachts draussen beim Geschaukel passiert.

Um kurz vor 11 Uhr lokale Zeit (Panama ist um eine Stunde später als Curaçao) sind wir ­– immer noch bei starkem Wind aber im Lee des Riffes – in ruhigeres Wasser in die Lagune von den Holandes Cays in den San Blas Inseln eingelaufen. Der Ankerplatz wird der „Swimmingpool“ genannt. Er ist dem Wind immer noch ausgesetzt, aber das Saumriff bricht die Wellen, sodass man halbwegs ruhig liegt.  Das Wetter ist hingegen windig und trüb geblieben und die Regenfronten sind im Viertelstundentakt über uns hinweg gezogen. Nix mit Schnorcheln und Strandspaziergänge, aber schlussendlich war das doch viel besser als dieses Wetter draussen auf dem Meer zu haben.

Unser Ankerplatz im „Swimmingpool“. Links am ersten Tag und rechts bei schönem Wetter

Nach einer erholsamen Nacht (der Wind hat nachgelassen und es wurde ganz ruhig am Ankerplatz) haben wir angefangen das Boot aufzuräumen und die salzigen Sachen einzuweichen. Die letzten 24 Stunden der Überfahrt hatten uns x Salzwasserduschen beschert, als die Wellen an der Bordwand gebrochen sind und sich über’s Boot ergossen haben. Entsprechend war im Cockpit nichts, aber auch gar nichts verschont geblieben und musste nun mit Süsswasser ausgewaschen werden.

Während Biggi noch am Schrubben war habe ich mich ins Dinghy gesetzt und uns bei den umliegenden Booten als „die neuen Nachbarn“ vorgestellt und dabei wichtige Infos über die Inseln hier erhalten. Debbie von der Segelyacht RUNNER hat mich besonders erstaunt. Sie ist eine geschätzt 70-jährige Amerikanerin, die in den letzten neun Jahren mit ihrem Mann hier in Panama gesegelt ist. Ihr Mann ist dieses Jahr verstorben und nun lebt sie alleine auf einem riesigen Zweimaster hier vor Anker. Sie kann das grosse Boot alleine nicht segeln und benutzt es als schwimmendes Haus. Sie kennt hier wohl jeden und ist komplett durchorganisiert. So hat sie letzthin sogar eine neue Waschmaschine direkt ans Boot geliefert bekommen. Ein Kuna Indianer, der die Maschine in Panama City abgeholt hat, hat sie mit einem kleinen offenen Motorboot bis zu Debbies’ Boot gebracht.

Etwa einmal in der Woche kommt ein Boot mit Gemüse und anderen Frischwaren hierher. Und man kann sogar per WhatsApp eine Bestellung aufgeben. Debbie hat mir das alles in einer Viertelstunde erklärt und sie war dabei ganz quirlig und aufgestellt. Es kam mir trotzdem irgendwie traurig vor, wie sie tagein, tagaus alleine auf ihrem Boot hier draussen lebt, aber es scheint ihr zu gefallen.

Dann liegt hier noch ein anderer Kat mit – die Welt ist ein Dorf – einem Deutschen Paar an Bord. Anette und Ingo scheinen in etwa die gleichen Pläne wie wir zu haben und wir werden uns vielleicht des Öfteren sehen. Sie sind schon im dritten Jahr hier und kennen natürlich die Ankerplätze hier gut. Anette hat mir auch von den beiden Haien erzählt, die hier anscheinend regelmässig im Ankerfeld rumschwimmen. Es sind zwar nur Riffhaie, aber sie sind mit drei Metern Länge doch recht eindrücklich und ziemlich neugierig. Aber sie schauen nur und schwimmen dann wieder weg. Auch die Krokodile die es hier hat, seien recht unproblematisch… Muss ich extra erwähnen, dass Biggi heute „keine Zeit“ zum Schwimmen hatte? Aber morgen ist ja auch noch ein Tag…

Besuch an Bord. Ein Kuna-Indianer kassiert die Ankergebühr: 10 US$ für einen Monat. Das ist ja ganz OK.

Stattdessen haben wir heute Nachmittag unseren Wassermacher zum ersten Mal seit langer Zeit wieder angeworfen. Irgendwie schien er nicht die volle Leistung zu bringen und als ich runter ging um nachzuschauen wurde ich von einem feinen Sprühregen im Bad eingenebelt. Zuerst konnte ich nicht mal sagen woher es kam, so fein war der Strahl. Nach kurzer Suche stand fest, dass der Hochdruckschlauch zwischen der Pumpe und den Filtermembranen einen kleinen Riss hat. Dieser Schlauch hat knapp 8 bar Druck (etwa vier Mal soviel, wie in einem normalen Autoreifen) und entsprechend hat dieser feine Strahl zuerst die Decke und danach das ganze Bad mit salzigem Seewasser getränkt. Abgesehen von der Sauerei im Bad war uns schnell klar, dass wir so etwas nicht mit Bordmitteln reparieren können, soviel Druck hält keine Klebestelle aus. Der Teufel weiss wieso, aber ich habe vor etwa einem Jahr genau so einen Schlauch beim Wassermacherhersteller als Ersatzteil bestellt – und das obwohl der Vertreter der Firma gemeint hat, dass diese Schläuche eigentlich niemals kaputt gehen würden… Wie sagte James Bond damals? „Sag niemals nie!“

Der Austausch war zwar auch Neuland für uns, aber da es hier in den Inseln wirklich niemanden gibt, der sich mit so etwas auskennt, hiess es Mut zur Lücke und drauflos schrauben. Und tatsächlich lief der Wassermacher ein paar Stunden später wieder, ohne Sprühnebel und uns ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen! Und ich sah mich wieder bestätigt, dass es doch seinen Grund hat, warum ich für (fast) alles an Bord Ersatzteile horte.

Inzwischen sind auch alle anderen Boote die gemeinsam mit uns in Curaçao los gefahren sind, hier in Panama angekommen und es war schon bezeichnend, wie ausnahmslos alle das Gleiche von der Überfahrt berichteten: Drei Tage traumhaftes Segeln, eine Nacht Flaute und dann die letzten 24-36 Stunden Hölle auf Erden (bzw. eher im Wasser). 30-35 kn Wind und 3m Welle, alle haben sie das letzte Stück Prügel kassiert und der eine oder andere hat sich dabei gefragt wieso sie sich das Segeln antun. Hohe Hochs und tiefe Tiefs – so ist das Seglerleben halt.

Als „Belohnung“ für die Strapazen machen wir einen Ausflug zur BBQ Island
Was macht man auf BBQ Island? Richtig – ein BBQ! Zusammen mit Erik, Karin und Liselott vom Holländischen Boot CATHERINE grillen wir den von uns gefangenen Thunfisch

Jetzt bleibt uns nur euch allen eine wunderschöne Weihnachtzeit zu wünschen und uns bei euch für die Treue beim Lesen zu bedanken.

Merry Christmas and a Happy New Year von den San Blas Inseln

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Alles Dushi, oder was?

Alles Dushi, oder was?

20.09. – 28.11. 2023 Grenada – Curaçao, Logstand seit Start 7418 sm

Der letzte Bericht hörte in Grenada auf. Inzwischen sind schon fast drei Monate vergangen und ich habe ein richtig schlechtes Gewissen, dass es eine so lange Funkstille gab. Aber es ist tatsächlich so viel los gewesen, dass wir gar nicht zum Schreiben kamen. Also der Reihe nach:

Ende September haben wir uns etwas wehmütig von den Hunden verabschiedet und sind zurück an Bord gezogen. Die letzten Stunden im Haus waren etwas komisch für uns. Wir haben die Besitzer Mike und Carol nachmittags vom Flughafen abgeholt. Nach einem feinem von Biggi zubereiteten Abendessen sind die beiden früh ins Bett gegangen, da sie von der Reise erschöpft waren. Normalerweise haben die Hunde bei ihnen im Schlafzimmer geschlafen, aber dieses Mal sind sie lieber bei Biggi und mir im Wohnzimmer geblieben. Das hat die Besitzer natürlich etwas gewurmt, aber wer seine Hunde vier Monate zurücklässt muss sich vielleicht nicht wundern, wenn sie bei der Rückkehr andere Bezugspersonen haben.

Am Tag darauf sind wir dann von Mike zum Dinghydock gebracht worden und waren nach der langen Zeit als Landratten plötzlich wieder Yachties. Auch wenn es seltsam klingen mag: Die Umstellung von dem riesigen Haus auf unser kleines Boot ist uns überhaupt nicht schwergefallen. Im Gegenteil – wir waren schon im Vorbereitungsmodus für den ersten Schlag in der neuen Saison.

Das Einleben an Bord…
… fiel uns nicht allzu schwer 😉
Wieder ist ein Gecko bei uns an Bord eingezogen.

Anstatt wie ursprünglich vorgesehen nochmals entlang der Ostkaribischen Inseln nach Norden zu segeln, hatten wir uns in Grenada umentschieden. Wir wollten nach Westen – Richtung Panamakanal und den Pazifik segeln. Irgendwie hatten wir das Gefühl, dass die Zeit reif war wieder neue Ufer zu erkunden. Ausserdem ist unser Boot diesen Sommer mit grossem (finanziellem) Aufwand verbessert und verstärkt worden und wann, wenn nicht jetzt, wäre die Zeit um die gewaltigen Strecken im Pazifik zu bewältigen?

Der erste Törn von ca. 400 Seemeilen führte nonstop entlang der venezolanischen Küste nach Curaçao. Nonstop vor allem, weil Venezuela heutzutage leider nicht ganz unproblematisch ist und wir nicht riskieren wollten, uns mit korrupten Behörden oder sogar Piraten herumschlagen zu müssen. Eigentlich sehr schade, denn auf der Strecke liegen Traumziele wie die Islas Los Roques und die Islas Aves.

Die Route entlang der Venezolanischen Küste

Weil die Strecke nicht ganz ohne ist, haben wir uns zum ersten Mal dafür entschieden mit einem Buddy Boat zu segeln. Ein Buddy Boat ist ein typisch amerikanischer Begriff und bezeichnet ein Boot mit dem man (eine Zeit lang) zusammen segelt. Die Amis lieben das und viele segeln auch kürzere Strecken am liebsten in Gruppen. Wir segeln im Normalfall lieber alleine, weil wir so spontan umentscheiden können ohne auf jemand anders Rücksicht nehmen zu müssen. Die deutsche Yacht AVALON mit Andi und Birte wollten zeitgleich mit uns los und hatten bereits mit einer anderen Schweizer Yacht vereinbart, die Strecke nach Curaçao gemeinsam zu segeln. Die Schweizer haben sich kurzfristig umentschieden und so sind wir nur mit der AVALON los.

Unterwegs mit der AVALON

Nach bald fünf Monaten Segelpause als erstes einen drei Tage dauernden Törn zu machen, war schon etwas komisch. Die Wettervorhersage hat nur schwache bis mässige Winde vorhergesagt und damit war auch die See ruhig, was vor allem Biggi sehr zu schätzen wusste.  

Bye, bye Grenada. Unter Schmetterlingsbesegelung gegen Westen
Ein entspannter Skipper 😉

Leider braucht unsere Lady ein bisschen Wind um gut voran zu kommen. Der Wind kam genau von hinten und obwohl wir Vollzeug (alle Segel oben) gefahren sind, wäre uns die AVALON (eine Bavaria 42) davongefahren, wenn sie ihre Segelfläche nicht verkleinert hätte. Wir sind nicht so schnell, dafür (als Katamaran) fast ohne Geschaukel unterwegs gewesen, aber die AVALON hat wegen der zu kleinen Segelfläche erbärmlich geschaukelt. Andi und Birte taten uns wirklich leid und wir rechnen ihnen sehr hoch an, dass sie stoisch bei uns geblieben sind, obwohl wir ihnen mehrmals angeboten hatten, dass sie doch einfach davon segeln sollten. 

In die Nacht hineinsegeln
Nächtlicher Besucher. Sicht auf Plotter und Radar

Es war für beide ein gutes Gefühl den anderen in der Nähe zu wissen, denn falls einer tatsächlich von Piraten attackiert worden wäre, hätte der andere dazustossen und einen Notruf absetzen können. Wir haben geschaut, dass wir gut ausserhalb der venezolanischen Gewässer bleiben und hatten beide unseren AIS-Transponder stumm geschaltet, damit wir «unsichtbar» waren. Einzig das Toplicht haben wir nachts angelassen, damit wir uns gegenseitig sehen konnten. Da die AVALON kein Radar hat, konnten wir sie dafür rechtzeitig warnen, wenn nachts Squalls (lokale Regenzellen mit potentiell viel Wind, die auf dem Radarschirm gut zu erkennen sind) von hinten aufkamen. Die stündlichen nächtlichen Funkgespräche waren einerseits eine willkommene Unterbrechung der Nachtwache und hatten andererseits auch eine beruhigende Wirkung.

Einfahrt durch den Kanal in die Lagune von Spanish Water
Zufriedene Crew

Nach drei Tagen kamen wir alle wohlbehalten und ohne Zwischenfälle in Spanish Water in Curaçao an. Unsere Freunde Luise und Uwe von der LUWINA lagen schon seit Monaten hier vor Anker und kannten sich bestens aus. Da es am folgenden Tag Feiertag sei haben sie uns und Andi und Birte kurzerhand mit ihrem Dinghy abgeholt und an Land gebracht. Von dort ging es zu sechst mit dem Bus nach Willemstad zum Einklarieren. Einen wahren Marathon kreuz und quer durch Willemstad, den wir ohne die Hilfe von den beiden niemals so schnell hingekriegt hätten. Es hat trotzdem den ganzen Nachmittag in Anspruch genommen. Das ist doch wahre Seglerfreundschaft! 

Mit Uwe und Luise von LUWINA und Andi und Birte von AVALON gehts zum Einklarieren nach Willemstad
Überall hat es hier bunte Häuser (hier im Quartier Otrabanda) und viele schöne Graffitis

Spanish Water ist eine riesige verzweigte Lagune und bietet einen hervorragend geschützten Ankerplatz für Hunderte von Booten. Da die Insel ausserhalb der üblichen Zugbahnen der Hurrikane liegt ist es kein Wunder, dass sehr viele Boote den Sommer über hier liegen. Auf Curaçao gibt es auch eine grosse Auswahl an Supermärkten mit einem mit Europa vergleichbarem Angebot an Lebensmitteln.

Supermärkte mit einer Auswahl wie in Europa
Der Möbelgeschmack ist hier doch etwas anders als in Europa 😉

Und es gibt eine hochaktive WhatsApp Gruppe, in der Segler aber auch lokale Dienstleister drin sind. Dort findet man für fast jedes Problem oder Bedürfnis einen geeigneten Ansprechpartner.

Ein fröhliche Kaffeerunde mit frisch gebackenen Franzbrötchen, Abendstimmung in Spanish Water
Diese (ehemalige) Bohrplattform steht unmittelbar am Strand, aber im Wasser drunter wimmelt es trotzdem von Fischen
Impressionen von unserer abendlichen Wanderrunde
Das Wasser ist vom Eisenoxid ganz rot

Für uns waren noch zwei weitere Aspekte Curaçao’s von grosser Bedeutung: Von hier gibt es günstige Flüge mit KLM nach Europa und es gibt eine Marina, in der man für einen vertretbaren Preis sein Boot während der Heimreise sicher abstellen kann. 

Weil wir uns entschieden hatten diese Saison durch den Panamakanal und in den Pazifik zu gehen, war es uns wichtig nochmals vorher nach Hause fliegen zu können. Ich hatte meinen Vater wegen Corona schon seit drei Jahren nicht mehr treffen können und ausserdem hatte meine Mutter im November ihren 85sten Geburtstag. Das waren Gründe genug, dass wir uns nochmals in den Flieger setzen wollten, solange es noch bezahlbar war. 

Aber vorher hatten wir noch etwas Zeit um Curaçao zu erkunden. Zusammen mit Luise und Uwe haben wir uns ein Auto gemietet und sind drei Tage kreuz und quer über die Insel gefahren.

„De Visserij“ ist ein bekanntes Fischrestaurant, wo man leckeren fangfrischen Fisch und Meeresfrüchte bekommt. Das Lokal ist abends jeweils knallvoll.

Wir haben uns den Shete Boka Nationalpark mit dem Blow Hole «Boka Pistol» angeschaut. Eine wilde Landschaft an der schroffen Nordküste von Curaçao. Das Blow Hole verdient seinen Namen wirklich, denn es knallt wie ein Pistolenschuss, wenn die Wellen die Wasserfontänen durch den Spalt in die Höhe schiessen lassen.

Die schroffe Nordküste von Curacao
„Boka Pistol“

An der Nordspitze von Curaçao gibt es ein noch eindrücklicheres Blow Hole und einen kreisrunden Krater mit einem unterirdischen Zugang zum Meer.

An der Südküste ist das Meer viel ruhiger und dort liegen auch einige sehr schöne Badestrände.

Das Wasser ist hier viel klarer, als wir es in der östlichen Karibik erlebt haben und die Fischvielfalt erscheint uns auch grösser. Das Beste war allerdings das Schnorcheln am Turtle Beach, wo man tatsächlich gleichzeitig mehrere Schildkröten beobachten kann. Die Tiere waren absolut nicht scheu und kamen regelrecht auf Tuchfühlung mit den Menschen im Wasser. Biggi war es dann fast ein bisschen zu viel des Guten, als eine Schildkröte sie von der Seite her knapp an der Schulter berührt hat.

Curaçao ist vom Klima und der Vegetation her völlig anders als Grenada. Es ist hier viel trockener und statt Palmen und Dschungel gibt es hier riesige Kakteen, Sukkulenten und stacheliges Unterholz.

Dass dem die Füsse nicht weh tun?

Auch die Sprache und Kultur ist anders als auf den östlicheren Inseln. Hier spricht man Holländisch, Englisch, Spanisch und Papiamento. Der Einfluss aus Südamerika ist unübersehbar, sowohl in der Sprache als auch bei den Menschen. Einige Wörter gibt es nur hier – wie zum Beispiel «Dushi» oder «Chichi». «Dushi» kann vieles bedeuten wie «Liebling», «sexy», «gutes Essen» usw.

«Chichi» ist die Bezeichnung für «grosse Schwester», «Mutter» oder «Diejenige, die die Familie zusammenhält».

Eine deutsche Künstlerin ist vor x Jahren auf einer Weltumsegelung hier auf Curaçao hängengeblieben und stellt seither Chichi’s her. Die Chichi Figuren haben sich zu einer Art Symbol für Curaçao entwickelt und tauchen als Riesenplastiken an verschiedenen Orten auf Curaçao auf. Selbstverständlich haben wir auch ihre Werkstätte besucht.

Neben eine Aloe-Farm, einigen schönen Stränden und den Hato Caves haben wir auch Flamingos sehen können. Alles in allem drei sehr schöne und eindrückliche Tage.

Aloe Vera Farm
Hato Caves
Überhängender Felsen und Felszeichnungen
Die Pelikane und Leguane sind überhaupt nicht menschenscheu, die Flamingos hingegen schon.

Unser Abflugtermin kam näher und es wurde Zeit RARE BREED von Spanish Water zur Marina in Willemstad zu fahren. Dafür muss man durch den engen und gewundenen Kanal aus Spanish Water hinaus aufs Meer und die paar Meilen nach Willemstad segeln.

Uwe und Luise kamen mit uns mit, um die Durchfahrt durch die Brücke mit zu machen, aber zuerst wird der kleine Schlag von Spanish Water nach Willemstad genossen

Curaçao gehört zu den Niederländischen Antillen und spätestens jetzt fühlten wir uns wieder ein bisschen als wenn wir in Holland wären, denn wir mussten um nach Willemstad reinzukommen zuerst an der «Floating Bridge» vorbeikommen.

Die Floating Bridge von Willemstad

Die Konigin Emmabrug ist eine Fussgängerbrücke, welche auf Pontonen schwimmend quer über die Einfahrt geht. Wenn man rein oder raus will mit dem Schiff, muss man den Brückenwärter per Funk anrufen und um eine Öffnung bitten. Dann bimmelt eine Glocke, die letzten Fussgänger hetzen noch schnell zur anderen Seite rüber und dann werden grosse Dieselmotoren angeworfen und die Brücke schwenkt langsam zur Seite. 

Hier geht die Floating Bridge für uns auf
Durchfahrt geschafft und die nächste Brücke ist so hoch, dass Kreuzfahrtschiffe unten durchkommen. Das sollte also so knapp für unseren Mast reichen 😉
Aussicht auf und von der hohen Konigin Julianabrug
Hier bleibt RARE BREED sicher vertäut während wir nach Europa fliegen

In der Marina haben wir RARE BREED eingemottet und am 22. Oktober ging es mit dem Taxi zum Flughafen. Nach mehr als einem Jahr mussten wir wieder lange Hosen, Socken und sogar einen Pulli anziehen.

Nach einem angenehmen Nachtflug sind wir tags darauf in Amsterdam gelandet um festzustellen, dass unser Weiterflug nach München wegen Nebel abgesagt war.

Amsterdam empfängt uns mit nasskaltem Wetter

Nach drei Stunden warten und einigem hin und her wurden wir von KLM auf den gleichen Flug am Folgetag umgebucht, d.h. wir blieben über Nacht in Amsterdam.

Überall wartende Passagiere, unsere Voucher

Mit den Vouchern für eine Hotelübernachtung, Transfer usw. standen wir nun im Flughafen und haben uns überlegt, was wir mit der «geschenkten» Zeit anfangen sollten. Amsterdam wäre vom Hotel aus gut zu erreichen – also nichts wie los. Da wir damit gerechnet hatten von Biggi’s Bruder Thomas am Flughafen in München abgeholt zu werden, hatten wir nur die Kleider dabei, die wir am Körper trugen – und das waren lange Hosen und dünne Fleecepullover, aber keine Jacken, geschweige denn Mützen oder Handschuhe. Als wir aus der Drehtüre am Flughafen raus in den eisigen Wind kamen, haben wir blitzartig realisiert, dass ein Stadtbummel mit unseren dünnen Klamotten eine ganz schlechte Idee war. Stattdessen sind wir durch die gleiche Drehtüre wieder ins beheizte Flughafengebäude zurück um unsere Optionen neu zu überdenken. Nach zwei Jahren im tropischen Klima waren wir dieser beissenden Kälte schlichtweg nicht mehr gewachsen.

Also sind wir stattdessen direkt ins Hotel gefahren und haben uns in die Schlange der gestrandeten KLM-Passagiere an der Rezeption eingereiht. Nachdem wir im Hotelshop noch ein paar Zahnbürsten und Zahnpasta erstanden haben (wir hatten wirklich gar nichts dergleichen dabei, da wir das alles in Uffing schon hatten) haben wir uns auf das Dinnerbüffet «gestürzt». Die unverhoffte Hotelübernachtung war gar nicht mal so schlecht, denn so konnten wir unseren Jetlag schon Mal ein bisschen ausschlafen und ausserdem haben wir ein ebenfalls gestrandetes Paar aus Deutschland kennengelernt, mit denen wir einen ganz vergnüglichen Abend an der Hotelbar verbracht haben.

Frisch ausgeschlafen geht es weiter nach München

Die knapp fünf Wochen in Europa waren sehr intensiv und voller Erlebnisse. Als erstes haben wir ein paar Tage in Uffing am Staffelsee bei Biggi’s Schwester Sigi verbracht.

Der Staffelsee

Dort ist auch «unsere» kleine Wohnung, wo unsere Winterkleider und andere Sachen auf uns warteten. Was ebenfalls dort schon gewartet hat, war die Paketflut von meinen vielen Bestellungen. Nachdem man hier viele Sachen (sprich v.a. Bootsersatzteile) entweder gar nicht oder nur zu horrenden Preisen bekommt, habe ich im Vorfeld diverse Sachen bei Amazon und einigen Yacht- und Motorenfirmen bestellt. Sigi hat sich jeweils nur gewundert, wie wir das alles wieder zum Boot zurückbringen würden.

Schwelgen im Genuss: Weisswurst und die riesige Deutsche Brotauswahl

Gleich in der ersten Woche sind alle Geschwister von Biggi nach Uffing gereist für ein Geschwistertreff. Wie immer bei solchen Zusammenkünften ist die Zeit viel zu schnell vergangen. 

Biggi dahoam 🙂

Danach ging es mit einem Zwischenhalt bei guten Freunden von Biggi in der Nähe von Straubing wieder zum Flughafen München, von wo wir Ende Oktober für einen Blitzbesuch bei meinem Vater nach Schweden geflogen sind. Dass wir ausgerechnet mitten in einen Schneesturm fahren würden hätten wir nicht gedacht.

Um zu meinem Vater nach Värmland zu kommen mussten wir mit dem Mietauto knapp 300 km von Stockholm quer durch Schweden Richtung Oslo fahren. Obwohl wir extra auf ein 4×4-Auto mit Spikes aufgerüstet hatten, haben wir uns schlussendlich doch dazu entschieden nach einem Drittel der Strecke in ein Hotel zu gehen. Die E18 war weiter östlich wegen Blitzeis und quertreibenden Schneefall komplett gesperrt. In den Nachrichten haben wir tags darauf gehört, dass Leute vor der Norwegischen Grenze mit ihren Autos über Nacht stecken geblieben sind und vom Roten Kreuz notversorgt werden mussten. Da war eine Hotelübernachtung doch wesentlich angenehmer 😉 Das Abendessen im Hotel war recht lecker, nur hatte ich vergessen wie teuer Alkohol in Schweden ist. Die beiden Bierflaschen haben etwa genauso viel wie das Essen gekostet. Willkommen in Schweden! Abgesehen von den steifen Preisen für Alkohol ist Schweden für Personen aus dem Euro oder CHF Ausland richtig preiswert geworden. Der Wechselkurs zur Schwedischen Krone ist so vorteilhaft, dass das ehemals als teuer eingestufte Land inzwischen alles andere als teuer ist. 

Schwedische Landschaften

Die Zeit mit meinem Vater und seine Partnerin war sehr schön, nicht zuletzt für Biggi, die bei diesem Besuch viel über Schweden erfahren, für sie neues Essen probieren konnte und sogar einen Elch in freier Wildbahn gesehen hat. 

Nach drei Tagen war es wieder Zeit zurück zu reisen. Von Värmland bis München ging alles reibungslos, aber die Deutsche Bahn hat uns mit ihrem ausgefallenen(!) Schienenersatzverkehr in München gehörig genervt. Spätabends kamen wir ziemlich gerädert in Uffing an.

Für mich ging es schon am 6. November mit dem Flixbus Richtung Zürich. Unterwegs habe ich mein Zugsticket von Zürich nach Hinwil, wo ich (bzw. später wir) bei einem Freund wohnen durften, gelöst. 15 Franken für ein einfaches Ticket 2. Klasse von Zürich nach Hinwil – Holla die Waldfee! War Schweden noch angenehm günstig, hat uns die Schweiz wieder einmal gezeigt, „wo der Bartel die Kohle holt“.

Zugfahren in der Schweiz, ein teures Vergnügen. Auch an unserem alten Wohnort Nänikon ging es vorbei

Ich kam am Vorabend vom 85sten Geburtstag meiner Mutter in der Schweiz an. 

Wir hatten meine Mutter im Vorfeld der Reise auf allen Kanälen (WhatsApp, Facebook) gesperrt, damit sie ja nicht mitbekommt, dass wir nach Europa kommen würden. Ich wollte sie nämlich zum Geburtstag überraschen. Als ich am 7.11. vor ihrer Türe stand, ist sie aus allen Wolken gefallen und hat sich riesig gefreut 🙂 (Ein klein wenig Angst hatte ich natürlich schon, dass sie vor Schreck umkippen würde, aber das haben wir dann zum Glück verhindern können).

Die Zeit in der Schweiz war mit Treffen mit meinen Kindern und Freunden gut ausgefüllt. Es war echt schön alle diese Leute wieder zu treffen. 

Biggi ist in dieser Zeit noch in die «alte Heimat» – nach Regensburg gedüst, um alte und neue Familienmitglieder und Freunde zu treffen.

In der zweiten Woche kam Biggi auch in die Schweiz und hat alle ihre Freunde getroffen. Parallel dazu habe ich möglichst viel Zeit mit meiner Mutter verbracht und das eine oder andere für sie erledigen können.

In diesen beiden Wochen durften wir freundlicherweise bei Jürg, einem ehemaligen Arbeitskollegen und inzwischen guten Freund wohnen. Jürg hat jeweils frühmorgens die Wohnung verlassen um zur Arbeit zu fahren und da wir abends in der Regel sehr spät wieder zurückkamen haben wir uns fast nicht gesehen. Für ein gemeinsames Abendessen, einen Brunch und den ein oder anderen Kaffeeschwatz hat es trotzdem noch gereicht. Lieber Jürg, danke für deine grosse Gastfreundschaft – Wir wissen es wirklich zu schätzen!

Die letzte Woche haben wir wieder gemeinsam in Uffing verbracht und sind prompt wieder in einer Schneelandschaft gelandet. Mit soviel Schnee – erst in Schweden und dann in Bayern – hatten wir auf unserer Reise wirklich nicht gerechnet. Das war schon schön, aber eben auch zu kalt für uns verweichlichte Tropenbewohner.

Winter Wonderland in Uffing

Am letzten Wochenende kamen noch Seglerfreunde zu Besuch, die wir im 2021 in der Karibik kennengelernt haben. Marco und Kerstin sind mit ihren beiden Kindern Sophia und Jonas im Eilzugstempo um die Welt gesegelt. Klar hatten wir mehr als genug Gesprächsthemen um die Zeit zu füllen!

Ende November war es dann wieder soweit. Nach einem tränenreichen Abschied in Uffing sind wir mit drei(!) zum Bersten gefüllten Reisetaschen Richtung München gefahren. Am Flughafen haben wir zuerst die Koffer gewogen. Nach ein wenig Umstauen haben wir es geschafft die erlaubten 23 kg pro Gepäckstück optimal auszunützen. Mit 23.0, 22.8 und 22.7 kg haben wir eine Punktlandung hingelegt 😉

Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung

Der Rückflug verlief problemlos und wir kamen – mitsamt dem ganzen Gepäck – planmässig um 15:45 Lokalzeit wieder in Curaçao an. So konnten wir noch mit dem letzten Tageslicht die Elektrik an Bord wieder einschalten und unsere viel zu warmen Kleider abziehen. Und man glaubt es kaum: ein klitzeklein wenig habe ich mich gefragt, ob ich lieber friere oder schwitze.

Müde, aber zufrieden mit vollzähligem Gepäck wieder gut an Bord angekommen zu sein

Etwas später kamen Birte und Andi von der Avalon mit etwas Frischware und ein paar kühlen Bier zu Besuch um uns hier wieder willkommen zu heissen 🙂 Es ist schon cool, wenn man auch in fremden Ländern Freunde hat.

Die kommenden Wochen verbringen wir damit, einen Teil der mitgebrachten Sachen einzubauen und dann wird es irgendwann weiter Richtung Westen gehen. Ob Kolumbien oder direkt nach Panama ist noch nicht ganz entschieden.

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„Take your Time“ and „God’s Will“

„Take your Time“ and „God’s Will“

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Dieser Beitrag hat nicht viel mit Segeln zu tun, da wir ausschliesslich im Haus am Sunset Drive gelebt haben. RARE BREED lag derweil an einer Boje bei Hog Island und wir haben sie zwei bis drei Mal die Woche besucht. Mit jeder an Bord erledigten Kleinigkeit (unter anderem in den Mast für einen Riggcheck hochzuklettern) wurde die «To Do Liste» jede Woche ein wenig kürzer.

Die Affen steigen – das Wetter wird schön
Biggi hat einen Schutzmantel ums Vorsegelfall angenäht

Danach gab es tatsächlich nicht mehr zu tun, als an Bord nach dem Rechten zu sehen.

Der Weg zum Boot ist jetzt etwas aufwändiger, im Gegensatz als es noch in der Marina lag. Zuerst müssen wir ca. 15-20 Minuten mit dem Auto zu Clarkes Court Boat Yard fahren. Danach steigen wir in unser Dinghy um, welches dort am Steg liegt und tuckern nochmals zehn Minuten durch die Woburn Bay nach Hog Island. Etwas länger, aber ein abwechslungsreicher «Arbeitsweg».

Die viele freie Zeit im Haus haben wir dazu genutzt Aufgaben zu erledigen, die wir schon lange vor uns hergeschoben haben. Mit dem unbegrenzten Internetzugang und dem (fast immer…) vorhandenen Strom lag es auf der Hand unsere Computer, Bilder und Musik endlich mal auszumisten und aufzuräumen. An Bord heisst das immer zuerst den Inverter anzumachen und den Computerarbeitsplatz einzurichten. Im Haus ist das wesentlich einfacher.

Ich habe den einzigen klimatisierten Raum im Haus vom Fernseh-Zimmer zum Büro umfunktioniert. Mit zwei Arbeitsböcken und Holzplatten aus der Werkstatt entstand ein Arbeitstisch und als Monitor hat der grosse TV herhalten müssen. Ergonomisch wäre anders, aber so einen grossen Bildschirm habe ich echt cool gefunden.

Biggi hat derweil die windzugewandte und damit angenehm kühle Ost-Terrasse zu ihrem Computerarbeitsplatz auserkoren. Sie hat in wochenlanger Geduldsarbeit abertausende von Bildern gelöscht und die verbleibenden in Alben organisiert. Am Anfang ging es mit dem Löschen noch ziemlich harzig, aber mit der Zeit wurde sie immer rigoroser. Natürlich war das Ganze nicht ganz freiwillig… Die Tatsache, dass sogar ihr neues Laptop mit der exponentiell wachsenden Bilderflut überfordert war, hat sie zur Einsicht gebracht, dass man nicht jeden schönen Sonnenuntergang in x Bildern aufbewahren muss. 

Bei mir war es die Musikbibliothek, die aus mir unerfindlichen Gründen verloren gegangen ist. Ich hatte plötzlich gar keine Musik mehr auf dem Handy. Für die meisten Leute ist das heutzutage egal, weil man immer online ist und alles streamen kann. Auf dem Boot ist das etwas anders. Unsere lokalen SIM-Karten haben eine Datenbegrenzung und das Starlink erst recht, wenn wir ausserhalb von den Landbereichen sind. Auf See wird jedes MB richtig teuer. Mit Spotify, Netflix etc. ist also nix. Nur «Lokales ist Wahres« und die Musikbibliothek musste wiederhergestellt werden, was mich bei den 30-40’000 Titeln auch für einige Wochen ziemlich beschäftigt hat.

Mein zweites Projekt hiess OpenCPN. Wir navigieren bis jetzt fast ausschliesslich mit einer Navigationssoftware, die auf Tablets und Smartphones läuft. Hier in der Karibik sind diese Karten auch sehr genau und zuverlässig, aber schon wenige Tagesreisen weiter westlich in Panama, stimmen sie zum Teil überhaupt nicht. D.h. es macht Sinn ein zweites oder sogar drittes Set von Karten zur Verfügung zu haben. Elektronische (und auch Papier-)Seekarten sind ziemlich teuer, v.a. wenn man sie nur kurz braucht und nachher das Gebiet wieder verlässt. Daher haben sich einige Leute zusammengetan und ein offenes (Open Source) Seekartenprogramm entwickelt, welches auch in der Lage ist, Karten aus unterschiedlichen Quellen zu verwenden. Diese Software heisst OpenCPN und läuft auf PCs, Macs und sogar Kleincomputern wie der Raspberry Pi. Aber, wie bei solchen Open Source Programmen üblich, muss man sich doch recht intensiv einarbeiten und rumprobieren, bis es so läuft wie man es gerne hätte. Das fängt damit an, dass man die GPS-Position mittels einer externen GPS-Maus «reinbringen» muss, denn ohne WLAN hat kein Computer eine Position. Da ist nichts mit Plug&Play, und nur schon unsere aktuelle Schiffsposition ins OpenCPN zu bringen hat mich eine Weile beschäftigt. Dann muss man die richtigen Karten finden und laden und zum Schluss besteht die Möglichkeit aus Satellitenkarten (wie z.B. Google Maps) selber Karten-Overlays zu erstellen. Grosse Teile der Seegebiete die uns Segler interessieren, sind nämlich nur ungenügend kartografiert (wo es keine kommerziellen Interessen für die Seefahrt gibt, werden auch keine genauen Karten gemacht). Einige der Karten stammen noch aus den Zeiten der ersten Entdecker und sind zum Teil massiv falsch. Bei hohen Inseln oder grossen Landmassen ist das nicht so tragisch, aber bei den flachen Korallenatollen kann ein Versatz von ein paar Meilen den Unterschied zwischen Schiffsverlust und traumhaftes Segeln bedeuten. Auch heute gehen z.B. in den San Blas Inseln vor Panama jedes Jahr noch Schiffe verloren, weil der Navigator den fehlerhaften Karten blind vertraut hat… 

OpenCPN und Satellitenbilder als Navigationshilfsmittel. Als Beispiel eine Satellitenaufnahme von einem Atoll in den Tuamotus in Französisch Polynesien. Von oben links bis unten rechts ist immer weiter reingezoomt, bis man den Pass (=die Einfahrt) in die Lagune erkennen kann.

Was heutzutage fast immer sehr genau und in guter Qualität vorhanden ist, sind Satellitenaufnahmen. Bei den Satelliten-Overlays geht es darum, Satellitenaufnahmen über einen Abschnitt der Seekarte zu legen. Das bringt natürlich nur etwas, wenn man sicherstellt, dass die Satellitenaufnahme im richtigen Massstab am richtigen Ort in der Seekarte eingefügt wird. Ausserdem muss sichergestellt werden, dass sie sich massstabsgetreu verändert, wenn man in der Karte rein- oder rauszoomt. Wenn das alles klappt UND man die tatsächliche Schiffsposition in dieses Bild einblenden kann, sollte man eigentlich eine realere Darstellung als mit einer ungenauen Karte bekommen. Dies alles kann man natürlich nicht ohne die entsprechende GIS (= Geographic Information System) Software machen, die es aber auch als Open Source gibt. Für einen gelernten Geographen wäre das alles wohl einfach gewesen, aber für mich war die komplexe Software erst mal ein Buch mit sieben Siegeln. Alles zusammen hat mich das Ganze etliche Tage YouTube-Tutorials schauen und Handbücher lesen gekostet, bis die ersten Erfolge kamen. Zum Glück bin ich Zeitmillionär, denn sonst hätte ich das nie geschafft. Und es zeigt wieder einmal wieviel Neues man lernen kann, wenn man mit einem Boot unterwegs ist.

Links sieht man das Satellitenbild vom ganzen Pazifik, rechts reingezoomt bis auf ein kleines Atoll, dass im linken Bild nicht mal die Grösse eines Stecknadelkopfes hat. Nur schon das Finden der kleinen Atolle im Pazifik ist auf dem Satellitenbild eine echte Herausforderung. Es gibt nämlich keine Suchfunktion, da es keine Karte sondern einfach nur ein (Satelliten)Bild ist.

Wir haben die Zeit hier auf Grenada auch dazu genutzt unser Boot auszumisten. Vieles von dem wir mal dachten, dass wir es brauchen könnten, hat sich als ziemlich nutzloser Ballast erwiesen. Und auch wenn gewisse Sachen als Backup gedacht waren, müssen wir Prioritäten setzen und nur das mit an Bord nehmen, was uns wirklich einen Nutzen bringt. Einiges konnten wir verkaufen, da es hier sehr viele Segler hat, die immer Teile suchen und vieles haben wir verschenkt. 

Unter anderem haben wir uns schweren Herzens vom Kajak getrennt, dass uns in St. Marteen «zugeflogen» ist. Es hat zwar viel Spass gemacht, aber es war einfach zu gross für unser kleines Boot. Da wir jetzt wieder längere Passagen planen, wollten wir kein so grosses Teil auf Deck fahren müssen. 

Das Kajak hat einen erheblichen Teil vom Vordeck in Beschlag genommen

Ausserdem haben Sachen wie ein Grill, Dampfkochtopf, Akkubohrer (der zweite den wir an Bord hatten…), zwei überzählige Solarzellen (auch aus St. Marteen…), einen grossen Rucksack, Drucker, Solarlampen, Walkie-Talkies, überzählige Seile und tausend andere Kleinteile unser Boot verlassen.

Die Verkaufsfotos…

Einiges wurde über Facebook Marketplace verkauft, einiges am Flohmarkt auf Hog Island. Dort versammeln sich die Leute am ersten Samstag im Monat zum «Boat Jumble» und bauen ihre Verkaufsstände auf. So auch wir.  

Es ist erstaunlich was die Boote so alles mit sich rumschleppen. Den Vogel abgeschossen haben die Australier, die von Europa kommend immer noch ihre Ski und Skistiefel dabei hatten (7 Jahre mitgeschleikt und nicht mehr benutzt) und diese hier verkaufen wollten! Das hat viel Heiterkeit und Kommentare ausgelöst. Schlussendlich haben sie die Ski an Roger, den Besitzer der Barefoot Beach Bar verschenkt, der sie als Deko an der Wand aufgehängt hat. Skihüttenfeeling am karibischen Palmenstrand.

Boat Jumble sozusagen neben RARE BREED. Alpine Skiausrüstung zum Schnäppchenpreis.

Wir wurden an diesem Flohmarkt einiges los, aber ehrlicherweise müssen wir auch zugeben, dass wir das ein oder andere dort erstanden haben, was uns sinnvoll erschien. Nicht zuletzt ein kleineres (und leichteres!) 1-Mann Kajak, welches wir als Ersatz für das grosse dort gefunden haben.

Vom Porsche zum VW Käfer… Ein Vernunftsentscheid, aber das „kleine rosarote Schweinchen“, wie es Biggi sofort getauft hat, ist halt um einiges leichter und weniger sperrig als das andere Kajak.

Unter dem Strich war die Entrümpelung ein Erfolg. Man kann es tatsächlich am Boot sehen, dass es jetzt etwas höher im Wasser liegt und unsere Staufächer und Schränke haben wieder etwas freien Platz – Ziel erreicht.

Als wir 2021 losgefahren sind, hatten wir zwei Drohnen an Bord. Da uns aber die Flugroutine fehlte, haben wir uns nie getraut damit zu fliegen – jeder Fehler hätte einen Absturz ins Meer bedeuten können. Die grössere Drohne (eine DJI Phantom 4) haben wir schon im ersten Jahr in der Karibik an deutsche Youtuber verkauft, die ihre Drohne – ja, was wohl? – im Meer versenkt hatten. Jetzt schlummerte noch die kleine DJI Mavic Mini Drohne unbenutzt in einem Staufach. Also haben wir sie auch zum Verkauf ausgeschrieben. Vor dem Verkauf wollten wir noch sehen, ob sie funktionierte. Nach dem Laden der Akkus und dem Update des Microcodes habe ich sie beim Haus ausprobiert und (wieder) gemerkt, was für coole Aufnahmen man mit einer Drohne machen kann. Und so sind wir zum Schluss gekommen, dass wir sie doch lieber selber behalten wollen und haben das Inserat wieder gelöscht. Seither übt Biggi fleissig das Drohnefliegen. Hier können wir – abgesehen von den vielen Palmen und Büschen im Garten – relativ gefahrlos üben. Allfällige Abstürze enden nämlich nicht im Meer (wobei der Pool natürlich auch nicht ganz ungefährlich ist…). Vor allem Coco wird völlig aufgeregt, wenn sie die Drohne sieht und würde sie vermutlich sofort zerbeissen, wenn sie dran käme. Daher können wir sie nur fliegen, wenn die Hunde eingesperrt oder weit weg sind.

Drohnenflugstunden im Garten

Das Ziel ist irgendwann auch mal vom Boot aus zu fliegen und v.a. fotografieren zu können, aber dafür müssen wir uns erst etwas sicherer im Umgang mit der Drohne fühlen. So nebenbei konnten wir bei den Übungsflügen einige schöne Luftaufnahmen vom Haus und der Umgebung machen.

So sieht „unser Haus“ von oben aus
Das Südkap von Fort Jeudy und die Steilküste unmittelbar vor dem Grundstück.

Die Ausflüge zum Boot verbinden wir jeweils meistens mit Einkaufen und andere Besorgungen erledigen. Das Einkaufen ist hier nämlich etwas aufwändiger als zuhause. Anstatt einfach in den Laden zu gehen und mit dem wieder raus zu kommen, was auf der Einkaufsliste stand, müssen wir hier immer damit leben, dass es (für uns) elementare Sachen einfach plötzlich nicht gibt – und das teilweise wochenlang. So bekamen wir während Wochen keine Butter, alle Läden waren leergefegt. Das lokale Brot ist allesamt weiches Weissbrot. Genau ein Laden hat alle paar Wochen ein paar Pakete importiertes Vollkornbrot und das von uns bevorzugte dunklere Toastbrot gibt es seit August nicht mehr. Jogurt, Milch und Eier sind auch eine Glückssache und Tomaten gibt es schon seit bald zwei Monaten nicht mehr. D.h. improvisieren und dann zuschlagen, wenn etwas erhältlich ist.

Jetzt hatten wir auch Zeit weniger dringende Erledigungen zu machen. Unser Tisch, den wir draussen im Cockpit haben, hat langsam angefangen Schlagseite zu bekommen. Das Tischbein bzw. das Drehgelenk ist langsam ausgeleiert. Hier ist so etwas nicht zu bekommen und so haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, wie wir es verstärken könnten. Über Empfehlungen sind wir auf Martin Vincent gestossen, der weitab vom Schuss eine kleine mechanische Werkstatt betreibt. Auf den ersten Blick denkt man «Oh je, wie soll er in diesem Chaos etwas Gutes herstellen können?», aber der Eindruck hat getäuscht. Zusammen haben wir eine neue Konstruktion gebastelt und jetzt ist der Tisch wieder einsatzbereit – und das Ganze zu einem Bruchteil von den Kosten für ein Ersatztischbein.

Der Workshop von Martin Vincent. Sein „Materiallager“ im Freien und seine völlig überfüllte Werkstatt.
Martin bei der Arbeit, meine „Konstruktionsskizze“ und das fertige Resultat.

Ähnlich erging es uns mit unseren Schuhen und einem Rucksack. Beides war schon kurze Zeit nach dem Kauf kaputt. Dabei waren die Schuhe von Merrell und richtig teuer gewesen, aber nach weniger als einem Jahr waren schon diverse Klebestellen aufgegangen. Wir haben das und noch weitere Sachen zu einem einhändigen(!!) Schuster gebracht, der seine «Werkstatt» in einem kleinen überdachten Stand am Strassenrand eingerichtet hat. Er hat alles neu verklebt und zusätzlich vernäht, sodass die Schuhe jetzt besser als neu sind. Und der Rucksack ist ebenso wieder voll belastbar. All das wieder für einen mehr als fairen Preis. Es ist auch schön zu sehen, dass hier Sachen geflickt und repariert werden, die wir zuhause – wenn auch zähneknirschend – vermutlich weggeworfen hätten.

Die Schusterwerkstatt am Strassenrand. Hier wird repariert, statt weggeschmissen.

Als sogar das Trinkwasser plötzlich ausverkauft war, haben wir unsere Filter von Bord ins Haus geholt. Jetzt füllen wir das Hahnenwasser – nachdem es durch einen Sediment- und Aktivkohlefilter gelaufen ist – selber in Kanister. Problem gelöst und dabei noch Geld und Ressourcen gespart! Das hätten wir viel früher machen sollen!

Trinkwasserproduktion im Garten

Unser Tagesablauf ist durch die Hunde in einem klaren Rhythmus eingeteilt. Morgens nach dem Aufstehen gehen wir meistens zusammen die Gassirunde und danach werden die Hunde gefüttert. 

Danach kommt der schönste Teil vom Tag – Den Morgenkaffee im Pool geniessen! Es ist noch nicht so heiss und der Pool ist noch angenehm kühl.

Wenn wir nicht zum Boot gehen, werden noch ein paar Kleinigkeiten erledigt und zwischen 10 und 11 essen wir «Frühstück». Die Computerarbeiten gehen – selbstverständlich unterbrochen durch regelmässige Abstecher zum Pool und eine Kaffeepause am Nachmittag – bis um 16-17 Uhr.

Dann gehe ich die zweite Gassirunde mit den Hunden während Biggi mit der Drohne übt. Nach der zweiten Hundefütterung ist der zweite «heilige» Tagestermin fällig – ein kühles Bier im Pool! 

Das Leben als Hundehalter ist auch etwas Neues für uns. Nach vier Monaten sind Coco und Macey uns recht ans Herz gewachsen. Sie sind beide total lieb und gut erzogen, aber Hund bleibt Hund und manchmal werden sie schlagartig schwerhörig… Inzwischen kennen wir ihre Macken und Vorlieben (und sie wohl auch unsere) und können rechtzeitig einschreiten. Zum Beispiel wenn Macey sich in Schlammpfützen langlegen will. Inzwischen reicht ein deutliches «No Macey!» und sie trollt sich etwas beleidigt vom Schlammloch weg ohne sich reinzulegen. Aber trotzdem kommt es auch jetzt noch zu Überraschungen, wie zum Beispiel als sie (zum ersten Mal) quer vom Pfad zum Meer runter gerannt ist und sich ins Wasser gestürzt hat. Nach ein paar Minuten kam sie von selber klatschnass und glücklich zurück getrabt. 

Ein Hund ist etwas sehr Schönes und Treues, egal was du machst, der Hund findet dich toll und zeigt das überschwänglich. Gleichzeitig ist ein Hund irgendwie wie ein kleines Kind, das nie erwachsen wird und immer betreut werden muss.

Wir wollten den Hunden eine Freude machen und haben ihnen je einen Hundeknochen besorgt. Coco war sofort dabei und den Rest vom Nachmittag mit Gnagen beschäftigt. Macey hingegen wusste nicht so recht was sie damit anfangen sollte und hat den Knochen nur verlegen rumgetragen und irgendwann versucht ihn zu vergraben.

Es war schön diese Erfahrung machen zu dürfen, aber ich glaube nicht, dass ich je einen eigenen Hund haben wollte. Damit kann Biggi leben, aber um eine Katze werde ich wohl nicht kommen… Einfach nur nicht solange wir auf einem Boot leben. Gell, Biggi?

Kurz nach 18 Uhr geht die Sonne unter und Biggi verschwindet in die Küche um das Abendessen zuzubereiten. Die Küche nach dem Essen aufräumen ist Männersache – also mein Part. Ein letzter Poolbesuch im Dunkeln und noch etwas lesen und dann ist der Tag auch schon wieder rum. Und ja, es ist uns schon SEHR bewusst, welches Luxusleben wir hier führen können!

Abendstimmung

Neben den Hunden und Mücken wimmelt es auch sonst von Tieren hier im Haus. Geckos in allen Grössen und Varianten düsen kreuz und quer durchs Haus und fangen Mücken. Abends und nachts krabbeln wahre Heerscharen von Eremitkrebsen durch den Garten und ins Haus, welches nach aussen völlig offen ist. 

Der Frosch links oben ist in der Realität nur so gross wie ein Fingernagel. Ihrem Namen „Johnstons Pfeiffrosch“ machen diese Frösche alle Ehre, denn sie machen einen Höllenkrach in der Nacht.
Und manchmal bleibt sogar ein Leguan im Lüftungsgitter stecken und braucht etwas Hilfe um dort wieder raus zu kommen.

Das ist ja alles noch ganz lustig, aber leider können die vielen Vögel nicht mit den riesigen Glasflächen von diesem Haus umgehen. Im besten Fall verirren sie sich rein und wir müssen sie irgendwie fangen und rausbefördern. Aber leider fliegen auch viele in vollem Tempo in die Scheiben rein und wir finden sie dann tot irgendwo auf dem Boden. 

Der Vogel links hat es nicht überlebt. Der oben rechts schon, obschon er wohl fast einen Herzinfarkt bekam, als er im Netz war.
So einen grossen Reiher im Haus zu finden war schon etwas speziell, aber er fand den Weg selber wieder raus

Hier gibt es auch «Fire Ants», extrem aggressive Ameisen, deren Biss bei mir immer ziemliche Schwellungen auslöst – ist halt nicht immer so paradiesisch im Paradies…

Solch einem geschwollenen Fuss hilft auch die schönste Aussicht nicht.

Der September ist der Höhepunkt der Hurrikanzeit. Zum Glück sind wir bis jetzt verschont geblieben, aber manchmal sah es schon ziemlich haarig aus auf den Wetterkarten vom Atlantik.

Jetzt wo unser Aufenthalt auf Grenada langsam zu Ende geht, haben wir gefunden, dass es Zeit ist ein Fazit zu ziehen.

Wir haben mehr als ein Drittel vom 2023 auf Grenada verbracht. Die weitaus grösste Zeit davon im Haus am Sunset Drive. Von den bald zwei Jahren, die wir in der Karibik verbracht haben, sind wir alles in allem etwa 7 Monate auf Grenada gewesen. Von einer exotischen und unbekannten Insel ist sie zu einer Art Heimat geworden. Wir kennen uns langsam aus und haben hier auch schon viele Freunde und Bekannte kennen und schätzen gelernt. Wir haben die meisten der Sehenswürdigkeiten besucht, waren mehrmals «hashen», aber wir haben vor allem auch den Alltag hier erleben dürfen.

Sonntags gehen wir manchmal mit unserem Nachbarn Marvin essen, wie hier zum Lobsteressen bei Rocky’s Beach Bar in der Morne Rouge.

Zwei Ausdrücke, die wir hier immer wieder zu hören bekommen sind «Take your Time» und «God’s Will». Beide treffen den Lebensstil der Leute hier sehr gut. Ersteres spiegelt die entspannte Einstellung zum Leben – warum stressen, bringt doch eh nichts! «Take it easy, and enjoy life, Man!». Der zweite Ausdruck kommt immer dann zum Zug, wenn man von etwas Zukünftigem spricht, weil jede Abmachung ist natürlich nur soweit gültig, wie es Gott gefällt. Wenn es ihm gefällt, dass man lieber ein Bierchen trinkt als zur Arbeit zu kommen. Ja nu, dann ist es so. Karibik halt.

Wenn wir uns eine Insel in der Karibik aussuchen «müssten» um dort zu leben, wäre es vermutlich Grenada. Die Insel ist von der Natur her sehr vielfältig, neben schönen Stränden gibt es unendlich viele Wandermöglichkeiten durch den Dschungel zu Wasserfällen. Sogar kleinere Bergwanderungen sind hier möglich. Die Leute sind extrem freundlich und wirken zufrieden. Die Kriminalität ist hier tatsächlich kein grösseres Problem und man kann sich auch als weisser Tourist überall frei und sorglos bewegen. Die wenigen schweren Verbrechen sind fast ausnahmslos im Bereich des Drogenhandels passiert.

Die Insel liegt am südlichen Ende des Hurrikangürtels und entsprechend unwahrscheinlich ist es hier einen Hurrikan zu erleben.

Mondaufgang am 1. September 2023: Ein „Blue Moon“, der alles andere als blau war.

Aber das Land hat natürlich auch seine Schattenseiten. Dass die karibischen Inseln alle ein Problem mit dem Abfall haben ist nachvollziehbar. Es fehlen einfach die Ressourcen um diesem Problem Herr zu werden. Was wir aber gar nicht verstehen können, ist das gedankenlose Littering. Hier wird einfach alles in den nächst besten Busch geschmissen, anstatt es mitzunehmen und in einen Abfallkübel zu legen. Anfänglich haben wir bei jeder Wanderung und bei jedem Spaziergang Abfall gesammelt, aber irgendwie ist es uferlos. Die Umgebung von unserer Gassirunde war nach unseren ersten Runden frei von Abfall, weil wir alles eingesammelt und entsorgt haben. Inzwischen liegt wieder überall Müll rum. Dabei gilt diese Ecke mit dem Blow Hole als Naherholungsgebiet und Leute kommen von weit her um sich das anzuschauen. Vor ein paar Wochen kamen sogar zwei Kleinbusse voll mit Schulkindern hierher. Als sie weggefahren sind, war alles mit leeren Chipstüten und Getränkedosen und Flaschen übersäht… Wir geben nicht auf und fischen Flaschen etc. aus Büschen und manchmal sogar aus dem Meer, an der Einstellung der Leute wird das aber leider nichts ändern.

Die Meeresschildkröten sind vom Aussterben bedroht und eigentlich weltweit geschützt. Hier auf Grenada darf man sie aber fangen. Bis jetzt haben wir das nie miterlebt – bis vor ein paar Tagen. Wir waren am Boot als zwei Fischer mit etwas Grossem in einem Netz an Bord vorbeigefahren und auf Hog Island an Land gegangen sind. Ich war oben im Mast und Biggi hat mich gesichert. So haben wir miterlebt, wie die Fischer eine grosse Schildkröte an Land gezogen haben und angefangen haben sie bei lebendigem Leib zu zerlegen. Es war ein verstörender Anblick, aber wir konnten nichts machen, denn sie taten nichts Illegales. 

Unser Umgang mit Masttierhaltung ist wohl auch nicht besser, aber es hat uns trotzdem im Herzen weh getan zu sehen wie das arme Tier qualvoll verendet ist. Als wir Beverly, die zwei Mal die Woche ins Haus kommt, davon erzählt haben, hat sie sich auch aufgeregt. Auch sie würde nie im Leben eine Schildkröte essen. Sie wisse nicht mal wo man das kaufen könne. So kann man wenigstens hoffen, dass es nicht allzu oft vorkommt.

Etwas anderes was uns hier aufgefallen ist, ist die gesetzliche/behördliche Willkür. Von einem Tag auf den anderen wird eine neue Regel aufgestellt und sofort in Kraft gesetzt. Oder es wird jahrelang versucht eine Regelung zu finden und derweil kann die Polizei nach Belieben entscheiden was gerade gültig ist. Ein typisches Beispiel ist als einem Segler bei der Einreise die Drohne am Zoll konfisziert wurde, weil er keinen gültigen Grenada-Drohnenausweis hätte. Pikantes Detail: Einen solchen Ausweis gibt es gar nicht! Grenada versucht schon seit Jahren eine Regelung bezüglich eines Drohnenausweises zu finden. Derweil muss jeder, der eine Drohne fliegen will, zur Polizei gehen und um eine Bewilligung fragen. Ob er diese bekommt liegt völlig im Ermessen des gerade anwesenden Polizeibeamten. 

Ein weiteres Beispiel sind unsere Führerscheine: Wir müssen alle drei Monate einen lokalen Führerschein kaufen. Dafür müssen wir unseren Schweizerischen Fahrausweis zeigen. Logisch. Beim letzten Mal haben sie sich aber fast geweigert den Grenadischen Fahrausweis zu erneuern, weil das Bild auf dem Schweizerischen Fahrausweis nicht den Passbildvorgaben entspricht. Dass unsere Schweizer Fahrausweise lange vor dieser Regelung ausgestellt wurden und kein Ablaufdatum haben, hat den Polizisten nicht interessiert. Hier gelten halt die Grenadischen Regeln… Interessanterweise hat diese Regelung bis jetzt keinen Beamten interessiert.

Nach vier Monaten Landleben haben wir natürlich auch die «Zuverlässigkeit» der Grenadischen Infrastruktur hautnah miterlebt. Dass der Wasserdruck immer wieder sehr schwach wird und das Wasser teilweise ganz ausbleibt ist hier völlig normal. Nicht umsonst haben die Hausbesitzer einen riesigen Regenwassertank und eine eigene elektrische Wasserpumpe eingebaut. 

Im Normalfall regnet es mehr als genug um den riesigen Wassertank zu füllen. Eigene Wasserpumpe im Haus.

Die haben wir schon ein paar Mal benutzen müssen. Wenn dann aber auch der Strom ausfällt ist natürlich nichts mehr mit selber Wasserpumpen betreiben. Das ist zum Glück erst wenige Male passiert, dafür dann an vier aufeinanderfolgenden Tagen. Der Strom kam jeweils nach 3-4 Stunden wieder zurück, aber es war jedes Mal eine Zitterpartie, ob der grosse Gefrierschrank nicht auftaut. Zumal der lokale Stromlieferant keinerlei proaktive Informationen ausgegeben hat. 

Wegen der Wärme haben wir nachts im Schlafzimmer alle Türen und Fenster sperrangelweit offen und wegen der vielen Mücken schlafen wir unter einem grossen Mückennetz. Leider gibt es auch bei offenen Türen und Fenstern keinen richtigen Durchzug und so ein Netz blockiert erstaunlich viel vom Luftzug. Da es hier auch nachts über 30 Grad warm bleibt, kann man wählen, ob man unter dem Netz vor Hitze eingeht oder ob man es weglässt und von den Mücken aufgefressen wird. Not macht erfinderisch und wir haben uns zwei(!) grosse Ventilatoren direkt auf das Bett gerichtet um hinter dem Netz genügend Luftzirkulation zu haben. Und dass die Ventilatoren ausfallen würden wäre fast die schlimmste Folge vom Stromunterbruch! Das ist zum Glück nur in einer Nacht für ein paar Stunden passiert.

Unser Schlafzimmer mit den zwei Ventilatoren.

Die Möglichkeit hier soviel Zeit verbringen zu können, war auf jeden Fall eine einmalige und sehr wertvolle Erfahrung, die wir auf keinen Fall missen wollen. Jetzt ist es aber an der Zeit für eine Veränderung. In dem Sinne werden wir anfangs Oktober die Segel hissen um neue Ufer zu erkunden – God’s will. 

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Wer braucht schon einen Job, wenn man Arbeit hat?

Wer braucht schon einen Job, wenn man Arbeit hat?

Wir sind Ende Mai hier im Haus eingezogen und inzwischen ist schon mehr als die Hälfte der Zeit vorbei in der wir zwei liebe Hunde, ein Riesenhaus und sogar ein «eigenes» Auto haben.

Ursprünglich wollten wir RARE BREED erst im August an Land holen und kurz vor Ende unserer Haussittingzeit wieder zu Wasser lassen. Das hätte uns genügend Zeit gelassen alle Arbeiten auf unserer To Do Liste nach und nach abzuarbeiten, während RARE BREED an Land stand. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – der Grund ist nachstehend beschrieben. Und jetzt haben wir die Reihenfolge quasi umgekehrt und sind mit den Bootsarbeiten fertig (sofern man das bei einem Boot je sein kann, dazu später auch mehr…).

RARE BREED an der Boje bei Hog Island

Jetzt liegt RARE BREED an einer Boje hinter Hog Island und wartet auf uns bis wir Ende September wieder an Bord ziehen werden – immer vorausgesetzt, dass uns kein Hurrikan einen Strich durch die Rechnung macht, denn die heisse Zeit im wahrsten Sinne des Wortes geht erst jetzt so richtig los. Im Moment ist aber alles ruhig, so ruhig, dass der Passatwind auch eingeschlafen ist und wir hier Hitzewarnungen haben. Bei nahezu 100% Luftfeuchtigkeit fühlt es sich schon bei 35 Grad wie in einer Sauna an. Da lernen wir erst recht unseren privaten Pool im Garten so richtig schätzen. Und vielleicht war es doch ganz gut, dass wir die Arbeiten an Bord noch vor dieser Hitzewelle erledigen konnten. 

Nachmittags „mussten“ wir einfach in den Pool um uns abzukühlen 🙂

Bevor es weiter geht, eine kleine «Nerd»-Warnung: Dieser Beitrag wird vor allem die Reparaturen und Wartungsarbeiten beschreiben, die wir seit der Ankunft in Grenada auf RARE BREED gemacht haben. Also einen ausgeprägten Fokus auf Bootstechnik und technische Details haben. Sagt nachher nicht ich hätte euch nicht gewarnt…

Die treuen Leser haben sicherlich festgestellt, dass wir des Öfteren Sachen an Bord reparieren oder ersetzen müssen. Das ist definitiv der Fall. Einiges ist normaler Verschleiss (das haben auch alle Langzeitsegler und ist immer wieder ein Thema, wenn man sich trifft), aber einiges ist auch auf das Alter des Bootes, welches dieses Jahr 21 Jahre alt wird, zurück zu führen. 

Z.B. unsere Gasinstallation, die nun wirklich erneuerungsbedürftig war.

Es gibt im Englischen zwei Sprüche die diese Tatsache gut umschreiben:

«The only thing working on an old boat is the owner.” (Das kann man wegen dem Wortspiel nicht wirklich ins Deutsche übersetzen)

Everything on your boat is broken, you just don’t know it yet!” (Alles auf deinem Boot ist kaputt, du weisst es nur noch nicht!)

Was in unserem Fall dazu kommt ist, dass die Werft beim Bau vor 21 Jahren an ein paar (wichtigen) Stellen gepfuscht hat und zwei solche «Schlampereien» haben wir erst beim Arbeiten diesen Sommer entdeckt. Einiges ist einfach ärgerlich, anderes regelrechte Katastrophen, die so unentschuldbar sind. 

Was man in diesem Kontext auch erwähnen muss: RARE BREED ist unser Zuhause und gleichzeitig unser Reisevehikel. Sie muss sowohl seetüchtig bleiben wie auch einen gewissen Wohnkomfort haben. Und auch wenn diese Reparaturen sehr aufwändig und teuer waren, waren sie nötig, wenn wir weiter auf RARE BREED leben und segeln wollen. Und – als Trost für uns – am Ende sind diese Kosten immer noch viel kleiner, als was es uns kosten würde, ein Leben in der Schweiz zu führen. 

Das erste und dringendste Thema war das Problem mit dem Motorstart. Wir waren ja sozusagen im «Notbetrieb» von Tobago nach Grenada gekommen, weil unsere Motoren sich nur mit viel Glück und verschiedenen Tricks zum Leben erwecken liessen. Dieser Zustand musste nachhaltig behoben werden. Wie sich herausstellte war der Grund tatsächlich nicht schlechte Starterbatterien, sondern die alten korrodierten Batteriekabel und Massestecker an den Motoren.

Korrodierte Kabel und Anschlusspunkte am Motor

Die beiden Starterbatterien waren von der Werft aus in einem Fach im Boden vom Brückendeck verbaut worden. Die Batterien habe ich natürlich schon ersetzen müssen, aber die Kabel waren noch dieselben geblieben. Die dicken Plus- und Minuskabel gehen von diesem Fach durch völlig unzugängliche Kabelschächte zu den beiden Motoren bzw. den Hauptschaltern im Schaltkasten im Salon. Die meisten dieser Kabel konnte ich weder inspizieren noch aus den Schächten rausbekommen, geschweige denn neue einziehen. Also haben wir neue Plätze für die Starterbatterien in den jeweiligen Achterkabinen eingerichtet und von dort neue und viel kürzere Kabel zu den Motoren gezogen. Der jeweilige Hauptschalter und die Bilgenpumpen in den Motorräumen wurden dabei auch neu verlegt bzw. verkabelt. Als Autodidakt steht man manchmal vor Kabeln und weiss nicht so recht wozu es die noch braucht. So ging es mir auch dieses Mal – nachdem die Batterien mit den Motoren verkabelt waren, war noch ein Kabel «übrig» dessen Funktion mir unklar war. Inzwischen weiss auch ich wozu dieses «Erregerkabel» zwischen Lichtmaschine und Batterie da ist, denn ohne diesem Kabel werden die Batterien nicht geladen. Man(n) lernt beim Basteln immer dazu…

Zuerst das benötigte Werkzeug rausholen, dann Batterien testen und schlussendlich am neuen Ort einbauen

Jetzt sind die beiden Motoren elektrisch komplett voneinander getrennt und damit bestehen auch keine gegenseitigen Abhängigkeiten mehr. Eine allfällige Fehlersuche ist wesentlich einfacher, da alles zugänglich ist und ich alles selber verlegt habe. Und das Wichtigste – die Motoren starten jetzt wieder sofort auf Knopfdruck!

Der riesige Travellift. Verglichen mit den wirklich grossen Booten sieht RARE BREED darin fast schon wie ein Spielzeugboot aus.

Am 13. Juni, der Tag als Angela, Bruna und Susi wieder abgeflogen sind, wurde RARE BREED im Clarkes Court Boatyard an Land gehoben. Ironischerweise ist unser Boot zu klein (!?!) um dort länger an Land stehen zu bleiben. Im Normalfall ist es eher umgekehrt. Hier haben sie einen riesigen Travellift mit dem die Boote an Land geholt werden. Danach werden sie auf einen speziellen Trailer gestellt, der viel kleiner und v.a. schmäler als der Travellift ist. Dieser Trailer hebt das Boot mit Hydraulikstempeln von unten an und verschiebt es danach auf dem Gelände. Dadurch können sie die Boote extrem eng zusammen hinstellen, was ihnen ermöglicht viel mehr Boote an Land zu lagern = mehr Geld zu verdienen. RARE BREED ist zu schmal als dass sie den Trailer verwenden könnten und so musste unser Böötchen mit diesem riesigen Travellift an Land verschoben werden, sprich sie mussten soviel Platz um uns herum frei lassen um nachher wieder mit dem Travellift hinfahren zu können. Deswegen haben sie uns nur erlaubt für drei Wochen an Land zu stehen, danach würde der grosse Run losgehen und der Platz an Land müsse voll ausgenutzt werden. Das war dann auch der Grund, dass wir unseren ursprünglichen Zeitplan über den Haufen geworfen und RARE BREED viel früher als geplant rausgehoben haben.

Schön viel Platz um uns herum 🙂

Statt den ursprünglich geplanten zwei Monaten, standen uns jetzt nur noch drei Wochen Zeit zur Verfügung, um alle Arbeiten, für die das Boot an Land stehen musste, fertig zu bekommen. In Anbetracht des Ausmasses der nötigen Reparaturen (das wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kannten…) wurde es echt eng. Alles was jetzt folgt wurde daher parallel gemacht und aus Zeitgründen mussten wir einiges machen lassen, was wir sonst selber erledigt hätten. Drei Firmen haben in diesen drei Wochen gleichzeitig an Bord gewerkelt und ich kam mir manchmal vor, wie wenn ich wieder in meinem alten Job als Projektleiter gelandet wäre: «Hey Skip, how do you want this done?», «Hey Skip, when will they be finished so I can start?» usw.

Anhand der Menge an Schuhen unter unserer Leiter sieht man, dass es an Bord zeitweise wie in einem Bienenstock zu und her ging.

Nachträglich müssen wir sowohl dem Boatyard, wie auch den involvierten Firmen und Personen ein riesiges Lob aussprechen, denn es wurde bis auf die letzte Minute Hand in Hand gearbeitet und die letzten Pinselstriche waren noch feucht, als wir nach drei Wochen wieder im Kran hingen.

Mein 61ster Geburtstag ist trotz der vielen Bootsarbeiten gebührend gefeiert worden 🙂 Die echten Haribo Goldbärchen von Angela, Bruna, Susi und Biggi haben mich total überrascht und gefreut!

Die erste geplante Baustelle waren die grossen Motorenwartungen. Unser Boot hat zwei Dieselmotoren, die unter den Kojen (Betten) in den beiden hinteren Kabinen eingebaut sind. Neben den üblichen Wartungsarbeiten wie Oel-, Filter- und Impellerwechsel, die wir selber machen, stand dieses Mal einiges mehr an. Als erstes der Tausch der Dichtungsmanschetten zwischen Motor und dem Unterwasserteil (Saildrive) wo die Schiffspropeller angebracht sind. Diese dicken Gummimanschetten sitzen auf einem Flansch im Schiffsboden unter dem Getriebe und dichten diese grossen Löcher im Schiffsboden ab. Die Manschetten müssen alle 7-10 Jahre ausgewechselt werden. Zuerst müssen die Propeller abgenommen werden, danach das Getriebe vom Motor gelöst und der ganze Motor von seinem Fundament gelöst und angehoben werden. Dann können die Saildrives mitsamt Getriebe nach oben aus dem Schiff gezogen werden. Wenn das alles draussen ist, klaffen zwei grosse Löcher im Schiffsboden. Die Vorstellung, dass diese Gummimanschetten reissen könnten, rechtfertigen schnell diese aufwändige Wartungsarbeit. Im gleichen Zug liessen wir auch die Saildrives überholen und haben alle Simmerringe und Dichtungen erneuern lassen – etwas das auch nur gemacht werden kann, wenn das Boot an Land steht.

Ausgebauter Saildrive und das Loch im Schiffsboden
Der revidierte Saildrive wird wieder eingebaut und der Skipper lernt dazu.

Die zweite grössere Aktion an den Motoren war die Demontage und Reinigung der Wärmetauscher. Die Motoren sind, wie ein normaler Automotor wassergekühlt, aber dieser innere Kühlkreislauf muss im Boot durch einen zweiten, äusseren Wasserkreislauf gekühlt werden. Dafür wird Seewasser angezogen und im Wärmetauscher kühlt dieses Seewasser den inneren Kühlkreislauf. Das Seewasser wird nach getaner Arbeit in den Abgaskrümmer gespritzt und mitsamt den Abgasen aus dem Boot «gespuckt». Dieser Wärmetauscher und der Abgaskrümmer verkalken bzw. verrussen mit der Zeit und müssen alle paar Jahre gereinigt werden, was auch wieder einen grösseren Demontage- und Montageaufwand bedeutet.

Motor mit und ohne Wärmetauscher. Die Reinigung ist sicher keine schlechte Idee.

Als letztes wurde noch ein leckender Simmerring an der Kurbelwelle vom linken Motor abgezogen und ein neuer aufgepresst. Damit sollte ein kleines aber lästiges Oelleck auch Geschichte sein.

Nachdem alles wieder zusammengebaut war wurde noch an Land ein Probelauf gemacht. Es hat zum Glück alles funktioniert und alles war dicht!

Unsere Motoren sind auch schon 21 Jahre alt, aber sie haben verhältnismässig wenige Betriebsstunden und sind gemäss optischem Eindruck und Aussage der Mechaniker in einem Topzustand. Das beruhigt und stärkt das Vertrauen ins Boot.

Die nächste geplante Baustelle waren die leckenden Scheiben im Aufbau. Wir haben fünf grosse Scheiben, welche immer mehr geleckt haben. Waren es anfangs noch vereinzelte Tropfen, mit denen wir gut leben konnten, hatte es sich im Laufe des letzten Jahres zu regelrechten Rinnsalen entwickelt, die wir nicht mehr ignorieren konnten. Bei jedem grösseren Regenfall oder wenn Seewasser an Bord kam mussten wir mit Lappen und – Geheimtipp 😉 – Inkontinenzbinden das Schlimmste verhindern.

Die Fenster sind in zweiteilige Aluminiumrahmen eingeklemmt und diese Rahmenteile sind mit kleinen Edelstahlschrauben verschraubt. Jeder der in der Schule beim Chemieunterricht aufgepasst hat, weiss, dass verschiedenwertige Metalle (z.B. Aluminium und Edelstahl) zusammen mit einem Elektrolyt (in diesem Fall Salzwasser) reagieren und mit der Zeit (wieder diese 21 Jahre…) eine fast unlösbare Verbindung eingehen. Es sei denn man verwendet spezielle Distanzhülsen oder eine Teflonpaste, um die Schrauben elektrisch vom Aluminium zu isolieren und diesen Prozess zu verhindern. Nun ja, das hat man damals beim Bau des Bootes wohl «vergessen»… Ich hatte auf jeden Fall keine Chance diese kleinen Schrauben mit einem normalen Schraubenzieher zu lösen. Da mussten Profis mit Spezialwerkzeug wie Schlagschrauber ran. Das hat geknattert und das ganze Boot hat gezittert als sie am Werk waren, aber nach und nach konnten die Fensterrahmen gelöst werden. Was dabei zum Vorschein kam, war der erste Fall von offensichtlichem Baupfusch: Die Rahmen und Fenster waren nicht 100% passgenau und daher gab es zu wenig Platz für die Dichtungsmasse – stellenweise war sogar gar keine Dichtungsmasse zwischen Glas und Rahmen. Eigentlich ein Wunder, dass es nicht noch mehr geleckt hat. D.h. die Rahmen mussten angepasst werden, damit eine genügend dicke Fuge aus Dichtungsmasse zwischen Glas und Rahmen reinpassen würde. Wegen der unterschiedlichen Wärmeausdehnung der verschiedenen Materialien ist die Dicke der Dichtungsfuge matchentscheidend um es dicht zu bekommen und vor allem damit es längerfristig dicht bleibt. (Spoiler: Die Fenster sind jetzt nach mehreren tropischen Regenfällen absolut dicht – Yeah!)

Fensterausbau und Entfernung der alten Dichtungsmasse.
Fenster draussen und damit noch ein Loch im Schiff!
und noch mehr Löcher…
Wiedereinbau!

Die dritte Baustelle war die, die uns am meisten Kopfzerbrechen (und Geld…) gekostet hat. Und wir haben sie nur per Zufall entdeckt! Seit einiger Zeit hatten wir Salzwasser im Schiff. Je schlimmer der Seegang war, desto mehr Wasser ist beim Segeln reingekommen. Wie bei den Scheiben war es erst ganz wenig, aber dann wurde es immer mehr. Als wir still lagen, war der Spuk vorbei. Wir hatten schon vor Monaten eine Leckstelle in der vorderen Kabine entdeckt, komischerweise unter der Decke – also weit oberhalb der Wasserlinie – welche wir letzte Saison in Domenica mit Epoxyspachtel abgedichtet haben. Dies hat leider nicht sehr lange hergehalten und kurz danach entdeckten wir auch Salzwasser unter den Bodenbrettern im Steuerbordrumpf. Immer nur ein paar Deziliter, aber trotzdem – wir mussten herausfinden woher das kam. Wir vermuteten ein Leck in einem bisher unzugänglichen Teil im Brückendeck vorne im Boot.

Lagebesprechung: Was kann man da machen? (Im rechten Bild, der Bugspriet, von dem nachher die Rede sein wird.)

Ein Katamaran ist im Seegang grossen Dreh-, Stauch- und Dehnbelastungen ausgesetzt. Böse Zungen behaupten, dass ein Kat im Prinzip drei Boote sind, die sich im Seegang alle unterschiedlich bewegen. Um dem Herr zu werden ist es wichtig die Rümpfe so zu versteifen, dass die Belastungen auf das ganze Boot möglichst gleichmässig verteilt sind. Dafür hat ein Kat substantielle Querverbindungen zwischen den Rümpfen um eine gegenseitige Verdrehung zu verhindern. Bei unserem Boot ist das eine stabile «Wand», welche vorne von einer Bootsspitze (Bug) durch das Brückendeck zum anderen Bug am anderen Rumpf geht. Solche «Wände» heissen bei Booten Schotten. Dieses Schott bestand aus zwei ganzflächig verklebten Sperrholzplatten mit einem festen Schaum dazwischen. Das Schott hat einen Hohlraum vorne im Boot hermetisch abgeriegelt und war daher nur von einer Seite her zugänglich. Dahinter habe ich Wasser vermutet und schon vor längerer Zeit ein kleines Loch ins Schott gebohrt. Und tatsächlich, es kam Wasser raus und zwar viel, vermutlich an die hundert Liter! 

Ich hatte zu dem Zeitpunkt keine Ahnung wie das Wasser dort reinkommen konnte, da der gesamte Hohlraum ca. einen Meter oberhalb vom Wasserspiegel liegt. Es war also ein Leck oberhalb der Wasserlinie und damit erst mal nicht «existentiell bedrohlich», aber wir mussten dem nachgehen und nachhaltig abdichten.

Das haben wir gemacht indem wir jetzt an Land das Loch im Schott mit einer Stichsäge vergrössert haben bis wir dahinter sehen konnten. Was zum Vorschein kam, hat uns leer schlucken lassen.

Die Befestigung des Bugspriets ist undicht und instabil

Das Wasser ist über eine mangelhafte Abdichtung des Bugspriets (ein Aluminiumrohr, welches aus dem Rumpf ragt und der untere Befestigungspunkt vom Vorstag ist) reingekommen. Das Vorstag ist ein Stahlseil, welches von dort bis zur Mastspitze hoch geht und einerseits den Mast abstützt und andererseits dazu dient das grösste Vorsegel, die Genua, zu tragen. Dieses Vorstag muss also grosse Kräfte aufnehmen können. Das Bugspriet-Rohr ist hinten an dem besagten Schott verankert und vorne über Stahlseile fixiert. Es hat aber nicht nur geleckt, sondern die ganze vordere Aufhängung vom Rohr war unfachmännisch ausgeführt und viel zu schwach.

Der unzugängliche Hohlraum und das verrottete Schott

Was aber fast noch schlimmer war, war, dass das Holz vom Schott im Laufe der Jahre verrottet war und das ganze Schott keinerlei Stabilität mehr hatte. Sowohl der Bugspriet, wie die Abstützung vom Mast und die ganze Torsionsstabilität vom Boot waren massiv reduziert. Kurzum: es wäre nur noch ein Frage der Zeit gewesen bis der Mast runter gekommen wäre…

Diese Pfuscharbeit von der Bauwerft (mangelhafte Abdichtung und das hermetische Abriegeln des Hohlraumes ohne Ablauföffnung) hätte eigentlich der sogenannte «Sachverständige» entdecken müssen, den ich extra beim Kauf von RARE BREED im 2017 für teures Geld beauftragt hatte.

Das eingedrungene Wasser hatte mit der Zeit den jetzt offen daliegenden Hartschaum vom Schott gesättigt und war über mehrere Orte ins Schiffsinnere eingedrungen. Daher die komischen Lecks an verschiedenen Orten vom Boot. Das Eindringen von Wasser war verglichen mit dem jetzt entdeckten Ausmass vom Schaden jedoch das kleinere Übel.

Die Arbeiten gehen los.

Statt wie erwartet eine Leckstelle zu beseitigen musste das ganze Schott rausgeschnitten und von Grund auf neu aufgebaut werden – natürlich erst nachdem auch der Bugspriet fachgerecht verstärkt und abgedichtet worden war.

Alles rausschneiden
Jetzt sieht man den Schlamassel um den Bugspriet herum erst richtig!
Alles rausgeschnitten und geschliffen, klar um ein neues Schott einzupassen
Neu einlaminierter Bugspriet
Mit dünnen Holzleisten werden die Schablonen für die neuen Elemente gemacht. Neues Schott ist eingepasst…
… und einlaminiert
Gemalt und mit Zugangsluken versehen.

Zu guter Letzt hat das Schott jetzt zwei kleine Luken, damit man dahinter sehen kann sowie ein Ablaufloch, damit allfällig eingedrungenes Wasser nicht stehen bleibt. Und das Boot hat wieder ein stabiles Querschott welches die Verdrehungen im Seegang verhindert. 

Das waren die drei grossen Arbeiten, die an Land erledigt werden mussten. Daneben haben wir noch diverse kleine Schadstellen und Risse sauber repariert, den ganzen Rumpf polieren lassen und neue Unterwasserfarbe aufgetragen und auch sonst gefühlt 1000 Kleinigkeiten von der To Do Liste abgehakt.

Der Heckbügel hatte gerissene Schweissnähte und musste verstärkt werden.
Rumpf polieren
Die Propeller bekommen eine neue Beschichtung

Am 5. Juli wurde RARE BREED wieder zu Wasser gelassen und die letzte Unsicherheit, ob die neuen Gummimanschetten unter den Motoren dicht sein würden hat sich als unbegründete Sorge erwiesen. Alles war dicht und wir glücklich wieder im Wasser zu sein.

RARE BREED zurück in ihrem Element.

Da wir nur drei Wochen an Land waren UND wir ausserdem dort viel mehr gemacht haben als wir ursprünglich geplant hatten, war unsere To Do Liste leider noch nicht leer. RARE BREED wurde wieder nach Le Phare Bleu in die Marina gelegt, denn von dort war es nur ein kurzer Weg zum Haus. 

Die Marina Le Phare Bleu von oben gesehen.
Im „La Belle Vie“-Cafe in Le Phare Bleu gibt es die besten Croissants und Pain au Chocolat in Grenada!

Unser Tagesablauf ging fast gleich weiter, als wenn RARE BREED noch an Land stehen würde. Morgens um 6 Uhr war Tagwache, dann ging ich mit den Hunden Gassi während Biggi unseren Lunch zum Mitnehmen vorbereitete. Danach einen Kafi während die Hunde gefüttert wurden. Gegen 8 Uhr waren wir beim Boot, wo wir bis ca. 14-15 Uhr gearbeitet haben. Danach war es einfach zu warm an Bord und wir sind zum Haus zurück um uns im Pool abzukühlen.

Um 16:30 Uhr waren die Hunde wieder mit der zweiten Gassirunde dran und Biggi hat derweil etwas Hausarbeit gemacht oder die Bootsteile geschliffen oder gemalt, die wir vom Boot mit in die Werkstatt hier im Haus mitgenommen hatten.

Die Garage mutiert zu Malerwerkstatt. Die erste Schicht vs. die Dritte.

Danach gab es irgendwann einen Sundowner im Pool und anschliessend Abendessen. Spätestens gegen 21 Uhr sind wir beide im Wohnzimmer eingenickt…

So ging es nochmals vier Wochen ziemlich arbeitsintensiv weiter:

Um die Fensterrahmen musste neu gemalt werden
Die Ankerwinsch wurde zerlegt und gewartet
Jährliche Winschenwartung: Zuerst zerlegen und reinigen…
… danach neu einfetten und das ganze wieder zusammenbauen
Eine neue leichtere Einlage fürs Cockpit ist entstanden. Das war eine ziemliche Fummelei bis es endlich gepasst hat, aber Biggis‘ Fähigkeiten mit der Stichsäge freihändig millimetergenau zu sägen werden immer besser 🙂
Der Schaltkasten ist langsam meine „zweite Heimat“ und inzwischen verwende ich Geräte, die ich vorher nur vom Hörensagen kannte.
In der Gästekabine haben wir die sich lösende Wandverkleidung samt Kleberreste entfernt…
… und stattdessen die Wände weiss angemalt
Das ist richtig gut geworden (finden wir).
Und weil wir noch etwas Farbe übrig hatten bekommt das Sonnendach einen „GT-Streifen“ 😉
Innen wurden alle beanspruchten Holzflächen neu lackiert

Obwohl wir jetzt eigentlich keinen Zeitdruck mehr hatten, haben wir uns trotzdem zum Ziel gesetzt bis Anfang August mit den Arbeiten fertig zu sein. Der Hauptgrund war finanzieller Natur: Die Arbeiten und unerwarteten Reparaturen hatten ein grosses Loch in unsere Haushaltskasse gerissen. Jeder Monat in der Marina hat uns ca. 900 US$ gekostet. Sobald wir mit den Arbeiten fertig waren gab es keinen Grund mehr in der Marina zu liegen, sondern wir konnten das Boot an einem billigeren, aber etwas weiter entfernten Ort verlegen. Auch dieses Ziel haben wir erreicht: Seit dem 5. August liegt RARE BREED an einer Boje, die uns gerade mal 130.- US$ im Monat kostet.

Hog Island im Vordergrund, hinten ist Le Phare Bleu gerade noch zu erkennen. Unser Haus muss man sich denken 🙂
Überführung nach Hog Island, wo es ziemlich voll ist.

Wir waren ziemlich zufrieden als wir RARE BREED zur Boje überführt haben, denn wir dachten, dass jetzt wirklich alles gemacht sei und wir nur noch lossegeln könnten, wenn das Haussitting vorbei ist.

Auf dem Weg dorthin ist unser Kartenplotter ausgestiegen. Er ist einfach im Startup hängen geblieben und hat keinen Mucks mehr getan. Alle Versuche ihn zu «resetten» blieben erfolglos.

Weiter als so wollte er nicht…

Das ist zwar nicht existentiell, denn wir navigieren mehrheitlich mit iPads, aber der Kartenplotter ist gleichzeitig auch die Anzeige von Radar und AIS. Beides Sachen, die wir schon gerne benutzen würden und die jetzt nicht mehr brauchbar sind.

Wie hiess der Spruch vom Anfang wieder? Alles auf deinem Boot ist kaputt, du weisst es nur noch nicht…

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Hundeleben in Herrlichkeit

Hundeleben in Herrlichkeit

10.05. – 05.07.2023 Grenada, Logstand seit Start 6968 sm

„Hundeleben in Herrlichkeit“ ist ein Buch über die Weltumsegelung mit der KAIROS von Ernst J. Koch, aber irgendwie passt der Titel ganz gut auf unser Leben hier auf Grenada. Wir machen gerade eine Segelpause, weil unser Boot ein Refit bekommen soll und leben in der Zwischenzeit in einem grossen Haus mit Infinitypool und zwei total lieben und wohlerzogenen Hunden am Sunset Drive.

Sonnenaufgang um 05:49 Uhr

Macey (ein Golden Retriever Mischling) und Coco (eine belgische Schäferhündin) werden zweimal täglich zum Spazieren ausgeführt und gefüttert – that’s it. Den Rest der Zeit haben wir zur freien Verfügung und nutzen diese entsprechend, um Arbeiten am Boot zu erledigen.

«Full House» beim House Sitting 

Wir freuen uns riesig auf den Besuch aus der Heimat. Angela (Jan’s beste Freundin und frühere Schulkollegin) kommt mit Bruna (Schwester von Angela) und Susi (auch eine frühere Schulkollegin von Jan) für 12 Tage nach Grenada. Mit den drei Frauen kommt richtig Leben in die Bude und auch wir bewegen uns wieder mehr auf der Insel. Die Tage verfliegen förmlich – kein Wunder, bei dem, was wir alles unternehmen.

Walking the dogs mit dem obligatorischen Tourifoto
Unterwegs auf dem Gemüse- und Fischmarkt in St. Georges
Hash Nr. 1246: Wir sind auf dem richtigen Weg 🙂 Angela’s Biertaufe: Virgin war gestern – jetzt bist du ein Hasher
Hash Nr. 1247: Hier geht’s schon entspannter zu, wie man deutlich sehen kann
7 Sisters Waterfall: Ab geht’s durch den Dschungel
Laura Herbs & Spice Garden: Zuhören, Lernen, Probieren und Posieren
Pool Time: Ein bisschen relaxen zwischendurch muss auch sein
Sundowner an der Grand Anse
Ein schöner Sonnenuntergang – dieser Moment wandert in vier Marmeladengläser 🙂
Belmont Estate: Von Hand verlesene Kakaobohnen werden zu feinster Schokolade verarbeitet
Das perfekte pochierte Ei lässt alle Herzen höher schlagen
Concord Waterfall: Unser Tour Guide Sylvester führt uns sicher über Stock und Stein – eine anspruchsvolle Wanderung …
… die sich auf jeden Fall lohnt
Morne Rouge: Beachtime an einem der schönsten Strände auf Grenada
Mit unserer neuen Crew verschieben wir mit RARE BREED nach Clarkes Court. Schön wars mit euch!

Baustelle am Sunset Drive

Auf den letzten 800 m bis zum Haus, welches wir sitten ist die Strasse mehr ein Schotterweg. Wir können selbst mit dem zum Haus gehörenden SUV nur im Schritttempo fahren, um heile durch die tiefen Schlaglöcher zu kommen. Auf dem Heimweg mit dem Auto, 10 m vor der Hofeinfahrt liegt was und im ersten Moment denke ich, Coco ist ausgebüxt.

Also mit ganz viel Phantasie sieht es doch wie ein Schäferhund aus, oder … Und so werden Humps angekündigt – also meistens

Weit gefehlt, bei näherer Betrachtung erkennen wir zwei abgesägte Baumstämme. Wir vermuten, dass es eine Baustelle ist. Und tatsächlich, die tiefe Furche vor dem «Hump» (Bodenschwelle) wird betoniert.

Als wir später mit den Hunden zur Gassi-Runde aufbrechen sehen wir, wie ein Jeep am Hump hängen bleibt – aufgesessen – der hat die Baumstämme wohl nicht so ernst genommen. Damit das nicht noch anderen passiert, verbessern wir eigenmächtig die Baustellensicherung mit allen Mitteln die uns zur Verfügung stehen.

Jan bastelt aus alten Eimern und altem Holz eine Barrikade. 

Nach «Fertigstellung» bekommen wir das alte Zeugs selbstverständlich wieder zurück! Zur Info: Der Hump ist nach der Instandsetzung noch verreckter als vorher, den Schleifspuren auf der Kuppe zu urteilen …

Autovermieter wandert ins Kittchen

Mit der Abreise von Angela, Bruna und Susi endet auch die Automiete. Wir hatten uns anfangs der Miete schon über diverse Unstimmigkeiten gewundert. Zum Beispiel, dass Z. (der, dessen Name nicht genannt werden darf) den Mietvertrag bei der Übergabe nicht parat hat (so kannten wir das bei Z. bisher nicht), dass wir den versprochenen Mini SUV nicht bekommen (der sei verunfallt vom letzten Mieter zurückgekommen), dass die Kaution höher ist als beim letzten Mal und oben drauf, dass der Toyota Passo den wir stattdessen bekommen in einem miserablen Zustand ist. Die Front weist auf einen üblen Unfall hin und das Heck sieht auch ziemlich zerschunden aus. Der Fahrersitz lässt sich nur alle Schaltjahre verstellen und des Öfteren macht das Lenkradschloss einfach einen auf beleidigt und lässt sich nicht lösen – das heisst, das Auto ist nicht zu starten. Langer Rede kurzer Sinn, wir wollten das Auto loswerden. Und das ist nicht so einfach, denn unser Vermieter Z. hat diverse Übergabetermine verstreichen lassen und kurzum seine Telefonnummer gewechselt – über die er aber nicht erreichbar ist – bis auf ein einziges Mal – Z. nimmt ab und erzählt recht überzeugend eine Geschichte, er hätte selbst einen Unfall gebaut, bei dem vor allem sein Handy zu Schaden gekommen sei. Dann wird’s wieder still um ihn und Jan hat langsam die Nase voll. Wir wollen das Auto auf keinen Fall mehr da stehen haben und unsere Kaution zurück. Jan stellt im Facebook in der Grenada-Gruppe eine Frage, wie andere Leute damit umgehen würden, wenn sie in unserer Lage wären. Nur ein Beispiel war: Das Fahrzeug in Einzelteilen verkaufen… Ja, auch eine Möglichkeit. Diese Frage im Facebook ist per Zufall auch an den Eigentümer der Mietwagenfirma gelangt. Der hat uns schliesslich mit polizeilicher Unterstützung glaubhaft machen können, dass die Firma und auch das Auto ihm gehören würden. Z. sei sein Stiefsohn und schon länger gekündigt (er hat also auf eigene Rechnung versucht bisschen Kohle zu machen) und das Handy hätte er abgeben müssen (aha, deshalb die neue Nummer). Jetzt ist halt Grenada eine kleine Insel – jeder kennt jeden – und man kann sich nicht verstecken. So wird Z. eines Tages gefunden werden und für seine kleinkriminelle Art ins Kittchen wandern.

Das Gute an der Geschichte, wir haben unsere Kaution auf Heller und Pfennig zurückerhalten – Ende gut, alles gut.

Ich bin immer noch froh, dass wir die Frontschürze unterwegs nicht verloren haben.

Kuno und die Brotbackmaschine – eine kurze Geschichte 

Kuno die Kakerlake hat ihren Namen bereits bei unserer ersten Begegnung in der Küche erhalten. Ich bin am Kochen und sie wollte wohl nur mal kurz „Hallo“ sagen, als sie hinterm Herd vorguckte.

Kuno sah sich dummerweise auch in unserer Brotbackmaschine um und wurde prompt ins Schauglas eingebacken. Shit happens!

Wie lange wird Kuno wohl im Display zu sehen bleiben?

Feuer auf dem Yard in Clarkes Court

Clarkes Court ist als einzige Marina auf Grenada in der Lage, die ganz grossen Schiffe an Land zu stellen. Und derer gibt es wirklich viele. 

RARE BREED ist zu klein für den Rangier-Anhänger – deshalb dürfen wir nur in einer Ecke stehen und auch nur solange wie die Reparaturarbeiten gehen. 

Jan sieht eines morgens im Facebook die Nachricht, dass nachts in Clarkes Court ein Feuer ausgebrochen sei. Im Film ist zu sehen, dass es lichterloh brennt – wir hoffen, dass wir mit RARE BREED nicht betroffen sind. Wir fahren zum Yard, um uns selbst ein Bild zu machen.

Ein trauriger Anblick

Schwein gehabt, RARE BREED steht ca. 100 m entfernt vom Geschehen. Zwei wunderschöne, um die 15 m langen Katamarane sind total abgebrannt. Ein Schiff hat beim Runterbrennen seinen Mast auf ein Nachbarschiff gelegt. Sonst ist wie durch ein Wunder nicht mehr Schaden entstanden. Die Feuerwehren aus St. Georges und vom Flughafen haben tolle Arbeit geleistet. UND: An Land ist es eben auch entscheidend, aus welcher Richtung der Wind weht.

Es ist unvorstellbar und ernüchternd, wenn man sieht, was am Schluss von einem abgebrannten Boot noch übrigbleibt. Ich habe daraus auf jeden Fall zwei wichtige Dinge gelernt. Erstens werde ich ab sofort einen Doppel-Check machen, ob ich auch wirklich das Gas nach dem Kochen abgestellt habe. Bisher habe ich Jan’s Drängeln darauf zu achten eher als übertriebenes Getue abgetan – Sorry hierfür! Und zweitens, wenn ein Boot brennt, hat man nur wenige Minuten Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Es ist die enorme Hitze und der giftige Qualm, was einem im Nu den Garaus bereiten kann. 

Klippenangeln mit Bambusstecken

Klippenangeln sehen wir hier auf Grenada zum ersten Mal und es erfreut sich wirklich grosser Beliebtheit. Geangelt wird von der Steilküste aus, entweder mit der Angelrute oder mit langen Bambusstecken, wenn man nicht ganz so weit oben steht. Geködert wird mit kleinen Fischen. Wir sehen ein paar Mal, wie richtig grosse Fische aus dem Meer geholt werden. Dazu läuft der Fischer dann gerne runter bis auf Meereshöhe – immer die Angel im Anschlag um den Fisch nicht zu verlieren – einfach der Hammer! Wie wir erfahren, machen die Menschen das vor allem für den Privatgebrauch und aus Spass an der Freud.

Sieht ja schon sehr spektakulär aus

Renegade – mehr als nur Rum

Als wir in der Marina Le Phare Bleu gelegen sind, tauchen auf einmal unsere Vermieter vom letztjährigen AirBnB-Aufenthalt in Grenada bei unserem Boot auf. Die Überraschung ist gelungen! Wir freuen uns sehr, Xandra und Kirby wiederzusehen und nehmen gerne ihre spontane Einladung zu einem Apéro in ihrem Haus in Springs an. Unter den Gästen ist auch Olli mit dem wir ins Gespräch kommen. Ein junger Engländer, der hier auf der Insel seit ein paar Jahren beim Aufbau einer neuen Rumfabrik mit speziellem Konzept mitwirkt. Von ihm bekommen wir die E-Mail-Adresse seiner Arbeitskollegin Jane und erhalten so die Möglichkeit, die Rumfabrik zu besichtigen. Ausserordentlich, denn zurzeit gibt es lediglich für Firmen solche Events, Führungen für Privatpersonen sind erst noch in Planung. Umso schöner, dass wir das mit unserem Besuch aus der Schweiz machen können, auf geht’s zu Renegade – irgendwo im nirgendwo im Norden von Grenada.

Jane, die in Deutschland aufgewachsen ist, ist für Marketing- und Nachhaltigkeitskommunikation zuständig und unser heutiger Tour Guide. Voll mit dem Herzen dabei führt sie uns durch das riesige Betriebsgelände, erklärt anschaulich die Vorgänge von der Ernte des Zuckerrohrs bis zur Etikettierung der Flaschen. Wir dürfen sogar einen Blick in die «Schaltzentrale» werfen, in der überwiegend Frauen vor dem Computer sitzen und alle Destilliervorgänge überwachen und bei Bedarf beherzt eingreifen. Richtig toll.

Nicht nur, dass das Zuckerrohr pro Feld geerntet und verarbeitet wird, nein, jede Flasche erhält noch ihren 9-stelligen Cane Code. So kann jeder Kunde jede Rumflasche anhand des Codes im Internet auf der Seite von Renegade bis zum Zuckerrohrfeld zurückverfolgen. Jane hat es so erklärt, dass es bereits einen Unterschied im Geschmack des Rums gibt, wenn das Feld nur 50 m weiter den Hügel rauf reicht. Mit strahlenden Augen und voller Begeisterung füttert sie uns mit Informationen zu Microklima im Feld und Farbe des Zuckerrohrs. Obendrein hat Renegade sehr viele Arbeitsplätze geschaffen, um das Grundeinkommen für ein paar Hundert Grenadiner zu sichern, was der Firma auch bei der Bevölkerung einen guten Ruf einbringt. 

Die Idee hinter Renegade ist, dass der Rum wie guter Whisky genossen wird – veredelt mit ein wenig Wasser – Zum Wohl!

RENEGADE Rum ist wahrlich etwas ganz Besonderes.

David gegen Goliath

Unser House Sitting beinhaltet auch das Zusammenleben mit allerlei Getier. Angefangen von Hunden (immer), Geckos (oft), Ameisen (manchmal), Kakerlaken (minus 1) ist dieses Haus auch ein sehr begehrter Wohn- und Wirkort von Termiten. Der Kampf gegen diese riesigen Armeen von Krabbeltieren ist enorm aufwändig – da stellt sich für mich die Frage: Wer von uns Beteiligten ist David und wer Goliath?

Cindy und Bret 

Cindy und Bret – zwei Hurrikans im Anflug. Also ehrlich gesagt wären uns Cindy und Bert, ein Gesangsduo aus den 1970er-Jahren lieber gewesen! Wir haben so richtig Glück, denn der Hurrikan Bret dreht in Richtung Westen ab und Cindy löst sich später so gut wie in Luft auf.

Nissan 300 GT auf Abwegen

Auf dem Nachhauseweg mit den Hunden überholt uns ein Nissan 300 GT – ein wunderschönes Auto, tolle Lackierung, tiefer, breiter – hach, was soll ich sagen. Darin sitzt ein junges Pärchen und noch grüssen sie recht freundlich aus ihrem Schlitten. 

Jetzt muss man wissen, dass der Weg in Richtung zu unserem Haus bzw. zum Kap nur teilweise eine richtige Strasse ist, geteert und so, aber mittendrin wird sie zur hügeligen Schotterpiste. Und genau hier wurde die Ausflugsfahrt der Nissan-Insassen zur echten Herausforderung. Der junge Mann am Steuer hat es wohl mit der Angst zu tun bekommen, dass sein Fahrzeug unter diesen Bedingungen irgendwann aufsitzen würde und so hat er begonnen, das Auto zu wenden. Schnell weg von hier! Der Motor heult einige Male auf und bei den Hinterreifen steigt regelrecht der Rauch auf. Das Auto steht quer auf der Strasse und macht keinen Wank mehr – weder nach vorne, noch nach hinten. Da hilft nur noch – seht selbst:

Fussmatten und Holz unterlegen bei den Hinterreifen, der Fahrer sitzt auf dem Heck – Nachbars Frau am Steuer – GAS, nix geht.
Jan auf dem Auto mit vollem Körpereinsatz, ein Nachbar am Schieben und der junge Pilot am Steuer – GAS, nix geht.

Ok, das wird wohl nix und so holen wir nach einigen Fehlversuchen unseren Honda 4×4 und ein Seil, um den armen Kerl abzuschleppen und somit aus der misslichen Lage zu befreien.

Na siehste, geht doch!

Walking the dogs

Zweimal täglich absolvieren wir mit Coco und Macey eine wunderschöne Spazierrunde. 1/3 des Weges führt direkt am Meer entlang. Für mich der schönste Teil und ich bin jedes Mal überwältigt. Das Wasser, mal ruhig, mal aufgewühlt und manchmal denke ich mir, ob wir eigentlich verrückt sind, uns den Naturgewalten in unserer kleinen Nussschale auszusetzen. 

Entlang der Steilküste, durch ein kleines Wäldchen, am Blow Hole vorbei
Über eine Art Hochmoor führt der Weg auch – den Hunden gefällt’s – uns auch

2/3 laufen wir durch das Quartier Fort Jeudy auf der «Strasse» (ihr wisst, was ich meine), weil beide Hunde es gar nicht gerne haben, wenn ihnen jemand an die Krallen geht (zum Schneiden). Also ist die Idee, dass sie die Krallen beim Strasselaufen abwetzen. 

Launch-Termin 4. Juli 2023 – Denkste!

Wenn unser Boot an Land gestellt wird, wie jetzt im Juni damit Reparaturen durchgeführt werden können, brauchen wir vom Yard einen Haulout- (aus dem Wasser holen) und einen Launch-Termin (ins Wasser setzen).

Haulout ist planmässig am 13. Juni 2023 mit dem riesigen italienischen Boat Lift, der ganze 242T heben kann. RARE BREED schaut so klein aus im Vergleich zur Motoryacht 😉

Die Arbeiten an Land durch Palm Tree Marine (Volvomotoren überholen), Driftwood (Fenster abdichten und neues Schott einlaminieren), Terry (Gel Coat Arbeiten und Polieren) und uns (Unterwasserschiff streichen, Propeller überholen und diverse andere kleine Arbeiten) laufen nahezu perfekt und im Zeitrahmen. Prima, denn am 4. Juli 2023 ist unser Launch-Termin. Jan geht vorsorglich ein paar Tage vorher ins Office um den Termin zu bestätigen – und siehe da, er blickt in lauter erstaunte Gesichter: Launchen am 4. Juli geht gar nicht, weil da schliesslich ein Feiertag sei! Heidewitzka, gut, dass wir nachfragen! Ja, in der Karibik geht die Einführung eines neuen Feiertags eben ziemlich zügig. 

Zitat vom 19. Juni 2023: Dickon Mitchell, has announced that Grenada will celebrate CARICOM’s 50th anniversary with a national holiday on 4 July 2023

Zur Info: Dickon Mitchell ist der letztjährig neu gewählte Premierminister von Grenada, gerade mal 45 Jahre jung und recht innovativ wie man sieht. CARICOM bedeutet Caribbean Community.

Also wird unser Termin kurzer Hand auf Mittwoch, den 5. Juli 2023 verlegt – passt. 

Letzte Pinselstriche, bevor RARE BREED zurück ins Wasser geht

Übrigens, wie wir erfahren haben, gibt es diesen Feiertag nächstes Jahr schon wieder nicht mehr. Wie gewonnen – so zerronnen.

Es ist schön, wieder auf Grenada zu sein

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Der den Pferden hinterher rennt

Der den Pferden hinterher rennt

12.04. – 10.05.2023 Tobago, zweiter (und letzter) Teil – Grenada, Logstand seit Start 6965 sm

Der nächste Stopp war nur ein Katzensprung von der Mount Irvine Bay ums Eck in die Buccoo Bay. Diese Strecke war nicht ganz ohne, denn es ging im Zick-Zack zwischen mehreren Riffen durch, die teilweise weniger als einen Meter Wassertiefe haben. Um möglichst viele Informationen zur Verfügung zu haben, war ein Plotter mit der Kartenansicht und der andere mit dem Satellitenbild neben dem Steuerstand.

Zwischen den Riffen in die Buccoo Bay

Und natürlich das Fernglas ständig zur Hand. Das Wasser ist hier manchmal vom Orinocoabfluss getrübt und dadurch sieht man die Riffe nicht so gut. Das Echolot (Tiefenanzeige) ist in solchen Situationen keine allzu grosse Hilfe, da die Riffkanten steil aus der Tiefe ansteigen und es vorne am Bug schon zu flach wäre, wenn der Sensor in der Schiffsmitte Alarm schlagen würde. In Schleichfahrt sind wir ohne Zwischenfälle am Ankerplatz angekommen. Wieder vor einem langen und meist menschenleeren Strand und wieder als einziges Segelboot weit und breit.

RB ganz alleine in der Buccoo Bay

Buccoo ist neben dem Goat Race auch für die Sunday School und das grosse Buccoo Reef mit dem Nylon Pool und der Bon Accord Lagune bekannt. Die Sunday School ist eine weit herum bekannte Tanzveranstaltung, die jeden Sonntagabend stattfindet. Wir sind dort zwar nicht hingefahren, aber der Sound war so laut, dass es auch bei uns an Bord wie in einer Disco getönt hat. Im Gegensatz zu den meisten Dance Hall Events, wo ausschliesslich Soca und Reggae gespielt wird, kam hier auch viel andere gute Musik aus den Boxen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden wurde es dann wieder still und die Beschaulichkeit von Buccoo hat wieder die Überhand gewonnen.

Beim Laufen am Strand hatten wir eine grosse Gruppe von Reitern gesehen, die mit den Pferden ins Wasser gegangen sind. Biggi ist zwar erst wenige Male auf einem Ross gesessen, aber die Vorstellung auf einem Pferd am Strand entlang zu reiten und dann noch ins Wasser gehen zu können hat sie sofort fasziniert. Ein verblichenes Plakat am Strand hat auf die Webseite von Veronika hingewiesen: «being-with-horses.com». Veronika, eine geborene Deutsche (aus Regenstauf bei Regensburg), ist eine ehemalige Profireiterin, die in mehreren Pferdeshows in Europa und USA aktiv war. In einem Tobagourlaub hat sie ihren Mann Lennon kennengelernt und seit 2007 haben beide Stück um Stück ein Pferdeparadies hier in Buccoo aufgebaut. Inzwischen haben sie eine Herde mit etwa 15 mehrheitlich ehemaligen Rennpferden, die sie möglichst artgerecht halten. Die Pferde laufen 16 Stunden pro Tag frei in der Herde rum und auch bei den Reitausflügen kommt die ganze Herde mit, egal wie viele Reiter im Sattel sind.

Biggi hatte Glück, denn am Tag als sie gebucht hatte, waren sie nur zu zweit und so bekamen beide die volle Aufmerksamkeit und Unterstützung von Veronica. Ich kann mit Pferden eigentlich nicht viel anfangen, bin aber als «Hoffotograf» trotzdem mit der Herde mitgelaufen. Das war auch für mich speziell, da ich wirklich mitten in der Herde lief und es überall um mich herum so grosse Tiere hatte. Ich habe nicht schlecht gestaunt wie schnell die Viecher sind, wenn sie «nur» gehen. Als die Herde am Schluss noch zum Galopp durchs Wasser ansetzte war dann aber fertig bei mir mit «mitlaufen»…

Mr. Divo und Biggi haben die gleiche Frisur 😉
Und ab geht’s im Galopp!

Wir lagen mit dem Boot ein rechtes Stück vom Ort Buccoo entfernt und das nächste Land war ein menschenleerer Strand mit Unmengen von toten Bäumen, die viele interessante Fotomotive boten. Der Strand war eigentlich nur gut vom Wasser aus zu erreichen und wir sind mit Kajak und SUP ein paar Mal hingepaddelt. Da es über das Riff ging, hatte es ab und zu eine brechende Welle und ich bin ein paar Mal unfreiwillig mit dem Kajak durch die Wellen gesurft. War selber verwundert, dass ich danach immer noch aufrecht im wackeligen Kajak sass.

Wir lagen jetzt fast an der Südspitze von Tobago. Das ist der einzige Teil der Insel, wo es etwas mehr Tourismusbetrieb hat. Es gibt ein paar kleinere Hotels und Resorts und einige Anbieter von Ausflügen.

DAS grosse Ding hier waren die Ausflüge mit dem Glasbodenboot zum Buccoo Reef und zum Nylon Pool. Der Nylon Pool ist eine riesige sehr flache Stelle im Riff, die bei Niedrigwasser so seicht ist, dass an manchen Stellen das Seegras rausschaut. Tagtäglich um die Mittagszeit waren immer mehrere von den Ausflugsbooten am Riff draussen. So ein Ausflug kostet ca. 70.- US$ pro Nase und dann ist man im Rudel unterwegs. Wir sind stattdessen zwei Mal alleine am Vormittag mit dem Dinghy hingefahren und hatten das ganze Gebiet für uns alleine. Superschön und ein bisschen surreal mitten im Meer im knöcheltiefen Wasser zu stehen. Und schon wieder 280.- US$ «gespart» 😉

Irre Farben im glasklaren Wasser vom Nylon Pool

Der einzige Nachteil von diesem Ankerplatz war wieder das Rollen. Der Wind kam von Südost und die Dünung von Nordost. Das heisst das Boot lag immer seitlich zur Dünung und hat erbärmlich gerollt. Wenn man bei einem Katamaran vor Anker die Gläser festhalten muss, damit sie nicht umkippen (und Biggi langsam eine bleiche Nase bekommt) ist es Zeit etwas zu unternehmen. 

Eine Yacht kann vor Anker verhältnismässig einfach gedreht werden, indem man ein Seil in die Ankerkette einhakt und dieses hinten am Boot befestigt. Dann wird die Kette nachgelassen und gleichzeitig am Seil gezogen und schwupps liegt das Boot schräg bzw. quer zum Wind. Beim Kat ist das Prinzip dasselbe, aber weil die Ankerkette zwischen den beiden Bugspitzen rauskommt sollte man verhindern, dass die Kette an einem der Rümpfe schrammt.

Umlenkung der Ankerkette

Nun ja, das muss man aber erst realisieren… Gut werden wir RARE BREED im Sommer wieder an Land holen um die abgeschabte Farbe erneuern zu können.

Nach ein wenig Tüfteln haben wir es doch geschafft RARE BREED ohne weiteres Kettengeschramme quer zum Wind zu legen. So hat das Rollen zwar abgenommen, aber der teilweise frische Wind hat ungehindert seitlich ins Cockpit gepfiffen. Naja, einen Tod muss man sterben.

Als wir nach ein paar Tagen die Buccoo Bay verlassen wollten um nach Pigeon Point zu fahren, hat es nur «Klack-Bzzzzzz» gemacht als wir die Motoren starten wollten. Beide haben sich nicht starten lassen und auch die Ankerwinsch hat keinen Mucks mehr getan. Das war jetzt ein bisschen doof! Wir lagen mitten in einem Riffgebiet, aus dem wir keinesfalls unter Segel alleine heil rauskommen würden und dann noch vor einer Insel, wo es so gut wie gar nichts an technischer Unterstützung zu erwarten gibt.

Üben mit dem Überbrückungskabel

Irgendwann konnte ich tatsächlich die eine Maschine und die Ankerwinsch zum Leben erwecken (Hallelujah!) und wir konnten mit nur einem Motor den gleichen Weg zwischen den Riffen rausfahren, wie wir ein paar Tage vorher reingefahren sind. 

Statt zum Pigeon Point, wo es ausser einem kleinen Resort gar nichts gibt, sind wir unter den gegebenen Umständen lieber zur Store Bay gefahren, wo es wenigstens einen Bus nach Scarborough, Restaurants, ein paar Läden und Autovermietungen gibt. Wer weiss, ob wir nicht doch etwas brauchen würden?

Blick in die Store Bay raus

In der Store Bay kommt die Unterwasser-Starkstromleitung von Trinidad an Land. Diese Leitung hat 33’000 V Spannung und versorgt ganz Tobago mit Strom. Wenn man diese Leitung mit dem Anker erwischt, würde das das Boot zu etwas ähnlichem wie der explodierende Böögg vom Zürcher Sechseläuten verwandeln und dazu noch alle Lichter in Tobago ausgehen lassen. Beides irgendwie keine so prickelnde Vorstellung. Im Cruising Guide steht, dass die Stelle wo das Kabel an Land kommt, mit einem grossen Schild am Strand markiert sei, aber zusätzlich solle man sich südlich der Hauptstrasse halten, die vom Strand ins Landesinnere geht. Die Strasse war zum Glück gut auszumachen, aber weit und breit kein Schild zu sehen. Auch die im Buch beschriebene nächtliche Warn-Beleuchtung war nirgends zu erspähen. Als wir später an Land gingen, haben wir das inzwischen völlig hinter Palmenblättern versteckte Schild entdeckt…

Links das Schild, dass man von See aus hätte sehen sollen…

Die Situation mit den Motoren hat mir natürlich keine Ruhe gelassen und sobald wir sicher vor Anker lagen ging es im Sinne von «Jugend forscht» los. Nach mehreren Startversuchen, Tests und Messungen glaubte ich den Fehler eingegrenzt zu haben. Die naheliegende Vermutung, dass die Starterbatterien schuld – sprich leer – waren, hat (wenigstens auf den ersten Blick) nicht zugetroffen. 

Unsere Motoren haben neben getrennten Dieseltanks und auch jeder eine eigene Starterbatterie. Damit beide Starterbatterien geladen werden, auch wenn nur eine Maschine läuft, sind sie gegenseitig über eine Elektronikbox miteinander verbunden. Vermutlich hat diese zwanzigjährige Elektronikbox ein Problem und «kappte» die Verbindung zwischen Anlasser und Starterbatterie. «Vermutlich», weil ich das erst herausfinden kann, wenn ich alles elektrisch trenne und durchmesse – und das sind an die 10 verschiedenen Kabel… Als autodidaktischer Möchtegern-Elektriker mag ich so etwas lieber nicht an einem Ort wie Tobago zerlegen. Wenn ich dabei etwas verbastel haben wir ein wirklich ernsthaftes Problem am Hals. Zumal genau diese Box bereits dem Elektriker auf Fehmarn vor zwei Jahren  Kopfzerbrechen verursacht hat… 

Wenn man ein Problem nicht nachhaltig lösen kann, muss – um weiter zu kommen – eine Übergangslösung gefunden werden. (Kleine Nebenbemerkung: Es ist irgendwie lustig zu realisieren, dass die Regeln vom Incident und Problem Management, die ich im Berufsleben oft gebaucht habe, auch hier ihre Gültigkeit haben). Unser «Work-Around» war, die Starterbatterien mittels Überbrückungskabel zu umgehen. So konnten jetzt beide Motoren und die Ankerwinsch über unsere Bordbatteriebank gestartet bzw. betrieben werden. Das müsste reichen um uns sicher in die Marina in Grenada zu bringen. 

Die Strecke nach Grenada könnten wir zur Not auch ohne funktionierende Maschinen machen, schliesslich haben wir ein Segelboot. Aber die Einfahrt in die Bucht, wo wir in Grenada hinmüssen, ist auch nur über eine schmale Durchfahrt zwischen Riffen und mit querlaufendem Strom zu erreichen. Dort ohne Maschine und ohne funktionierende Ankerwinsch reinzufahren wäre nicht lustig. Auch das anschliessende Anlegen in der engen Marina wäre ohne Motoren nur mit externer Unterstützung möglich. 

Nachdem das geregelt war, konnten wir uns wieder den angenehmeren Seiten vom Bootsleben widmen. Store Bay war im Endeffekt der bessere Ankerplatz als Pigeon Point. Dort war es zwar optisch extrem reizvoll, aber auch viel rolliger als in der Store Bay. Von Store Bay aus war es nur ca. 2 km nach Pigeon Point, was wir sowohl zu Fuss, wie auch mit SUP/Kajak zurücklegen konnten. 

Mit SUP und Kajak zum Pigeon Point
Der wohl bekannteste Steg in Tobago von See aus gesehen
Zu Fuss zum Pigeon Point und den schönen Steg
Wegweiser und die „Coconut Weather Station“

In Charlotteville ist uns nahe gelegt worden, uns nach Ankunft im südlichen Teil der Insel bei den Behörden in Scarborough zu melden. Also haben wir uns Tickets besorgt und sind mit dem Bus hingefahren. Ich war vor 27 Jahren schon mal hier und das Busticket hat damals schon nur 2 TT$ (ca. € 0.25!) gekostet. Das heisst, die Preise wurden seither kein bisschen erhöht. 25 Cent für eine Busfahrt von 45 Minuten in einem klimatisierten Bus – sowas muss man sich bei uns in der Schweiz oder Deutschland mal vorstellen…

Busticket mit Preisen wie vor 30 Jahren
Auf den ersten Blick dachten wir es wäre eine echte Palme!

Der Besuch und die Diskussionen bei Immigration ist haargenau in der gleichen Art wie in Charlotteville weitergegangen. Die Beamtin wollte unsere Papiere nicht akzeptieren, weil ein wichtiges Dokument fehle. Die Beamten in Charlotteville hätten natürlich etwas falsch gemacht… Als sie lakonisch meinte, dass wir deswegen jetzt halt nach Charlotteville zurückfahren sollten um das fehlende Dokument abzuholen, habe ich kurz «rot» gesehen.  Anhand meiner Körpersprache hat sie hat wohl realisiert, dass sie den Bogen jetzt überspannt hatte. Schnell hat sie mir die Telefonnummer von Customs gegeben, damit ich es mit denen selber klären konnte. Das ging dann auch irgendwie. Auf dem Weg zu Customs hat Biggi es geschafft mich wieder ein wenig zu beruhigen und so sind wir wieder ganz freundlich und zurückhaltend dort reinspaziert. Dort ging es dann wesentlich netter und hilfsbereiter zu. Am Schluss hatten wir nicht nur alle benötigten Papiere, sondern auch ein paar Cashews und Mangos aus dem Garten der Zöllnerin bekommen. Das nennt man wohl ein Wechselbad der Gefühle.

Das Leben hier ist gefährlich… 😉
„Männliche“ und „Weibliche“ Waschräume – Deutsche Sprak, schwere Sprak 🙂

Bei einem Besuch von Pigeon Point sind wir von einem Einheimischen namens Wayne angequatscht worden. Als er erfuhr woher wir kamen, hat er sofort fliessend Schwedisch mit mir gesprochen. Er sei schon 10(!) Mal in Schweden gewesen und hätte die Sprache so gelernt. Und da sein Bruder in Deutschland lebt, konnte er auch ein paar Brocken Deutsch. Irgendwie schon absurd, auf dieser kleinen Insel immer wieder in unseren Muttersprachen angesprochen zu werden. Wayne erzählte uns, dass er seit 25 Jahren Tourguide sei und uns gerne eine Tour anbieten würde. Und weil wir Schwedische Segler seien, würde er uns auch einen guten Preis machen. Inzwischen haben wir realisiert, dass es oft mehr bringt mit einem lokalen Guide unterwegs zu sein als selber ein Auto zu mieten. Weil Wayne uns so sympathisch war, haben wir auf gut Glück zugesagt, ohne zu wissen auf was oder wen wir uns da einlassen. Eine nachträgliche Recherche hat ergeben, dass wir wohl einen Glücksfall erwischt hatten, die Bewertungen von ihm und seinen Touren waren durchwegs positiv. Und seine Aussage «Ich mache euch einen besseren Preis» hat er auch eingehalten.

Zur abgemachten Zeit hat uns Wayne mit seinem Pickup am Strand abgeholt. Als erstes hat er uns einen grossen Sack mit Früchten aus seinem Garten überreicht – auch etwas was wir bis jetzt so noch nicht erlebt hatten! Kaum sind wir losgefahren hat sein Telefon geklingelt und eine Amerikanerin hat angefragt, ob er kurzfristig eine Inseltour machen würde. Nach Rücksprache mit uns hat er den beiden jungen Mädchen zugesagt. Also ging es zuerst zu ihm nach Hause, wo wir in seinen Minibus umgestiegen sind. Dabei hat er für Biggi schnell noch ein paar Kräuter aus seinem Garten gezupft.

Wayne zeigt uns einen Gummibaum, Waynes Haus

Auf dem Weg zum Hotel der Mädchen konnten wir in einem Teich Kaimane und in der Nähe ein paar Exemplare vom Nationalvogel «Rufus-Vented Chachalaca» sehen. Das ist ein fasanenähnlicher Vogel, der wie ein heiserer Hahn tönt und daher im Volksmund einfach «Cockericoh» genannt wird. Der Vogel schmeckt offenbar sehr gut und so landet er – obwohl er als Nationalvogel natürlich geschützt ist – des Öfteren im Kochtopf. Es gibt aber so viele davon, dass sie regelrecht zur Landplage («It’s our national bird, but also a national pest!») geworden sind. Und sie fressen den Leuten buchstäblich das Korn vom Feld weg. Die Behörden drücken daher bei dem Jagdverbot beide Augen zu, aber es werden wohl nicht genug davon erlegt, damit der Bestand etwas ausgedünnt würde. Auf meine Frage an Wayne, wieso er jetzt keine Cockericohs mehr jage meinte er, dass er sich jetzt Chicken leisten könne. Tja, so etwas nennt man wohl Luxus…?

Der Nationalvogel oder „National Pest“ von Tobago

Die Tour ging rund um die ganze Insel und wir haben viel gesehen und erfahren.

Parlatuvier Bay
Englishmen Bay

Neben einer kleinen Wanderung zum «Argyle Waterfall» mitsamt einem erfrischenden Bad im natürlichen Süsswasserpool unter dem Wasserfall, haben wir auch gesehen wie Brot im traditionellen Lehmofen gebacken wurde. Dies ist keine Touristenattraktion, sondern gelebte Tradition. Im Dorf Castara wird zwei Mal die Woche der Lehmofen am Dorfplatz von zwei alten Frauen eingeheizt und für das ganze Dorf gebacken. Das gesamte Brot ist von den Einwohnern vorbestellt und Wayne konnte nur mit Mühe und Not ein wenig für uns zum Probieren ergattern. Hat richtig gut geschmeckt.

Argyle Waterfall mit Süsswasserpool
Brotbacken im Lehmofen

Ausserdem hat Wayne mit uns zusammen Waxapples, Mangos und weitere Bananenstauden geerntet. Die Bäume seien Allgemeingut und jeder könne nehmen was er wolle. Vor allem die Mangos lagen zu hunderten am Boden rum und wären dort verfault. Wir waren übrigens nicht die einzigen die dort gesammelt haben und sind mit einer grossen Tüte voller Mangos zum Bus zurück.

Reiche Ernte nach dem Ausflug mit Wayne

Als wir nach Charlotteville kamen und aus dem Bus stiegen, wurden wir sofort von einem der Einheimischen überschwänglich begrüsst. Das war derjenige, mit dem wir uns schon mehrmals auf Deutsch unterhalten hatten, als wir mit dem Boot dort vor Anker lagen. Er hat uns natürlich sofort wieder erkannt und wollte wissen «was wir denn hier machen».

Mittagessen gab’s bei «Sharon & Phebs». Dort hat uns Sharon ebenso wie alte Freunde begrüsst und fragte spasseshalber, ob die beiden Mädchen unsere Töchter seien. Die Mädels haben über unseren Bekanntheitsgrad gestaunt und hatten wohl das Gefühl mit irgendwelchen «Berühmtheiten» unterwegs zu sein 😃.

Abendstimmung Store Bay
„Das grosse Fressen!“ Dieses Schauspiel hat sich zwei Mal neben unserem Boot abgespielt: Ein grosser Schwarm von Jungfischen lockt jagende Thunfische an und von oben attackieren die Möven und Fregattvögel. Das nennt man wohl „in die Zange genommen zu werden“.

Wir hatten von Anfang an geplant längere Zeit auf Tobago zu bleiben. Erstens, weil wir vermutlich nicht so schnell wieder hierherkommen würden und zweitens, weil wir in Grenada in einer Marina liegen müssen, während wir auf Tobago das Leben vor Anker geniessen konnten. Wegen dem Ärger mit den Motoren bzw. der Elektrik blieben wir den Rest der Zeit in der Store Bay liegen, was uns gar nicht gestört hat. Hier lagen wir zum ersten Mal auf Tobago (halbwegs) ruhig im Wasser und ausserdem gab es hier allerhand zu tun und zu sehen. 

An Bord gibt es immer etwas zu machen
Für das Kajak haben wir hier unerwarteterweise einen Sitz bekommen, den wir natürlich ausprobieren müssen.
Besuch unter und neben dem Boot
Sundowner 🙂
Draussen schlafen ist bei diesen Temperaturen eine coole Sache – bis der nächtliche Regenschauer kommt.

Tagtäglich kamen die lokalen Glasbodenboote hierher um ihre Gäste von den beiden Resortanlagen für den Trip ins Buccoo Reef und zum Nylon Pool abzuholen. Auf den doppelstöckigen Holzbooten war immer voll die Party und die Musik war derart laut aufgedreht, dass wir uns ernsthaft gefragt haben, wie sie das an Bord überhaupt aushalten konnten. Mit der Zeit kannten wir die grell bemalten Boote wie «Cool Runnings», «Reef Boss» oder «Rush Hour», die im Normalfall schräg vor uns durch gefahren sind um an den Strand zu kommen. Eines Tages ist eines davon langsam an uns vorbei Richtung offenes Meer getrieben. Am Anfang dachten wir uns gar nichts dabei, bis wir sahen wie ein junger Mann wie verrückt hinterher schwamm. Da wurde uns klar, dass niemand an Bord war und sich das Boot alleine auf den Weg gemacht hatte. Es war offensichtlich, dass das Boot schneller wegtrieb, als der Typ schwimmen konnte. Also haben wir schnell das Dinghy zu Wasser gelassen und sind hinterhergedüst um ihm zu helfen. Seine Erleichterung und Dankbarkeit waren offensichtlich. Ohne unsere schnelle Hilfe wäre das Boot vielleicht auf Nimmerwiedersehen nach Venezuela getrieben. 

Die Glasbodenboote

Neben uns in der Store Bay lag ein weiterer Katamaran an einer Boje. Den hatten wir schon ein paar Mal vor Anker im Buccoo Reef gesehen. Es war offensichtlich jemand, der damit Tagesausflüge mit Gästen machte. Ein bisschen Recherche hat zu Tage gefördert, dass die «PICANTE» von einem deutschen Skipper geführt wurde. Markus’ bisheriger Lebenslauf, welcher auf seiner Webseite beschrieben ist, erschien uns spannend. Er hatte sein erstes Boot bei einem Pokerspiel gewonnen, ist irgendwann über den Atlantik gesegelt, nach ein paar Jahren auf Tobago «hängen geblieben» und hat hier sein Chartergeschäft eröffnet. Also haben wir Kontakt aufgenommen und uns auf Anhieb gut mit ihm verstanden. Es war spannend Markus Schilderungen zum Leben auf Tobago, wo er inzwischen sesshaft geworden ist zu hören. Durch Markus sind wir auf das Restaurant «The Pasta Gallery» aufmerksam geworden. Das war ganz eindeutig das kulinarische High Light in Store Bay. Erstaunlicherweise war es preislich gar nicht teurer als die meisten anderen Restaurants in der Gegend und als wir den Geschäftsführer Fabrizio kennengelernt haben, wurde die Begeisterung umso grösser. Fabrizio ist Tessiner und konnte neben Pasta (hausgemacht und sensationell lecker) zubereiten obendrein Schweizerdeutsch sprechen. Im Normalfall essen wir selten auswärts Nudelgerichte, aber die selbergemachte Pasta von Fabrizio war schon ein besonderer Gaumenschmaus, welchen wir uns in der Zeit sogar ein zweites Mal gegönnt haben.     

Mit Markus in der Pasta Gallery

Direkt vor unserem Boot war ein kleines Riff, wo wir ein paar Mal vom Boot aus hin geschnorchelt sind. Das war ganz nett und einmal haben wir sogar vier grosse Stachelrochen beobachten können. Leider war das Wasser oft eher trüb und wir waren im Blindflug unterwegs.

Impressionen von unser „Hausriff“ in Store Bay
Biggi oben, Rochen unten.

Wir hatten inzwischen von Markus erfahren, dass es weit draussen am Buccoo Reef Bojen hätte, wo man mit dem Dinghy festmachen konnte um zu Schnorcheln. Gesehen hatten wir sie aber bisher nicht (da zu weit draussen) und in der Seekarte war auch nichts dazu vermerkt. Der Spot hiesse «Coral Garden» und sei sehr schön zum Schnorcheln. Was die Glasbodenboote können, konnten wir auch und sind eines vormittags mit Trinkwasser, Hand-Funkgerät (falls wir Hilfe benötigen sollten) und dem Schnorchelzeugs bewaffnet mit dem Dinghy los, um den Coral Garden zu finden. Zum Glück hatten wir ein Handy mit der Navigationssoftware dabei, denn die Bojen waren wirklich nirgends zu sehen. So sind wir einfach quer über das Riff in die Richtung gefahren wo uns gesagt wurde, dass die Bojen seien – das war direkt aufs offene Meer hinaus. Beim Dinghyfahren bin ich da eher zurückhaltend mit «so weit raus» zu fahren.

Die Schnorchelbojen (Pfeil) und der Nylon Pool beim blauen Punkt (etwa in der Mitte)

In diesem Fall befanden wir uns aber im flachen Wasser innerhalb des Buccoo Reefs und so hätten wir zur Not sogar ankern können, wenn z.B. der Motor ausgestiegen wäre. Als wir die Bojen dann endlich ausfindig gemacht hatten und an einer festmachen konnten, war ich ziemlich erleichtert.

Auf zum Bucoo Reef, vorbei an Pigeon Point
Janz weit draussen…

Das Land war augenscheinlich ganz schön weit weg hinter uns und dann wirkt so ein kleines Dinghy plötzlich ziemlich verloren. Der Aufwand hat sich aber definitiv gelohnt! Dies war der bisher schönste Schnorchelspot den wir besucht haben. Wunderschöne Korallen in allen möglichen Formen und Farben, ziemlich viele verschiedene Fische und sogar ein Schwarm Kalmare. Jetzt hätte ich gerne eine richtige Unterwasserkamera dabeigehabt!  

Kalmare
Schöne Korallen

Auf dem Rückweg haben wir einen Zusatzbogen gemacht und sind nochmals zum Nylon Pool gefahren, den wir schon besucht hatten als wir noch in der Buccoo Bay lagen. Die Wasserfarben dort sind einfach genial!

Ab zum Nylon Pool!
Einfach cool!
Und wieder zurück zum Boot

Wir konnten den Pigeon Point von der Store Bay aus gut zu Fuss erreichen, was wir auch ab und zu gemacht haben, um uns wieder mal die Beine zu vertreten. Bei einem dieser Spaziergänge ist uns eine kleine Schwarzkopfmöwe aufgefallen, die sich so komisch bewegt hat. Sie hatte ihren Kopf und Fuss unnatürlich nahe zusammen und versuchte immer vom Boden hoch zu fliegen, was ihr aber nicht gelang. Beim Näherkommen sahen wir, dass sie an einem Fischersilk hing und deshalb nicht wegkonnte. Nach dem Einfangen war klar was los war: sie hatte einen kleinen Fischerhaken im Fuss UND einen im Schnabel und beide waren mit einem Stahlvorfach miteinander verbunden. Das Lösen war ohne Werkzeug gar nicht so einfach, ist zum Glück mit ein wenig Gefummel dann doch gegangen und sie konnte von dannen fliegen. Seither haben wir auf unseren Ausflügen ein kleines Leathermann-Tool dabei. Diese Geschichte trug sich übrigens am gleichen Tag zu wie die Rettungsaktion mit dem abtreibenden Boot. Die Vorgabe «Jeden Tag eine gute Tat» hatten wir an dem Tag sicher erfüllt 😃

Mövenrettungsaktion

Wir hatten zwar einen Tagesausflug mit Wayne gemacht, aber es gab noch mehr zu sehen auf Tobago. So haben wir uns für einen Tag ein Auto gemietet. Im Landesinneren ist das grosse Naturreservat des Main Ridge Regenwaldes, welches bereits 1776 unter Schutz gestellt wurde und das wir gerne besuchen wollten. Tobago und Trinidad haben früher mal zum Südamerikanischen Kontinent gehört und weisen eine deutlich andere Flora und Fauna als die anderen Karibikinseln auf. Heute sind leider viele Tierarten schon ausgerottet, aber es gibt Bestrebungen, einige Arten wieder anzusiedeln. Der «Roy Corbin Wildlife Park» ist eine Auffang- & Zuchtstation für viele dieser Tierarten und den haben wir als erstes besucht. Michael, der Sohn von Roy, hat mit uns eine Privatführung durch den weitläufigen Park gemacht und wir haben viel über die Tiere und Pflanzen dort erfahren. Sie sind eine Nonprofitorganisation und haben ehemaliges Weideland der Familie in den letzten 30 Jahren zu einem Regenwald heranwachsen lassen. Auf diesem Land werden die Tiere so natürlich wie möglich gehalten und wo möglich nachgezogen und ausgewildert. Neben vielen Vögeln konnten wir Tiere wie Agoutis, Gürteltiere, Schlangen, Rotschwanzeichhörnchen, Opossums, Kaimane usw. sehen.

Die Führung ging schlussendlich mehr als drei Stunden und entsprechend später als geplant sind wir dann am Gilpin Trace Trailhead angekommen. Das ist ein Gebiet mit mehreren Wanderpfaden durch den Regenwald. Wir hatten wieder einmal das Glück völlig alleine dort zu sein. Das war ein ganz besonderes Erlebnis, denn so konnten wir uns voll auf die eindrückliche Geräuschkulisse im Regenwald fokussieren. Da es weit und breit keine bewohnten Gebiete oder andere Menschen gab, waren wir nur von Wassergeplätscher und den Lauten der vielen Vogelarten umgeben. Aus Zeitgründen konnten wir leider nicht ganz so weit wandern, aber das Innehalten und Lauschen der Laute des Regenwaldes war sowieso wichtiger als die zurückgelegte Wegstrecke. Andächtig und dankbar über dieses Erlebnis traten wir den Rückweg an.

Der Regenwald ist wie damals in den Tarzanfilmen

Wenn man als Segler schon mal ein Auto zur Verfügung hat, muss natürlich auch eingekauft werden. Beim Anstehen an der Kasse kam unser Tourguide Wayne in den Supermarkt reinspaziert. Als er uns sah, wollte er wissen wie lange wir noch da seien, weil er uns gerne noch Früchte aus seinem Garten bringen wolle. Und am nächsten Tag ist er tatsächlich extra nochmals nach Store Bay gefahren und hat uns eine grosse Tüte mit einem Büschel Rosmarin, Mangos, Papayas, Maracujas und Limonen geschenkt. Wie nett ist denn das? 

Die Früchte von Wayne

Am 9. Mai war es soweit und wir sind netterweise von Markus nach Scarborough gefahren worden um Ausklarieren zu können. Das hat dieses Mal «nur» 2,5 Stunden gedauert… Zuerst zu Immigration, wo wir nach einer Wartezeit von 30 Minuten von einem Bürogehilfen ca. 5 Formulare zum Ausfüllen bekamen. Irgendwann kam dann tatsächlich noch die zuständige Beamtin ins Büro und nach weiteren Formularen ausfüllen, bekamen wir endlich die Freigabe um quer durch den Hafen zur nächsten Behörde, dem Zoll zu gehen. Dort sassen fünf Leute rum und hatten ganz offensichtlich nichts zu tun. Auf einem Bildschirm liefen Musikvideos und es wurde ungeniert ins Handy geschaut während die Papierberge fast den ganzen Raum füllten, was aber offensichtlich keinen der Anwesenden sonderlich interessierte. Unser Anliegen wurde von einem Beamten bearbeitet, der so etwas wohl zum ersten Mal gemacht hat. Was er an Papieren ausgefüllt, x-fach kopiert und in mindestens fünf verschiedene Mappen «abgelegt» hat, war einfach nur absurd. Am Schluss bekamen wir einen ganzen Stapel von Formularen mit, die wir «bräuchten». Als wir als Letztes die Gebühren bezahlt haben, hat uns die Kassiererin statt 48.- TT$ nur 40.- zurückgegeben. Erst auf meinen Hinweis hin hat sie uns kommentarlos das fehlende Geld ausgehändigt. Tobago ist ja wirklich eine schöne Insel mit netten Leuten, aber der Administrationswahnsinn und die Arroganz gewisser Uniformträger ist echt unglaublich! 

Warten auf die Immigrationbeamtin

Von Tobago nach Grenada sind es 70 Seemeilen. Im Normallfall zu viel um es in einem Tag zu schaffen und so haben wir den Wecker auf Mitternacht gestellt um gut bei Tageslicht anzukommen. Die Motorengeschichte lag mir etwas auf dem Magen. Wir hatten immer noch das Problem, die Motoren nur mit Überbrückung zu den Bordbatterien starten zu können. Ich hatte das Anlassen sicherheitshalber in der Zeit in Store Bay zwei Mal getestet und da hatte es bei beiden Maschinen beim ersten Versuch geklappt. Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen und als wir nachts loswollten, hat die linke Maschine – trotz Überbrückung und vollen Bordbatterien – nicht starten wollen! Ausser «klack-klack-klack» ist nichts passiert. Das war insofern ein Problem, weil die Ankerwinsch ohne den linken Motor auch nicht funktioniert. Mitten in der Nacht und mit dem Wissen, dass wir das Problem hier auf Tobago nicht nachhaltig würden lösen können, war schon irgendwie blöd.

Erst nach mehreren Versuchen ist der zweite Motor doch noch zum Leben erwacht. Puhh! Dieses Erlebnis hat meinen Entschluss, die Motoren während der ganzen Überfahrt mitlaufen zu lassen erst recht bestätigt. Und bis jetzt hatten unsere Motoren uns (wenn sie laufen) nie im Stich gelassen.

Nächtlicher Start in Tobago

So kam es, dass wir im Rekordtempo von Tobago nach Grenada gedüst sind. Etwa 20 Knoten Wind von der Seite (halber Wind), einen mitlaufenden Strom und die beiden Maschinen mit 1800 Umdrehungen, haben uns regelrecht fliegen lassen. Wir standen schon um 10:30 Uhr kurz vor der Einfahrt zur Marina. 

Zurück in Le Phare Bleu

Das Anlegemanöver hat Biggi gefahren. Sie fährt meistens die Manöver und ich hantiere die Leinen, aber erstens sind wir nur selten in Marinas und zweitens, hat sie bisher nur Anleger gefahren, wo wir uns längs an einen Steg gelegt haben. Dieses Mal musste sie das Boot mit dem Heck ca. 1 m vor der Pier stillhalten, damit ich die Heckleinen belegen konnte. Danach wird das Boot mit leichtem Schub vorwärts in die Leinen gefahren und stabilisiert, bis die vorderen Leinen an den Muringleinen (Trossen im Hafenbecken) angebunden sind und das Boot somit an allen vier Ecken gehalten wird. Es lief alles wie am Schnürchen und ohne Hektik oder ein lautes Wort ab – gut gemacht mein Schatz!

Als wir fertig angebunden waren, habe ich die Marineros gefragt, ob wir hier jetzt fix an diesem Platz liegen bleiben könnten. Etwas verwundert haben sie «Ja klar, wieso frägst du?» geantwortet. Als ich ihnen sagte, dass wir die Motoren nach dem Abstellen nicht mehr anbringen würden, haben sie etwas verdutzt geschaut und mussten dann aber laut loslachen 😃

Nach einem halben Jahr segeln und ankern ohne je eine Marina besucht zu haben, war alles, aber auch wirklich alles, von einer Salzschicht überzogen, der wir in den kommenden Tagen mit viel Süsswasser zu Leibe rücken würden. Aber zuerst mussten wir nach St. Georges fahren um einzuklarieren. Unser Autovermieter Zack hat uns als treue Kunden freundlicherweise umsonst nach St. Georges und wieder zurückgebracht. Das Einklarieren hat gerade mal 15 Minuten gedauert und die Beamten haben sich köstlich über den Papierberg aus Tobago amüsiert. Sie haben lediglich zwei der Zettel gebraucht und uns grinsend den Rest zur freien Entsorgung zurückgegeben.

Fazit Tobago

Wie alle karibischen Inseln hat auch Tobago seine Schattenseiten. Die Wirtschaft ist seit Covid massiv geschrumpft und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sehr viele der Erwerbstätigen sind vom Staat angestellt, der aber derart korrupt und ineffizient ist, dass wichtige (Infrastruktur)-Projekte nicht vorankommen. Der Staat Trinidad und Tobago hat enorme Ölvorkommen, aber das kommt offenbar nur ganz wenigen zu Gute und die Mehrheit der «normalen» Leute sehen von dem ganzen Geld gar nichts. Gleichzeitig werden diverse Grossprojekte, wie zum Beispiel der neue Flughafen auf Tobago von China finanziert und umgesetzt. Wozu Tobago einen neuen und grösseren Flughafen braucht, konnte uns niemand erklären. Der jetzige sei bereits gross genug, um Interkontinentalflüge abfertigen zu können. Eine der absolut einmaligen Naturressourcen, der Asphaltsee in Trinidad, ist vom Trinidadianischen Staat für 99 Jahre an die Chinesen verpachtet worden. So bremst sich ein eigentlich reicher Staat wegen Misswirtschaft und Korruption selber aus.

We loved Tobago!

Wir waren insgesamt fünf Wochen auf Tobago. Die Insel ist wirklich anders als die restlichen Karibikinseln. Natur und Tierwelt sind stark vom Südamerikanischen Kontinent geprägt. Der Tourismus ist nur sehr schwach ausgebaut und die Mehrheit der Besucher sind Trinidadianer, kurz Trini’s genannt 😃. Da ist man als Ausländer schon von vorneherein interessant und kommt schnell mit der Lokalbevölkerung in Kontakt. Wir haben auf vielen Inseln sehr positive Begegnungen mit Einheimischen gehabt, aber auf Tobago war es irgendwie authentischer und wir hatten das Gefühl, die Leute haben sich wirklich interessiert zu erfahren woher wir kommen und wie wir leben. Die Erlebnisse, als wir z.B. nach Charlotteville zurückkamen und wie alte Bekannte begrüsst wurden, war schon etwas Spezielles. Dass es keinerlei Infrastruktur für Yachten gibt und auch die Anreise eine kleine Herausforderung ist, haben wir bisher nur auf Barbuda erlebt. In der Folge sind auf Tobago nur wenige Yachties anzutreffen, was uns ganz gut gefallen hat. Die berühmten einsamen Buchten sind hier der Normalfall – einfach nur schön.

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Der mit der Geiss rennt

Der mit der Geiss rennt

18.03.-11.04.2023 Martinique – Tobago (Teil 1) Logstand seit Start 6883 sm

2020, als wir diese Reise geplant haben, sprachen wir immer davon, dass wir als erste Insel in der Karibik Tobago anlaufen wollten. «Weihnachten auf Tobago» war unser Aufhänger, als wir noch im kalten Schweizer Winter von tropischen Ankerplätzen geträumt haben. 

Nun, dann kam Corona und hat alle Pläne durcheinandergebracht. Im November 2021, als wir auf den Kanaren unsere Atlantiküberquerung vorbereitet haben, waren die Grenzen von Trinidad und Tobago noch zu und die Insel damit unerreichbar für uns. 

Barbados und Tobago liegen als einzige Antilleninseln weit östlich der übrigen Inseln im Antillenbogen. Wind und Strom machen die Anreise oft herausfordernd und so fristen beide, in Bezug auf besuchende Segelyachten, eine Art Schattendasein verglichen mit den restlichen Kleinen Antillen. 

Der Traum von Tobago hat uns trotzdem nicht losgelassen und so haben wir einen Weg gesucht, wie wir dorthin segeln können. Wenn man auf der Karte schaut, sieht man, dass Martinique so weit östlich liegt, dass man von dort einen gut segelbaren Kurs bis Tobago hat (bzw. haben sollte, wie wir später lernen sollten…) auch wenn das ein Törn von fast 200 Seemeilen (ca. 370 km) ist.

Streckenverlauf Martinique nach Tobago

Der Aufenthalt in Martinique war dieses Mal nur ein Stop-Over, um Vorräte und Treibstoff aufzufüllen und auf ein gutes Wetterfenster für den Schlag nach Tobago zu warten. 

Lebensmittelvorräte aufstocken, inventarisieren und verstauen
Wassermacher warten
In St. Anne hat ein ganz „schlauer“ deutscher Skipper seinen Anker so gelegt, dass er uns komplett blockiert hat und unmittelbar vor unserem Bug zu liegen kam. Auch unseren Hinweis, dass wir am nächsten Morgen früh rausgehen würden hat ihn nicht zum Umankern bewegen können: „Er hätte 40 Jahre Erfahrung und wüsste schon was richtig sei…“. Es kam wie es kommen musste, beim Ankeraufgehen mussten auch sie wegfahren um uns Platz zu machen. Es gibt eben solche uns solche…

Die Tankstelle in Le Marin ist immer sehr gut besucht und man muss vor der Tankstelle treibend warten bis man an der Reihe ist und einen Platz zum Anlegen findet. Wir sind daher frühmorgens hin, um schon zur Öffnungszeit dort zu sein. Diese Idee hatten leider auch einige andere und es ging recht hektisch zu. Wer jetzt denkt, dass die Tankwarte, wie bei den meisten Schiffstankstellen, einem beim Anlegen und Tanken helfen würden, kennt die Franzosen schlecht. Schliesslich war es erst acht Uhr morgens und da muss zuerst ausgiebig Kaffee und Croissants im Büro genossen werden… Dazu kommt, dass Diesel auf Französisch «Gasoile» und Benzin «Essence» heisst. Das «Gasoile» kommt auch nicht wie anderswo aus einer schwarzen, sondern aus einer gelben Zapfpistole. Das alles hat in der Hektik dazu geführt, dass ich aus Versehen Benzin statt Diesel in den rechten Dieseltank gefüllt habe. Zum Glück haben wir es nach 20 Litern schon gemerkt. Die ersten Googlerecherchen ergaben, dass man einen Dieselmotor AUF KEINEN FALL anstellen darf, wenn es Benzin im Diesel hat. Das würde zu irreparablen Schäden führen. Dies trifft aber zum Glück nur auf moderne Dieselmotoren zu, alte Dieselmotoren sind da wesentlich unempfindlicher. Bis zu 10% Benzinbeimischung sollte bei unseren 20-jährigen Motoren kein Problem sein. Bei 235 Liter Tankvolumen pro Tank lag der Benzinanteil gerade unterhalb dieser Grenze. Wir waren schon etwas hellhörig und nervös, als wir den rechten Motor angelassen haben, aber er schnurrte los wie wenn nichts gewesen wäre. Manchmal ganz gut, wenn man nicht immer die neuste Technik an Bord hat!

Die Folgen des Streiks wegen Macron’s Rentenreform hat man auch auf Martinique gespürt
Eine Wanderung zu „unserem“ Strand in der Petite Saline Baie musste natürlich auch sein 🙂

Neben Einkaufen und ein paar Wartungsarbeiten, haben wir noch Kurt (der schwedische Einhandsegler, mit dem ich viel Zeit verbracht habe, als Biggi im November-Dezember in Deutschland war) und Volker und Iris von der EXIT ONE getroffen sowie Martina und Johan aus Finnland kennengelernt.

Martina und Johan, Iris und Volker und Jan mit Kurt am Steg
Biggi hat ihren ersten Zopf an Bord gebacken und auch sonst feine Sachen aufgetischt
Letzer Abend in Martinique. Die Sonne geht hinter dem Diamantfelsen unter.

Nach etwa zwei Wochen war es soweit. Der Wind sollte für zwei Tage aus Nordost wehen, eher etwas stark, aber immerhin aus einer günstigen Richtung. Wir sind am Freitagmorgen mit dem ersten Tageslicht los und rechneten damit, nach ca. 30 Stunden, also am Samstagmittag in Tobago anzukommen. 

Bei längeren Törns planen wir die Abfahrt immer so, dass wir bei Tageslicht ankommen. Das mag den einen oder anderen wundern, aber ein Boot hat kein Licht und daher ist das nächtliche Einlaufen etwas was wir nur machen, wenn wir sicher sind, dass es problemlos möglich ist. Unser Ziel war Charlotteville in der Man of War Bay im Norden von Tobago. Eine Bucht in der sehr viele unbeleuchtete Fischerboote und – noch schlimmer – viele unbeleuchtete Netze zu erwarten waren. Da wollten wir nicht im Dunkeln rein.

Der Wind blies wie vorhergesagt mit ca. 20 Knoten und am ersten Tag machten wir entsprechend immer so um die 6-7 Knoten Fahrt. Das Wetter war auch schön, aber das Geschaukel der Atlantikwellen war schon ziemlich heftig und leider dauerte es nicht allzu lange bis Biggi eine bleiche Nase hatte und sich hinlegen musste. 

Am ersten Tag war das Wetter noch gut. Am Zweiten weniger…

Kurz nach Mitternacht ging unsere Geschwindigkeit – trotz nach wie vor starkem Wind – immer mehr zurück und irgendwann liefen wir teilweise sogar unter 3 Knoten. Hatten wir ein Netz oder Seil gefangen? Mit einer starken Taschenlampe habe ich um und hinter dem Boot ins Wasser geleuchtet, aber es war nichts zu erkennen. Im Gegenteil – im Wasser sah es immer noch so aus, wie wenn wir zügig unterwegs wären. 

Unsere Logge, die unsere Geschwindigkeit durchs Wasser anzeigt, ist schon seit ich das Boot übernommen habe defekt. Trotz Austausch hat sie nie richtig funktioniert und irgendwann habe ich mich damit abgefunden nur die Geschwindigkeit über Grund zu sehen, die vom GPS angezeigt wird. Im Normalfall ist das auch völlig ausreichend, ausser bei Strom, denn da gehen die Werte von der Geschwindigkeit über Grund und die durchs Wasser auseinander. Ich konnte also nur vermuten, dass wir es hier mit einem starken Gegenstrom zu tun hatten. Und siehe da – in der Seekarte war tatsächlich eine kleine Notiz, die ich bei der Planung übersehen hatte. Der Südäquatorialstrom setzt nördlich von Tobago mit 3-4 Knoten gegen NW, für uns also schräg von vorne. Um noch bei Tageslicht anzukommen mussten wir aber mindestens 5 Knoten laufen. Also haben wir «Vollgas» gegeben. Das heisst, alle Segel ausgerefft und beide Maschinen dazu genommen. Mit Müh und Not sind wir so auf knapp 5 Knoten gekommen und mit dem sprichwörtlich letzten Tageslicht in der Bucht angekommen. Nach der langen Motorlaufzeit wussten wir wenigstens mit Sicherheit, dass das Benzinmalheur in Martinique nichts angerichtet hatte.

Endlich ist Tobago in Sicht!

Nach 34 Stunden Geschaukel war endlich Ruhe im Boot und Biggi ist wieder aus der waagerechten Lage aufgetaucht. Sie hatte seit dem Abendessen vom Donnerstag in Martinique fast nichts mehr gegessen und war bei der Ankunft entsprechend erschöpft, aber wenigstens war jetzt die Übelkeit vorbei. 

Tobago ist tatsächlich anders als die restlichen Karibikinseln. Es kommen pro Jahr nur noch wenige Hundert Yachten nach Tobago. Es gibt auch keinerlei Infrastruktur für Yachten, wie auf all den anderen Karibikinseln und in den meisten Buchten muss man ziemlich weit draussen ankern, weil die Fischer in Landnähe ihre Netze auslegen. Das führt dann oft dazu, dass man der Dünung stärker ausgesetzt ist und das Boot stark rollen kann. Sogar unser Kat hat manchmal so stark gerollt, dass wir uns festhalten mussten. Das Beiboot kann man nur am Strand hochziehen, da es bis auf ganz wenige Ausnahmen gar keine Stege oder Anlegemöglichkeiten gibt. So waren wir oft die einzige Yacht in einer Bucht. Dafür wird man mit viel Natur und extrem freundlichen Menschen belohnt. 

Neues Land, neues Geld. Wegweiser an der Pier in Charlotteville.

Trinidad und Tobago haben reiche Naturschätze und daher keinen grossen Fokus auf Yachttourismus gelegt. Sogar die jährliche Angostura-Regatta, die früher immer einige Hundert Yachten angezogen hat, wird nicht mehr durchgeführt. Tobago ist in Bezug auf Tourismus und Segelboote wirklich wie die restliche Karibik vor etwa 50 Jahren war.

Man of War Bay. Ganz wenige Schiffe in der grossen Bucht

Dass das Einklarierungsprozedere ausserdem das komplexeste und zeitaufwändigste der ganzen Karibik ist, macht es für Yachties auch nicht gerade einladend, aber ein Erlebnis ist es allemal. Man muss sich vorstellen, dass diese kleine Insel in zwei Verwaltungsbezirke aufgeteilt ist, die sich anscheinend gegenseitig nicht so recht über den Weg trauen. Wenn man wie wir, im Norden ankommt und in den Süden segeln will, muss man dies vorher mit 15-20 (kein Witz!) Formularen beantragen. Dabei müssen die Behörden von Charlotteville (nördlicher Bezirk) den Kollegen von Scarborough (südlicher Bezirk) informieren, dass eine Yacht die Bezirksgrenze überschreiten wird. Dass es sich dabei um drei verschiedene Behörden (Port Authority, Immigration und Customs) – die man selbstverständlich in der «richtigen» Reihenfolge aufsuchen muss – handelt, macht es für Laien komplett undurchsichtig. Nach ca. 3.5 h war der erste Teil in Charlotteville erledigt und wir schon beste Freunde mit Roshan, dem indischstämmigen Zöllner und seinem kleinen Sohn. Wegen der wenigen Besucher langweilen sich die Beamten und so ist jeder Neuankömmling eine willkommene Abwechslung zur Dauerbeschäftigung am Handy. Die Zöllner sind von Trinidad und jeweils für 9 Monate auf Tobago stationiert und dann kommen neue Leute. Das heisst, alle naselang wechseln die Kollegen und selbstverständlich ist alles, was die alten Kollegen gemacht haben vergessen oder falsch. Egal mit welchem Beamten wir gesprochen haben, es hiess immer: «Nein, nein, dass was uns der andere erzählt habe sei ja völlig falsch!» Irgendwie kamen wir uns ein bisschen wie Asterix und Obelix mit dem Passierschein A38 bei den römischen Beamten vor.

Amtliches Anschlagbrett in Charlotteville
Am Strand werden Netze ausgeworfen, der Fang ist aber bescheiden.
Wesentlich erfolgreicher sind die Fischer, die mit ihren Booten in und vor der Bucht am Schleppangeln sind. Fangfrischer Tuna, Wahoo und Mahi Mahi wird täglich angeboten

Charlotteville ist ein verschlafenes Örtchen, welches primär vom Fischfang lebt. Hotels gibt es keine und die wenigen Touristen, die sich nach Charlotteville verirren haben sich in kleine Guest Houses eingemietet. Ausser dem quirligen Fischmarkt gibt es einen kleinen Gemüsestand am Strassenrand und einen kleinen Dorfladen neben dem jeder Tante-Emma-Laden wie ein Supermarkt wirkt.  An der einzigen Tankstelle gab es gerade keinen Diesel, aber wer braucht das schon, wenn die Aussenborder der Fischerboote alle mit Benzin laufen. Lustigerweise gab es aber einige Tobagonier (ja so nennen sie sich 😉 ), die Deutsch und sogar ein paar Brocken Schwedisch sprechen können, was sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit uns geübt haben. Bei den wenigen Weissen dort waren wir bald so bekannt im Ort, dass wir bei jedem Landgang wie alte Freunde begrüsst wurden. 

Die Stromleitungen hängen hier tief… Der Dorfladen

Der Fischmarkt ist «der» Treffpunkt im Ort und obwohl es Sonntag war gab es fangfrischen Fisch. Wir haben uns einen kleineren Thunfisch ausgesucht und gespannt zugeschaut wie sie ihn routiniert und mit wenigen Schnitten gesäubert und ausgenommen haben. Gekostet hat es gerade mal 50 TT$ (€ 6.70) pro kg. Soll mal einer sagen die Karibik ist so teuer!

Am Fischmarkt in Charlotteville ist immer etwas los.

In einem der wenigen Restaurants in Charlotteville «Sharon & Phebe» herrscht Sharon, eine resolute Frau, der man besser nicht widersprach. Es gab drei Gerichte zur Auswahl: Huhn, Fisch oder Shrimps und alle hatten mit Rice and Peas, Linsen, Gemüse und Salat die gleichen Beilagen. Aber das Essen war wirklich schmackhaft und ausserdem sehr preiswert. Als einzige Gäste wurden wir von Sharon sofort begutachtet, ausgefragt und dann offenbar für OK befunden. Und da ich so schön gross bin, wurde ich sofort zum Glühbirnewechseln im Deckenventilator «abkommandiert». 

Essen bei Sharon & Phebe

Schon als wir einklariert haben, hat uns Roshan ganz begeistert vom Goat Race Festival in Buccoo berichtet. Das dürften wir auf keinen Fall verpassen! Eigentlich wollten wir länger in Charlotteville bleiben und haben uns bei Sharon erkundigt, wie wir nach Buccoo kommen könnten. Sie hat uns sofort angeboten, dass sie uns mitnehmen würden, sie würden sowieso hinfahren. Total nett!

Der Friedhof von Charlotteville. Man beachte „Sunrise“ und „Sunset“. An vielen Gräbern waren die Fischerruten der Verstorbenen hingemacht.
Kokosnüsse und…
… Mangos gab es im Überfluss.
Ausflug zum Fort Campbleton oberhalb von Charlotteville. Biggi findet eine neue Freundin 🙂
Dinghyausflug in der Man of War Bay

In Charlotteville gibt es nur einen hohen Betonsteg mit einer hölzernen Seitenplattform wo wir mit dem Beiboot anlegen konnten. Da dies auch der Ort ist, wo man Wasser füllen konnte, sollten wir das Dinghy nicht abschliessen, sondern nur so festmachen, dass es bei Bedarf von den Fischern verschoben werden könne. Das Abschliessen vom Dinghy ist in der Karibik eigentlich überall die Norm, denn vor allem die Aussenborder sind hier sehr begehrt und werden oft geklaut. Entsprechend war uns etwas mulmig beim Gedanken unser Beiboot unverschlossen alleine zu lassen. Ohne Beiboot ist man in der Karibik schlichtweg aufgeschmissen, da man hier fast ausschliesslich vor Anker liegt. Wir haben uns unnötigerweise Sorgen gemacht. In der ganzen Zeit auf Tobago ist nie etwas passiert. Im Gegenteil, an den Orten wo es keinen Steg gibt haben uns oft Einheimische spontan geholfen das Dinghy an Land oder wieder ins Wasser zu tragen. Das haben wir auf keiner der anderen Inseln hier erlebt.

Der Steg (mit Wasserhahn) von Charlotteville

So schön Charlotteville war, nach einer Woche hatten wir wirklich alles gesehen und haben entschieden mit dem eigenen Boot Richtung Buccoo zu segeln. Das hiess natürlich wieder, dass wir bei Customs und Immigration vorsprechen mussten, um das benötigte «Bay Hopping Permit» zu bekommen. Jetzt ist Roshan zur Hochform aufgelaufen – es gab wieder etwas zu tun! Unzählige Formulare und ein Besuch in der örtlichen Bibliothek später (um drei Kopien von den Schiffspapieren zu machen – der Kopierer beim Zoll war «out of order»…?) standen wir mit dem nötigen Papier auf der Strasse. Inzwischen war es schon 11 Uhr und wir sind bei Sharon vorbei um zu schauen, ob sie auch Frühstück serviert und uns zu verabschieden. Statt das gewünschte «Eier und Speck» hat sie uns eine lokale Spezialität «Salted Fisch mit Salat und frittiertes Brot» angeboten. Beim Gedanken Stockfisch und Salat zum Frühstück zu essen und dann noch mit einem warmen Kakaogetränk dazu waren wir schon etwas skeptisch, aber es war echt gut!  

Salted Fish zum Frühstück. Echt lecker!

Tobago liegt parallell zur vorherrschenden Windrichtung und es gibt eigentlich keine wirklich gut geschützten Buchten. Die meisten Buchten sind klein bis sehr klein und es hat überall mehr oder weniger Schwell.

Wie man sehen kann, ist Tobago wirklich eine kleine Insel und die Buchten an der Nordküste sind dem Wind und Schwell aus Nord bis Nordost ausgesetzt.
Bay Hopping Permit. Und meine Anti-Sargassogras Abweiser funktionieren nicht so wirklich…

Unser erster Stopp Englishman Bay war inmitten von bewaldeten Hügeln und mit einem kleinen weissen Sandstrand im Scheitel wunderschön. Und wir waren das einzige Boot. Eigentlich traumhaft, wenn es nicht derart rollig gewesen wäre. Nach nur einer Nacht, in der wir fast aus dem Bett gekullert sind, haben wir uns zur nächsten Bucht auf gemacht.

Englishman Bay: Von unten und von oben

Die Mount Irvine Bay sollte etwas mehr Schutz bieten und von dort konnten wir zu Fuss nach Buccoo laufen. Inzwischen war Ostermontag und am Tag danach sollte das Goat Race stattfinden. Der Spaziergang nach Buccoo dauerte eine knappe Stunde und der Rundgang durch den Ort war noch viel schneller gemacht. Ausser einem Stadion mit zwei überdachten Tribünen und eine Dance Hall gibt es sozusagen nichts dort. Uns wurde gesagt, dass wir am nächsten Tag rechtzeitig hier sein sollten, da die Parade um 10 und das Race um 11 Uhr los gehen.

Mount Irvine Bay mitsamt Segelbootwrack

Wir hätten es eigentlich erahnen können, aber als Europäer nimmt man Zeitangaben von Veranstaltungen wohl zu ernst. Wir standen sicherheitshalber schon um kurz vor 10 am Strassenrand, aber von einer Parade war weit und breit nichts zu sehen. Immerhin waren wir nicht die einzigen die dort gewartet haben, aber vielleicht die einzigen, die sich gewundert haben, dass so gar nix zu sehen war. Mit eineinhalb Stunden Verspätung ging dann die Parade los. Ein kleiner Karnevalsumzug mit Pan Bands, Soca Beats und tollen Kostümen hat aber für die Wartezeit entschädigt.

Buccoo Goat and Crab Racing Festival. Die Rennziegen werden im Pickup gebracht.
Die Parade vor den Rennen
Biggi mitten drin, statt nur dabei 🙂

Nach dem Umzug sind alle ins Stadion geströmt und haben sich einen Platz auf den Tribünen gesucht. Das Goat Race Festival ist DAS Ereignis in Tobago und lockt Besucher von allen karibischen Inseln an. Trotz des Besucherandrangs gab es irgendwie für alle einen Sitzplatz auf den Tribünen.

Ein bisschen „Ascotfeeling“ kam schon auf 🙂

Das Stadion erinnert stark an eine Pferderennbahn, ausser dass es nur eine gerade Rennstrecke von insgesamt 150m gibt. Ansonsten war es aber wirklich wie bei einem Pferderennen, es gab einen Paddock, die «Jockeys» trugen grellbunte seidene Outfits und die Geissen wurden dem Publikum wie Rennpferde vorgeführt. Die Jockeys sind barfuss gewesen und mussten mit der an einem 3m langen Seil geführten Geiss mitrennen. Nur wer es geschafft hat zusammen mit seiner Geiss am Seil(!) die Ziellinie zu überqueren wurde gewertet. Die Geissen waren tatsächlich richtige «Renngeissen» und sind abgegangen wie Schmitz’ Katze. Die Jockeys mussten schauen, dass sie irgendwie mitkamen und in jedem Lauf liefen immer mehrere Geissen ohne ihre Jockeys (die unter dem schallenden Gelächter des Publikums hinter ihren entflohenen Geissen herrannten) durchs Ziel.

Die Jockeys wärmen sich auf und führen ihre Rennziegen vor. Die Nr 8, die hier fast „erwürgt“ wird, war dann eine der Geissen, die ohne den Jockey ins Ziel kam 🙂
Das erste Rennen geht los…
…und ist nach wenigen Sekunden schon vorbei. Man beachte die Nr 8 ohne Jockey 🙂

Zwischen den Rennen wurde dem Publikum von zwei Animatoren eingeheizt und es gab gute Musik und kleine Wettbewerbe fürs Publikum. Ein grosser Food Court sorgte fürs leibliche Wohl der Leute. Ein rundum gelungener Tag und ein vermutlich einmaliges Erlebnis. Wir sind froh, dass wir dieses Spektakel miterleben durften!

Das indische Menu war eine Lotterie. Die „Doubles“ waren richtig lecker, die „Kügelchen“ eher weniger, aber scharf war alles.

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Hai Life! Naja, wenigstens ein Biss(chen)…

Hai Life! Naja, wenigstens ein Biss(chen)…

26.02. – 17.03.2023 St. Martin – Guadeloupe – Marie-Galante – Terre-de-Haut (Iles des Saintes) – Dominica, Logstand seit Start 6579 sm

Sonntag, 26. Februar – tatsächlich ist ein gutes Wetterfenster in Sicht. Also lichten wir nach dem Mittagessen bei schönem Wetter unseren Anker. Vor uns liegen 150 sm, was einen Nachtschlag für uns bedeutet. Dieses Mal präpariert sich Biggi nicht nur mit Vitamin C und Ingwer, nein, sie schmeisst sich gleich mal ein Stugeron ein, um der Seekrankheit vorzubeugen. 

Gut gerüstet auf zur Nachtfahrt!

Die Angel ist kaum eine Stunde im Wasser, als sich ein Fang bemerkbar macht. Nach dem anfänglichen Rucken hat der Fisch plötzlich gar keinen grossen Widerstand mehr geleistet und liess sich sehr einfach einholen. Kaum hatten wir ihn hinter dem Boot, war uns klar wieso es so leicht gegangen war – es war nämlich nur noch der halbe Fisch am Haken! Ein Hai hat sich kurzerhand den hinteren Teil geschnappt (…und den Rest der Makrele schon weitestgehend filetiert). Das war aus mehreren Gründen erstaunlich: Erstens habe ich bis jetzt noch nie einen Hai in diesem Teil der Karibik gesehen und zweitens ging das alles blitzschnell – zwischen dem Anschlagen der Angel bis der Fisch an Bord war sind gerade mal zwei Minuten vergangen.

Armer Kerl!

Der Übernachtschlag von St. Martin bis Guadeloupe war mit den moderaten Winden sehr angenehm und Biggi’s Stugerontherapie hat sich ausgezahlt.

Abendstimmung auf dem Meer. Alle wollen nach Norden, nur wir nach Süden…
Guadeloupe in Sicht.

Unser ursprüngliches Ziel, Deshaies, war schlichtweg zu voll um noch einen vernünftigen Platz zu ergattern und so sind wir 10 Seemeilen weiter bis Basse-Terre gefahren. Es hat sich wieder gezeigt, dass es keine schlechte Idee ist, etwas Zeitmarginal einzuplanen, denn so konnten wir noch vor dem Eindunkeln vor Anker gehen.

Vor Anker in Basse-Terre

Biggi wollte gerne nach Marie-Galante und das passte bei dem schwachwindigen Wetter gut. Bei stärkeren Winden ist die Anfahrt gegen den Wind mühsam und der Ankerplatz ist dann auch ziemlich rollig. Daher sind wir schon bei Tagesanbruch wieder losgefahren und haben die letzten 35 Seemeilen bis Marie-Galante unter Motor zurückgelegt. Dabei biss sogar eine kleine Makrele an, die aber so klein war, dass wir sie lieber wieder ins Meer zurückgeworfen haben. Erst danach kam uns in Sinn, dass wir wenigstens ein Bild hätten machen können. Da hat Biggi als «Bordfotografin», die alles Mögliche und jeden(!) Sonnenuntergang fotografiert wohl nicht aufgepasst.

Im Fischerbojenslalom durch die spiegelglatte See

Nach 6 h und 48 m oder 37.5 Seemeilen erreichen wir Marie-Galante und ankern in der Baie de Saint-Louis vor einem schönen Palmenstrand.

Bucht von St. Louis auf Marie-Galante
Strandspaziergang
Auch ich „muss“ manchmal Sonnenuntergangsbilder machen

Das türkisfarbene Wasser lädt geradezu dazu ein, sofort mein neues Spielzeug, ein einsitziges Kajak auszuprobieren. Das Kajak haben wir in St. Martin von anderen Seglern gegen ein paar neue Taucherflossen eingetauscht. Das war für beide eine win/win Situation. Sie hatten kein Platz für das gefundene Kajak und die Flossen waren mir zu eng. Tauschgeschäft unter Seglern.

Erst noch an RARE BREED angebunden und dann ohne Sicherungsseil auf und davon.
SUP vs Kajak. Biggi hat keine Chance mir zu folgen und schnappt sich heimlich die Leine und ich habe es nicht mal bemerkt!

Am Anfang tat ich mich echt schwer, denn das Kajak ist extrem wackelig, aber mit der Zeit ging es schon ganz gut. Dank seiner schlanken Form ist es bei jemand, der es gut kann wohl sogar richtig schnell und kursstabil. Macht auf jeden Fall total Spass damit rumzupaddeln und ein bisschen Bewegung kann ja auch nicht schaden.

Chillen auf der Heckplattform.

Marie-Galante liegt wegen der Lage im Luv der anderen Inseln ein wenig ausserhalb des «Massentrecks», aber wegen der schwachen Winde waren wir wohl nicht die einzigen, die die Chance ergriffen haben dorthin zu kommen. Der Ankerplatz war auf jeden Fall gut besucht. 

Schwimmsteg für die Dinghys. Da kommt man nicht trockenen Fusses an Land.

Die Insel hat ca. 11’000 Einwohner, ist klein (158,1 km2), grün (Zuckerrohrfelder soweit das Auge reicht), flach (Morne Constant ist ganze 204m hoch) und rund und erinnert an einen überdimensionierten Pfannkuchen. 

Ansonsten wirkt die Insel extrem entspannt und ruhig, fast schon verschlafen. Ausser ein paar Touristen auf Rollern oder in Mietwagen waren die Strassen wie leergefegt.

Street Art in St. Louis.

Von St. Martin kommend mussten wir einklarieren, was man gemäss Cruising Guide in einem Laden im Ort machen kann. Denkste, der einzige Einklarierungscomputer war kaputt. Das muss wohl schon eine Weile so gewesen sein, denn draussen hing ein etwas ausgeblichenes Schild mit dem Hinweis, dass man sich beim Zoll in Grand-Bourg melden solle. Grand-Bourg liegt aber etwa 10 km weiter im Süden der Insel. Ein paar erfolglose Anrufversuche später haben wir entschieden, das Nützliche mit dem Vergnügen zu verbinden und für den nächsten Tag ein Auto zu mieten um zum Zoll zu fahren und anschliessend eine Inselrundfahrt zu machen.

Pünktlich um 08:00 Uhr konnten wir das Auto übernehmen und als gesetzestreue Segler natürlich als erstes zum Zoll fahren. Unterwegs nehmen wir noch einen Anhalter mit, was sich als sehr gute Idee herausstellt. Er weiss, wo das Zollbüro in Grand-Bourg ist. Die Bürozeiten sind von morgens 07:00 bis 14:00 Uhr, aber das hat die Zöllner wohl nicht sonderlich interessiert. Getreu der französischen Arbeitseinstellung war weit und breit kein Beamter in Sicht und das mehrfache Klingeln war genauso nutzlos wie das Anrufen vom Vortag. Also wer nicht will, der hat gehabt, mehr als versuchen geht ja nicht!

Vergeblicher Versuch beim Zoll einzuklarieren. Die Rolläden sind zu und niemand daheim.

Wir haben das Auto für zwei Tage gemietet, aber die Insel ist so klein, dass wir am ersten Tag schon alle Sehenswürdigkeiten inkl. drei (!) Wanderungen geschafft haben. So sind wir am nächsten Tag einfach ein bisschen kreuz und quer über die Insel getuckert, haben zwei weitere Wanderungen gemacht und nun wirklich jeden Fleck gesehen. 

Die Ortsbezeichnungen sind alle in Französisch und Kreolisch angeschrieben
Eine alte Zuckermühle inmitten der Zuckerrohrfelder
Leider werden auch hier alte Autos und Abfall einfach in der Natur entsorgt.
Die Atlantikküste von Marie-Galante ist spektakulär schön…
und schroff und wild.
Gueule Grand Gouffre – ein Blow Hole an der Nordspitze von Marie-Galante
Neben Zuckerrohrfeldern gab es auch märchenhafte Waldwanderwege.

Der Ankerplatz ist bis weit draussen extrem flach, aber wegen dem Seegras am Grund war es doch eher dunkel unter dem Boot. Aber das Wasser war sauber und so bin ich ins warme Nass um den Rumpf abzuwischen. Das neue Antifouling von Grenada ist wirklich viel besser, als das was ich in Deutschland drauf gemacht hatte. Trotzdem gibt es immer etwas Bewuchs, welcher sich aber leicht wieder abbürsten lässt. Biggi stand oben an Deck und hat runtergeschaut, als sie einen etwa 1,5m langen Hai hinter meinem Rücken schwimmen sah! Ich habe natürlich nichts gemerkt und da ich den Kopf mehrheitlich unter Wasser hatte, habe ich ihr aufgeregtes Gefuchtel von oben auch nicht mitbekommen. Als ich es dann endlich gehört habe (und realisiert habe, dass es kein Witz ist) konnte ich gerade noch sehen wie er davon geschwommen ist. Erstaunlicherweise war es kein Ammenhai, sondern einen Weisspitzenriffhai. Beide Arten sind eigentlich harmlos, aber es ist trotzdem ein etwas ungemütliches Gefühl, wenn man sie im Rücken hat. Nachdem ich Biggi immer wieder versichert hatte, dass es hier in der Karibik sozusagen keine Haie hätte (und wenn schon, dann nur die harmlosen Ammenhaie) musste ich jetzt zugeben, dass das vielleicht doch nicht so ganz richtig war. Auf jeden Fall war ihre kategorische Weigerung an dem Tag noch ins Wasser zu gehen irgendwie verständlich… 

Rumpfschrubben VOR der Haisichtung.

Nach einer knappen Woche im verschlafenen Marie-Galante hiess es am 6. März  «Tschüss kleiner grüner Pfannkuchen», und wir setzten zum 16 Seemeilen kurzen Sprung zu den Iles des Saintes an. Die Winde waren immer noch sehr schwach und unser Spinnaker war nur die ersten Meilen oben. Danach ist sogar dieses leichte Tuch eingefallen und der Diesel musste wieder für die letzten Meilen herhalten.

Wie ging das nun wieder? Na, geht doch!

Die Iles des Saintes werden von vielen Seglern als ein Kleinod in der Karibik bezeichnet und das können wir nur bestätigen. Iles des Saintes sind völlig anders als die anderen Inseln. Es wirkt eigentlich gar nicht karibisch, sondern mutet eher wie eine mediterrane Inselgruppe an. Im Hauptort Bourg des Saintes gibt es eine schöne autofreie Fussgängerzone mit einem kleinen Park, haufenweise Restaurants, Eisdielen und exklusive Kleinläden mit Mode, Kunst und Schmuck.

Impressionen von Bourg des Saintes, der Hauptort von Terre-de-Haut, Iles des Saintes
Die kleine Kirche von Bourg. Hier bekommt der Begriff Kirchenschiff eine ganz neue Bedeutung.
Leguan: Als Wandbemalung und in real life
Am Strand vor Bourg schwammen erstaunlich grosse Fische fast auf den Sandstrand rauf.

Hier hat man kulinarisch wirklich die Qual der Wahl! Ein gutes Restaurant reiht sich am anderen. Die Preise sind zwischen moderat bis eher hoch, aber die Qualität und das Ambiente sind wirklich ausgezeichnet. Wir, die eher selten auswärts essen, haben hier richtig «zugeschlagen» und neben dem Genuss von hausgemachtem Gelati, Cappuccino und feinstem Espresso sind wir in der Woche dort zwei Mal richtig gut essen gegangen. 

Croissants, Cappucino und Espresso und natürlich Gelati, sooo lecker!
Aussicht vom Restaurant
Schlemmen wie Gott in Frankreich
Ratet mal wem welcher Teller gehört…

Als Ausgleich sind wir kreuz und quer, oder eher hoch und runter alle Strecken gelaufen. Die Hauptinsel Terre-de-Haut ist nämlich extrem hügelig und entsprechend anstrengend zu Erlaufen. Die meisten Touristen mieten sich deshalb eines der vielen Elektrofahrzeuge, E-Bikes oder Roller. Aber wir haben das Geld lieber in ein gutes Essen investiert und sind stattdessen zu Fuss unterwegs gewesen. Wie auch auf Marie-Galante lief hier alles sehr gemütlich ab und die einzige «Gefahr» bestand in den überall auf Rollern und Golfkarts herumfahrenden Touristen. 

Um an Land zu kommen mussten wir das Dinghy durch Seegrasfelder ziehen
Alle fahren Roller – nur wir laufen.
A Lounge with a View
Hier sind die Strassengräben wirklich tief.

Die Bucht in der wir lagen war eher abgelegen, aber hat bei den angesagten Westwinden guten Schutz geboten.  Westwinde sind hier in der Karibik die absolute Ausnahme und die meisten Ankerplätze sind nach Westen ungeschützt. Nach dem Erlebnis in St. Anne vor einem halben Jahr, wo ich bei starkem Westwind vor Anker die grössten Bocksprünge gemacht habe, war ich entsprechend vorsichtig und wollte in einer nach Westen geschützten Bucht ankern. So kam es, dass wir nicht wie die meisten anderen an einer Boje vor Bourg des Saintes, sondern in einer mehrheitlich einsamen Bucht vor Anker gelegen sind.

Das dicht gefüllte Bojenfeld vor Bourg des Saintes…
… und unsere einsame Bucht
Tagsüber und bei Vollmond
Baden wie in einem Binnensee

Die Winde blieben eher schwach und wir haben das ruhige Wasser zum Schnorcheln (Biggi’s Haiphobie hatte sich inzwischen etwas gelegt) ausgenutzt, um kleine Fische zu beobachten (den grossen Barrakuda, der direkt unter unserem Boot stand hat sie zum Glück gar nicht erst gesehen…).

Riesige Fischschwärme und ein Barrakuda unter RARE BREED

Die Bucht war auch für ausgedehnte SUP- und Kajakausflüge ideal und so konnten wir unsere Wassersportfähigkeiten ein wenig verbessern. Bei mir hiess das zu lernen, wie ich vom Wasser aus ins kippelige Kajak reinkomme. Die ersten Versuche waren zum Schiessen und Biggi hat sich gekugelt vor Lachen, aber – Youtube sei Dank – habe ich die richtige Technik verwendet und schlussendlich auch geschafft oben zu bleiben.

YESS!
Schnorchelausflug mit SUP und Kajak

Manchmal kamen Fischer und haben um unser Boot herum gefischt. Einer hat vom Kajak aus mit der Handleine einen Fisch nach den anderen unter unserem Boot rausgezogen. Als er unsere Neugier bemerkt hat, hat er uns eine Handvoll kleine Köderfische geschenkt, damit wir es auch ausprobieren konnten. Obwohl er weiterhin alle paar Minuten einen Fisch rausgezogen hat – tja, gekonnt ist halt gekonnt – haben sie bei uns nur die Köderfische vom Haken geklaut. Schliesslich hat Biggi tatsächlich noch einen Fisch rausgezogen, aber sonst blieb es beim Füttern. Mit der Zeit kamen wir uns richtig doof vor und der Fischer hat sich wohl gefragt, was wir für komische Vögel seien. Am Schluss hatte er so viel Mitleid mit uns, dass er uns ein paar Fische rübergegeben hat, damit wir wenigstens eine Mahlzeit daraus machen konnten.

Als der Wind sich wieder auf normalen Nordostpassat eingependelt hat sind wir die etwa 20 Seemeilen nach Dominica gesegelt. Dabei kreuzten wir die Kurslinie der beiden Dreimaster SEACLOUD und SEACLOUD II und zwar so nah, dass wir tatsächlich ausweichen mussten. Sozusagen mittendrin statt nur dabei…

Unter vollen Segeln nach Dominica
Die Ansicht auf dem AIS und die Realität – beides viel zu nah!
Es sind SEA CLOUD und SEA CLOUD II. „CPA“ = Closest Point of Approach ist der Abstand mit dem man sich kreuzen wird.
Und sie kommen immer näher…
… bis der eine vor und der andere hinter uns durchfährt. Das war knapp!
Ein einmaliges Erlebnis!

Nach den letzten drei Wochen ohne Regen haben wir uns schon auf den Regen in Dominica gefreut, weil dann endlich die Salzschicht vom Boot gewaschen wird. Wenn man wie wir fast nie in einer Marina liegt, wird die Salzschicht an Deck nur bei Regen abgewaschen. Das selber gemachte Wasser ist uns zu kostbar um damit das Boot zu waschen. Entgegen der ursprünglich angedachten zwei Wochen sind wir schon nach drei Nächten von Dominica weitergesegelt und in der Zeit ist kein einziger Tropfen Wasser vom Himmel gefallen. So kann man sich täuschen. 

Die Lage in der Prince Rupert Bay hat sich seit unserem Besuch im Januar massiv verändert. Beide Dinghystege waren nicht mehr benutzbar. Der eine war durch eine viel zu hohe Betonpier ersetzt worden, wo man mit dem Dinghy fast nicht anlanden kann. Der andere Steg war wegen dem starken Schwell demontiert worden. Am Strand haben sich die Wellen gebrochen und so war es fast nicht möglich an Land zu kommen. Zum Glück konnten wir schon am zweiten Tag einen Ausflug zum Nordteil der Insel, die wir beim letzten Besuch ausgelassen hatten, machen. Der Tourguide hat uns mit seinem Boot von Bord abgeholt und abends wieder zurückgebracht. Diese Tour war echt der Hammer und wir haben wieder einmal festgestellt wie landschaftlich schön Dominica ist! Unser Tourguide Serge hat uns extrem viel gezeigt und erzählt. Man hat ihm richtig angemerkt wie gern er hier lebt und es war herzerwärmend zu erleben mit welchem Enthusiasmus er das an uns weitergegeben hat. Genau wie bei George, mit dem wir den Ausflug zu den Fregattvögeln auf Barbuda gemacht haben, hatte man bei Serge das Gefühl, dass er völlig in sich ruht und mit sich und der Welt zufrieden ist. Es sind beides Männer im Alter zwischen 60 und 70, die in einfachen Verhältnissen leben, aber trotzdem sehr glücklich wirken. Da kann unsereins einiges davon lernen.

Serge zeigt uns wilde Wasserkresse
Ein kleiner Hike zu den Bwa Nef Falls. Man beachte den eingeklemmten Felsbrocken oben in der Schlucht (linkes Bild).
Postkartenmomente
Die Red Rocks, die eigentlich keine Felsen sondern harter Lehm sind.
Wie eine Mondlandschaft
Blauer Vulkansand kontrastiert die roten Felsen.

So hatten wir eigentlich schon nach zwei Tagen alles was wir noch auf Dominica machen wollten «erledigt» und sind nach der dritten Nacht frühmorgens wieder aufgebrochen. Nächstes Ziel: Martinique.

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